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Die Relevanz des Kindeswillens in familienrechtlichen - Userpage ...

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<strong>Die</strong> <strong>Relevanz</strong> <strong>des</strong> K<strong>in</strong><strong>des</strong>willens <strong>in</strong> <strong>familienrechtlichen</strong> Angelegenheiten 21<br />

che e<strong>in</strong>en Verbleib bei den Eltern anderen Möglichkeiten vorziehen. Gewöhnlich geraten<br />

K<strong>in</strong><strong>des</strong>wohl und K<strong>in</strong><strong>des</strong>wille nicht massiv <strong>in</strong> Konflikt.<br />

"Demgegenüber ist eben dieser Konflikt im K<strong>in</strong><strong>des</strong>schutzverfahren gemäß §§ 1666,<br />

1666a BGB vielfach geradezu angelegt" (Zitelmann, 2001, S.302). Auch diese K<strong>in</strong>der und<br />

Jugendlichen s<strong>in</strong>d ihren Eltern verbunden und schreiben häufig das Fehlverhalten der<br />

Erwachsenen sich selbst zu. In diesem Fall ist weder davon auszugehen, dass der Wille<br />

<strong>des</strong> K<strong>in</strong><strong>des</strong> auch se<strong>in</strong>em Wohl entspricht noch dass sich die K<strong>in</strong>der "gegenüber den Eltern,<br />

die sie vernachlässigt, seelisch und körperlich misshandelt bzw. sexuell ausgebeutet<br />

haben, behaupten können" (Zitelmann, 2001, S.302). Hier ist der Verfahrenspfleger verpflichtet,<br />

sich notfalls gegen den Willen <strong>des</strong> K<strong>in</strong><strong>des</strong> für e<strong>in</strong>e weniger schädliche Alternative<br />

e<strong>in</strong>zusetzen. Das darf aber nicht bedeuten, Entscheidungen über den Kopf <strong>des</strong> K<strong>in</strong><strong>des</strong><br />

h<strong>in</strong>weg zu treffen, vielmehr sollen K<strong>in</strong>der ausreichend <strong>in</strong>formiert, begleitet und ermutigt<br />

werden, ihren Willen zu äußern. (Zitelmann, 2001)<br />

Auf den ersten Blick sche<strong>in</strong>t Beratung e<strong>in</strong> Heilmittel <strong>des</strong> Konflikts zwischen K<strong>in</strong><strong>des</strong>wohl<br />

und K<strong>in</strong><strong>des</strong>wille zu se<strong>in</strong>. <strong>Die</strong> American Bar Association (B-4 (3) Commentary, zitiert nach<br />

Zitelmann, 2001) berichtet, dass es dem Anwalt, wenn er sich Zeit genommen hat, e<strong>in</strong>e<br />

Beziehung zum K<strong>in</strong>d aufzubauen, <strong>in</strong> den meisten Fällen gel<strong>in</strong>ge, es davon zu überzeugen,<br />

se<strong>in</strong>en selbstgefährdenden Willen aufzugeben.<br />

Hält das K<strong>in</strong>d weiterh<strong>in</strong> an se<strong>in</strong>en Vorstellungen fest, rät Ste<strong>in</strong>dorff-Classen (1998, zitiert<br />

nach Zitelmann, 2001) zu e<strong>in</strong>er Niederlegung <strong>des</strong> Mandats.<br />

Bei näherer Betrachtung gibt es jedoch ke<strong>in</strong>en H<strong>in</strong>weis darauf, dass e<strong>in</strong>e anwaltliche Beratung<br />

den Konflikt zwischen dem selbstgefährdenden Willen <strong>des</strong> K<strong>in</strong><strong>des</strong> und se<strong>in</strong>em<br />

Wohl lösen kann. <strong>Die</strong>s würde nämlich bedeuten, dass e<strong>in</strong> K<strong>in</strong>d, das sich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er krisenhaften<br />

Lebenssituation bef<strong>in</strong>det, alle<strong>in</strong> durch die Beratung e<strong>in</strong>e psychische Entwicklung<br />

derart durchläuft, dass es sich <strong>in</strong>nerhalb kürzester Zeit aus freien Stücken aus e<strong>in</strong>er <strong>in</strong>tensiven<br />

B<strong>in</strong>dung an se<strong>in</strong>e Eltern lösen kann. "Da diese Annahme schlichtweg absurd ist"<br />

(Zitelmann, 2001, S.311), ist das Phänomen <strong>des</strong> Beratungserfolgs vermutlich weniger<br />

durch e<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>sicht <strong>des</strong> K<strong>in</strong><strong>des</strong> zu erklären, sondern vielmehr <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er notgedrungenen<br />

Anpassung und Fügung an Überredungsversuche. Sollte dies aber der Fall se<strong>in</strong>, so entspricht<br />

das, was als K<strong>in</strong><strong>des</strong>wille vertreten wird, dann nicht dem, was das K<strong>in</strong>d sich tatsächlich<br />

wünscht.<br />

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass e<strong>in</strong>e Beratung und Informierung <strong>des</strong> K<strong>in</strong><strong>des</strong><br />

s<strong>in</strong>nvoll und notwendig ist, es darf aber nicht bedeuten, dass die Vertreter <strong>des</strong> K<strong>in</strong><strong>des</strong><br />

gezielt E<strong>in</strong>fluss auf <strong>des</strong>sen Willen nehmen. Es ist nicht Aufgabe der Prozessvertretung,<br />

das K<strong>in</strong>d bei e<strong>in</strong>er Realisierung se<strong>in</strong>es erfahrenen Leids oder bei der Lösung aus schädigenden<br />

Beziehungen zu begleiten, dieser Prozess sollte durch sie lediglich angeleitet<br />

werden (Zitelmann, 2001).<br />

In Großbritannien und Teilen der USA gilt folgende Regel: bleiben K<strong>in</strong>der auch nach Beratung<br />

bei ihrem selbstgefährdenden Willen, wird dieser durch den Anwalt vertreten. Zusätzlich<br />

wird <strong>in</strong> diesen Fällen aber e<strong>in</strong>e weitere Person h<strong>in</strong>zugezogen, die die wohlverstandenen<br />

K<strong>in</strong><strong>des</strong><strong>in</strong>teressen vertritt. <strong>Die</strong>se Variante wurde versucht, nach Deutschland zu<br />

importieren. Im Hamburger Modell s<strong>in</strong>d zwei Personen vorgesehen, die den Willen <strong>des</strong><br />

K<strong>in</strong><strong>des</strong> beraten und vertreten. Im Unterschied zum Ursprungsmodell ist hier aber nicht<br />

festgelegt, dass e<strong>in</strong>e dieser Personen dafür zuständig ist, den Schutz und den langfristigen<br />

Interessen <strong>des</strong> K<strong>in</strong><strong>des</strong> zu vertreten. Gesetzlich festgelegt ist allerd<strong>in</strong>gs die Verpflichtung<br />

e<strong>in</strong>er der beiden Personen, von personaler Verantwortung abzusehen und nur den<br />

Willen <strong>des</strong> K<strong>in</strong><strong>des</strong> zu vertreten. E<strong>in</strong>e pädagogische Verantwortung dieses Erwachsenen<br />

gegenüber dem K<strong>in</strong>d ist damit verboten, was auch <strong>in</strong> rechtlicher Sicht zu e<strong>in</strong>em gravierenden<br />

Konflikt mit dem Pr<strong>in</strong>zip <strong>des</strong> K<strong>in</strong><strong>des</strong>wohls führen kann. <strong>Die</strong>s hat laut Zitelmann<br />

(2001) aber nichts mehr mit e<strong>in</strong>er Erziehung zur Mündigkeit, sondern vielmehr mit "der<br />

bl<strong>in</strong>den Wiederholung von Erfahrungen zu tun, die e<strong>in</strong>e Vielzahl der gefährdeten K<strong>in</strong>der<br />

und Jugendlichen nur zur Genüge kennt" (S.316).<br />

<strong>Die</strong> fixierte Vertretung <strong>des</strong> K<strong>in</strong><strong>des</strong>willens birgt die Gefahr, e<strong>in</strong>en Willen zu konstruieren,<br />

den es nicht gibt. Denn unter Umständen, gibt es <strong>in</strong> manchen Fällen den e<strong>in</strong>en Willen gar<br />

nicht. Manchmal kennen K<strong>in</strong>der ihre Wünsche nicht, oder ihnen ist alles egal. Manchmal<br />

sprechen sie für ihre Geschwister oder Eltern oder sie wollen Unrealisierbares.

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