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Die Relevanz des Kindeswillens in familienrechtlichen - Userpage ...

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<strong>Die</strong> <strong>Relevanz</strong> <strong>des</strong> K<strong>in</strong><strong>des</strong>willens <strong>in</strong> <strong>familienrechtlichen</strong> Angelegenheiten 4<br />

Im Vordergrund solle die produktive und differenzierte Nutzung <strong>des</strong> Begriffes stehen. Der<br />

Richtpunkt K<strong>in</strong><strong>des</strong>wohl ist die e<strong>in</strong>zige Legitimation für e<strong>in</strong>en E<strong>in</strong>griff <strong>des</strong> Staates <strong>in</strong> die<br />

Familienautonomie. <strong>Die</strong>s impliziert die Vorrangigkeit k<strong>in</strong>dlicher Interessen und Rechte<br />

gegenüber Eltern<strong>in</strong>teressen oder den Interessen anderer Personen. (Dettenborn & Walter,<br />

2002)<br />

E<strong>in</strong> relevantes K<strong>in</strong>derrecht wird <strong>in</strong> § 1 Abs. 1 KJHG formuliert: "Jeder junge Mensch hat<br />

e<strong>in</strong> Recht auf Förderung se<strong>in</strong>er Entwicklung und auf Erziehung zu e<strong>in</strong>er eigenverantwortlichen<br />

und geme<strong>in</strong>schaftsfähigen Persönlichkeit." In e<strong>in</strong>zelnen Konfliktlagen kann dies<br />

jedoch Unterschiedliches bedeuten. Was für das Wohl <strong>des</strong> K<strong>in</strong><strong>des</strong> am besten ist, kann<br />

nicht pauschal festgelegt werden, sondern muss für jeden e<strong>in</strong>zelnen Fall bestimmt werden.<br />

Beispielsweise mag auf den ersten Blick e<strong>in</strong> geme<strong>in</strong>sames Sorgerecht beider Elternteile<br />

als die k<strong>in</strong><strong>des</strong>wohldienlichtste Lösung ersche<strong>in</strong>en, <strong>in</strong> Fällen der K<strong>in</strong><strong>des</strong>misshandlung<br />

oder <strong>des</strong> Substanzmissbrauchs e<strong>in</strong>es Elternteils kann e<strong>in</strong> geme<strong>in</strong>sames Sorgerecht jedoch<br />

dem K<strong>in</strong><strong>des</strong>wohl abträglich se<strong>in</strong>.<br />

Dettenborn und Walter (2002) schlagen vor, "unter familienrechtspsychologischem Aspekt<br />

als K<strong>in</strong><strong>des</strong>wohl die für die Persönlichkeitsentwicklung e<strong>in</strong>es K<strong>in</strong><strong>des</strong> oder Jugendlichen<br />

günstige Relation zwischen se<strong>in</strong>er Bedürfnislage und se<strong>in</strong>en Lebensbed<strong>in</strong>gungen zu verstehen"<br />

(S.62). Als Auswahl für das K<strong>in</strong><strong>des</strong>wohl wichtiger Bedürfnisse nennen sie folgende<br />

Beispiele:<br />

• Körperliche Zufriedenheit durch Nahrung, Pflege und Versorgung<br />

• Sicherheit<br />

• Emotionale Zuwendung <strong>in</strong> stabilen sozialen Beziehungen. Im Kern: sichere B<strong>in</strong>dungen<br />

• Umwelterkundung<br />

• Zugehörigkeit<br />

• Anerkennung<br />

• Orientierung<br />

• Selbstbestimmung<br />

• Selbstverwirklichung<br />

• Wissen / Bildung<br />

1.3 K<strong>in</strong><strong>des</strong><strong>in</strong>teressen<br />

Nicht nur im Alltag, sondern auch <strong>in</strong> der Juristensprache ist der Begriff der K<strong>in</strong><strong>des</strong><strong>in</strong>teressen<br />

mehrdeutig. Beispielsweise wird er <strong>in</strong> der Gesetzgebung an manchen Stellen als Synonym<br />

für K<strong>in</strong><strong>des</strong>wohl gebraucht. Gernhuber (1973, zitiert nach Zitelmann, 2001) bietet<br />

als Lösung aus der Unbestimmtheit <strong>des</strong> Rechtsbegriffs folgende Def<strong>in</strong>ition <strong>des</strong> K<strong>in</strong><strong>des</strong>wohls:<br />

"das, was konkret im ganzen am besten den Interessen dieses K<strong>in</strong><strong>des</strong> <strong>in</strong> jeder<br />

Beziehung dient" (S.98). Interessenvertretung wird gleichgesetzt mit Verfahrenspflegschaft,<br />

deren Aufgabe <strong>in</strong> der Vertretung <strong>des</strong> Wohls und dem Schutze <strong>des</strong> K<strong>in</strong><strong>des</strong> liegt.<br />

Früh (1992, zitiert nach Zitelmann, 2001) sieht zwischen Mandatsverhältnis und Verhältnis<br />

zwischen Verfahrenspfleger und K<strong>in</strong>d <strong>des</strong>halb folgende Unterschiede: "Während der<br />

Rechtsanwalt weitgehend an die Wünsche und Vorstellungen se<strong>in</strong>es Mandanten gebunden<br />

ist, nimmt der Verfahrenspfleger als vom Gericht bestellter Interessenvertreter <strong>des</strong> K<strong>in</strong><strong>des</strong><br />

e<strong>in</strong>e eher objektive Stellung e<strong>in</strong> (S.99).<br />

An anderen Stellen umschließt der Rechtsbegriff der K<strong>in</strong><strong>des</strong><strong>in</strong>teressen sowohl Wohl als<br />

auch Wille <strong>des</strong> K<strong>in</strong><strong>des</strong>. In welchem Verhältnis Wohl und Wille jedoch zue<strong>in</strong>ander stehen,<br />

bleibt offen. (Zitelmann, 2001)<br />

Auch <strong>in</strong> Psychologie, Pädagogik und Soziologie ist der Begriff der K<strong>in</strong><strong>des</strong><strong>in</strong>teressen nicht<br />

e<strong>in</strong>heitlich def<strong>in</strong>iert. Je nach Ansatz können Interessen <strong>in</strong> der Psychologie als Emotion<br />

oder Motivation verstanden werden. (Zitelmann, 2001)<br />

<strong>Die</strong> Vagheit <strong>des</strong> Interessensbegriffs wirft <strong>in</strong> der Praxis der K<strong>in</strong><strong>des</strong>vertretung e<strong>in</strong>ige Probleme<br />

auf. So besteht die Gefahr, dass Juristen das K<strong>in</strong><strong>des</strong><strong>in</strong>teresse mit dem K<strong>in</strong><strong>des</strong>willen<br />

gleichsetzen und die "erforderliche Parte<strong>in</strong>ahme für das Wohl <strong>des</strong> K<strong>in</strong><strong>des</strong> ausbleibt" (Zitelmann,<br />

2001, S.109). Auf der anderen Seite besteht die Gefahr der Synonymisierung<br />

<strong>des</strong> Begriffs mit dem Wohl <strong>des</strong> K<strong>in</strong><strong>des</strong> und dem damit verbundenen Außerachtlassen <strong>des</strong><br />

Willens.<br />

E<strong>in</strong> <strong>in</strong>terdiszipl<strong>in</strong>ärer Brückenschlag <strong>des</strong> Begriffs könnte folgendermaßen aussehen:

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