Die Relevanz des Kindeswillens in familienrechtlichen - Userpage ...
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<strong>Die</strong> <strong>Relevanz</strong> <strong>des</strong> K<strong>in</strong><strong>des</strong>willens <strong>in</strong> <strong>familienrechtlichen</strong> Angelegenheiten 6<br />
Das Woh<strong>in</strong> bezieht sich auf die Zielorientierung. In dieser Phase werden Ziel<strong>in</strong>tentionen<br />
oder Mittel<strong>in</strong>tentionen wirksam, also die Absicht oder der Vorsatz, e<strong>in</strong>en bestimmten Zustand<br />
zu erreichen, beizubehalten oder zu vermeiden. (Dettenborn, 2001)<br />
Dettenborn (2001) nennt folgenden Aspekte, die zur Entstehung von Ziel<strong>in</strong>tentionen beitragen:<br />
• E<strong>in</strong>e große Bedürfnisspannung <strong>in</strong> der prä<strong>in</strong>tentionalen Phase. Besteht beispielsweise<br />
e<strong>in</strong>e starke B<strong>in</strong>dung zu e<strong>in</strong>em Elternteil, weshalb der Trennungsschmerz<br />
beim K<strong>in</strong>d stark ausgeprägt ist, so entsteht eher die Ziel<strong>in</strong>tention, Kontakt zu haben.<br />
• Je attraktiver der potentielle Endzustand, <strong>des</strong>to eher wird er zur Ziel<strong>in</strong>tention. <strong>Die</strong><br />
Ziel<strong>in</strong>tention wird weniger attraktiv, wenn die Gefahr nachteiliger Folgen wächst,<br />
beispielsweise die Verletzung e<strong>in</strong>es Elternteils.<br />
• Je realisierbarer e<strong>in</strong>e Ziel<strong>in</strong>tention sche<strong>in</strong>t, <strong>des</strong>to eher wird sie präferiert.<br />
• Je ausgeprägter Kontrollüberzeugungen, <strong>in</strong>sbesondere Selbstwirksamkeitserwartungen,<br />
wahrgenommene Voraussehbarkeit und Bee<strong>in</strong>flussbarkeit von Ereignissen<br />
und Kompetenzüberzeugungen s<strong>in</strong>d, <strong>des</strong>to wahrsche<strong>in</strong>licher ist es, dass Ziel<strong>in</strong>tentionen<br />
gebildet werden.<br />
• Je größer der Druck von außen, <strong>des</strong>to eher werden Ziel<strong>in</strong>tentionen gebildet.<br />
Mittel<strong>in</strong>tentionen dienen zur Festlegung, wann, wo und wie die Ziel<strong>in</strong>tention verwirklicht<br />
wird. Mittel<strong>in</strong>tentionen oder Vorsätze entstehen, wenn Ziel<strong>in</strong>tentionen als besonders<br />
wichtig erlebt und H<strong>in</strong>dernisse und Widerstände erwartet werden. Beispielsweise könnte<br />
e<strong>in</strong> K<strong>in</strong>d, das den Kontakt zu e<strong>in</strong>em Elternteil ablehnt, sich vornehmen wegzulaufen,<br />
wenn dieser Elternteil es von der Schule abholt. Dadurch versucht das K<strong>in</strong>d, se<strong>in</strong>em<br />
nichterhörten Wunsch Nachdruck zu verleihen. (Dettenborn, 2001)<br />
Heckhausen (1989, zitiert nach Oerter & Montada, 1998) schlägt e<strong>in</strong> Modell von vier<br />
Handlungsphasen vor, das sogenannte Rubikon-Modell. Er unterscheidet zwischen Intentionsbildung,<br />
Intentions<strong>in</strong>itiierung, Intentionsrealisierung und Intentionsdeaktivierung.<br />
Geht man davon aus, dass das Rubikon-Modell auch auf die Entscheidungsprozesse <strong>des</strong><br />
K<strong>in</strong><strong>des</strong> <strong>in</strong> weitreichenden persönlichen Fragen anwendbar ist, kann es nicht gleichgültig<br />
se<strong>in</strong>, <strong>in</strong> welcher Phase der Willensbildung sich das K<strong>in</strong>d zum Zeitpunkt der Willensäußerung<br />
bef<strong>in</strong>det. Je nach Phase benötigt das K<strong>in</strong>d e<strong>in</strong>e andere Art von Unterstützung.<br />
Unter anderem aufgrund der Annahme der Willensbildung als Prozess, vernachlässigen<br />
Verfahrenspfleger ihre Aufgabe <strong>des</strong> Informierens, Beratens und Begleitens, wenn sie nur<br />
e<strong>in</strong> e<strong>in</strong>ziges Gespräch mit dem K<strong>in</strong>d führen. (Zitelmann, 2001)<br />
2.1.2 M<strong>in</strong><strong>des</strong>tanforderungen<br />
Dettenborn (2001) nennt vier Merkmale, die für die Entscheidung, ob e<strong>in</strong> k<strong>in</strong>dlicher Wille<br />
vorliegt, relevant s<strong>in</strong>d:<br />
• Zielorientierung: es bestehen e<strong>in</strong>e handlungsleitende Ausrichtung auf erstrebte<br />
Zustände, ferner Vorstellungen darüber, wie etwas erreicht werden kann, und die<br />
Bereitschaft, sich entsprechend zu verhalten.<br />
• Intensität: die Nachdrücklichkeit und Entschiedenheit, mit der e<strong>in</strong> Ziel angestrebt<br />
wird. Erkennbar wird Intensität an Beharrungsvermögen bei H<strong>in</strong>dernissen und Widerständen.<br />
• Stabilität: die Beibehaltung von Willenstendenzen über e<strong>in</strong>e angemessene zeitliche<br />
Dauer gegenüber verschiedenen Personen und unter verschiedenen Umständen.<br />
<strong>Die</strong> Wahrsche<strong>in</strong>lichkeit für Stabilität steigt mit der Intensität.<br />
• Autonomie: der Wille als Ausdruck der <strong>in</strong>dividuellen, selbst <strong>in</strong>itiierten Strebungen.<br />
Das schließt jedoch nicht aus, dass Fremde<strong>in</strong>flüsse an der Willensformierung beteiligt<br />
waren.<br />
<strong>Die</strong>se Merkmale werden als Kont<strong>in</strong>uum verstanden. Welcher Ausprägungsgrad ausreichend<br />
ist, um e<strong>in</strong>er M<strong>in</strong><strong>des</strong>tanforderung zu genügen, kann nicht präzise festgestellt werden.<br />
Das Gewicht <strong>des</strong> K<strong>in</strong><strong>des</strong>willens als Kriterium <strong>des</strong> K<strong>in</strong><strong>des</strong>wohl steigt jedoch mit zunehmender<br />
Ausprägung der vier Merkmale – vorausgesetzt es handelt sich nicht um<br />
selbstgefährdenden K<strong>in</strong><strong>des</strong>willen. (Dettenborn, 2001)