Kommunale Sommergespräche 2011 - Kommunalnet
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kommT dIe dIrekTvergABe „XL“?<br />
die Pläne der Bundesregierung zum neuen vergabeverfahren unter der Lupe<br />
zur Ankurbelung der<br />
wirtschaft im rahmen<br />
der weltweiten wirtschafts-<br />
und finanz-<br />
krise sowie entlastung<br />
der öffentlichen Auftraggeber<br />
und Auftrag-<br />
nehmer wurde – wie auch<br />
in anderen europäischen<br />
Staaten – in Österreich<br />
eine befristete deregulierung<br />
des vergaberechts<br />
durch eine Anhebung des<br />
Schwellenwertes bei der<br />
direktvergabe auf<br />
€ 100.000 vorgenommen.<br />
Diese Erhöhung der Schwellenwerte<br />
wurde mit Verordnung<br />
des Bundeskanzlers<br />
(BGBl II Nr. 455/2010) bis<br />
31.12.<strong>2011</strong> verlängert, mit<br />
1.1.2012 gelten daher wieder<br />
die ursprünglichen Schwellenwerte<br />
des Bundesvergabegesetzes<br />
2006.<br />
Derzeit in der „Pipeline“ der<br />
Bundesregierung ist aber<br />
wie bereits berichtet eine beachtliche<br />
Änderung des Bundesvergabegesetzes,<br />
mit der<br />
eine neue Verfahrensart bei<br />
Vergaben bis zu einem geschätzten<br />
Auftragswert von<br />
€ 100.000 eingeführt werden<br />
soll - mit dem sperrigen Titel<br />
„Direktvergabe nach vorheriger<br />
öffentlicher Markterkundung“<br />
(§ 41a BVergG 2006).<br />
Die Direktvergabe „light“ bis<br />
€ 40.000 soll mit einigen Abänderungen<br />
erhalten bleiben.<br />
Das Verfahren „Direktvergabe<br />
nach vorheriger öffentlicher<br />
Markterkundung“ ist – im<br />
Vergleich zu den anderen<br />
Verfahrensarten des BVergG<br />
2006 – etwas „einfacher“<br />
gehalten, formfrei ist es dennoch<br />
bei weitem noch nicht<br />
(es gelten neben dem § 41a<br />
BVergG 2006 der 1. Teil, die<br />
§§ 3 Abs. 1, 4 bis 6, 9, 10, 13<br />
bis 16, 18 Abs. 1, 19 Abs. 1<br />
bis 4, 25 Abs. 11, 42 Abs. 3,<br />
der 4. bis 6. Teil). Auch bei der<br />
neuen Verfahrensart sind alle<br />
wesentlichen Festlegungen<br />
und Vorgänge im Vergabeverfahren<br />
schriftlich festzuhalten<br />
(§ 42 Abs. 3 BVergG – betrifft<br />
insbesondere die Festlegungen<br />
für den Verfahrensablauf,<br />
die Anwendung des<br />
Auswahlmechanismus oder<br />
eine kurze Erläuterung, warum<br />
ein bestimmtes Verfahren<br />
ausgewählt wurde). Es liegt<br />
im Ermessen des Auftraggebers,<br />
das Verfahren einstufig<br />
oder mehrstufig zu gestalten,<br />
mit den Bietern zu verhandeln<br />
oder auch im Verlauf des Verfahrens<br />
die Zahl der Bieter zu<br />
reduzieren – vorausgesetzt,<br />
er legt die Kriterien, nach<br />
welchen er die interessierten<br />
Unternehmen auswählen<br />
bzw. das erfolgreiche Angebot<br />
annehmen möchte, zu<br />
Beginn des Verfahrens fest<br />
und gibt diese Festlegungen<br />
auch interessierten Unternehmern<br />
bekannt (s. Punkt 3.<br />
der notwendigen Bekanntmachungen<br />
zu Beginn des Verfahrens).<br />
Im wesentlichen ist im regierungsentwurf<br />
folgender<br />
Ablauf für das neue verfahren<br />
vorgesehen:<br />
1. Bekanntmachung der<br />
Auftragsvergabe<br />
Der öffentliche Auftraggeber<br />
hat die beabsichtigte Vergabe<br />
eines Bau-, Liefer- oder<br />
Dienstleistungsauftrages mittels<br />
einer „Direktvergabe nach<br />
vorheriger öffentlicher<br />
Markterkundung“ in dem gemäß<br />
§ 55 Abs. 2 BVergG vom<br />
Bundeskanzler bzw. von der<br />
jeweiligen Landesregierung<br />
festgelegten Publikationsmedium<br />
bekannt zu machen.<br />
Bekanntzumachen sind:<br />
1. Bezeichnung des Auftraggebers,<br />
2. Gegenstand der Leistung<br />
sowie Erfüllungsort und Lei-<br />
stungsfrist,<br />
3. Hinweis, wo und wann nähere<br />
Informationen über die<br />
zu vergebende Leistung sowie<br />
über den weiteren Verfahrensablauf<br />
(Kriterien gemäß<br />
Abs. 4) eingesehen oder beschafft<br />
werden können und<br />
4. ausdrückliche Bezeichnung<br />
als „Direktvergabe nach vorheriger<br />
öffentlicher Markterkundung“.<br />
Der Auftraggeber muss zudem<br />
objektive, nicht diskriminierende<br />
Kriterien festlegen,<br />
anhand derer die Auswahl<br />
des Unternehmers bzw. der<br />
Unternehmer erfolgt, von dem<br />
bzw. denen Angebote eingeholt<br />
werden und anhand derer<br />
das erfolgreiche Angebot bestimmt<br />
wird. Der Auftraggeber<br />
ist bei der Festlegung dieser<br />
Kriterien weitgehend frei und<br />
nur an die allgemeinen<br />
Grundsätze des § 19 BVergG<br />
gebunden.<br />
2. Pflichten nach der<br />
Zuschlagserteilung<br />
Spätestens 20 Tage nach der<br />
Zuschlagserteilung hat der<br />
Auftraggeber einen Auftrag,<br />
den er im Wege einer Direktvergabe<br />
nach vorheriger öffentlicher<br />
Markterkundung<br />
vergeben hat, in dem gemäß<br />
§ 55 Abs. 2 BVergG festgelegten<br />
Publikationsmedium<br />
folgende Punkte bekannt zu<br />
machen:<br />
· Hinweis auf die erfolgte Bekanntmachung<br />
der beabsichtigen<br />
Vergabe gem. § 41a<br />
Abs. 3<br />
· Name und Anschrift des Auftraggebers<br />
sowie des Auftragnehmers<br />
· Beschreibung des Auftragsgegenstandes<br />
und<br />
· Gesamtpreis (Auftragssumme<br />
ohne USt).<br />
Die Leistung darf nur von<br />
einem befugten, leistungsfähigen<br />
und zuverlässigem Unternehmer<br />
bezogen werden.<br />
Ö S T E R Ru R E EO I C CPa H<br />
Die Befugnis, Leistungsfähigkeit<br />
und Zuverlässigkeit muss<br />
spätestens zum Zeitpunkt<br />
des Vertragsabschlusses<br />
vorliegen; für die Vergabe an<br />
Unternehmer, über deren Vermögen<br />
ein Insolvenzverfahren<br />
eröffnet wurde oder die<br />
sich in Liquidation befinden<br />
oder die ihre gewerbliche Tätigkeit<br />
einstellen, finden sich –<br />
analog den Regelungen des<br />
§ 41 BVergG für die „echte“<br />
Direktvergabe - eigene<br />
Sonderregelungen.<br />
Das neue Vergabeverfahren<br />
ist eine Ermächtigung an den<br />
Auftraggeber und tritt insbesondere<br />
„neben“ die Möglichkeit<br />
der Auftragsvergabe in<br />
einem Verhandlungsverfahren<br />
nach vorherigen Bekanntmachung<br />
im Unterschwellenbereich<br />
gem. § 38 Abs. 1<br />
BVergG, in einem Verfahren<br />
ohne Bekanntmachung gem.<br />
§§ 37 und 38 Abs. 2 BVergG<br />
(bis zu einem Auftragswert<br />
von € 60.000) oder die Direktvergabe<br />
„light“ gemäß §<br />
41 BVergG (bis zu einem Auftragswert<br />
von € 40.000).<br />
Ob die geplanten Änderungen<br />
in der im vorstehenden<br />
Überblick zusammengefassten<br />
Form und „rechtzeitig“<br />
(d.h. vor dem Auslaufen der<br />
SchwellenwerteVO 2010<br />
Ende <strong>2011</strong>) in Kraft treten,<br />
ist offen. Die Hoffnung, dass<br />
es im Begutachtungsverfahren<br />
gelingen wird, weitere<br />
echte Vereinfachungen für<br />
die Auftraggeber zu erzielen,<br />
ist vor allem im Hinblick auf<br />
das unionsrechtlich gebotene<br />
Transparenzgebot mehr als<br />
fraglich. Tatsache ist jedenfalls,<br />
dass das Vergabegesetz<br />
leider auf Jahre hinaus weiter<br />
eine juristische „Dauerbaustelle“<br />
bleiben wird.<br />
3 | 11 Die Salzburger Gemeinde 23