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Tennenbacher Urkundenbuch, Bd. I - Cistopedia.org

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& Hans Josef WOLLASCH: Inventar über die Bestände des Stadtarchivs Villingen, 1968 <strong>Bd</strong> I. p. 2 Nr. (M 5) 8.<br />

Ich hab einen schönen Artikel zu Kaiser Friedrich II. von Hohenstaufen gefunden, welcher jüngst erschienen und zu meiner Arbeit gut passt, da er genau die Verleihung obiger Urkunde, als Anlaß<br />

nimmt, geschrieben und publiziert zu werden, drum will ich ihn hier wiedergeben:<br />

„Vivit, et non vivit – er lebt, er lebt nicht “, daß hat Sibillae Erithae über den toten Friedrich gesagt. Denn schon der lebende, so war erst recht der tote Kaiser für die Menschen seiner Zeit ein<br />

Geheimnis. Nur wenige Persönlichkeiten des Mittelalters sind so umstritten wie Friedrich II., gleichgültig hat der Sohn von Heinrich VI. (Heinrich der Löwe) und der Enkel Friedrich Barbarossas<br />

von seiner Mutter Konstanze das normannische Königreich Sizilien geerbt. Seine Anhänger feierten ihn als „ das Erstaunen der Welt “, als Friedensfürst, seine Gegner verurteilten ihn als Atheisten<br />

und „ Hammer der Welt “, vergleichbar mit Nero oder Attila. Auch das Urteil der Historiker ist sehr unterschiedlich. Für Jakob BURCKHARD war er der erste moderne Mensch auf dem Thron, für<br />

Franz KAMPER der Wegbereiter der Renaissance. Jahrhunderte sind vergangen in denen der Streit nicht endete. Weil er sich den Päpsten wiedersetzte priesen ihn die Reformatoren um Martin<br />

Luther. Im 19. Jahrhundert warfen Kritiker dem Staufer vor, er habe sich zuviel um Italien gekümmert und lasteten ihm die spätere Schwäche des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation<br />

an. Über 2.000 biographische Arbeiten sind über diesen Kaiser publiziert, dessen Imperium von Sizilien bis Schleswig-Holstein reichte. Friedrich wurde am 26. Dezember 1194 in Jesi in der Mark<br />

Ancona geboren. Sein Vater Heinrich VI. trug sich mit großen Weltreichplänen, Europa war die Führung zugedacht. Nach wenigen Jahren war er der mächtigste Herrscher der Welt. Nach dem<br />

Tode des Sultans Saladin wollte der Hohenstaufe Heinrich seine Herrschaft weit in den Orient hineintragen. In Messina starb Heinrich 1197 im Alter von 32 Jahren. Sein Tod führte zu einem<br />

Zusammenbruch der kaiserlichen Macht. In Deutschland flammte der unheilvolle Streit zwischen Staufern und Welfen erneut empor. Die staufische Partei hob den jungen Philipp von Schwaben,<br />

den jüngeren Bruder von Heinrich, auf den Schild, die welfische Partei wählte Otto IV. von Wittelsbach, Deutschland wurde durch einen Bürgerkrieg zerrissen. König Philipp wurde 1208 in<br />

Bamberg von Otto von Wittelbach ermordet. Der Sohn von Heinrich VI., Friedrich, wurde unter der Vormundschaft des Papstes Innozenz III. erzogen. Der Thronstreit in Deutschland machte<br />

es dem Papst leicht, seine Ziele – nie wieder dürfe Sizilien und das Reich in einer Hand erstarken – zu erreichen. Otto IV. der nach der Ermordung Philipps Kaiser geworden war, wurde, da er dem<br />

Papst nicht mehr in seine Pläne passte, fallen gelassen. Dafür unterstützte er Friedrich; dieser zog nach Rom und leistete dem Papst den Lehenseid für Neapel-Sizilien (1212). Von hier aus reiste er<br />

auf abenteuerliche Weise durch feindliche Gebiete (Lombardei) nach Deutschland. Otto hatte zwischenzeitlich bei den Engländern um Hilfe nachgesucht, Friedrich verbündete sich mit dessen<br />

Gegner, dem König von Frankreich. Die französisch-staufische Partei besiegte 1214 bei Bouvines in Flandern die englisch-welfische Partei. Die deutschen Städte öffneten dem jungen Staufer die<br />

Tore, 1215 ließ er sich in Aachen zum König krönen und bestieg den Marmorthron Karl des Großen. Hier legte er erstmals ein Kreuzzugsgelübde ab. Sein Gegner Otto starb nicht lange danach<br />

einsam auf der Harzburg. Friedrich weilte in Deutschland und hielt sich am 23. November 1218 auf der Burg Mahlberg auf. Hier bestätigt er auf Bitte des Abtes und der Brüder des Klosters<br />

Thennenbach, dass ihnen Wernher von Roggenbach mit Zustimmung seiner Tochter zu seinem Seelenheil einige Güter geschenkt hat. Er zog 1220 nach Rom, wo ihn Papst Honorius III., gegen<br />

das Versprechen eines Kreuzzuges zum Kaiser krönte. Danach begann er mit dem Ausbau seines sizilianischen Erbreiches, dem sein ganzes Herz gehörte. Mit den Hoftagen von Capua<br />

<strong>org</strong>anisierte er den Staat neu. Auf dem 1. Hoftag 1220 erließ Friedrich zwanzig Kapitel umfassender Gesetze die zur Grundlage für die Neu<strong>org</strong>anisation Siziliens während der nächsten 30 Jahre<br />

wurden. Die wichtigsten Bestimmungen sahen folgendes vor: $ Die Steuern wurden wieder so festgesetzt wie sie zur Zeit von Friedrichs Mutter Konstanze (1198) bestanden. $ Die Privilegien der<br />

verschiedenen Kategorien sollten wieder die gleichen sein, wie zur Zeit des Normannenkönigs Wilhelm (1189). $ Das Recht Waffen zu tragen wurde auf jene beschränkt, die es zu jener Zeit<br />

besessen hatten. $ Die Adeligen mußten königliche Burgen, derer sie sich bemächtigt hatten oder andere die sie bei Wilhelms Tod gebaut hatten, der Krone zurück geben. $ Sämtliche Privilegien,<br />

die seit der Herrschaft Wilhelms gewährt wurden, mußten der königlichen Kanzlei v<strong>org</strong>elegt werden.<br />

Man muß diese Gesetzgebung vor dem Hintergrund der 30jährigen Anarchie sehen, deren sich Friedrich bei seiner Rückkehr nach Sizilien gengenübersah. Mit dem 1. Hoftag von Capua schuf er<br />

das Rahmenwerk des ersten modernen Staates in Europa. Statt den vielen Herren gab es nur noch den Kaiser, jeden Widerstand schlug er rücksichtslos nieder. Sarazenische und deutsche Ritter<br />

unterstützten ihn hierbei, besoldete Beamte hielten den Staat in mustergültiger Ordnung, eine neue Flotte baute er auf, stehendes Heer; alles wurde mit dem Geld bezahlt, das aus den neu<br />

geregelten Steuerquellen floß. So besaß der Staat das Alleinverkaufsrecht für Salz, Eisen, Kupfer und Rohseide. Durch all diese neu eingeführten Maßnahmen in seinem Staat wurde Friedrich der<br />

reichste Fürst seiner Zeit. Auch seine Toleranz ist zu erwähnen, in seinem Reich herrschte Glaubensfreiheit für alle Religionen. Friedrich betätigte sich auch als unermüdlicher Baumeister. Seine<br />

erste Residenz erbaute er im Jahre 1223 in Fogia, in der Mitte seines Reiches Sizilien. In seiner Lieblingsprovinz Apulien erbaute er zahlreiche Burgen, wie Castel del Monte, Lagopesole, Gioia del<br />

Colle und viele andere mehr. Für seine schönste und berühmteste Burg Castel del Monte zeichnete er als deren Architekt. Im Baustil dieser Burg verbinden sich gotische mit orientalischen<br />

Elementen und mit Formen aus der Antike. Dieses gewaltige Bauvorhaben wurde 1230 in Angriff genommen. Die Burgen in Apulien dienten dem Kaiser für seinen Plan, die Macht auf der Insel<br />

Sizilien zu zentralisieren; ihre Funktion als Festung und Verwaltung ist eindeutig. Die apulischen Schlösser dienten in erster Linie der Verteidigung der Küste des Ionischen Meeres, zur<br />

Überwachung der strategischen Straßen und anderen militärischen Zwecken. Die meisten waren königliche Residenzen, während einige lediglich „Orte der Erquickung“ für Friedrich waren, das<br />

schönste Beispiel hierfür ist Castel del Monte. Die acht Türme enthalten Wachstuben, Lagerräume, Toiletten und erstaunlich moderne Badezimmer. Das Obergeschoß eines der Türme diente der<br />

Unterbringung der Falken. Die übrige Ausschmückung der Räume muß üppig gewesen sein, Halbsäulen in Form von Pilastern aus rosigem Brecciamarmor. Wenn die sanitären Anlagen des<br />

Schloßes in Ordnung gebracht würden, wäre Castel del Monte auch heute noch bewohnbar. Die außerordentlich modernen Einrichtungen in seinen Schlössern zeigen, daß er die Bedeutung der<br />

Hygiene und der persönlichen Sauberkeit erkannt hatte; seine Gewohnheit täglich zu baden, straft die Beschreibung des Mittelalters als der tausend Jahre ohne Bad Lügen. Die Badezimmer mit<br />

fließendem Wasser verraten eine Atmosphäre, die ganz im Widerspruch stand zu der mittelalterlichen Sitte, viele Schichten selten gewechselte oder gesäuberter schwerer Kleider zu tragen. Zu einer<br />

Zeit als man Schmutz häufig als sichtbares Zeichen christlicher Keuschheit ansah, wurde das tägliche Bad des Kaisers als offener Skandal betrachtet. Selbst die Hofbeamten erhielten auf<br />

kaiserlichen Befehl und staatliche Kosten Unterwäsche in doppelter Ausfertigung. Am Hofe Friedrichs muß eine äußerst heidnische Atmosphäre der Sauberkeit geherrscht haben. Anfang des<br />

Jahres 1228 wurde Friedrich von Papst Gregor wegen seines nicht eingehaltenen Kreuzzugversprechens exkommuniziert. Am 28. Juni 1228, 13 Jahre nachdem Friedrich sein erstes<br />

Kreuzzugsgelübde abgelegt hatte, lief er mit 40 Galeeren aus dem Hafen von Brindisi ins Heilige Land aus. Was ihn von den Führern der bisherigen Kreuzzüge unterschied, war, daß er diese<br />

heilige Mission unter dem Bannfluch der Kirche antrat und daß das Unternehmen gelingen mußte. Die ersten Probleme begegneten ihm auf dem Weg nach Jerusalem auf Zypern, wo seine dort<br />

ansässigen Lehensmänner ihm Widerstand gegen den Kreuzzug entgegensetzten. Hinzu kam, daß Friedrichs Schwierigkeiten wegen seiner Exkommunikation auch im mohamedanischen Lager<br />

bekannt geworden waren. Die von Friedrich während des Kreuzzuges an den Papst gesandte Delegation zur Aufhebung des Bannfluches war völlig gescheitert. Der Papst wandte sich an alle mit<br />

dem Kaiser auf seinem Kreuzzug vermutlich begegnenden Leute mit der Weisung weder dem Kaiser beizustehen noch Beziehungen zu einem solch ungläubigen Mensch zu unterhalten. Die<br />

Spaltung im Lager der Kreuzfahrer infolge der päpstlichen Intrigen wirkte sich für Friedrich verhängnisvoll aus, da die kleine ihm zur Verfügung stehende Armee numehr von Zwietracht zerrissen<br />

war. Friedrich hat niemals über militärische Macht, wie sein Großvater Barbarossa verfügt. Dies zeigte sich vor allen Dingen in den militärischen Auseinandersetzungen, die er mit der Lombardei<br />

und insbesondere Mailand führte. Hier zog er meist den Kürzeren. Papst Gregor war entschlossen, den Kreuzzug mit allen ihm zur Verfügung stehenden Mitteln zum Scheitern zu bringen.<br />

Unterwegs entging Friedrich mit knapper Not einem Überfall durch die Templer, den, wie er später feststellte, der Papst angestiftet hatte. Aber nicht nur nur auf dem Kreuzzug bereitete der Papst<br />

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