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Tennenbacher Urkundenbuch, Bd. I - Cistopedia.org

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Geschoßgeschwindigkeit. Als aber mit Einführung der gezogenen Rohre der Widerstand, den das Geschoß im Rohre findet, erheblich<br />

wuchs, genügte das schnell verbrennende Pulver nicht mehr, wie auch die Einführung widerstandsfähigerer Ziele (Panzer) größere Energie<br />

des Geschosses verlangte. Die Anforderungen wurden durch Einführung langsam vergasenden Schießpulvers erfüllt. Mittel zur Erhöhung<br />

der Vergasungsdauer des Pulvers sind Vergrößerung der Dichte und des Pulverkorns und Änderung der Dosierung (Zusammensetzung)<br />

des Pulvers. Hand in Hand hiermit gingen die Änderungen, durch welche die Gleichmäßigkeit der Vergasung gesteigert (Einführung von<br />

Körnern gleichmäßiger Größe und Form) und die Vergasung derart geregelt wurde, daß mit fortschreitender Vergasung des Pulvers die in<br />

gleichen Zeiten entwickelten Gasmengen wachsen, was man durch Einführung solcher Körner erzielte, bei denen die Größe der<br />

Oberfläche mit fortschreitender Vergasung zunimmt (progressiv wirkendes Pulver). Selbstverständlich verlangt jede Rohrart zur Erzielung<br />

der günstigsten Verwertung eine besondere charakteristische Pulverart von mehr oder minder großer Vergasungsdauer und mehr oder<br />

minder großer Progressivität, so daß es viele Pulversorten gibt. – S. kann auch als Sprengpulver verwendet werden, doch nimmt die<br />

zerstörende Wirkung mit Zunahme der Vergasungsdauer ab. Als Sprengpulver wendet man daher vorzugsweise Stoffe von äußerst<br />

geringer Vergasungsdauer an (detonierende Stoffe), und die eigentlichen Sprengstoffe eignen sich wegen der zerstörenden Wirkung auf<br />

das Rohr und wegen der geringen Verwertung im allgemeinen nicht zur Verwendung als S.<br />

Zur Prüfung der Kraftäußerung oder ballistischen Wirkung des Schießpulvers benutzte man früher den Probiermörser, die gezahnte<br />

Pulverprobe, die ballistischen Pendel, seit Einführung der gezogenen Waffen aber allgemein das Chronoskop (s. d.) von Le Boulengé zum<br />

Messen der Geschoßgeschwindigkeiten, den von Nobel konstruierten Gasdruckmesser (s. d.) zum Messen des Maximalgasdrucks und den<br />

von Deprez und Sébert ausgebildeten Rücklaufmesser zur Ermittelung der Geschwindigkeiten, Beschleunigungen und Gasdrücke<br />

während der Bewegung des Geschosses im Rohr.<br />

Das älteste S. ist das sogen. Schwarzpulver. Es ist ein inniges Gemenge aus Kalisalpeter, Schwefel und Kohle. Man benutzt chemisch<br />

reinen Kalisalpeter, gereinigten sizilischen Stangenschwefel und Kohle von Faulbaum, Erle, Hasel, Pappel, Weide, Linde, Spindelbaum,<br />

Kornelkirsche, Hanfstengeln. Das Mengenverhältnis der Bestandteile schwankt. Die Wirksamkeit des Schwarzpulvers ist wesentlich<br />

abhängig von der innigen Mischung der Bestandteile. Man pulvert deshalb die Substanzen möglichst sein, meist in Trommeln oder auf<br />

Kollermühlen, der Exzelsiormühle, die Holzkohle auch auf Glockenmühlen. Das vorläufige Mischen der Bestandteile geschieht entweder<br />

in Trommeln aus Kupfer oder Messing, oder auf Kollergängen. Der gemischte Pulversatz wird unter Läufern bearbeitet und dann auf<br />

Brechwerken zerbrochen, worauf die Verdichtung unter Walzen oder in hydraulischen Pressen erfolgt. Die aus der Presse herv<strong>org</strong>egang-<br />

enen Pulverkuchen werden grob zerkleinert und in eine Körnmaschine gebracht, welche die Kuchen zerreibt und siebt. Das Sortieren<br />

geschieht durch Siebe, die Ausbeute beträgt 70 – 80 %. Das Körnen beugt einer Entmischung des Pulvers vor, die beim Rütteln auf dem<br />

Transport in dem mehlpulverigen Gemisch sicher eintreten würde, auch ist das gekörnte Pulver weniger hygroskopisch, und vor allem<br />

verbrennt es langsamer, weil sich die Flamme durch das lockere Gemisch leichter fortpflanzt als durch dichtes Pulver. Endlich gewährt<br />

gekörntes Pulver auf dem Transport größere Sicherheit, weil es weniger stäubt. Das gekörnte Schwarzpulver wird in rotierenden<br />

Trommeln poliert, dann mittels eines warmen Luftstromes bei 30–60° getrocknet. Schließlich wird das Pulver in Zylindersieben<br />

ausgestäubt, wobei man bisweilen zur Erhöhung des Glanzes etwas Graphit zusetzt, dann durch Siebe nochmals sortiert. Aus den<br />

eingangs erwähnten Gründen hat man schon früh feineres Pulver für Gewehre und gröberes für Geschütze angewandt, doch durfte man,<br />

um den Maximalgasdruck nicht über die zulässige Grenze zu steigern, bei dem gewöhnlichen Schwarzpulver nur geringe Ladungsverhältnisse<br />

anwenden und erzielte dementsprechend nur geringe Geschoßgeschwindigkeiten. Eine wesentliche Verlangsamung der<br />

Verbrennung erzielte man durch Vergrößerung des Korns, Erhöhung der Dichte (Einführung des grobkörnigen und des prismatischen<br />

Pulvers; hierher gehören auch das Kieselpulver und das Pelletpulver) und durch Änderung der Dosierung (Anwendung brauner Kohle).<br />

Prismatisches Pulverkorn.<br />

Nebenstehende Abbildung zeigt ein Korn des prismatischen Pulvers, das nach dem V<strong>org</strong>ang Rußlands als »prismatisches Pulver C/68« für<br />

die deutschen 15–26 cm - Ringkanonen eingeführt wurde. Ein von den vereinigten rheinisch - westfälischen Pulverfabriken und der<br />

Aktiengesellschaft Rottweil - Hamburg 1882 hergestelltes braunes prismatisches Pulver gibt bei schweren Geschützen sehr günstige<br />

Resultate. Das deutsche prismatische Pulver C/82 ist identisch mit dem braunen der Fabrik Rottweil - Hamburg, besteht aus 78 Salpeter,<br />

19 brauner Kohle und 3 Schwefel und hat das spez. Gew. 1,86 – 1,87. Neufertigung von Schwarzpulver zur Verwendung als S. findet nur<br />

noch in beschränktem Umfange statt, da es durch das günstiger verwertbare rauchschwache Pulver verdrängt wird. Die vorhandenen<br />

Bestände an Schwarzpulver werden bei Friedensübungen aufgebraucht, während die Kriegsmunitionsbestände fast durchweg schon<br />

rauchschwaches Pulver enthalten. Dagegen wird Schwarzpulver in seiner und grober Körnung noch zu Sprengladungen älterer<br />

(vorwiegend gußeiserner) Granaten, in seiner Körnung zu Sprengladungen der Schrapnells und zylinderförmig (sogen. Pulverzylinder) bei<br />

Bodenkammerschrapnells zur Übertragung des Feuerstrahls der Zündung auf die Sprengladung benutzt. Die sonstige Verwendung des<br />

Schwarzpulvers als Sprengpulver ist nicht mehr umfangreich; auch auf diesem Gebiete wird es immer mehr durch moderne Sprengstoffe<br />

verdrängt.<br />

Um die Übelstände des Schwarzpulvers zu beseitigen, namentlich aber auch, um geeignetere Präparate für ganz bestimmte Gebrauchs-<br />

zwecke zu erhalten, sind unzählige neue Pulver hergestellt worden. Man unterscheidet: 1) Pulver mit Surrogaten für Kalisalpeter:<br />

Diorrexin (Kalisalpeter, Natronsalpeter, Schwefel, Holzkohle, Buchensägespäne, Pikrinsäure), Azotin (Natronsalpeter, Schwefel, Kohle,<br />

Petroleumrückstände), Amidpulver (Kalisalpeter, Ammoniaksalpeter, Holzkohle), Pulver mit Kaliumchlorat: Himlypulver, Poudre des<br />

mineurs, Kometpulver, Augendres Pulver. 2) Pulver ohne Schwefel: Haloxylin (Salpeter, Sägemehl, Holzkohle, rotes Blutlaugensalz und<br />

das oben genannte Amidpulver). 3) Pulver mit Surrogaten für Holzkohle: Petralit (Salpeter, Schwefel, Holzmehl, Kokspulver), Janit<br />

(Salpeter, Schwefel, Lignit, Pikrinsäure, Kaliumchlorat, Soda), Amidogène (Salpeter, Schwefel, Holzkohle, Kleie, Magnesiumsulfat).<br />

Karboazotine (Salpeter, Schwefel, Ruß, Gerberlohe oder Holzmehl, Eisenvitriol). Fast alle diese Pulver haben nur Bedeutung als<br />

Sprengpulver. Dasselbe gilt für die Pikratpulver, die wesentlich Pikrinsäure oder deren Salze enthalten (Melinit), die Pulver von Designolle,<br />

Baboeuff, Brugère, Abel u.a. Schwarzpulver entzündet sich durch Schlag, am leichtesten bei Schlag von Eisen auf Eisen, Eisen auf<br />

Messing, Messing auf Messing, unter gewöhnlichen Verhältnissen selten durch Schlag von Kupfer auf Holz und nie durch Schlag von<br />

Holz auf Holz. Bei raschem Erhitzen entzündet sich Schwarzpulver nach Horsley bei 315°, nach Violette Mehlpulver aller Art bei 265–<br />

270°, gekörntes Sprengpulver bei 270°, Kriegspulver bei 276°, seines Jagdpulver bei 280° und extrafeines Jagdpulver bei 320°. Brennende<br />

Körper entzünden Schwarzpulver nur, wenn sie sehr heiß sind; die Gasflamme zündet erst nach einigen Sekunden, ein Funke aus Stahl<br />

und Stein nur nach starkem Schlage, der Funke der Elektrisiermaschine nur, wenn die Entladung durch Einschaltung eines nassen<br />

Bindfadens in die Leitung verzögert wird. Bei den galvanischen Zündern wird das Pulver durch einen erglühenden seinen Platindraht<br />

entzündet. Schießbaumwolle verbrennt auf Schwarzpulver, ohne zu zünden. Im luftleeren Raum zündet der glühende Platindraht nur<br />

schwer, und die Verbrennung erfolgt langsam, ohne Verpuffung. An freier Luft verbrennt Schwarzpulver auf weißem Papier, ohne einen<br />

Rückstand zu hinterlassen. Bei größern Mengen und im abgeschlossenen Raum erfolgt die Verbrennung unter Explosion. Der Rückstand<br />

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