Mitteilungsblatt Ausgabe 27 - 2011 - Verbandsgemeinde Nassau
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<strong>Nassau</strong>er Land 21 Nr. <strong>27</strong>/<strong>2011</strong><br />
schwänzjer“ sagten. Selbstgestrickte Strümpfe hatten Mädchen und<br />
Buben gleich an, die eine Leib- und Seelhose mit Strumpfbändern<br />
hielt.<br />
Ach, kratzten die Strickstrümpfe. Aber es gab morgens kein Pardon.<br />
War das eine Qual!<br />
Auch ein Krämerladen fehlte in keinem Dorf. Als Werbung zierten<br />
nostalgische, emalierte Schilder die Hausfront. Vom Seifenpulver<br />
über die Schuhwichse, bis hin zum Maggi. Eine Dezimalwaage mit<br />
Gewichten - wo oft die Krämersfrau ihren Daumen mit drauflegte -<br />
war für alle Lebensmittel die einzige Gewichtskontrolle.<br />
Öl, Essig, Maggi, alles wurde in mitgebrachte Flaschen abgefüllt<br />
und so war zwischen der Arbeit immer noch etwas Zeit für ein persönliches<br />
Wort, sei es in Freude oder Leid.<br />
Treffpunkt der Jugend war meist beim Milchbock auf dem Dorfplatz.<br />
Alte, überlieferte, wehmütige Liebeslieder wurden gesungen. Im<br />
Sommer bis spät in die Nacht. In vorgerückter Stunde wurde gekichert,<br />
gelacht und heimlich geknutscht; und manche Ehe fand dort<br />
ihren Ursprung. Heiratete ein Paar, kamen sie ein paar Wochen vorher<br />
in den Aushang; war Eile dahinter, stützte man den Aushang -<br />
bzw. Kasten - ab. Ein Gasthaus war auf dem kleinsten Dorf zu finden.<br />
Oft übergeben bis in die vierte Generation.<br />
Der Wirt spielte meist Ziehharmonika und so war mit wenig Aufwand<br />
die ganze Wirtschaft in Stimmung. Besonders einmal im Jahr<br />
ging es hoch her, Dorfkirmes….war das ein Fest!<br />
Die Frauen backten ganze Bleche Hefekuchen, Braten wurde vorgerichtet.<br />
Denn die Kirmesburschen brachten die Kirmesmädchen<br />
zum Essen mit nach Hause. Trotz dem Wenigen was man hatte,<br />
stand Gastfreundschaft an erster Stelle.<br />
Ach, ging die Kirmes munter her. Johlend holten die Kirmesburschen<br />
den Kirmesbaum, der geschmückt mit ausgeblasenen Eiern<br />
und bunten Bändern weiterhin zu sehen war.<br />
Jeder Kirmesbursche wählte sein Kirmesmädchen; und unter lautem<br />
Zurufen ertöne: „Wem ess die Kirmes?“ „Uhs!!“ „Wer bezohltse?“<br />
„Mir!!“ „Zicke, Zacke, hoi, hoi, hoi…“ Das war der Schlachtruf<br />
aller Kirmesburschen. Unter den Klängen der Blasmusik wurde<br />
geschwoft bis zum frühen Morgen. Oft war eine Schlägerei - meist<br />
ging es um ein Mädchen - der Abschluss jeder Kirmes.<br />
In jedem Ort war eine Poststelle. Am ersten jeden Monats wurden<br />
dort die meist kargen Renten ausgezahlt. Das war ein schönes<br />
Zubrot, denn die „Meistenleute“ waren Selbstversorger und lebten<br />
von dem, was die Landwirtschaft einbrachte.<br />
Der Pfarrer war der Hirte der Gemeinde.<br />
Er wohnte im hiesigen Pfarrhaus mit seiner Familie. Ein großer<br />
Gemüsegarten wurde bewirtschaftet, denn die Zeiten waren nicht<br />
immer rosig. Im Dorf galt der Pfarrer - samt dem Lehrer - als Respektperson.<br />
Die Buben zogen beim Gruß ihre Mützen.<br />
Wenn die Kinder mal unartig waren, hörte man oft den Satz: „A ich<br />
sohn’s em Pärrer, de schleht dir en Nohl en d’Kopp!“ Ansonsten<br />
waren die vier Jahreszeiten im bäuerlichen Leben hart. Das Leben<br />
war von körperlicher, schwerer Arbeit um’s tägliche Brot geprägt.<br />
Im Frühjahr begann die Arbeit in Feld und Garten, auch die Hausfrau<br />
hatte viel zu tun. Die meisten Leute schliefen ja noch auf Strohsäcken,<br />
die im Frühjahr neu gefüllt wurden. Hei, war das ein Spaß<br />
für uns Kinder. Wir mussten in’s Bett klettern, so hoch und prallvoll<br />
war der Strohsack gefüllt. In den meisten Fällen mussten sich die<br />
Geschwister das Bett teilen. Oft lag man noch lange wach. Es wurden<br />
Ratespiele gespielt, ein bisschen erzählt. Der Geist wurde<br />
angeregt…ach, machte das Kindsein Spaß.<br />
Um Haus und Scheune wurde es im Frühjahr lebendig. Die Kühe,<br />
Pferde, Ochsen mussten wieder an die Freiheit und an die Feldarbeit<br />
gewöhnt werden. Sie sprangen wie die jungen Kälber und die<br />
Bauern schimpften über das närrische Vieh. Es wurde ausgesät mit<br />
ganz einfachen Hilfsmittel. Der Bauer ging großen Schrittes über<br />
das gepflügte und geeggte Feld und warf aus einem Simmer - das<br />
mit einem Riemen über den Schultern vor seinem Bauch Halt fand -<br />
den Samen mit weit ausholender Handbewegung auf den vorbereiteten<br />
Acker. Wenn das Glöcklein vom Kirchenturm zu Mittag läutete,<br />
verharrten die Menschen einen Augenblick, egal mit welcher Feldarbeit<br />
sie beschäftigt waren und falteten die Hände als Dank an Gott;<br />
und baten um eine gesegnete Ernte.<br />
Wir Kinder freuten uns besonders auf das Frühjahr. Auf dem<br />
Backesplatz, oder wo es sonst auch war auf dem Dorf, versammelten<br />
wir uns zum Spielen. Alte überlieferte Kreisspiele, Singspiele,<br />
Versteckspiele sowie Hickelhäuschen waren eine fröhliche, gesunde<br />
Abwechslung, die Geist und Körper gut taten.<br />
Ein Fest für uns Kinder war die Fastnacht. Nach der Schule ging es<br />
kostümiert von Haus zu Haus. Die Haustüren waren noch offen,<br />
ohne Klingelknopf, so war es einfach in die großen Bauernküchen<br />
zu gelangen.<br />
Oft lebten drei Generationen unter einem Dach. Wir Kinder wurden<br />
freundlich empfangen und sofort stimmten wir aus vollem Halse<br />
unser Liedchen an: „Ho, ho, ho, die Fasenocht ess do, mir hon<br />
gehiert ihr hätt geschlocht un hätt su lange Würscht gemocht. Ho,<br />
ho, ho, die Fasenocht ess do…“<br />
Wir wurden mit einem Apfel, einem frischgebackenem Kreppel oder<br />
mal mit einem Zehnpfennigstück beschenkt.<br />
Ach, war die Freude groß. Einer zeigte dem andern seine erworbenen<br />
Schätze. In den Häusern, wo viel abfiel, gingen wir meist alleine<br />
hin; und so gab es auch mal ein Hetzelchen vom frisch geschlachtetem<br />
Schwein.<br />
Fortsetzung folgt im nächsten <strong>Nassau</strong>er Land!<br />
Aus der heimischen Wirtschaft<br />
■■ Musikalische Darbietung der Musikkreisschule<br />
Rhein - Lahn im Haus Hohe Lay<br />
Am 16. Juni <strong>2011</strong> war es mal wieder so weit. Mit freudiger Erwartung<br />
sammelten sich die Bewohner des Altenpflegeheims Haus<br />
Hohe Lay in der Cafeteria, um Christoph Przybilla und seine Schüler,<br />
von der Musikkreisschule Rhein-Lahn, zu begrüßen. Vielen<br />
Bewohnern ist Christoph Przybilla schon bekannt. So war es auch<br />
nicht verwunderlich, dass pünktlich um 16.00h, alle Plätze in der<br />
Cafeteria besetzt waren.<br />
Christoph Przybilla mit<br />
einer seiner „Künstlerinnen“<br />
Es mussten sogar zusätzlich<br />
Stühle herbeigebracht werden,<br />
so groß war diesmal der<br />
Andrang. Die Schüler und Schülerinnen<br />
von Christoph Przybilla<br />
belohnten dies mit ganz besonders<br />
schönen Stücken, die<br />
schon regelrecht profihaft klangen.<br />
Im ganzen Haus lauschten die Bewohner, die bettlägerigen sowie<br />
die Mitarbeiter, bis hin zur Leitung, der gelungenen Darbietung. Im<br />
Besonderen den genialen Klavierstücken der jungen Künstlers Gabriel<br />
Simon. Sogar in der Verwaltung blieb die Begeisterung nicht aus. Ein<br />
Besucher, der eigentlich nur etwas mit den Mitarbeiterinnen im Bewohnerbüro<br />
besprechen wollte, blieb total begeistert stehen, mit den Worten:<br />
“Das ist ja wunderschön und hervorragend gespielt, da geht mir<br />
das Herz auf!“ Der junge Mann blieb sogar bis zum Schluss und<br />
genoss sichtlich diesen Ohrenschmaus, zur Begeisterung der vielen<br />
Eltern, die ebenso angetan und voller Stolz ihren Kindern lauschten.<br />
Es wurden viele Fotos gemacht und nach jedem Stück kräftig applaudiert.<br />
Die Bewohner hatten viel Spaß, sangen viele Lieder einfach mit<br />
und klatschten vor Begeisterung kräftig in die Hände. Jeder, dieser<br />
illustren Gesellschaft, ob klein oder groß, jung oder alt, alle genossen<br />
diesen Nachmittag. Die kleinen Künstler, Katharina Zick, Antonia<br />
Böhm, Jana Janzen, Lara Heuser, Robin Schneider, Luzia Kießling<br />
und Gabriel Simon, wurden im Anschluss mit tosendem Applaus und<br />
natürlich einem großen Eis belohnt, was natürlich große Begeisterung<br />
hervor rief. Frau Marita Braun, die stellvertretende Heimleiterin des<br />
Hauses Hohe Lay, überreichte dem hervorragenden Lehrer, statt<br />
einem Eis, eine gute Flasche Wein und lobte noch einmal sein Können<br />
und seine Schüler. Auch Christoph Przybilla hatte viel Spaß und<br />
bedankte sich für den herzlichen Empfang. Er beendete den Nachmittag<br />
mit den Worten, dass er immer gerne im Haus Hohe Lay sei und er<br />
sich schon wieder auf den Herbst freue, an dem er seine Schützlinge<br />
mit wieder neuen musikalischen Stücken voller Stolz vorstellen möchte.<br />
Wir dürfen also gespannt sein und uns freuen, wenn es wieder heißt:<br />
„Bühne frei, für die Kreismusikschule aus Bad Ems!“<br />
Wissenswertes<br />
■■ Caritasverband Westerwald - Rhein-Lahn e. V.<br />
Keßler-Weiß neuer Caritasdirektor<br />
Frank Keßler-Weiß übernimmt zum 1. Juli die Position<br />
des Caritasdirektors im Caritasverband Westerwald -<br />
Rhein-Lahn e. V.<br />
Der Diplom-Betriebswirt (FH) und Diplom-Pädagoge Frank Keßler-<br />
Weiß (44) ist neuer Caritasdirektor des einzigen rheinland-pfälzischen<br />
Caritasverbandes im Bistum Limburg. Als langjähriger Mitarbeiter<br />
des Caritasverbandes Frankfurt war er dort zunächst fünf<br />
Jahre als Controller tätig und fast 11 Jahre Abteilungsleiter für die<br />
Heime der Jugend- und Behindertenhilfe. Frank Keßler-Weiß ist verheiratet<br />
und hat zwei Söhne. Er lebt in Montabaur. Wirtschaftlichkeit<br />
ist eine Grundlage sozialen Handelns. Deshalb wird Frank Keßler-<br />
Weiß ganz im Sinne des Caritas-Leitbildes auf die Balance zwischen<br />
Erfüllung des christlichen Auftrages und wirtschaftlicher<br />
Machbarkeit achten. Keßler-Weiß will gemeinsam mit seinem Mitarbeiterinnen<br />
und Mitarbeitern den Caritasverband als kirchliches<br />
Sozialunternehmen weiterentwickeln und den Dienst der Caritas als<br />
Wesensauftrag der Kirche sicherstellen. „Ich bin überzeugt“, so<br />
Frank Keßler-Weiß, „dass eine lebendige Caritas mehr ist als nur<br />
eine Organisationsform und hauptamtliche Experten. Deshalb ist<br />
die Zusammenarbeit mit Partnern aus Kirche und Politik für eine<br />
gerechte Gesellschaft unabdingbar.“