30.01.2013 Aufrufe

Oberst a. D. OMuR Dr. Manfred Lachmann Dargestellte ... - AGGI

Oberst a. D. OMuR Dr. Manfred Lachmann Dargestellte ... - AGGI

Oberst a. D. OMuR Dr. Manfred Lachmann Dargestellte ... - AGGI

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

<strong>Oberst</strong> a. D. <strong>OMuR</strong> <strong>Dr</strong>. <strong>Manfred</strong> <strong>Lachmann</strong><br />

<strong>Dargestellte</strong> Militärgeschichte<br />

Bewahrenswerte Fakten aus der Geschichte des anderen deutschen Armeemuseums<br />

Mit einem feierlichen Akt wurde 1961 in Potsdam das Deutsche Armeemuseum eröffnet.<br />

Ein Jahrzehnt später ist daraus das wesentlich größere Armeemuseum der Deutschen<br />

Demokratischen Republik in <strong>Dr</strong>esden hervorgegangen. Als eine der wenigen Institutionen<br />

der im Oktober 1990 untergegangenen Nationalen Volksarmee ist dieses Museum mit<br />

seinen Sammlungen, den Ausstellungen und mit anfangs nahezu ungeschmälertem<br />

personellem Bestand von der Bundeswehr komplett übernommen und weitergeführt<br />

worden. Im Unterschied zu dem einst gleichfalls dem Ministerium für Nationale<br />

Verteidigung unterstellten Militärverlag der DDR, dem Armeefilmstudio, dem „Erich-<br />

Weinert-Ensemble“ oder anderen wissenschaftlichen, publizistischen und kulturellen<br />

Einrichtungen der NVA wurde es nicht abgewickelt. Nunmehr nimmt es die Funktion des<br />

zentralen Leitmuseums der „Arbeitsgemeinschaft wehrgeschichtlicher Museen und<br />

Sammlungen“ der Bundesrepublik wahr. (1) Gewiß wird es nicht nur Historiker<br />

interessieren, welche Faktoren und Umstände das Entstehen, die Entwicklung sowie den<br />

scheinbar reibungslosen Übergang des „ersten sozialistischen deutschen Armeemuseums“<br />

zum „Militärhistorischen Museum der Bundeswehr“ bestimmend geprägt<br />

haben. Aus der Sicht des an jenem Prozeß vom ersten bis zum letzten Tage unmittelbar<br />

Beteiligten sollen sie anhand ausgewählter Beispiele im folgenden zumindest skizziert<br />

werden.<br />

Deutsche Militärmuseen vor 1945<br />

Spezialmuseen mit dem gesellschaftlichen Auftrag, historische Sachzeugen des<br />

Militärwesens, der Streitkräfte und der Kriege zu sammeln, zu bewahren, zu erschließen<br />

und auszustellen, gibt es in beinahe allen Staaten der Erde. Ihre Wurzeln reichen weit in<br />

die Menschheitsgeschichte zurück. Wie Ausgrabungen belegten, war es bereits seit dem<br />

9. Jahrhundert v. u.Z. in Assyrien und im frühgeschichtlichen Babylon üblich, militärische<br />

Trophäen zu bewahren. (2) Militärmuseen, wie wir sie kennen, haben sich in Europa in<br />

der Regel erst im 19. Jahrhundert, insbesondere mit dem Aufkommen der allgemeinen<br />

Wehrpflicht herausgebildet. Meist erwuchsen sie aus den in fürstlichen Rüstkammern und<br />

in kommunalen oder militärischen Zeughäusern aufbewahrten Beständen an Waffen,<br />

Kriegsgerät und Trophäen. In Deutschland schlug ihre Geburtsstunde erst nach der<br />

Reichseinigung im Jahre 1871.<br />

Auf der Grundlage „Allerhöchster Kabinettsordres“ der jeweiligen Landesherren wurden<br />

1881 das Preußische Heeresmuseum im Berliner Zeughaus und das Bayerische Armeemuseum<br />

in München, 1897 das Sächsische Armeemuseum in <strong>Dr</strong>esden, 1900 die Reichs-<br />

Marinesammlung im Berliner Museum für Meereskunde und 1914 die Ruhmeshalle im<br />

Arsenal zu Schwerin errichtet. Ihre Aufgabe läßt sich wohl am besten mit folgendem Zitat<br />

umreißen: Als „Ehren- und Ruhmestempel“ der wichtigsten Kontingentsarmeen - vor 1919<br />

existierte bekanntlich in Deutschland de jure kein Reichsheer - sowie der Kaiserlichen<br />

Flotte bestand ihre Bestimmung darin, „dem Besucher und vor allem dem Soldaten den<br />

Waffenruhm und die unter dem angestammten Herrscherhause errungenen kriegerischen<br />

Erfolge seiner Vorfahren näherzurücken.“ (3)<br />

Im Verlaufe des Ersten Weltkrieges wuchsen den deutschen Armeemuseen aus dem<br />

militärischen Beutegut, das vom Preußischen Kriegsministerium eingesetzte spezielle<br />

Sammelkommandos nicht nur auf den Schlachtfeldern erfaßt und nach Deutschland<br />

verbracht haben, erhebliche Neubestände zu. Nach dem Zusammenbruch des deutschen<br />

Kaiserreiches erzwangen die alliierten Siegermächte von Deutschland die Herausgabe<br />

unrechtmäßig eingebrachter Kriegsbeute, im Klartext der aus der Plünderung kommu-


naler, privater, ja selbst kirchlicher Sammlungen vor allem in Nordfrankreich und Belgien<br />

stammenden Militaria-Bestände, sowie die Überführung der Armeemuseen aus der militärischen<br />

Unterstellung in die Verantwortung der Bildungsministerien. Sorgfältig ausgewählte<br />

„Sachverständigenkommissionen“, denen in jedem Falle aktive Offiziere angehörten,<br />

sorgten dafür, daß die Reichswehr ihren Einfluß auf diese nunmehr „zivilen“<br />

Spezialmuseen wahren konnte. (4)<br />

Mit Hitlers Machtübernahme und der damit immer offeneren Vorbereitung des Revanchekrieges<br />

trat eine neue Situation ein. Bereits im Jahre 1934, also noch vor der<br />

„Verkündung der Wehrhoheit“, kehrten die Armeemuseen in die Zuständigkeit militärischer<br />

Kommandobehörden zurück. Welche Bedeutung man ihnen im Rahmen der psychologischen<br />

Beeinflussung der Bevölkerung und der militärischen Traditionsvermittlung beimaß,<br />

läßt sich nicht zuletzt daran erkennen, daß im März 1938 beim Oberkommando des<br />

Heeres die Stelle des Chefs der Heeresmuseen mit dem Rang eines Kommandierenden<br />

Generals geschaffen worden ist. Sein Verantwortungsbereich hatte sich seit 1919<br />

wesentlich vergrößert, denn zwischen den beiden Weltkriegen entstanden in Deutschland<br />

in kurzer Folge weitere Militärmuseen. So traten 1924 das Heeresmuseum im Residenzschloß<br />

zu Darmstadt zur Geschichte der hessischen Truppen, 1930 das Marineehrenmal<br />

in Laboe bei Kiel, 1932 das Stuttgarter Heeresmuseum zum Gedenken an die Württembergische<br />

Armee, 1934 das Badische Armeemuseum Karlsruhe, 1935 das Kurhessische<br />

Heeresmuseum Kassel, 1936 die Heeresgedenkstätte im Leineschloß Hannover (5) und<br />

1936 die Deutsche Luftfahrtsammlung in Berlin mit einem rasch anwachsenden Teilbestand<br />

zur Luftwaffe an die Öffentlichkeit.<br />

Bei der unmittelbaren Kriegsvorbereitung hat die Wehrmachtsführung auch an die<br />

speziellen Aufgaben der Armeemuseen gedacht. Davon zeugt ein vom 28. August 1939<br />

datierter Befehl des Chefs der Heeresmuseen, in dem die Sicherung und Erfassung des<br />

erwarteten militärischen Beutegutes detailliert geregelt war. Er wurde von bei allen<br />

Heeresgruppen gebildeten, von speziellen Sammlungsoffizieren geführten Beutekommandos,<br />

die den vorrückenden Truppen vom ersten Kriegstag an folgten, realisiert. (6)<br />

Die Wiedergeburt von Militärmuseen in der BRD<br />

Mit der vernichtenden Niederlage des „Großdeutschen Reiches“ und seiner Wehrmacht<br />

schien es, als habe auch die Stunde für die deutschen Militärmuseen für immer<br />

geschlagen. Die teilweise ausgelagerten Sammlungsbestände sowie die Museumsgebäude<br />

selbst hatten bereits während der letzten Kriegsphase durch die alliierten Luftangriffe<br />

beträchtliche Schäden erlitten. Nach dem Einmarsch der Siegerarmeen erhöhte<br />

sich der Verlust an oft unwiederbringlichem Museumsgut durch wilde Plünderungen und<br />

mutwillige Vernichtung. Ein erheblicher Teil der Militaria-Sammlungen - das gilt speziell für<br />

das von der Sowjetarmee besetzte Gebiet Deutschlands - wurde als Beutegut außer<br />

Landes gebracht. Nach Kriegsende verfügten entsprechende Gesetze und Direktiven des<br />

Alliierten Kontrollrates im Bemühen um die Liquidierung von Militarismus und Nazismus in<br />

ganz Deutschland das Ende der Militärmuseen. Doch sollte nicht einmal ein Jahrzehnt<br />

vergehen, bis sich die inzwischen entstandenen beiden deutschen Staaten im Zuge des<br />

durch den Kalten Krieg forcierten Remilitarisierungsprozesses erneut der mit den<br />

Militärmuseen gegebenen Möglichkeiten zur psychologischen Beeinflussung der Massen,<br />

besonders von Armeeangehörigen und potentiellen Wehrpflichtigen, besannen. Bedingt<br />

durch die konträre gesellschaftliche und politische Situation schlugen sie beim<br />

Revitalisieren bzw. beim Aufbau ihrer Armeemuseen unterschiedliche Wege ein.<br />

In der nunmehrigen Bundesrepublik Deutschland knüpfte man inhaltlich und personell<br />

nahezu bruchlos an das Vorbild der vor 1945 geschaffenen Militärmuseen an. Dabei<br />

konnte man sowohl auf die reichlich erhalten gebliebenen Sammlungsbestände wie auf in<br />

der Museumsarbeit erfahrene Mitarbeiter zurückgreifen. Diese Kontinuität sei mit vier


Beispielen belegt. Im Februar 1962 wurde in der Bundeswehr-Pionierschule in München<br />

im Beisein des Generalfeldmarschalls von Manstein die mit Exponaten des Bayerischen<br />

Armeemuseums gestaltete Ausstellung „Deutsches Soldatentum - 250 Jahre Bayerische<br />

Armee“ eröffnet. Neben der Bundeswehr zeichnete die Deutsche Gesellschaft für<br />

Heereskunde für dieses Projekt mitverantwortlich. Sie hatte schon vor 1945 wesentlichen<br />

Einfluß auf die Arbeit des Berliner Zeughauses ausgeübt. (7) Im Juli 1963 wurde - gestützt<br />

auf 1956 angelaufene Vorarbeiten - im Schloß Rastatt das Wehrgeschichtliche Museum<br />

der Bundeswehr eröffnet. Mit <strong>Oberst</strong>leutnant Freiherr Brand zu Neidstein trat ein Wehrmachtsstabsoffizier<br />

an die Spitze dieser Einrichtung, die sich anfangs primär auf die<br />

Sammlungen des ehemaligen Badischen Armeemuseums Karlsruhe stützte. Seit Ende<br />

der fünfziger Jahre erwuchs auf dem unweit von Hamburg gelegenen Fliegerhorst<br />

Uetersen das Luftwaffenmuseum der Bundeswehr. Hervorragenden Anteil an seiner<br />

Entwicklung hatten der vormalige Mitarbeiter der Vaterländischen Gedenkhalle in Lötzen/<br />

Ostpreußen, Oberregierungsrat <strong>Dr</strong>. Peter Jaeckel, (8) sowie der Luftwaffen-Hauptmann<br />

und spätere <strong>Oberst</strong>arzt der Bundeswehr <strong>Dr</strong>. Dietrich Boecker. 1972 ist - nunmehr in ziviler<br />

Zuständigkeit - das Bayerische Armeemuseum in der Festung Ingolstadt wiedererstanden.<br />

Der Weg zur „Ständigen Ausstellung der Nationalen Volksarmee“<br />

Resultierend aus dem gänzlich anderen Charakter der Deutschen Demokratischen Republik<br />

und ihrer Streitkräfte wurde nach 1945 im Osten ein Weg eingeschlagen, der zu<br />

einem gänzlich anderen Militärmuseum geführt hat. Am bürgerlichen deutschen Armeemuseum<br />

wollte und konnte man nicht anknüpfen. Nach dem Vorbild der UdSSR und der<br />

anderen sozialistische Staaten, die durchweg über entsprechende Spezialmuseen verfügten,<br />

gab es im Prozeß des inneren Ausgestaltens der 1956 geschaffenen Nationalen<br />

Volksarmee jedoch schon relativ frühzeitig Überlegungen, mittelfristig auch auf diesem<br />

Gebiet nachzuziehen. Davon zeugt primär die im Juni 1957 vom Minister für Nationale<br />

Verteidigung erlassene Anordnung über die Einrichtung einer „Ständigen Ausstellung der<br />

NVA“. (9) Sekundär kann ich das aus eigenem Erleben belegen. Nach erfolgreich abgeschlossenem<br />

Geschichtsstudium mit der Diplomarbeit zu einem militärhistorischen Thema<br />

an der Leipziger Karl-Marx-Universität wurde mir im Sommer des gleichen Jahres in<br />

einem Gespräch über den künftigen Berufseinsatz in der Nationalen Volksarmee neben<br />

anderen Möglichkeiten die Tätigkeit als ziviler wissenschaftlicher Mitarbeiter in dieser erst<br />

zu schaffenden „Ständigen Ausstellung“ angeboten. Im Gesprächsverlauf klang an,<br />

daraus könne sich vielleicht später einmal ein Militärmuseum entwickeln.<br />

Als ich am 26. September 1957 in Strausberg mit ziemlichen Erwartungen meine neue<br />

berufliche Arbeit antrat, fand ich im Ministerium für Nationale Verteidigung lediglich das<br />

leere, spartanisch eingerichtete, aber mit Telefon versehene Arbeitszimmer Nr. 105 vor.<br />

Mein Vorgesetzter, <strong>Oberst</strong> Erwin Bartz, dessen erster und einziger Mitarbeiter ich zu<br />

jenem Zeitpunkt war, lag erkrankt im NVA-Lazarett Bad Saarow. Jener Raum 105 im<br />

Erdgeschoß des Hauses 11 c wurde zur eigentlichen Geburtsstätte des anderen deutschen<br />

Armeemuseums. Er markiert gleichsam die Stunde Null, denn in ihm und von ihm<br />

aus begann das Bemühen, mit anfangs recht zaghaften, später immer zielgerichteteren<br />

Schritten, ein vorerst recht nebulöses Vorhaben zu realisieren.<br />

In der Ministeranordnung waren Zielrichtung und Charakter der künftigen „Ständigen<br />

Ausstellung der NVA“ sehr allgemein umrissen. Lediglich ihre beiden inhaltlichen Schwerpunkte<br />

waren genannt: zum einen die Würdigung der progressiven und revolutionären<br />

militärischen Traditionen des deutschen Volkes, speziell der Arbeiterklasse, zum anderen<br />

die Propagierung des Charakters, der Funktion und der Aufgaben der Nationalen Volksarmee<br />

sowie der Waffenbrüderschaft mit den Streitkräften der befreundeten sozialistischen<br />

Staaten, insbesondere der Sowjetarmee. Wann, womit, wo oder wie das geschehen<br />

sollte, war nicht erwähnt. Mit dem Stellenplan der Arbeitsgruppe, der ursprünglich


neben dem Leiter zwei Offiziere, zwei zivile wissenschaftliche Mitarbeiter, zwei technische<br />

Kräfte, einen zivilen Kraftfahrer sowie einen personengebundenen Pkw vorsah, war<br />

zumindest auf dem Papier abgesteckt, wer das tun sollte. Strukturell gehörte die Arbeitsgruppe<br />

zur Politischen Verwaltung der NVA. (10) Deren interimistischer Chef, <strong>Oberst</strong><br />

Grünberg, hatte in der unmittelbaren Aufbauperiode der Streitkräfte gewiß andere Sorgen,<br />

als sich um das Entsehen einer Ausstellung zu kümmern. Auch sein Nachfolger, Generalmajor<br />

Dölling, wußte offensichtlich wenig mit einer solch ominösen Einrichtung anzufangen.<br />

So war es <strong>Oberst</strong> Bartz und seinem allmählich wachsenden Personalbestand<br />

nahezu selbst überlassen, welcher Kurs eingeschlagen wurde.<br />

Wir machten aus der Not eine Tugend und begannen mit dem Erarbeiten einer „Grobkonzeption<br />

für die Ständige Ausstellung der NVA“. Sie war eigentlich nicht mehr als das<br />

Summieren inhaltlicher Grundgedanken und exponatmäßiger Wunschvorstellungen zu<br />

den beiden mit der Ministeranordnung vorgegebenen Schwerpunkten. Allmählich begriffen<br />

wir den fundamentalen Unterschied zwischen dem Beschreiben und dem mittels konkreter<br />

Gegenstände beabsichtigten Darstellen in unserem Falle militärhistorischer und militärpolitischer<br />

Themen. Wir erkannten die Bedeutung aussagefähiger Exponate und des<br />

räumlichen Umfeldes für unser Projekt. Damit rückten der beim Nichts beginnende Aufbau<br />

von Sammlungsbeständen sowie die Suche nach einem unseren Vorstellungen<br />

entsprechenden Gebäude in den Vordergrund. Gleichzeitig bemühten wir uns um das<br />

Knüpfen von Kontakten zu einer möglichst großen Zahl von militärischen Dienststellen<br />

und zivilen Einrichtungen, von denen wir uns materielle, organisatorische und inhaltliche<br />

Hilfe erhofften.<br />

Die Suche nach einem Gebäude verlief anfangs wenig erfolgreich. Nach unserem<br />

Verständnis sollte es sich möglichst im Ostteil Berlins finden lassen. So wurde im<br />

Zusammenwirken mit der Unterkunftsverwaltung des Ministeriums für Nationale Verteidigung<br />

längere Zeit wegen der Übernahme des mit dem Auszug des dort untergebrachten<br />

Staatlichen Gesangs- und Tanzensembles der DDR freiwerdenden Schlosses Köpenick<br />

verhandelt. Als das scheiterte, unternahmen wir den Versuch, das aus unserer Sicht noch<br />

besser geeignete und seit den bewaffneten Kämpfen um die Jahreswende 1918/19 mit<br />

besonderer Tradition behaftete, im Unterschied zum Berliner Schloß nur geringfügig<br />

beschädigte Marstall-Gebäude zu gewinnen. Nach hoffnungsvollem Auftakt schlug auch<br />

das fehl. Letztlich standen zwei Gründe unseren Berliner Plänen im Wege: Zum ersten<br />

hätte das in der Zeit vor der Grenzschließung bestehende strikte Hauptstadtverbot Armeeangehörigen<br />

den Besuch der beabsichtigten Ausstellung zumindest erheblich erschwert.<br />

Zum zweiten war das 1952 im ausgebesserten Berliner Zeughaus eröffnete, dem ZK der<br />

SED nahestehende Museum für Deutsche Geschichte keineswegs an der Etablierung<br />

eines potentiellen Konkurrenten in direkter Sichtweite interessiert.<br />

Ein möglicher Konflikt mit dieser Institution hatte sich frühzeitig angedeutet. Mitte März<br />

1959 unternahm die inzwischen zur Abteilung mit den beiden Unterabteilungen<br />

Fortschrittliche militärische Traditionen und Nationale Volksarmee avancierte, personell<br />

aufgestockte und von Strausberg in das Objekt der damaligen NVA-Polit-Offiziersschule in<br />

Berlin-Treptow verlegte Arbeitsgruppe den ersten und einzigen Versuch, einen aus<br />

verantwortlichen Offizieren des Ministeriums für Nationale Verteidigung und den Teilstreitkräften<br />

sowie kompetenten Fachleuten aus dem zivilen Bereich bestehenden ehrenamtlichen<br />

Beirat zu bilden. In der Diskussion über die mit der „Grobkonzeption“ angesteuerte<br />

inhaltliche Richtung der Institution „Ständige Ausstellung der NVA“ forderte der damalige<br />

Direktor des Museums für Deutsche Geschichte, Herr Ullmann, uns geradezu ultimativ<br />

auf, militärhistorische, militärpolitische und militärkundliche Aspekte für die Zeit vor 1945<br />

ausschließlich seinem Museum zu überlassen und uns auf die Zeitperiode ab 1945 zu<br />

konzentrieren. Als Vorbild empfahl er die 1958 von der Historischen Abteilung des Ministeriums<br />

des Innern geschaffene Ständige Ausstellung. Inhaltlich begnügte sich diese in<br />

der neuerrichteten Sporthalle an der Berliner Karl-Marx-Allee eröffnete, später in einigen


Bezirksstädten aufgebaute und danach „eingemottete“ Exposition auf das Vorstellen der<br />

verschiedenen Dienstbereiche der Deutschen Volkspolizei, ihrer Aufgaben und ihrer Ausrüstung.<br />

(11) Jener Vorstoß scheiterte nicht nur am deutlichen Widerspruch, den speziell<br />

die namhaften Historiker Professor <strong>Dr</strong>. Fritz Schreiner und <strong>Dr</strong>. Heinz Helmert vom<br />

Geschichtsinstitut der Akademie der Wissenschaften äußerten. Er kam auch aus einem<br />

anderen Grund zu spät.<br />

Durch vielfältige Aktivitäten war es uns zu jenem Zeitpunkt bereits gelungen, einen<br />

eigenen, weit in die Militärgeschichte zurückreichenden Sammlungsbestand aufzubauen.<br />

Aus den verschiedensten Bereichen der Nationalen Volksarmee floß ihm anfangs sporadisch,<br />

später durch eine vom Minister für Nationale Verteidigung erlassene Sammlungsordnung<br />

geregelt, kostenlos bewahrenswertes Material unterschiedlichster Art von den<br />

Belegexemplaren des militärischen <strong>Dr</strong>uckerei- und Verlagswesens bis zu ausgesonderten<br />

Waffen und Geräten unterschiedlichster Art zu. Zwischen dem Ministerium für Nationale<br />

Verteidigung und dem Ministerium des Innern, dem Ministerium für Staatssicherheit sowie<br />

der Zollverwaltung der DDR gab es Absprachen, nach denen wir bewahrenswerte Militaria<br />

vom Einzelstück bis zur kompletten Sammlung, zurückgelassen durch Republikflüchtige,<br />

als unerlaubtes Gut beschlagnahmt, weil durch alliierte Kontrollratsbestimmungen verboten<br />

oder auf richterlichen Beschluß eingezogen, unentgeltlich übernommen haben. In<br />

wachsendem Maße überließen uns Veteranen des revolutionären und bewaffneten<br />

proletarischen Kampfes persönliche Erinnerungsstücke, später oft den gesamten materiellen<br />

Nachlaß. Im Osten Deutschlands hatten die oft summierten Begriffe Militarismus<br />

und Nazismus einen derart negativen Ruf, daß mancher in jenen Jahren froh war, seine<br />

bis dahin versteckte Wehrmachtsuniform, andere militärische Relikte oder entsprechende<br />

NS-Gegenstände ohne Aufhebens an uns übergeben zu können. Daneben standen in<br />

ausreichendem Maße finanzielle Mittel zum Ankauf von Exponaten zur Verfügung.<br />

Angesichts eines nicht vorhandenen Marktes konnten wir uns oft mit einem<br />

Anerkennungshonorar begnügen. Nicht zuletzt erfuhren wir zunehmende materielle<br />

Unterstützung durch eine ganze Reihe von Spezial- und Heimatmuseen, zumal wir von<br />

ihnen nicht nur durch die Kriegs- und Nachkriegsereignisse zufällig in deren Besitz<br />

gelangte oder profilfremde Sammlungsgegenstände übernahmen, sondern allmählich<br />

selbst zu gegenseitig vorteilhaftem Exponataustausch imstande waren. Im Herbst 1960,<br />

also lediglich drei Jahre nach der Konstituierung der „Ständigen Ausstellung der NVA“<br />

zählten zum auf solche Weise geschaffenen Sammlungsbestand bereits 2000 Handwaffen,<br />

1200 Blankwaffen, 500 Stangenwaffen, 380 Kürasse, Helme und Harnische, 30<br />

Geschütze und Kanonenrohre, 70 Modelle sowie zahlreiche Dokumente, Fahnen, Plakate,<br />

Bücher und Fotos. (12) Er war lediglich grob erfaßt, weder inventarisiert, noch wissenschaftlich<br />

bearbeitet. Seinen Kern bildeten Exponate des Sächsischen Heeresmuseums,<br />

die 1945 von der Sowjetarmee als Kriegsbeute sichergestellt und außer Landes gebracht<br />

worden sind. 1959 gelangten sie eher zufällig in den Besitz der „Ständigen Ausstellung“.<br />

Mitte der fünfziger Jahre kehrte zusammen mit den Kunstschätzen ostdeutscher Museen<br />

auch aus dem Preußischen Zeughaus, der Schweriner Arsenalsammlung, der <strong>Dr</strong>esdener<br />

Rüstkammer, dem Waffenmuseum Suhl, dem Schwarzburger Zeughaus und dem<br />

Sächsischen Armeemuseum stammendes militärisches Museumsgut in die DDR zurück.<br />

Es gelangte in die Magazine des Museums für Deutsche Geschichte. An der Vorbereitung<br />

dieser Aktion hatte der vormalige Leiter der Historischen Abteilung der Kasernierten<br />

Volkspolizei, Generalmajor <strong>Dr</strong>. Otto Korfes, wesentlichen Anteil. (13) Von ihm erhielten wir<br />

den Rat, uns um die rechtlich bis Kriegsende der Wehrmacht gehörenden preußischen<br />

und sächsischen Bestände zu bemühen. Ein Teilerfolg gelang uns schließlich mit Unterstützung<br />

des damaligen Generaldirektors der Staatlichen Kunstsammlungen in <strong>Dr</strong>esden,<br />

Prof. Max Seydewitz. Dank seines Engagements konnten wir zumindest Teile der erhalten<br />

gebliebenen Waffenbestände des Sächsischen Armeemuseums übernehmen. Mehr war<br />

nicht möglich. Das dem ZK der SED nahestehende Museum für Deutsche Geschichte<br />

verstand sich als zentrales historisches Museum der DDR. Es war absolut nicht bereit, auf


die für sein nationales wie internationales Ansehen bedeutsamen Schätze der vormaligen<br />

„Ruhmeshalle der preußisch-deutschen Armee“ zu verzichten. Übrigens fehlten uns zu<br />

jenem Zeitpunkt die personellen wie die räumlichen Möglichkeiten, um den kompletten<br />

Zeughausbestand auch nur zu übernehmen, viel weniger ihn sachgerecht zu bewahren<br />

und wissenschaftlich zu erschließen. Dagegen wurden Anfang der sechziger Jahre die<br />

aus dem bombenzerstörten Berliner Museum für Meereskunde geborgenen Reste der<br />

einstigen Reichs-Marinesammlung, seit 1942 des Kriegsmarinemuseums, nach ihrer<br />

Rückkehr aus Leningrad unmittelbar von uns übernommen.<br />

Admiral Verners Engagement für das andere deutsche Museum<br />

Ende 1959 wurde Vizeadmiral Waldemar Verner Stellvertreter des Ministers für Nationale<br />

Verteidigung und Chef der Politischen Verwaltung der Nationalen Volksarmee. Im Unterschied<br />

zu seinen Vorgängern widmete er der „Ständigen Ausstellung der NVA“ zunehmende<br />

Aufmerksamkeit. Er hatte erfahren, daß deren Eröffnung eigentlich schon für 1958<br />

geplant war. (14) Inzwischen wurde sie aus zwei Gründen noch dringender benötigt. Zum<br />

ersten war es notwendig, nach innen die Bereitschaft zum damals noch freiwilligen Dienst<br />

in der Nationalen Volksarmee zu fördern. Zum zweiten konnte mit einer solchen Einrichtung<br />

nach außen der unterschiedliche Charakter der DDR-Streitkräfte im Vergleich mit<br />

der vor 1945 in Deutschland existierenden sowie der in der BRD wiedererrichten Armee<br />

veranschaulicht werden. Admiral Verners persönliches Engagement erkannten wir an zwei<br />

Beispielen. Zum ersten wurde <strong>Oberst</strong> Bartz kurzfristig angewiesen, im August 1960 mit<br />

seinen beiden Unterabteilungsleitern nach Moskau zu fliegen, um sich dort mit dem<br />

Zentralen Museum der Sowjetischen Streitkräfte und seiner Arbeitsweise vertraut zu<br />

machen. Zum zweiten nahm der Chef der Politischen Verwaltung die Standortsuche<br />

selbst in die Hand. Sein Blick fiel auf das mit der Auflösung der Flak-Offiziersschule freiwerdende<br />

Schloß in Oranienburg. Aus verschiedenen Gründen erwies sich dieses Objekt<br />

jedoch als ungeeignet. Besser stand es mit dem Marmorpalais in Potsdam. Bis 1926 hatte<br />

es den Hohenzollern gehört, war nach 1945 von der Sowjetarmee genutzt und infolge<br />

einer Explosion teilweise beschädigt worden. Bei Einverständnis der örtlichen Staatsorgane<br />

ist es nach vergeblichen Anläufen erst Admiral Verner persönlich gelungen, den<br />

ursprünglichen Widerstand des Generaldirektors der Potsdamer Schlösser und Gärten,<br />

Professor Willy Kurth, zu überwinden und folgenden Kompromiß auszuhandeln: Die<br />

Generaldirektion der Staatlichen Schlösser und Gärten stellt der Nationalen Volksarmee<br />

kostenlos und unbefristet das leergeräumte Gebäude zur Verfügung. Die Nationale Volksarmee<br />

übernimmt das Schloß mit der Auflage, ab sofort unter Garantie für den inneren<br />

wie äußeren Erhalt des Originalzustandes alle erforderlichen baulichen und restauratorischen<br />

Leistungen auf eigene Kosten zu realisieren und zu gegebener Zeit ebenfalls<br />

auf Kosten der Armee eine Generalüberholung durchzuführen. (15)<br />

Damit war die räumliche Hülle gegeben, in der die Ständige Ausstellung der Nationalen<br />

Volksarmee endlich konkrete Gestalt annehmen konnte. Ab Anfang September 1960 verblieben<br />

lediglich knapp sechs Monate, um gleichlaufend mit der baulichen Instandsetzung<br />

die inhaltliche Konzeption und das Gestaltungsbuch zu erarbeiten, Exponate auszuwählen,<br />

vorzubereiten, zusätzlich zu beschaffen und von Berlin nach Potsdam zu transportieren<br />

sowie im Zusammenwirken mit der DEWAG Berlin die eigentliche Ausstellung<br />

aufzubauen. Dank der außergewöhnlichen Einsatzbereitschaft aller Leiter und Mitarbeiter<br />

der Abteilung „Ständige Ausstellung der NVA“ konnte sie geradezu aus dem Boden<br />

gestampft werden. Rund 700 Quadratmeter Fläche waren anfangs verfügbar, um mit<br />

bereits vorhandenen oder kurzfristig zu beschaffenden Exponaten zwei inhaltliche<br />

Themen zu veranschaulichen: zum einen die fortschrittlichen und revolutionären militärischen<br />

Traditionen des deutschen Volkes von der frühbürgerlichen Revolution im 16.<br />

Jahrhundert bis zum antimilitaristischen und antifaschistischen Kampf speziell der<br />

Arbeiterbewegung bis 1945, zum anderen den Charakter, die Aufgaben und die Spezifik


der Nationalen Volksarmee, ihrer Teilstreitkräfte, Waffengattungen und Dienste.<br />

Kurz vor Jahresende 1960 erteilte der Chef der Politischen Verwaltung die Weisung, bis<br />

zum Vorabend des 5. Jahrestages der NVA am 28. Februar 1961 habe die Ausstellung<br />

eröffnungsbereit zu sein. Damit hatten wir gerechnet. Unvorbereitet traf uns dagegen die<br />

für Admiral Verner typische Mitteilung, mit Wirkung vom 1. März 1961 würde im Potsdamer<br />

Marmorpalais keine „Ständige Ausstellung“, sondern das „Deutsche Armeemuseum“<br />

die Arbeit aufnehmen. Eigentlich war das Etikettenschwindel. Doch tatsächlich<br />

wurde durch jene Entscheidung der bereits im Gange befindliche Prozeß auf dem Weg<br />

hin zum Museum erheblich beschleunigt. Am 7. Oktober 1961 wurden auf rund 300 Quadratmetern<br />

Fläche im zwischenzeitlich baulich instandgesetzten Obergeschoß des<br />

Marmorpalais zwei weitere Ausstellungsabschnitte eröffnet. Der eine war der Waffenbrüderschaft<br />

der NVA mit den Streitkräften der anderen sozialistischen Staaten, speziell<br />

der Sowjetarmee gewidmet. Der zweite vermittelte in herkömmlicher Manier einen<br />

Überblick über die Entwicklung der Handfeuerwaffen von deren Aufkommen in Europa im<br />

14. Jahrhundert bis zu den gegenwärtigen automatischen Modellen. Aber erst nachdem<br />

im Mai 1965 auf der Festung Königstein die ständige Ausstellung „Militärtechnik und<br />

Gesellschaftsordnung“ eröffnet und bis zum 1. März 1966 die Exposition im Potsdamer<br />

Marmorpalais in mehreren Schritten von Grund auf neugestaltet worden war, fand er<br />

einen gewissen Abschluß. Anstelle des ursprünglichen Ausstellungskonglomerats konnte<br />

nunmehr den Besuchern in Potsdam ein zusammenhängender Überblick über die<br />

herausragenden Schwerpunkte der deutschen Militärgeschichte vom 16. Jahrhundert bis<br />

zur unmittelbaren Gegenwart dargeboten werden. Erstmalig wurden dabei all jene Kräfte<br />

und Persönlichkeiten, die sich den reaktionären, militaristischen und volksfeindlichen<br />

Kräften in der preußísch-deutschen Militärgeschichte entgegen gestellt haben, gebührend<br />

gewürdigt. Ebenfalls erstmalig konnte er sich mit dem museal gestalteten Bild der noch<br />

jungen Geschichte der Nationalen Volksarmee vertraut machen.<br />

Auch die Exposition auf dem Königstein ging wesentlich über das herkömmliche<br />

Schausammlungsprinzip hinaus. Unsere ursprüngliche Absicht bestand darin, auf der<br />

Festung Großexponate auszustellen, die sich im Potsdamer Marmorpalais und seinem<br />

begrenzten Freigelände nicht präsentieren ließen. Zusätzlich wollten wir zumindest einen<br />

Teil der aus der UdSSR zurückgekehrten Waffen aus dem früheren sächsischen<br />

Armeemuseum ausstellen. Schließlich wurde mehr daraus. Gestützt auf die Resultate<br />

eigener Forschungsarbeit zu militärtechnischen Problemen vermittelte die im Mai 1965<br />

eröffnete Ständige Ausstellung „Vom Steinschloßgewehr zur Kampfrakete“ anhand<br />

aussagekräftiger Waffen, Geräte, Modelle, Dokumente und Fotos einen Überblick zu den<br />

Zusammenhängen zwischen Militärtechnik und Gesellschaftsordnung vom ausgehenden<br />

18. Jahrhundert bis zur unmittelbaren Gegenwart.<br />

Mit der Neugestaltung der Potsdamer Ausstellung und der Eröffnung der Außenstelle auf<br />

dem Königstein hatte die Fassade ein solides Fundament erhalten. Neben den beiden<br />

ständigen und den in regelmäßiger Folge gestalteten Sonder- und Wanderausstellungen<br />

zeugten davon die Resultate auf den Gebieten der Sammlungs- und Bewahrungstätigkeit<br />

sowie der Besucher- und Öffentlichkeitsarbeit. Selbst kritische in- und ausländische<br />

Fachleute mußten das anerkennen. Ihr Erstaunen erregte nicht zuletzt die berufliche<br />

Vorbildung jener Menschen, von denen das Deutsche Armeemuseum aufgebaut worden<br />

ist. Das ursprünglich kleine Kollektiv bestand aus einigen NVA-Offizieren. Soweit sie aus<br />

der Wehrmacht kamen, hatten sie sich als Kriegsgefangene zur Bewegung „Freies<br />

Deutschland“ bekannt. Andere waren infolge gesundheitlicher Gründe aus dem aktiven<br />

Dienst ausgeschieden. Es wurde ergänzt durch junge Absolventen der Leipziger und der<br />

Berliner Universität. Erst viel später kamen Absolventen der Fachschule für Museologen,<br />

nach erfüllter Dienstpflicht in die Reserve entlassene Berufssoldaten, teilweise mit<br />

militärakademischer Ausbildung, künstlerisch-gestalterische Mitarbeiter, Restauratoren<br />

und Pädagogen dazu. Auf den Gebieten der Militärgeschichte, der Militärkunde, der


Ausstellungsgestaltung, der Besucherbetreuung und Öffentlichkeitsarbeit, kurz der militärhistorisch-museumswissenschaftlichen<br />

Arbeit waren sie fast durchweg Autodidakten. So<br />

weit möglich im postgradualen Studium, vorwiegend allerdings im unmittelbaren Arbeitsprozeß<br />

haben sie sich die zum Erfüllen der Aufgaben erforderlichen Kenntnisse und<br />

Fähigkeiten angeeignet. An ihrer Spitze standen mit den Obristen Erwin Bartz ( von 1957<br />

bis 1962), Otto Schwab (1963) und Ernst Haberland (von 1963 bis 1967) drei bewährte<br />

Antifaschisten, deren Lebenserfahrung nicht zuletzt während ihrer Zeit als politische<br />

Häftlinge im Zuchthaus und im Konzentrationslager oder in der Emigration gereift ist.<br />

Allein deren Biographien bürgten für den grundsätzlich anderen Charakter dieser neuen<br />

Einrichtung der Nationalen Volksarmee. (16) Anfang 1962 wurde das Museum dem vom<br />

späteren Generalmajor Prof. <strong>Dr</strong>. Reinhard Brühl geleiteten Institut für deutsche Militärgeschichte<br />

angeschlossen. In den folgenden Jahren vollzog es einen derart erfolgreichen<br />

Aufschwung, daß sich recht bald die in Potsdam gegebenen Grenzen offenbarten.<br />

Anläßlich einer im Beisein des Ministers für Nationale Verteidigung und seines Kollegiums<br />

im Marmorpalais durchgeführten Festveranstaltung zum fünften Jahrestag des Deutschen<br />

Armeemuseums äußerte der Chef der Politischen Hauptverwaltung der NVA am 21. März<br />

1966 ziemlich deutlich, zu gegebener Zeit müsse ein Ausweg gefunden werden. Er beließ<br />

es nicht beim Wort.<br />

Von Potsdam nach <strong>Dr</strong>esden<br />

Am 6. August 1966 befahl Admiral Verner den Direktor der Militärbibliothek, Generalmajor<br />

Fischer, und die beiden Stellvertreter des Direktors des Deutschen Armeemuseums,<br />

<strong>Oberst</strong>leutnant Hans Bierschenk und mich, nach Strausberg. Er wies uns an, unverzüglich<br />

und streng vertraulich die <strong>Dr</strong>esdener Stadthalle zu inspizieren und ihm danach zu berichten,<br />

ob sie sich für die gemeinsame Unterbringung beider Institutionen eigne. Im positiven<br />

Falle könnten wir uns etwa 1971/72 auf einen Umzug einstellen. Wir fanden das Hauptgebäude<br />

des Kgl. Sächsischen Arsenals, bis 1945 Ort des Sächsischen Armeemuseums<br />

und nunmehrige <strong>Dr</strong>esdener Stadthalle, in beklagenswertem Zustand vor. Von den Mitarbeitern<br />

des vorübergehend dort untergebrachten Museums der Stadt <strong>Dr</strong>esden sowie<br />

des im Seitengebäude befindlichen Auto-Reparaturwerkes erfuhren wir, die Stadt wolle<br />

das ihr als einstiger Wehrmachtsbesitz nicht gehörende Gebäude so schnell wie möglich<br />

loswerden. Wir ließen uns vom desolaten Bild des offensichtlich seit seiner Fertigstellung<br />

nie überholten Bauwerkes nicht irritieren. Insbesondere das Hauptgebäude mit seinen<br />

hallenartigen Räumen von großer Tragfähigkeit machte einen soliden Eindruck. So<br />

meldeten wir dem Chef der PHV zu dessen Zufriedenheit, gewiß sei die Rekonstruktion<br />

eines vorhandenen und für die Zwecke beider Dienststellen durchaus geeigneten<br />

Funktionsbauwerkes effektiver als das Errichten eines Neubaus.<br />

Der Minister für Nationale Verteidigung teilte eine solche Sicht der Dinge anfangs nicht.<br />

Unangemeldet und lediglich von seinem Adjutanten begleitet erschien er am 11. September<br />

1966 im Marmorpalais. Dort kam es zu einem Gespräch unter sechs Augen.<br />

Anstelle des dienstlich abwesenden Direktors des Deutschen Armeemuseums verlangte<br />

Armeegeneral Hoffmann von mir unverblümte Auskunft über unsere Meinung zur Zukunft<br />

des Deutschen Armeemuseums, speziell zu seinem endgültigen Standort. In seinen<br />

Augen sei ein Neubau entweder in Potsdam oder in Berlin gewiß besser als der Bezug der<br />

maroden <strong>Dr</strong>esdener Stadthalle. Doch das sei mit Problemen verbunden und mittelfristig<br />

unrealisierbar. Der Chef der Rückwärtigen Dienste, Generalleutnant Allenstein, habe sich<br />

sehr bedenklich zur möglichen Nutzung des von der Stadt <strong>Dr</strong>esden nicht mehr benötigten<br />

Gebäudes als Bekleidungsmagazin, das es ja ursprünglich gewesen sei, geäußert.<br />

Dagegen wäre Admiral Verner zur Übernahme sofort bereit. Als letztlich Verantwortlicher<br />

wolle er sich allerdings ein eigenes Bild machen.


<strong>Oberst</strong> <strong>Dr</strong>. Kurt Schützle, der den ebenfalls abwesenden Direktor des Deutschen Instituts<br />

für Militärgeschichte vertrat, überließ mir die Antwort. In meiner Auskunft umriß ich die<br />

Vor- und Nachteile der drei in Potsdam, Berlin und <strong>Dr</strong>esden möglichen Varianten. Mit<br />

Verweis auf die bei mehreren Arbeitsbesuchen in den Moskauer, Leningrader, Prager und<br />

Budapester Militärmuseen gesammelten Erfahrungen fiel es mir nicht schwer, die<br />

<strong>Dr</strong>esdener Stadthalle zu favorisieren. Das hat die Entscheidung des Ministers offensichtlich<br />

erleichtert, denn wenige Tage später erteilte uns Admiral Verner die Weisung,<br />

unverzüglich die aufwendigen inhaltlichen, organisatorisch-technischen, personellen und<br />

finanziellen Vorarbeiten für das Einrichten eines wesentlich größeren Armeemuseums in<br />

<strong>Dr</strong>esden in Angriff zu nehmen.<br />

Mit einer wesentlich vergrößerten Zahl wissenschaftlicher, künstlerischer und technischer<br />

Mitarbeiter, gewachsenen Erfahrungen in der militärhistorisch-museumswissenschaftlichen<br />

Arbeit und erweiterten, im Vergleich mit 1961 wesentlich besser erschlossenen<br />

Sammlungsbeständen konzentrierten wir uns auf die schwierige Aufgabe, für ein im<br />

Rekonstruktionsprozeß befindliches Gebäude mit mehr als 7 000 Quadratmetern verfügbarer<br />

Ausstellungsfläche sowie einem weitläufigen Freigelände eine repräsentative Exposition<br />

zur deutschen Militärgeschichte vor 1945 sowie zur Militärgeschichte der DDR zu<br />

schaffen und gleichzeitig die Mehrzahl der Mitarbeiter, die Bestände sowie die künstlerischen<br />

und Restaurierungswerkstätten von Potsdam nach <strong>Dr</strong>esden zu verlegen. Jener<br />

schwierige, komplizierte wie aufwendige Prozeß war von Anfang an begleitet vom fordernden<br />

wie fördernden persönlichen Einfluß des Chefs der Politischen Hauptverwaltung, der<br />

dem Projekt besondere Aufmerksamkeit widmete.<br />

Im verkürzten Verfahren<br />

Ursprünglich war geplant, nach Abschluß der baulichen Rekonstruktion der Stadthalle in<br />

mehreren Schritten die Sammlungsbestände zu überführen und danach die neue Ausstellung<br />

am 7. Oktober 1972 mit den beiden Hauptteilen Militärgeschichte von 1900 bis<br />

1945 sowie Militärgeschichte der DDR auf rund 5.000 Quadratmetern zu eröffnen. Dem<br />

sollte bis Oktober 1974 die Erneuerung der ständigen Ausstellung im Potsdamer<br />

Marmorpalais folgen. Zum 1. März 1975 sollte in einem dritten Schritt in <strong>Dr</strong>esden mit dem<br />

auf den verbliebenen 2.000 Quadratmetern gestalteten Hauptteil Militärgeschichte von<br />

Anbeginn bis 1900 das Museum vollendet werden. Angesichts des notwendigen<br />

wissenschaftlichen Vorlaufs , des Zustandes der Sammlungen, des restauratorischen wie<br />

künstlerisch-gestalterischen Aufwandes und nicht zuletzt der perspektivisch errechneten<br />

personellen wie finanziell-materiellen Erfordernisse erschien uns ein solcher Ablauf<br />

angemessen. Er basierte auf der Tatsache, daß unsere Magazine damals aus den Zeitperioden<br />

vor 1871 nur zufällig erworbenes Sammlungsgut enthielten und die analytische<br />

Arbeit zur Militärgeschichte der DDR erst am Anfang stand. Die Zeitereignisse waren allerdings<br />

stärker, denn die politischen Turbulenzen im Zusammenhang mit dem 1971 vollzogenen<br />

Machtwechsel von Walter Ulbricht zu Erich Honecker brachten unser Vorhaben<br />

gewaltig ins Schlingern.<br />

Unmittelbar nach dem 14. Plenum des ZK der SED wurden bekanntlich überall in der<br />

DDR Projekte mit der Begründung zurückgestellt oder abgebrochen, sie hätten „überzogenen<br />

Vorstellungen und unrealen Wünschen“ entsprochen. (17) Auch im Stadtzentrum<br />

<strong>Dr</strong>esdens wurden Fundamente eigentlich dringend nötiger Hotels und Kaufhäuser rigoros<br />

zugeschüttet. Im politischen Ränkespiel um das maßgebliche Amt der DDR haben die<br />

beiden ZK-Mitglieder Armeegeneral Hoffmann und Admiral Verner eine besondere Rolle<br />

gespielt. Deren Option für Honecker sowie das gute Verhältnis zwischen dem Chef der<br />

PHV und dem damaligen Ersten Sekretär der SED- Bezirksleitung <strong>Dr</strong>esden, Werner<br />

Krolikowski, bewahrten die Stadthalle nicht nur vor dem Schicksal einer Investruine.<br />

Zugleich bewirkten sie eine enorme Beschleunigung des gesamten Projektes.


Zu unserer Überraschung verkündete Admiral Verner am 31. März 1971 anläßlich eines<br />

Besuches unserer <strong>Dr</strong>esdener „Baustelle“, das neue Museum werde nicht am 7. Oktober,<br />

sondern bereits am 1. März 1972 und nicht, wie bis dahin beabsichtigt, mit zwei <strong>Dr</strong>itteln,<br />

sondern der gesamten Ausstellungsfläche eröffnet. Eigentlich bedeutete das, in einem<br />

halbfertigen Gebäude mit ungenügendem wissenschaftlichem Vorlauf und einem wegen<br />

der fehlenden Magazine noch in Potsdam befindlichem, lückenhaftem Exponatbestand<br />

von teilweise wenig erfahrenen oder noch nicht einmal eingestellten Mitarbeitern im verkürzten<br />

Verfahren eine museale Ausstellung zu erarbeiten und aufzubauen, die sich mit<br />

international renommierten Militärmuseen messen sollte. Die Diskussion darüber wäre<br />

zwecklos gewesen, zumal Admiral Verner kurzfristig eine fundierte Stellungnahme forderte.<br />

Unsere weisungsgemäß angestellte Gegenrechnung nahm er scheinbar unwirsch<br />

zur Kenntnis, hatten wir doch auf ziemlich weitgehende personelle und materielle Konsequenzen<br />

hingewiesen. Doch konkret sorgte er in der bis zur Fertigstellung des neuen<br />

Museums verbleibenden Zeit dafür, daß die berechtigten Forderungen prompt und unbürokratisch<br />

erfüllt worden sind.<br />

Zur inhaltlichen Gestaltung des bis dahin zurückgestellten dritten Hauptteiles begnügte<br />

sich Admiral Verner mit der sehr allgemeinen Bemerkung, vielleicht sollte man als Interimslösung<br />

eine Schau zur sozialistischen Waffenbrüderschaft gestalten. Das erkannten<br />

wir als Chance, entgegen der damals vorherrschenden Konzentration auf die Militärgeschichte<br />

der neueren und neuesten Zeit die museale Darstellung deutscher Militärgeschichte<br />

von Anbeginn bis 1900 zu versuchen. (18) Zu einem solchen Wagnis hielten<br />

wir uns auch ohne gesicherte Vorgaben der Militärgeschichtswissenschaft der DDR durchaus<br />

in der Lage. Zugleich wollten wir die Gelegenheit nutzen, um mit Rückendeckung des<br />

Chefs der PHV zumindest an einen Teil der im Museum für Deutsche Geschichte<br />

schlummernden Schätze des ehemaligen preußisch-deutschen Zeughauses heranzukommen.<br />

Diese Rechnung ging im vollen Umfang auf. Das Museum für Deutsche<br />

Geschichte gewährte die erbetene Hilfe. Dazu hat nicht zuletzt das inzwischen wesentlich<br />

bessere, weil versachlichte Verhältnis zwischen den Leitern und Mitarbeitern beider<br />

Einrichtungen beigetragen. Obwohl schließlich die Ausstellung zur Zeitperiode vom<br />

Aufkommen stehender Heere im 15. Jahrhundert bis 1900 im Unterschied zu den beiden<br />

Hauptteilen Militärgeschichte 1900 bis 1945 und Militärgeschichte der DDR geradezu<br />

improvisiert werden mußte, fiel das kaum auf. Lediglich unwesentlich verändert und ergänzt<br />

steht sie heute noch.<br />

Wie intensiv sich Admiral Verner um das entstehende Museum kümmerte, konnten wir an<br />

seinen in immer kürzeren Abständen stattfindenden Besuchen messen. Manchmal gab es<br />

dabei unerwarteten Tadel, manchmal unverhofftes Lob. Als gelernter Dekorateur und<br />

passionierter Bauherr bewegten ihn vorrangig Gestaltungsprobleme. Inhaltliche Fragen<br />

interessierten scheinbar weniger. Mit einer rechtzeitig getroffenen und bis in die Gegenwart<br />

wirksamen Grundsatzentscheidung hat er allerdings das Schicksal „seines“ Museums<br />

nachhaltig bestimmt. Bei einem Rundgang durch das noch unfertige Haus am 14. Juli<br />

1971 betonte er sinngemäß unmißverständlich: „Ihr seid auf dem richtigen Weg. Laßt<br />

Euch nicht irremachen und vergeßt nie, Ihr habt weder die Geschichte der deutschen<br />

Arbeiterbewegung noch den Großen Vaterländischen Krieg der UdSSR darzustellen. Euer<br />

Feld ist die deutsche Militärgeschichte in ihrer Dialektik und mit ihren Widersprüchen.<br />

Beschreiben sollen das andere. Eure Aufgabe besteht darin, anhand materieller Zeugnisse<br />

zu veranschaulichen, wie jener Prozeß verlaufen ist“. In der ihm eigenen drastischen<br />

Art fügte er hinzu: „Vor allem beachtet eines: Das Museum ist eine Kieke, keine Lese!“<br />

Diese Weitsicht bestätigte nicht nur unseren bereits eingeschlagenen Kurs. Letztlich<br />

bewahrte sie die Einrichtung 1990/91 im Unterschied etwa zum Museum für Deutsche<br />

Geschichte vor seiner ebenfalls bereits beschlossenen „Abwicklung“.


Arbeitsgegenstand: Komplexe Militärgeschichte<br />

Am 21. Januar 1972 kreiste ein Hubschrauber über der Stadthalle. Mit seiner Hilfe wurde<br />

das über dem Haupteingang des rechtzeitig fertiggestellten Gebäudes angebrachte<br />

großflächige Signet samt der Inschrift „Deutsches Armeemuseum“ entfernt. Jahre später<br />

erfuhren wir aus dem Nachlaß von Armeegeneral Hoffmann den Grund: Die an das<br />

Staatsoberhaupt gerichtete Meldung des Ministers für Nationale Verteidigung über die in<br />

<strong>Dr</strong>esden bevorstehende Eröffnung trägt den handschriftlichen Vermerk: „Einverstanden.<br />

Aber Armeemuseum der DDR! E. H.“ Wir hatten die Bezeichnung „Militärgeschichtliches<br />

Museum der DDR“ vorgeschlagen, ging doch unser Arbeitsgebiet längst weit über das<br />

Sammeln, Bewahren, wissenschaftliche Erschließen und Ausstellen materieller Sachzeugen<br />

zur Entwicklung deutscher Armeen in Vergangenheit und Gegenwart hinaus. Wir<br />

betrachteten das Militärwesen als ein ebenso bedeutsames gesellschaftliches Teilgebiet<br />

wie Ökonomie, Politik, Kultur oder Lebensweise. Die Militärgeschichte reduzierte sich<br />

deshalb keineswegs auf die Existenz der Streitkräfte und ihren Einsatz in Krieg und<br />

Frieden. Sie schloß Militärpolitik, Rüstungsproduktion, revolutionäre und antimilitaristische<br />

Aktivitäten ebenso ein wie das Verhältnis von Volk und Armee. Nicht zuletzt war für uns<br />

Militär- stets zugleich Kulturgeschichte.<br />

Die auf der Grundlage unserer technisch-ökonomischen Vorgaben von den Architekten<br />

des zur NVA gehörenden Projektierungsbüros Süd vorbereitete und vom VEB Baureparaturen<br />

<strong>Dr</strong>esden realisierte innere wie äußere Rekonstruktion der Stadthalle hatte<br />

sich verzögert. Zwischen der Bauübergabe und dem Eröffnungstermin verblieb deshalb<br />

nur eine geringe Zeitspanne. Sie hat den Museumsmitarbeitern wie den unterstützenden<br />

Kräften alles abverlangt. Ausgehend von den im Museum erarbeiteten Gestaltungsbüchern<br />

und künstlerischen Entwürfen lag der unmittelbare Ausstellungsaufbau in den<br />

Händen der DEWAG Berlin. In den letzten Wochen hätte ein Außenstehender allerdings<br />

erfragen müssen, wer von den ohne Rücksicht auf funktionelle Pflichten oder Arbeitszeit<br />

in den beiden Ausstellungsgeschossen Tätigen Museumsmitarbeiter, kommandierter<br />

NVA-Angehöriger aus dem Bereich der 7. Panzerdivision, Angestellter der DEWAG oder<br />

der kooperierenden Handwerksbetriebe war. Selbst keiner der Bausoldaten wäre aufgefallen.<br />

Ihre anfangs definitive Weigerung, jegliche Waffe zu berühren, haben sie schnell<br />

vergessen, nachdem sie das Grundanliegen des Museums begriffen hatten und sie mit<br />

anfänglichem Erstaunen bemerkten, daß - beginnend mit den Stellvertretern des Direktors<br />

- die Offiziere, die wissenschaftlichen, künstlerischen und technischen Mitarbeiter des<br />

Museums unterschiedslos zupackten.<br />

Als das Armeemuseum der Deutschen Demokratischen Republik am 24. März 1972<br />

eröffnet wurde, hat die neue Ausstellung die geladenen uniformierten wie zivilen Ehrengäste<br />

sichtlich überrascht. Offensichtlich hatte man eine derart komplexe und unbefangene<br />

Darstellung der deutschen Militärgeschichte vor 1945 und den großzügigen Überblick<br />

über den von der Nationalen Volksarmee in ihrer damals erst sechzehnjährigen<br />

Geschichte zurückgelegten Weg nicht erwartet. Nach dem ersten Rundgang dankte der<br />

Minister für Nationalen Verteidigung mit sehr persönlichen Worten allen Schöpfern und<br />

Gestaltern für ihre außergewöhnliche Leistung. In seiner humorvollen Art ließ Armeegeneral<br />

Hoffmann folgende, nur den Eingeweihten verständliche Bemerkung einfließen:<br />

Angesichts der in letzter Zeit immer häufigeren Abmeldung des Chefs der PHV nach<br />

<strong>Dr</strong>esden habe er sich denken können, daß sich hier Besonderes tue. Desto mehr freue er<br />

sich, daß trotz solcher Störungen das Museum so gut gelungen sei.<br />

Zufällig hielten sich am Eröffnungstag aus der BRD angereiste Journalisten in <strong>Dr</strong>esden<br />

auf. Sie gehörten zu den ersten Besuchern. Geradezu euphorisch berichteten sie über die<br />

neue Einrichtung. Eine führende BRD-Zeitung bezeichnete unser Haus als „das schönste<br />

Armeemuseum, das wir zur Zeit in Deutschland haben“ und empfahl es als „ein höchst<br />

lohnendes Besucherziel“. (19) Davon haben sich anschließend alljährlich mehr als<br />

einhunderttausend Besucher aus aller Welt überzeugt. Tausende davon habe ich per-


sönlich in Potsdam, <strong>Dr</strong>esden und Königstein durch die Ausstellungen geführt. Beeindruckt<br />

waren sie alle. <strong>Dr</strong>ei Dinge sind ihnen durchweg besonders aufgefallen. Zum ersten<br />

zeigten sie sich angetan von unserer Methode, gestützt auf originale Sachzeugen und<br />

adäquate Hilfsmittel militärische Kenntnisse zu vermitteln, um gesellschaftliche Erkenntnisse<br />

zu fördern. Zum zweiten erkannten und meistens akzeptierten sie unsere dialektisch<br />

angelegte, betont antifaschistisch prononcierte Aussage. Zum dritten honorierte die Mehrzahl<br />

das Bemühen, mit unseren spezifischen Mitteln zur Erhaltung und Festigung des<br />

Friedens zumindest in Europa beizutragen.<br />

Die im Frühjahr 1972 einsetzende neue Etappe in der Entwicklung des Armeemuseums<br />

der DDR sowie seiner beiden Außenstellen in Potsdam und auf dem Königstein ist in<br />

zahlreichen Artikeln und Broschüren, selbst in einer Promotionsschrift ausführlich<br />

beschrieben. (20) Trotzdem erscheint es aus gegenwärtiger Sicht erforderlich, auf einige<br />

Spezifika zu verweisen, die das Armeemuseum der DDR besonders gekennzeichnet<br />

haben. Ausgewählte Beispiele aus drei Teilgebieten der militärhistorisch-museumswissenschaftlichen<br />

Arbeit mögen das im folgenden verdeutlichen.<br />

Zur Sammlungsarbeit<br />

Im Unterschied zu vergleichbaren Einrichtungen fehlte unserem Museum anfangs nicht<br />

nur organisch gewachsener, sondern jeglicher Exponatfundus. Wie bereits angedeutet,<br />

hat sich dieser Zustand in denkbar kurzer Zeit verändert. Unter den Faktoren, die zum<br />

erfreulich raschen Anwachsen der Sammlungsbestände geführt haben, sei an erster<br />

Stelle das gezielte Beschaffen von Exponaten unterschiedlichster Art durch nahezu alle<br />

Mitarbeiter des Hauses genannt. Schon zu einer Zeit, als in der DDR die deutsche<br />

Geschichte von manchen auf die Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung reduziert<br />

wurde und Militaria-Exponate aus den Zeitperioden vor 1945 als fragwürdig, wenn nicht<br />

gar vernichtenswert galten, haben wir die deutsche Militärgeschichte in ihrer Komplexität<br />

und Dialektik sowie ihrer internationalen Einbettung begriffen. Besonderes Augenmerk<br />

widmeten wir naturgemäß jenen Sachzeugen, die bis 1945 für die deutschen Militärmuseen<br />

wegen ihrer beschränkten Sicht auf die Militärgeschichte oder als Erinnerungsstücke<br />

an progressive und revolutionäre Persönlichkeiten und Ereignisse uninteressant<br />

gewesen sind. Zugleich sahen wir uns in der Pflicht, den infolge der Kriegs- und<br />

Nachkriegsereignisse erheblich reduzierten Militaria-Bestand vor weiteren Verlusten zu<br />

schützen. Während nicht nur in wissenschaftlichen Gremien der NVA viele Jahre<br />

akademisch über die Begriffe Tradition und Erbe gestritten wurde, sahen wir uns in der<br />

Praxis zu tabulosem Handeln gezwungen und nahmen vorsorglich ansonsten von der<br />

Vernichtung bedrohte Waffen, Geräte, Ausrüstungsgegenstände, Dokumente, Fotos, kurz<br />

nahezu alle uns angebotenen militärgeschichtlich relevanten Gegenstände in den Fundus<br />

auf.<br />

Aus den verschiedenen Bereichen der Nationalen Volksarmee, aus anderen Museen und<br />

Institutionen, von Veteranen des revolutionären, antimilitaristischen und antifaschistischen<br />

Kampfes, aus dem Besitz von Sammlern und Privatpersonen gelangten die unterschiedlichsten<br />

materiellen Zeugnisse zur deutschen Militärgeschichte vom Einzelstück bis<br />

zum umfangreichen Konvolut in unsere Magazine. So übernahmen wir etwa vom aufgelösten<br />

Deutschen Institut für Zeitgeschichte in Berlin, vom Leipziger Georgi-Dimitroff-<br />

Museum oder vom Sächsischen Staatsarchiv beträchtliche Plakat-, Dokumenten- und<br />

Buchbestände. Das Sekretariat des Ersten Sekretärs des ZK der SED und Vorsitzenden<br />

des Staatsrates der DDR leitete militärisch relevante Geschenke, darunter prachtvolle<br />

orientalische Blankwaffen und für Erich Honecker aufwendig gefertigte Ehrensäbel, an<br />

uns weiter. Vornehmlich mit preisgünstig von Kostümverleihern, die aus Altersgründen<br />

ihre Firmen aufgegeben haben, angekauften, mehrheitlich mit Kammerstempel versehenen<br />

Bekleidungsstücken und Ausrüstungsgegenständen wurde der Uniformfundus für die


Zeit vor 1918 aufgebaut. Bei seiner Inventarisierung fanden wir neben manch anderem<br />

wertvollem Exemplar eine aus der Zeit nach 1871 stammende, mit den Schulterstücken<br />

eines Generalfeldmarschalls versehene Attila des Kgl. Sächs. 2. Husaren-Regiments Nr.<br />

19. Das deutete auf den Regimentsinhaber jener bis 1918 in Grimma stehenden<br />

Kavallerie-Formation hin. Es war kein Geringerer als der Preußische Kronprinz und<br />

frühverstorbene Deutsche Kaiser Friedrich I.<br />

Die 1961 in Potsdam eröffnete Ausstellung war überwiegend mit Hilfe zielgerichtet<br />

beschaffter sowie mehr oder weniger zufällig aus dem noch weitgehend unerschlossenen<br />

Bestand herausgepickter Exponate gestaltet worden. Erst danach gestatteten die<br />

wesentlich verbesserten personellen, organisatorischen und räumlichen Gegebenheiten<br />

im Verein mit dem Erfahrungszuwachs den Übergang zu einer wissenschaftlich fundierten<br />

Sammlungsarbeit. Sie begann mit dem Sortieren, ordnungsgemäßen Inventarisieren,<br />

Konservieren und Aufbewahren des aus Baracken und Kellern der Polit-Offiziersschule in<br />

Berlin-Treptow nach Potsdam überführten, teilweise nicht einmal zahlenmäßig erfaßten<br />

Sammlungsgutes. Gestützt auf vornehmlich autodidaktisch erworbene militärkundliche<br />

und typologische Kenntnisse setzte die exakte Katalogisierung der Exponate ein. Zwei<br />

Hauptlinien bestimmten von nun an den Bestandszuwachs: zum einen das Bemühen um<br />

personen- und ereignisbezogene Exponate, zum anderen das Komplettieren typologischtechnologischer<br />

wie struktureller Entwicklungsreihen. Eine besondere Rolle kam dabei<br />

dem Schaffen museumsspezifischer Personenfonds zu. Ursprünglich konzentrierte sich<br />

diese aktive Form der Sammeltätigkeit naturgemäß auf solche Veteranen wie die<br />

deutschen Teilnehmer an der Oktoberrevolution in Rußland oder an den militärischen<br />

Auseinandersetzungen in der Zeit von 1918 bis 1923, die antifaschistischen Widerstandskämpfer,<br />

die Angehörigen der Internationalen Brigaden in Spanien und jene Deutsche, die<br />

in den Reihen der Sowjetarmee und anderer alliierter Streitkräfte, als Partisanen oder in<br />

den faschistischen Konzentrationslagern und Zuchthäusern ihr Leben für ein besseres<br />

Deutschland eingesetzt haben. Nach anfänglicher Skepsis waren immer mehr Veteranen<br />

bereit, dem Museum ihren Lebensweg dokumentierende persönliche Dinge zu überlassen.<br />

In den achtziger Jahren übergab gar die Sektion der Spanienkämpfer im Komitee<br />

der Antifaschistischen Widerstandskämpfer der DDR ihren Bestand an historischen Fotos,<br />

Dokumenten und persönlichen Gegenständen ehemaliger Interbrigadisten dem Armeemuseum<br />

der DDR. Ähnlich reagierte die mit der Zeit wachsende Zahl an Veteranen aus<br />

der Nationalen Volksarmee selbst. Ihr Verständnis für unser Anliegen wuchs desto mehr,<br />

je klarer wir ihnen die Geschichtsträchtigkeit der Streitkräfte der DDR und damit ihres<br />

persönlichen Beitrages zu deren Entwicklung verdeutlichen konnten.<br />

Dank der fürsorglichen Unterstützung durch das Ministerium für Nationale Verteidigung,<br />

speziell der Politischen Hauptverwaltung der NVA, basierte die Sammlungstätigkeit unseres<br />

Museums auf einer innerhalb des Museumswesens einzigartigen Grundlage. Der aus<br />

dem Jahre 1964 stammenden „Sammlungsordnung des Deutschen Armeemuseums“ war<br />

die gründlich überarbeitete „Anordnung Nr. 19/72 des Ministers für Nationale Verteidigung<br />

über die Sammlungstätigkeit des Armeemuseums der DDR“ gefolgt. Am 13. März 1979<br />

wurde sie, abgestimmt auf die vom Minister für Kultur erlassene „Verordnung über den<br />

Nationalen Museumsfonds der DDR“ durch die noch bessere „Ordnung 030/9/008 des<br />

Ministers für Nationale Verteidigung über die Arbeit mit dem militärmusealen Fonds“<br />

ersetzt. (21) Sie regelte noch eindeutiger Verantwortung, Rechte und Möglichkeiten des<br />

Museums hinsichtlich der Sammlung und Bewahrung militärhistorischer Sachzeugen<br />

sowie die ihm dabei aus dem gesamten Bereich der Nationalen Volksarmee zu<br />

gewährende Unterstützung. Neben festgelegten Ansprechpartnern in den Fachverwaltungen<br />

des Ministeriums konnten wir uns verläßlich auf jene Offiziere stützen, die von den<br />

Kommandos der Teilstreitkräfte, der Grenztruppen und der Zivilverteidigung der DDR, den<br />

beiden Militärbezirken, der Stadtkommandantur von Berlin, der Militärakademie „Friedrich<br />

Engels“ und der Armee-Sportvereinigung „Vorwärts“ als Verbindungsbeauftragte eingesetzt<br />

waren.


Welchen weit über die Streitkräfte hinaus wirkenden Namen sich unser Museum im Laufe<br />

der Jahre erworben hatte, sei an den museumsspezifischen Aktivitäten im Zusammenhang<br />

mit dem gemeinsamen Weltraumflug UdSSR/DDR demonstriert. Am 7. März<br />

1978 wurde ich nach Strausberg befohlen. Dort teilte mir ein Offizier der Politischen<br />

Hauptverwaltung streng vertraulich mit, nach einem vom Politbüro des ZK der SED<br />

bestätigten Dokument müsse das Armeemuseum der DDR exakt vier Wochen nach der<br />

gelungenen Landung des noch nicht endgültig benannten DDR-Kosmonauten zu einem<br />

ebenfalls noch unbekanntem Termin in der Jahresmitte eine diesem Ereignis gewidmete<br />

Sonderausstellung bereithalten. Deren Eröffnung durch den von Prominenz begleiteten<br />

Kosmonauten sei ebenfalls in jenem Dokument vorgegeben. Gleichzeitig erhalte das<br />

Museum den Auftrag, alle mit diesem historischen Ereignis zusammenhängenden, den<br />

ersten Deutschen im Weltall betreffenden Sachzeugen zu sammeln und in einem gesonderten<br />

Fonds zu bewahren. Erstmals wurde unser Haus in einer solch zentralen Angelegenheit<br />

dem Museum für Deutsche Geschichte vorgezogen. Zwar kam der Fliegerkosmonaut<br />

und spätere Generalmajor <strong>Dr</strong>. Sigmund Jähn als Jagdflieger aus den Reihen<br />

der Luftstreitkräfte. Doch jene Tatsache allein war gewiß nicht entscheidend für einen<br />

derart bedeutsamen Auftrag. Er wurde gewissenhaft und pünktlich erfüllt. Auf solchem<br />

Wege gelangte das Museum in den Besitz solch einzigartiger Sachzeugen wie sehr<br />

persönliche Gegenstände von Sigmund Jähn, den Dubletten der von ihm im All bei<br />

Forschungsprojekten eingesetzten Geräten, seinem Skaphander und der Landekapsel<br />

von Sojus 29, mit der Waleri Bykowski und Sigmund Jähn am 3. September 1978 sicher<br />

zur Erde zurückgekehrt sind. (22)<br />

Solche weltweit einmaligen Exponate erhöhten die internationale Bedeutung des Museums,<br />

zumal sie sich in eine ganze Reihe ähnlich exklusiver Stücke einfügten. Als Beispiele<br />

seien hier lediglich erwähnt: die „Faule Magd“, ein aus der Frühgeschichte des Artilleriewesens<br />

stammendes, schmiedeeisernes Riesengeschütz (23), eine aus dem frühen 19.<br />

Jahrhundert stammende Vorderlader-Depressionskanone, Kaliber 9 cm, deren originelle<br />

Lafette es gestattete, im direkten Richten von der Bergfestung Königstein aus Ziele im<br />

Elbtal zu bekämpfen, oder das erste erhaltene Tauchboot der Welt, der 1850 nach Plänen<br />

von Wilhelm Bauer erbaute „Brandtaucher“. (24)<br />

Eine besondere Methode zum Beschaffen aussagekräftiger militärhistorischer Exponate<br />

wurde von den Mitarbeitern des Museums bereits frühzeitig angewandt. Sie bestand darin,<br />

mit teilweise hohem technischem und körperlichem Aufwand von einstigen Schlachtfeldern,<br />

aus Erprobungs- und Rüstungsstätten oder von anderen Orten militärhistorisch<br />

interessante Relikte zu bergen. Die Entwicklungs- und Produktionsstätten der berüchtigten<br />

V-Waffen in Peenemünde und im Kohnstein bei Niedersachswerfen, wo vorwiegend<br />

Häftlinge des Konzentrationslagers „Dora“ unter SS-Regie im Werk „Mittelbau“ geschuftet<br />

haben, erwiesen sich als ebenso fündig wie die auf dem Territorium der DDR befindlichen<br />

Kampfgebiete aus der letzten Periode des Zweiten Weltkrieges. Besonders das einstige<br />

Erprobungsgelände des Heeres-Waffenamtes auf den weiten Flächen um den märkischen<br />

Ort Kummersdorf, das Angriffsgelände der Roten Armee beim Sturm auf Berlin im<br />

Oderbruch oder die Rudimente der erst im Frühjahr 1945 zur Festung erklärten Stadt<br />

Frankfurt an der Oder seien stellvertretend für solche Aktionen genannt. (25)<br />

Wesentlich einfacher waren dagegen Übernahme oder Ankauf aus staatlichem und<br />

privaten Besitz. So überließ uns das Straßenverkehrsamt Dippoldiswalde kostenlos eine<br />

im Mai 1945 bei der Flucht von Wehrmachtseinheiten über den Erzgebirgskamm zurückgelassene<br />

und seitdem in Altenberg zum Schneeräumen verwendete 12 Tonnen-Zugmaschine,<br />

auch als „Raupenschlepper“ bekannt. Gegen geringes Entgelt erwarben wir<br />

von LPG-Bauern und Liebhabern militärische Kraftfahrzeuge, Kettenkräder und Troßwagen<br />

der Wehrmacht, ja selbst den mobilen Feldbackofen einer Bäckereikompanie aus<br />

der Zeit des Ersten Weltkrieges. Dank der Vermittlung der Prager Armeemuseen wurden<br />

uns aus den Zeughäusern der Tschechoslowakischen Volksarmee Geschütze deutscher


Herkunft zugeführt, darunter die 10-cm- schwere Feldkanone 17, der in beiden Weltkriegen<br />

eingesetzte Kruppsche 21-cm-Mörser und die 8,8-cm-Flak 36 . Überhaupt wäre<br />

ohne den gegenseitig nützlichen Exponataustausch mit den Militärmuseen der im<br />

Warschauer Vertrag vereinten Staaten, insbesondere denen der UdSSR, weder eine<br />

abgerundete Bestandsbildung noch das museumsgerechte Darstellen sozialistischer<br />

Waffenbrüderschaft möglich gewesen.<br />

Dem Sammeln, Bewahren und Ausstellen von militärischen Großgeräten wie Fahrzeuge,<br />

Panzer, Flugzeuge oder Boote und Schiffe sind allein durch deren Dimension und den<br />

teils nicht unerheblichen Pflegeaufwand recht enge Grenzen gesetzt. Deshalb ist es<br />

üblich, das Original nach Möglichkeit durch das detailgetreue wie maßstabsgerechte<br />

Modell zu veranschaulichen. Auch auf diesem Gebiet konnte unser Museum durch<br />

zielgerichteten Ankauf sowie durch die Anfertigung in eigener Werkstatt in wenigen<br />

Jahren einen Bestand von europäischem Rang aufbauen. Ähnliches gilt für das in der<br />

Fotothek gespeicherte militärgeschichtliche Bildgut speziell zur Geschichte der Nationalen<br />

Volksarmee. Sein Grundstock wurde mit vier von Museumsmitarbeitern erarbeiteten<br />

repräsentativen Bilddokumentationen gelegt. (26) Nach einer mit dem Militärverlag der<br />

DDR getroffenen und von der Politischen Hauptverwaltung der NVA bestätigten Vereinbarung<br />

nahm das Museum die Funktion des Endarchivs für das im Bereich der Streitkräfte<br />

anfallende Bildgut wahr.<br />

Zumindest erwähnt sei abschließend der umfangreiche Fundus an Werken der bildenden<br />

Kunst aus Vergangenheit und Gegenwart zu militärischen und militärhistorischen Themen.<br />

Zum beachtlichen Teil bestand er aus Arbeiten, die von namhaften wie weniger bekannten<br />

DDR-Künstlern im Auftrag des Museums geschaffen oder von ihnen erworben worden<br />

sind.<br />

Dieser knappe Einblick in die Sammlungstätigkeit läßt gewiß erkennen, welch zunehmende<br />

Möglichkeiten mit dem quantitativen, noch mehr dem qualitativen Anwachsen des<br />

Gesamtbestands wie seiner unterschiedlichen Exponatgruppen entstanden sind.<br />

<strong>Oberst</strong>es Gebot für jedes Museum sollte die Prämisse „Bewahren geht vor Ausstellen“<br />

sein. Deshalb waren wir bestrebt, besonders wertvolle oder unwiederbringliche Exponate<br />

lediglich kurzfristig oder als Nachbildung auszustellen. Anfängliche, aus der Unerfahrenheit<br />

resultierende Fehler konnten später vermieden werden. Mit hohem finanziell-technischem<br />

Aufwand wurden Magazine und Werkstätten geschaffen, in denen von qualifizierten<br />

wissenschaftlichen und technischen Kräften die Bestände artgerecht aufbewahrt,<br />

erschlossen und gepflegt worden sind. Die Konservierung und Restaurierung der Exponate<br />

durch qualifizierte Spezialisten erfolgte nicht nur im Museum selbst. Auf Honorarbasis<br />

wurden sie von geeigneten Partnern und Firmen unterstützt. Arbeitskommandos der<br />

Teilstreitkräfte und NVA-Werkstätten sorgten kostenlos für den Erhaltungszustand der<br />

ausgestellten Großtechnik.<br />

Zur Truppenbezogenheit der museumsspezifischen Arbeit<br />

Was seit jeher in allen Staaten gilt, galt naturgemäß auch für die DDR. Mit den einem<br />

Museum eigenen Mitteln und Methoden vermittelte es ein anschauliches Bild der deutschen<br />

Militärgeschichte in ihrer Komplexität und Widersprüchlichkeit und leistete damit<br />

seinen Beitrag zur Vermittlung militärischer Traditionen sowie zur Entwicklung der Wehrbereitschaft<br />

der Bevölkerung, besonders der Jugend. Zugleich erfüllte es als massenwirksame<br />

wissenschaftliche Einrichtung der Nationalen Volksarmee eine Reihe von<br />

Aufgaben, die mit solcher Spezifik zweifellos nicht jedem Militärmuseum gestellt sind. Im<br />

Rahmen dieses Beitrages seien sie zumindest angedeutet.<br />

Das sichtbarste Wirkungsmittel jedes Museums ist die ständige Ausstellung. Allein deren<br />

räumliche Proportionen lassen erkennen, welche Wertigkeit den verschiedenen inhalt-


lichen Themen beigemessen ist. Im Deutschen Armeemuseum, im Armeemuseum der<br />

DDR sowie in den Außenstellen Armeemuseum Potsdam (ab 1973) und auf der Festung<br />

Königstein wurden für die Darstellung der deutschen Militärgeschichte vor 1945 zwei<br />

<strong>Dr</strong>ittel, für die der Militärgeschichte der DDR und damit vorrangig der Nationalen Volksarmee<br />

ein <strong>Dr</strong>ittel der verfügbaren Ausstellungsfläche genutzt. Das gestattete nicht nur<br />

großzügiges Gestalten. Es erlaubte, vor allem den Armeeangehörigen die Geschichte der<br />

Streitkräfte zu verdeutlichen und half ihnen, subjektives Handeln als objektiv geschichtsträchtig<br />

zu begreifen. Dem gleichen Ziel diente ein prononciert auf Besuchergruppen von<br />

Armeeangehörigen aller Dienstgrade und unterschiedlichster Truppenzugehörigkeit abgestimmtes<br />

Programm propagandistisch-pädagogischer Maßnahmen. Vorrangig für<br />

Soldaten, Offiziersschüler und Offiziere, die einen erheblichen Anteil der jährlich zwischen<br />

150 000 und 200 000 Besucher allein des <strong>Dr</strong>esdener Hauses ausmachten, fanden<br />

Führungen und andere Veranstaltungen statt, die sich mit aktuellen oder an der<br />

Entwicklung der NVA, ihrer Teilstreitkräfte und Waffengattungen orientierten Problemen<br />

beschäftigten. Am Rande sei erinnert, daß eine geschriebene Geschichte der Armee erst<br />

1985 veröffentlicht worden ist. (27)<br />

Eine besondere Form des Wirkens in der Truppe war mit den Sonder- und Wanderausstellungen<br />

des Museums gegeben. Orientiert an militärischen oder militärpolitischen<br />

Schwerpunkten wurden alljährlich thematische Expositionen erarbeitetet, die in <strong>Dr</strong>esden<br />

selbst, in den Häusern der NVA, in Feldlagern, im Manövergelände und in den Armeen<br />

anderer Staaten des Warschauer Vertrages gezeigt worden sind. Bis nach Bulgarien und<br />

Jugoslawien reichten diese Aktivitäten, realisiert von einigen zum Museum gehörenden,<br />

mit Spezialfahrzeug samt entsprechender Technik ausgestatteten Berufssoldaten.<br />

Wie bereits erwähnt, widmete das Museum seinem Auftrag, materielle Zeugnisse zur<br />

Geschichte der Nationalen Volksarmee zu sammeln, zu erhalten, wissenschaftlich zu erschließen<br />

und museal zu nutzen, besondere Aufmerksamkeit. Die Mehrzahl der männlichen<br />

Mitarbeiter hatte vor der Verabschiedung in die Reserve längere oder kürzere Zeit<br />

in der NVA gedient. Aus teilweise jahrzehntelangem Dienst in der Truppe, an militärischen<br />

Lehranstalten, in Kommandos oder im Ministerium für Nationale Verteidigung brachten sie<br />

Kenntnisse und Verbindungen mit, die sich sehr fruchtbar auf das Wechselspiel zwischen<br />

dem Museum und der Armee sowie den Grenztruppen der DDR ausgewirkt haben.<br />

Zugleich wurde jede Gelegenheit genutzt, um vorrangig die Kommandeure und<br />

Politoffiziere aller Befehlsebenen mit der Gedankenkette Militärgeschichte - Erbe – Traditionen<br />

- Sachzeugen vertraut zu machen. Vorteilhaft erwies sich dabei der gemeinsame<br />

Standort des Museums, der Militärakademie „Friedrich Engels“ und des Stabes der 7.<br />

Panzerdivision in <strong>Dr</strong>esden sowie die relative Nähe zum Kommando des Militärbezirkes III,<br />

der Offiziershochschule der Landstreitkräfte „Ernst Thälmann“ in Löbau und der Offiziershochschule<br />

der Luftstreitkräfte/Luftverteidigung „Franz Mehring“ in Kamenz. Das ermöglichte<br />

z B. regelmäßige, mit der Besichtigung der Magazine verbundene Lehrveranstaltungen<br />

für die Offiziershörer der Militärakademie und befruchtete mit Sicherheit die<br />

truppengeschichtliche Arbeit.<br />

Intensiv unterstützte das Museum die Truppe beim Finden und Erschließen von<br />

Traditionen. Aus der Vielfalt der Maßnahmen seien lediglich zwei herausgegriffen: zum<br />

einen die methodische Anleitung zur Arbeit der Traditionszimmer (28), zum anderen die<br />

Führung des zentralen Nachweises der in den Traditionszimmern befindlichen Exponate<br />

mit besonderer musealer Relevanz. In dieser Hinsicht war das Museum zugleich die<br />

zentrale Traditionsstätte der Armee.<br />

Eine Besonderheit der Nationalen Volksarmee bestand in ihren vielfältigen kulturellen<br />

Beziehungen, nicht zuletzt zu den bildenden Künstlern der DDR. Daraus erwuchs eine<br />

Fülle, teilweise im Auftrag geschaffener Kunstwerke zu militärischen oder militärhistorischen<br />

Themen. Ihre zentraler Nachweis wurde ebenfalls vom Armeemuseum der DDR<br />

geführt. Die Nützlichkeit einer solchen Festlegung hat sich nicht nur beim Vorbereiten der


zentralen Kunstausstellung zum 25. Jahrestag der NVA erwiesen. (29)<br />

Zu den internationalen Kontakten des Museums<br />

Ansehen und Ausstrahlungskraft des sozialistischen deutschen Armeemuseums lassen<br />

sich ohne Hinweis auf seine vielfältigen internationalen Kontakte nicht erklären. Ihr<br />

Ursprung geht weit zurück, denn an ihrem Anfang stand der bereits erwähnte Arbeitsbesuch<br />

in Moskau im Sommer 1960. Von dort brachten wir als wichtigstes Resultat die<br />

Erkenntnis mit, die künftige ständige Ausstellung nicht nach der in Deutschland traditionellen<br />

Schausammlungsmanier, sondern nach dem in den sowjetischen Museen<br />

wirkungsvoll praktizierten chronologisch-thematischen Komplexprinzip zu gestalten. Beim<br />

Gegenbesuch leitender Offiziere des Zentralen Museums der Sowjetarmee im Frühjahr<br />

1962 in Potsdam wurde solches Bemühen trotz der vor allem aus dem Fehlen<br />

ausreichender Exponate resultierenden Unvollkommenheit unserer Exposition erkannt<br />

und begrüßt. Im Dezember 1963 konnte ich den damaligen Direktor des Deutschen<br />

Armeemuseums, <strong>Oberst</strong> Haberland, zu einer zweiten Auslandsstudienreise begleiten. Sie<br />

führte nach Budapest. Im dortigen Kriegsgeschichtlichen Museum gewährte man uns<br />

wunschgemäß Einblick in das Gebiet des Sammelns, Erschließens und Bewahrens<br />

militärgeschichtlicher Exponate.<br />

1966 hatten wir Gelegenheit, den vom Minister für Nationale Verteidigung anläßlich<br />

unseres 5. Jahrestages eingeladenen Direktoren der Armeemuseen sozialistischer<br />

Staaten in Potsdam und auf dem Königstein die bisher erzielten Arbeitsresultate zu<br />

präsentieren. Im Verlauf eines damit verbundenen fruchtbaren Erfahrungsaustausches<br />

war zu spüren, daß unsere noch sehr junge Einrichtung vollgültig in den Kreis der<br />

befreundeten Museen aufgenommen war. In den Folgejahren entwickelte sich zwischen<br />

den sozialistischen Militärmuseen eine wechselseitig fruchtbare Zusammenarbeit. Sie<br />

äußerte sich im Austausch von <strong>Dr</strong>uckschriften, Exponaten und Sonderausstellungen, im<br />

vor Ort geführten Erfahrungsaustausch sowie bei den regelmäßig durchgeführten<br />

Zusammenkünften der Direktoren. Nicht zuletzt bewährte sie sich beim gemeinsamen<br />

Agieren über die Grenzen des „Eisernen Vorhangs“ hinweg. Dort bestand das Deutsche<br />

Armeemuseum schon bald seine Bewährungsprobe.<br />

Für den 6. bis 12. Juni 1966 hatte die dem Internationalen Museumsrat (ICOM)<br />

angehörende Internationalen Vereinigung der militärhistorischen und Waffenmuseen<br />

(IAMAM) zu ihrem IV. Kongreß in die UdSSR eingeladen. Zu unserer Freude sorgte das<br />

sowjetische Vorbereitungsbüro für die Teilnahme des Deutschen Armeemuseums. Während<br />

des Kongresses konnten wir nicht nur die persönlichen Kontakte zu den Repräsentanten<br />

der sozialistischen Militärmuseen vertiefen. Zugleich nutzten wir die Gelegenheit,<br />

den aus aller Welt angereisten Fachkollegen in einem Diskussionsbeitrag unser<br />

Museum vorzustellen. Dabei hob <strong>Oberst</strong> Haberland dessen prinzipiellen Unterschied zu<br />

den „Ruhmeshallen“ anderer deutscher Armeen hervor. (30) Das empörte den damaligen<br />

Direktor des Bayerischen Armeemuseums, <strong>Dr</strong>. Alexander von Reitzenstein sichtlich. Sein<br />

gegenüber dem Präsidenten der IAMAM und Direktor der Waffensammlung in der Wiener<br />

Hofburg, <strong>Dr</strong>. Thomas, geäußerter Vorwurf, daß man einem aus der „Zone“, der offiziell<br />

nicht einmal Mitglied der Vereinigung sei, Rederecht gewährt habe, ging allerdings ins<br />

Leere.<br />

Wenige Wochen nach der Eröffnung des Armeemuseums der DDR besuchte uns Hofrat<br />

<strong>Dr</strong>. Thomas am 3. Juni 1972 in <strong>Dr</strong>esden. Von der Visite beeindruckt, veranlaßte er<br />

umgehend Herrn William Reid, den damaligen Sekretär der IAMAM und Direktor des<br />

National Army Museum in London, zu einem ähnlichen Besuch. Beides blieb nicht<br />

folgenlos. Am 1. Januar 1973 wurde das Armeemuseum der DDR offizielles Mitglied der<br />

IAMAM. Im Mai 1975 nahmen dessen Direktor, Konteradmiral Streubel, und dessen<br />

Stellvertreter für Wissenschaftliche Arbeit zusammen mit rund einhundert Delegierten aus


23 Staaten am VII. IAMAM-Kongreß in Frankreich teil. (31) Damit war das Eis endgültig<br />

gebrochen. Im Unterschied zum Kongreß in der UdSSR fehlten Ausgrenzungsversuche.<br />

Nach der offiziellen Anerkennung der DDR als souveräner Staat fiel es den Fachkollegen<br />

aus europäischen wie außereuropäischen Ländern einschließlich der BRD nicht mehr<br />

schwer, weitgehend vorbehaltlos mit uns zu verkehren. Über das fachliche Gespräch<br />

wuchsen persönliche Kontakte, die sich für die Integration des Armeemuseums der DDR<br />

in das internationale Netz der Militärmuseen als sehr nützlich erwiesen haben.<br />

Mit unserem Auftreten in Frankreich war die Armeeführung offensichtlich derart zufrieden,<br />

daß sie dem Armeemuseum der DDR den Auftrag erteilte, unverzüglich mit der<br />

Vorbereitung einer spezifischen Konferenz anläßlich des 20. Jahrestages der Nationalen<br />

Volksarmee zu beginnen. Neben Fachleuten aus den Militärmuseen sozialistischer und<br />

Nationalstaaten der <strong>Dr</strong>itten Welt seien erstmalig auch solche aus NATO-Ländern<br />

einzuladen. Auf unseren Vorschlag hin informierte Admiral Verner den in Frankreich neugewählten<br />

Präsidenten der IAMAM und Konservator des Polnischen Nationalmuseums in<br />

Krakau, Herrn <strong>Dr</strong>. Zygulski, über das Vorhaben und stellte ihm frei, die Konferenz kostenlos<br />

als fakultative Veranstaltung der IAMAM anzubieten. Die am 28. Januar 1976 vom<br />

Chef der Politischen Hauptverwaltung der NVA persönlich eröffnete, mehrtägige Veranstaltung<br />

zum Thema „Museale Darstellung der Militärgeschichte“ war ein voller Erfolg.<br />

Erstmalig für die Nationale Volksarmee nahmen neben Gästen aus den Staaten des<br />

Warschauer Vertrages überwiegend uniformierte Museumsfachleute aus Ägypten, Finnland,<br />

Irak, Italien, Kuba, Mexiko, Schweden, Syrien und Vietnam teil. Aus der ebenfalls<br />

geladenen BRD war lediglich Herr <strong>Dr</strong>. Jaeckel vom Bayerischen Armeemuseum Ingolstadt<br />

angereist. (32) Zu deren und unserem Bedauern hatte das Bundesministerium für<br />

Verteidigung den Direktoren des Wehrgeschichtlichen Museums in Rastatt und des Luftwaffenmuseums<br />

in Uetersen als aktiven Bundeswehroffizieren die angebotene „Reise in<br />

den Ostblock“ strikt untersagt.<br />

Seit 1975 haben Vertreter des Armeemuseum der DDR an allen folgenden IAMAM-<br />

Kongressen mit eigenen Diskussionsbeiträgen teilgenommen. (33) Auf dem 1981 in den<br />

USA veranstalteten IX. Kongreß wurde mit Konteradmiral Streubel sein Direktor ins<br />

Präsidium der IAMAM gewählt, ebenso später dessen Nachfolger, <strong>Oberst</strong> <strong>Dr</strong>. Nikolaus.<br />

Am 1. Januar 1977 wurde das Armeemuseum der DDR Mitglied des Internationalen<br />

Museumsrates (ICOM), einer Organisation der UNESCO. Auch an deren Aktivitäten war<br />

es gebührend beteiligt.<br />

Abschließend seien drei im Verlaufe der achtziger Jahre realisierte, keineswegs alltägliche<br />

Projekte aus der vielfältigen internationalen Arbeit des Museums wenigstens genannt:<br />

einmal die Mitwirkung am Aufbau des im Mai 1985 in Krasnogorsk bei Moskau eröffneten<br />

Museums der deutschen Antifaschisten, zum zweiten die in mehreren arabischen und<br />

afrikanischen Staaten zum Einsatz gelangte Wanderausstellung über die Nationale<br />

Volksarmee sowie drittens das als Geschenk der NVA für die Technische Unteroffiziersschule<br />

der Vietnamesischen Volksarmee „Wilhelm Pieck“ geschaffene und in Ho-chi-<br />

Minh-Stadt aufgebaute Traditionskabinett.<br />

Vom Armeemuseum der DDR zum Militärhistorischen Museum <strong>Dr</strong>esden<br />

Die in den Oktobertagen des Jahres 1989 beginnenden und zum Anschluß der „fünf<br />

neuen Bundesländer“ an die BRD führenden dramatischen Ereignisse haben um das<br />

Armeemuseum der DDR durchaus keinen Bogen gemacht. Einige Wochen geriet es in<br />

gefährliche Turbulenzen. Heraufziehende drohende Gefahren erwuchsen der Einrichtung<br />

allerdings nicht von außen, denn weder in <strong>Dr</strong>esden, noch republikweit gab es kritische<br />

Stimmen hinsichtlich der Existenz oder der Arbeit des Armeemuseums der DDR. Die Krise<br />

hatte innere Ursachen. Am 8. November 1989, unmittelbar nach dem Rücktritt der Stoph-<br />

Regierung, forderten in einer stürmisch verlaufenen Dienstversammlung einige Mitarbeiter


- ob aus eigenem Willen oder ferngesteuert sei dahin gestellt - lauthals und geradezu<br />

ultimativ das sofortige Ausscheiden „stalinistischer Offiziere“, den Wechsel des Museums<br />

aus militärischer in zivile Zuständigkeit und seine Umwandlung in ein Anti-Kriegsmuseum,<br />

„auf dessen Freitreppe öffentlich Waffen und militärisches Spielzeug zerschlagen“ werden<br />

sollten. Die Masse der uniformierten wie der zivilen Mitarbeiter verhielt sich anfangs abwartend<br />

reserviert. Sollte es zu keinem Machtvakuum mit unabschätzbaren Folgen insbesondere<br />

für die Sicherheit und Unversehrtheit der im Fundus aufbewahrten, teilweise<br />

unwiederbringlichen oder besonders wertvollen Exponate kommen, mußte unverzüglich<br />

gehandelt werden.<br />

Noch im November 1989 wurde auf dienstlicher Ebene eine aus selbstbestimmten Vertretern<br />

sämtlicher Bereiche, Abteilungen, Unterabteilungen und Arbeitsgebiete bestehende<br />

Kommission gebildet. Ihre Aufgabe lautete, Gedanken und Vorschläge zu den Komplexen<br />

Zustandsanalyse, Status, gesellschaftlicher Auftrag und künftige Hauptaufgaben des<br />

Museums sowie zu Fragen der Organisation, Ökonomie und Sicherheit zusammenzutragen<br />

und abzuwägen. Zur gedanklichen Orientierung dienten einige Thesen mit dem<br />

richtungweisenden Titel „Das Armeemuseum der DDR im Aufbruch und im Zeichen der<br />

Militärreform.“ Die Begriffe „Umbruch“ oder „Wende“ wurden bewußt nicht gebraucht.<br />

Unter der Federführung der Stellvertreter des Direktors und bei konstruktiver Mitarbeit<br />

nahezu aller demokratisch gewählten Kommissionsmitglieder entstand in wenigen<br />

Wochen ein Grundsatzdokument, das sich als wohldurchdachte und belastbare Basis<br />

militärhistorisch-museumswissenschaftlicher wie organisatorisch-technischer Arbeit weit<br />

über den Augenblick hinaus bewähren sollte. (34) Im Unterschied zu vielen Betrieben,<br />

Institutionen und Einrichtungen bewahrte sich damit das Museum das für seine ungefährdete<br />

Existenz, den Erhalt seiner Bestände, die Beschäftigung seiner Mitarbeiter und<br />

eine zielgerichtete, auf die Erfordernisse der außergewöhnlichen Zeit abgestimmte<br />

Tätigkeit unverzichtbare Fundament. Seine Tragfähigkeit erwies sich sehr schnell. Im April<br />

1990 sollte eine Streikdrohung dem Mißtrauensvotum gegen uniformierte Vorgesetzte,<br />

hinter dem sich Opposition gegen den eingeschlagenen Kurs verbarg, besonderen Nachdruck<br />

verleihen. Unter Verweis auf das demokratisch erarbeitete, von der am Erhalt des<br />

Museums ernsthaft interessierten Mehrheit der uniformierten wie zivilen Mitarbeiter<br />

verinnerlichte Grundsatzdokument sowie mit der Ankündigung, weitere Störungen des<br />

Betriebsklimas würden fristlose Entlassung bewirken, kehrte endgültig Ruhe ein. Sie war<br />

dringend erforderlich, denn der nach dem Wegfall des Politstellvertreters und dem<br />

Ausscheiden des in den Ruhestand getretenen Direktors veränderten Museumsleitung<br />

verschaffte sie jenen Spielraum, den sie für ein erfolgreiches Agieren dringend benötigte.<br />

Inzwischen hatte sich auch das mit der Auflösung der Politischen Hauptverwaltung<br />

entstandene Vakuum geschlossen. Wir hatten es ohne die gewohnten „Direktiven“ von<br />

oben“ durch selbständiges Handeln nach bestem Wissen und Gewissen überbrückt.<br />

Nunmehr erhielt die neue Leitung in erfreulich unbürokratischer und verständnisvoller<br />

Weise wieder Rückendeckung durch Mitarbeiter des Bereiches Staatsbürgerliche Arbeit,<br />

die als Verbindungsoffiziere zum nunmehrigen Ministeriums für Abrüstung und Verteidigung<br />

wirkten.<br />

Am 1. März 1990 wechselte das Museum seinen Namen. Aus dem Armeemuseum der<br />

DDR wurde - wie bereits 1972 vorgeschlagen - das Militärhistorische Museum. Zwei Ausstellungsprojekte<br />

machten unmißverständlich erkennbar, daß sich kein bloßer Etikettenwechsel<br />

vollzogen hatte. Schon am 11. Mai 1990 konnte in <strong>Dr</strong>esden die Sonderausstellung<br />

„Zeugen sächsischer Militärgeschichte“ eröffnet werden. Mit dieser Exposition<br />

übernahm das Museum erneut eine Vorreiterrolle. Erstmals nach 1945 kündeten historische<br />

Sachzeugen wieder über Sachsens militärische Vergangenheit vom Aufkommen<br />

des stehenden Heeres zur Zeit des Kurfürsten Johann Georg III. um 1580 bis zur Abdankung<br />

des Hauses Wettin im November 1918. (35) Die aus allen Bestandsgruppen stammenden<br />

und durch exquisite Leihgaben aus dem Staatsarchiv <strong>Dr</strong>esden sowie den<br />

Staatlichen Kunstsammlungen ergänzten Exponate deuteten den widersprüchlichen


Verlauf der sächsischen Militärgeschichte zumindest an und konnten zum Wiederfinden<br />

sächsischer Identität beitragen. Als Baustein zu kleinstaatlicher Volkstümelei Biedenkopfscher<br />

Prägung war die Ausstellung weder gedacht noch geeignet. (36)<br />

Am 28. Juli 1990 wurde plangerecht die neugestaltete ständige Ausstellung im Neuen<br />

Zeughaus der Festung Königstein eröffnet. Unter dem Titel „Festungsbau und Festungskrieg<br />

1789 - 1945“ ersetzte sie die 1965 erarbeitete und danach nur geringfügig ergänzte<br />

Exposition „Vom Steinschloßgewehr zur Kampfrakete“. Geladene Gäste wie zufällige<br />

Festungsbesucher erlebten ein Ereignis besonderer Art. Als offizielle Vertreter der Bundeswehr<br />

nahmen in voller Uniform Brigadegeneral <strong>Dr</strong>. Roth, Chef des Militärgeschichtlichen<br />

Forschungsamtes in Freiburg, sowie <strong>Oberst</strong>leutnant Böhm, damals Leiter des<br />

Wehrgeschichtlichen Museums in Rastatt, an jenem Akt teil. Beide waren von Aussage<br />

und Qualität der Ausstellung ebenso beeindruckt wie bereits zuvor von unserem Haus in<br />

<strong>Dr</strong>esden. Es zeugt von der wissenschaftlichen wie politischen Solidität der Arbeit des<br />

Armeemuseums der DDR, daß es seitdem keinerlei ernsthafte Kritik an der 1987 für den<br />

Königstein konzipierten, 1988/89, also erhebliche Zeit vor der „Wende“, erarbeiteten, 1990<br />

produzierten und aufgebauten Exposition gegeben hat. (37)<br />

Dem Besuch von Brigadegeneral <strong>Dr</strong>. Roth, den erst der Verzicht auf die Kontaktsperre für<br />

alle Bundeswehrangehörigen gegenüber der DDR und der NVA ermöglichte, waren seit<br />

Anfang März zunehmende Kontakte anfangs zu zivilen, später zu militärischen Persönlichkeiten<br />

und Einrichtungen der BRD vorausgegangen. Besonderes Gewicht erlangte<br />

dabei eine Zusammenkunft mit Herrn Regierungsrat <strong>Dr</strong>. Arnold Wirtgen und seiner<br />

Begleitung am 9. April 1990. Nach der Besichtigung der Exposition und der Magazine des<br />

Militärhistorischen Museums kam es zu einer fruchtbaren Diskussion über die künftige<br />

deutsche Museumslandschaft. Für <strong>Dr</strong>. Arnold Wirtgen, den Schöpfer der Wehrtechnischen<br />

Studiensammlung des Bundesamtes für Wehrtechnik und Beschaffung in<br />

Koblenz, zugleich Präsident der Deutschen Gesellschaft für Heereskunde, gab es nicht<br />

den geringsten Zweifel an der weiteren Existenzberechtigung des Militärhistorischen<br />

Museums in <strong>Dr</strong>esden. (38) <strong>Dr</strong>ei an jenem Tage getroffene, später exakt realisierte Festlegungen<br />

unterstrichen jenen Standpunkt. Zum ersten: Leitende Mitarbeiter des Militärhistorischen<br />

Museums wurden zu einem Gegenbesuch nach Koblenz eingeladen. Er<br />

erfolgte im Juli 1990 und diente dem Abschluß einer Vereinbarung über die künftige<br />

Zusammenarbeit beider Einrichtungen. Zum zweiten: Die eigentlich als besonderer<br />

Beitrag des Armeemuseums der DDR zu Ehren des 40. Jahrestages der DDR gestaltete<br />

und am 18. Mai 1989 eröffnete Sonderausstellung „Militärhistorische Hieb- und Stichwaffen<br />

aus drei Jahrhunderten“ wird unverändert einschließlich der Wilhelm Pieck und<br />

Erich Honecker gewidmeten Ehrensäbel ab Oktober 1990 in der Wehrtechnischen<br />

Studiensammlung Koblenz gezeigt. (39) Zum dritten: Gemeinsam mit der Militaria-<br />

Sammlung des Museums für Deutsche Geschichte, der Wehrtechnischen Studiensammlung<br />

Koblenz und dem Wehrgeschichtlichen Museum Rastatt gestaltet das Militärhistorische<br />

Museum <strong>Dr</strong>esden eine Sonderausstellung mit dem Thema „Das Zündnadelgewehr.<br />

Eine militärtechnische Revolution im 19. Jahrhundert.“ (40)<br />

Die damaligen Leiter des Wehrgeschichtlichen Museums in Rastatt, <strong>Oberst</strong>leutnant<br />

Böhm, des Luftwaffenmuseums in Uetersen, <strong>Oberst</strong>leutnant Rogge, oder des Panzermuseums<br />

in Munster <strong>Oberst</strong>leutnant Grundies, die wir bei wechselseitigen Besuchen<br />

kennen gelernt hatten, sahen das differenzierter. Das ist verständlich, mußten sie doch in<br />

unserer Einrichtung primär einen möglichen Konkurrenten sehen. Angesichts der unübersehbaren<br />

Aufmerksamkeit, die das Armeemuseum der DDR im Unterschied zu den<br />

Militärmuseen der BRD seit dem Tage der Eröffnung durch die politische und die<br />

militärische Führung erfahren hat, konnten sie eine Spur von Neid nicht verhehlen.<br />

Ängstlichkeit verbreiteten sie bei uns nicht, verfügte das Militärhistorische Museum mit<br />

seinem Fundus, seinem Bemühen um die museumsgerechte Würdigung der Militärgeschichte<br />

der DDR und - wie wir erst später begriffen - seiner dem Bund als vormaliges


Wehrmachtseigentum kostenlos zufallenden Liegenschaft über mehrere Trümpfe. Als<br />

zusätzlich sehr hilfreich erwies sich die dank der Zugehörigkeit zur Internationalen Vereinigung<br />

der militärgeschichtlichen und Waffenmuseen (IAMAM) gegebene internationale<br />

Einbettung des Armeemuseums der DDR auch über die Grenzen des sozialistischen<br />

Staatenbündnisses hinaus und sein daraus resultierender Bekanntheitsgrad. Sie<br />

erleichterte persönliche und Arbeitskontakte nicht nur zu den Militärmuseen der BRD. Das<br />

sicherte dem Museum sogar eine gewisse Sonderstellung. In der von den Ministern<br />

Stoltenberg und Eppelmann gemeinsam unterzeichneten und am 1. Juli 1990 in Kraft<br />

getretenen „Rahmenrichtlinie über dienstliche und außerdienstliche Kontakte zwischen<br />

Soldaten der Bundeswehr und Angehörigen der Nationalen Volksarmee“ wurden unsere<br />

bereits vorher angeknüpften Beziehungen zu Einrichtungen der Bundeswehr ausdrücklich<br />

sanktioniert. (41)<br />

Wenig beeindruckt von den Kursänderungen, die sich auf militärpolitischem Gebiet seit<br />

dem Frühjahr 1990 vollzogen haben, stellte sich das Museum zielgerichtet auf eine<br />

Zukunft nach dem Ende der DDR ein. Im engen Zusammenwirken mit verantwortlichen<br />

Offizieren des Ministeriums wurden wichtige Voraussetzungen für das Sichern, Übernehmen<br />

und Aufbewahren des materiellen Erbes der NVA, ihres Traditionsgutes, ihrer<br />

Truppenfahnen, ihrer Werke der bildenden Kunst sowie der Belegstücke ihrer Bewaffnung<br />

und Ausrüstung vom Kochgeschirr bis zur operativ-taktischen Rakete geschaffen. Ohne<br />

große Illusionen wurden die Mitarbeiter auf die bevorstehenden komplizierten Aufgaben<br />

vorbereitet. Im Vordergrund stand das Bemühen, sie trotz vieler Unsicherheiten<br />

optimistisch zu motivieren. Das fiel nicht allzu schwer, denn in jenen Wochen besuchte<br />

eine zunehmende Zahl unterschiedlichster BRD-Bürger das Militärhistorische Museum,<br />

galt es doch Vielen als eine besondere Sehenswürdigkeit der Elbestadt. Zu den prominentesten<br />

Gästen zählte in jenen politisch bewegten Tagen zweifellos Herr Peter Tamm,<br />

der Schöpfer des Deutschen Instituts und Museums für Marinegeschichte in Hamburg.<br />

Deren Urteil war durchweg positiv. Zugleich bewegte Manchen die Sorge, die Einrichtung<br />

könne von der Gefahr des Abwickelns bedroht sein. Eindeutig belegt das ein vom 27.<br />

August 1990 datiertes Schreiben des Herrn Univ.-Prof. <strong>Dr</strong>.-Ing. Peter Zimmermann von<br />

der Fakultät für Luft- und Raumfahrt der Universität der Bundeswehr in München, in dem<br />

es heißt: „Ich würde mich freuen, wenn das Museum im wesentlichen erhalten bleibt. In<br />

einem Brief an den zuständigen Referatsleiter im Bundesministerium für Verteidigung (Fü<br />

S I 8), Herrn <strong>Dr</strong>. Jürgen Bertram, habe ich das Meine dazu beigetragen“ (42)<br />

Am 26. September 1990 verabschiedete der vorab als neuer Direktor bestätigte <strong>Oberst</strong>leutnant<br />

<strong>Dr</strong>. <strong>Manfred</strong> Kunz die 55 Jahre alten und älteren Stabsoffiziere des Militärhistorischen<br />

Museums in einer würdigen Dienstversammlung. Sie hatten ihre letzte Aufgabe<br />

erfüllt: das Museum sicher durch die Turbulenzen der „Wende- und Nachwendezeit“ zu<br />

führen, die Sammlungsbestände vor jeglichem Schaden zu bewahren, die Arbeitsplätze<br />

der Masse der Mitarbeiter dauerhaft zu sichern und eine intakte Einrichtung möglichst<br />

reibungslos in die gesamtdeutsche Museumslandschaft einzupassen. Fast wäre unser<br />

Anliegen mißlungen, denn ursprünglich hätte die Führung der Bundeswehr ein „Zentralmuseum<br />

der deutschen Wehrgeschichte“ lieber am Standort Berlin gesehen. Nach einer<br />

Fü S I 8-Konzeption vom 28. 08. 1990 sollte das in der Hauptstadt erst zu schaffende<br />

Museum das Gesamtbild, die beiden Museen in Rastatt und <strong>Dr</strong>esden vorrangig die jeweiligen<br />

Landesschwerpunkte, Rastatt zusätzlich die Bundeswehr und <strong>Dr</strong>esden die ehemalige<br />

NVA präsentieren. Wörtlich heißt es in jener, auf Weisung des Generalinspektors der<br />

Bundeswehr vom Oktober 1990 im Bundeswehrkommando Ost angefertigten Studie zum<br />

Militärhistorischen Museum <strong>Dr</strong>esden: „Laufende Ausstellung und Fundus des Museums<br />

(mit 620 000 Exponaten, davon über 100 000 von besonderem qualitativem Wert, die<br />

größte Sammlung im deutschsprachigen Raum) ... Das MHM <strong>Dr</strong>esden war unabhängig<br />

von der ideologischen Ausrichtung aufgrund des qualitativen Wertes der Exponate<br />

international bekannt. ... Aufgrund des enormen Fundus, der langen Tradition, des guten<br />

baulichen Zustandes und der günstigen Lage in <strong>Dr</strong>esden sollte dieses Museum unbedingt


der Bundeswehr erhalten bleiben und nicht an das Land Sachsen abgetreten werden.<br />

Eine solche Entscheidung sollte zumindest so lange zurückgehalten werden, bis Konzeption,<br />

Genehmigung und Haushaltsmittel für ein Berliner Zentralmuseum für deutsche<br />

Wehrgeschichte gewährleistet sind.“ (43).<br />

Der persönliche Besuch des Bundesministers der Verteidigung, des Historikers <strong>Dr</strong>.<br />

Gerhard Stoltenberg, am 7. März 1991 in <strong>Dr</strong>esden stellte die Weichen. Nach dem Rundgang<br />

durch die Ausstellung und der Besichtigung der Magazine entschied der Minister,<br />

das Museum und die Außenstelle auf der Festung Königstein in die Bundeswehr zu<br />

übernehmen. Die Unsicherheit über seine künftige Entwicklung war allerdings erst 1994<br />

mit der offiziellen Erklärung zum „Leitmuseum im Museums- und Sammlungsverbund der<br />

Bundeswehr“ endgültig beseitigt.(44)<br />

<strong>Dr</strong>eißig Jahre liegt inzwischen jener 24. März 1972 zurück, an dem mit einem feierlichen<br />

Akt in der vormaligen <strong>Dr</strong>esdener Stadthalle von Armeegeneral Heinz Hoffmann das<br />

Armeemuseum der DDR eröffnet worden ist. Zu den bleibenden Leistungen, die im<br />

Ergebnis des Könnens, der Kreativität, des Fleißes und der Einsatzbereitschaft von ihrem<br />

Auftrag überzeugter Arbeitskollektive erzielt worden sind, gehört zweifellos das Entstehen<br />

und das Wachsen des anderen deutschen Militärmuseums. Ohne das Armeemuseum der<br />

DDR und seinen Vorläufer gäbe es heute in der Bundesrepublik Deutschland schwerlich<br />

ein für die deutsche Militärgeschichte insgesamt wie speziell für die zweite Hälfte des 20.<br />

Jahrhunderts repräsentatives zentrales Militärhistorisches Museum.<br />

Das ist eine unbequeme Tatsache. Noch läßt sie sich nicht ganz verleugnen. Eine derartige<br />

Tendenz zeichnet sich allerdings unverkennbar ab. Nicht zuletzt der Versuch, die<br />

Tradition der nunmehr zur Bundeswehr gehörenden Einrichtung aus ihrem Unterbringungort,<br />

dem ursprünglichen Hauptgebäude des Kgl. Sächs. Arsenals, abzuleiten, läßt<br />

darauf schließen, daß man die in den Jahren zwischen 1957 und 1971 liegenden eigentlichen<br />

Wurzeln am liebsten vergessen machen und die Periode von 1972 bis 1990 als<br />

doktriniert disqualifizieren möchte. In Wirklichkeit lag es mehr oder weniger an Zufällen,<br />

daß 1971/72 das Potsdamer Museum nach <strong>Dr</strong>esden verlegt und dabei ein Teil seiner<br />

Altbestände dorthin zurückgekehrt oder das Museum nach 1990 nicht an das Land<br />

Sachsen abgetreten worden ist.<br />

Anmerkungen<br />

1. T. E Scheerer.: Das Militärhistorische Museum der Bundeswehr in <strong>Dr</strong>esden 1 -<br />

Ausstellungen 1990 - 2000, <strong>Dr</strong>esden 2000, S 5.<br />

2. Siehe Prof. <strong>Dr</strong>. G. R Mayer: Trophäen-Museum im alten Babylon. In: Protokoll der<br />

Internationalen Wissenschaftlichen Konferenz „Museale Darstellung der<br />

Militärgeschichte“ vom 28. - 30. Januar 1976 (unveröffentl.) <strong>Dr</strong>esden 1976. S. 32 ff.<br />

3. A. v Reitzenstein: Das ehemalige Bayerische Armeemuseum. In: Deutscher<br />

Soldatenkalender 1958, München-Lochhausen 1958, S. 90.<br />

4. M. <strong>Lachmann</strong>: Zur Geschichte und zum Charakter der imperialistischen deutschen<br />

Armeemuseen. In: Zeitschrift für Militärgeschichte, 5. Jg./Heft 6, Berlin 1966, S. 695 ff.<br />

5.Siehe Stichwort Heeresmuseen. In: H. Franke: Handbuch der neuzeitlichen Wehrwissenschaften,<br />

Zweiter Band, Berlin und Leipzig 1937, S. 271 ff.<br />

6. M. <strong>Lachmann</strong>: wie Anm. 4, S 700.<br />

7. A. Friedel: Militärgeschichtliche Sammlungen zeitgemäß ? In: Wehrwissenschaftliche<br />

Rundschau, 12. Jg., Darmstadt / Berlin / Frankfurt 1962, S. 211<br />

8. Siehe Das Luftwaffenmuseum in Uetersen. In: Deutscher Soldatenkalender 1961, S.<br />

145.


9. Siehe Anordnung Nr. 44/57 des Ministers für Nationale Verteidigung vom 26. 06. 1957.<br />

In: Bundesarchiv/Militätarchiv (BA-MA), VA-01/2006, Bl. 11 ff.<br />

10. Deren Umwandlung zur Politischen Hauptverwaltung erfolgte erst am 1. Oktober<br />

1961;<br />

11. Die Exponate jener Wanderausstellung dienten als Grundstock beim Aufbau der in<br />

den siebziger Jahren als nichtöffentliche Einrichtung in Berlin geschaffenen<br />

Traditionsstätte des Ministeriums des Innern der DDR.<br />

12. Sie M. Kunz: Armeemuseum der DDR. In: 100 Jahre Museum im <strong>Dr</strong>esdner Arsenal<br />

(1897 - 1997), <strong>Dr</strong>esden 1997, S 36.<br />

13. Generalmajor <strong>Dr</strong>. Otto Korfes war als Kommandeur der 295. Infanterie-Division bei<br />

Stalingrad in Gefangenschaft geraten und gehörte zu den insgesamt sechs<br />

Wehrmachtsgeneralen, die in der Anfangsperiode kurzfristig am Aufbau der DDR-<br />

Streitkräfte teilhatten. Wegen seiner aktiven antifaschistischen Tätigkeit im<br />

Nationalkomitee „Freies Deutschland“ war er in Abwesenheit zum Tode verurteilt. Das<br />

unterschied ihn von jenen aus einem Kreis von 83 Bewerbern reaktivierten 44<br />

Wehrmachtsgeneralen und Admiralen, die in der Regel bis zum Erreichen des<br />

Pensionsalters in der Bundeswehr weiterdienten. Siehe Militärgeschichte. Probleme -<br />

Thesen - Wege, Stuttgart 1982, S. 485 ff;<br />

14. Siehe BA-MA, VA - 01/200, Bl. 145 ff.<br />

15. Die Nationale Volksarmee hat sich an jenes Abkommen strikt gehalten. Am 3. Oktober<br />

1990 befand sich das leergeräumte Marmorpalais von innen wie außen im Prozeß einer<br />

grundlegenden Restaurierung.<br />

16. Sie M. <strong>Dr</strong>ews / M. Stoll: Soldaten der ersten Stunde, Berlin 1981. S. 7 ff. und E.<br />

Haberland: Der Pelerinenmann, Berlin 1981.<br />

17. Autorenkollektiv: Geschichte der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands - Abriß,<br />

Berlin 1978, S. 545.<br />

18. Der von einem Autorenkollektiv des Militärgeschichtlichen Instituts der DDR<br />

erarbeitete „Kurze Abriß der deutschen Militärgeschichte“ ist erst 1974 im Militärverlag<br />

der DDR erschienen.<br />

19. E.-O. Maetzke.: Militärgeschichte - präsentiert im anderen Deutschland. In:<br />

Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 8. April 1972.<br />

20. Siehe u.a. Autorenkollektiv: Zwanzig Jahre Armeemuseum der Deutschen<br />

Demokratischen Republik. 1961 – 1981, <strong>Dr</strong>esden, 1981; M. Kunz, / , B. Näser: Die<br />

Entwicklung des Armeemuseum der DDR zum zentralen militärischen Fachmuseum<br />

unter Beachtung seiner Rolle als Erziehungs- und Bildungsstätte eines marxistischleninistischen<br />

Geschichtsbildes und zur sozialistischen Wehrerziehung 1961 - 1981.<br />

Ungedr. Promotionsschrift A, Militärgeschichtliches Institut der DDR, Potsdam 1983;<br />

M. <strong>Lachmann</strong>: <strong>Dr</strong>eißig Jahre dargestellte Militärgeschichte auf dem Königstein. In:<br />

Offizielles Mitteilungsblatt des Sächsischen Festungsvereins Königstein e.V., <strong>Dr</strong>esden<br />

1996.<br />

21. Veröffentlicht im Anordnungs- und Mitteilungsblatt des Ministeriums für Nationale<br />

Verteidigung, Nr. 19/79, B/17, Strausberg 1979.<br />

22. Autorenkollektiv: Gemeinsam im Kosmos. Museale Zeugnisse zum ersten<br />

gemeinsamen Weltraumflug UdSSR - DDR im Armeemuseum der DDR - Katalog.<br />

<strong>Dr</strong>esden 1983.<br />

23. M. <strong>Lachmann</strong> / D. Nissel/ P. Richter/ R. Töpfer/ A. Turra.: eyn rohr aus eisern stangen<br />

- Zur Geschichte des Stabringgeschützes „Faule Magd“, <strong>Dr</strong>esden 1987.


24. H. Krause: Der Brandtaucher von Wilhelm Bauer. In: 100 Jahre Museum, wie Anm.<br />

12, S. 138 ff.<br />

25. W. Fleischer / S. Wetzig: Spurensuche. Das Aufspüren, Bergen und Bewahren von<br />

militärhistorischen Bodenfunden, Band 1, Wölfersheim-Berstadt 1997.<br />

26: Siehe u.a.: Autorenkollektiv: Soldaten des Volkes - Geschichte der Nationalen<br />

Volksarmee in Bildern, Berlin 1966; Autorenkollektiv: Getreu dem Fahneneid -<br />

Bilddokumente über die Nationale Volksarmee, Berlin 1981.<br />

27. Autorenkollektiv: Armee für Frieden und Sozialismus - Geschichte der Nationalen<br />

Volksarmee der DDR, Berlin 1985.<br />

28. M. <strong>Lachmann</strong>/ M. Kunz/ A. Turra: Das militärhistorische Erbe, seine Bewahrung,<br />

Pflege und Anwendung. Beilage 17 zur Zeitschrift „im klub“, Berlin 1986<br />

29. Katalog: Kunstausstellung zum 25. Jahrestag der Nationalen Volksarmee. Grafik -<br />

Malerei – Plastik, Berlin 1981.<br />

30. Siehe IV. Internationaler Kongreß der Vereinigung der Waffen- und<br />

militärgeschichtlichen Museen – Bericht, Moskau 1966.<br />

31 Siehe M. <strong>Lachmann</strong>: VII. Kongreß der Internationalen Vereinigung der<br />

militärgeschichtlichen und Waffenmuseen (vom 4. bis 14. Mai 1975) in Frankreich. In:<br />

„Militärgeschichte“, Heft 6/75, Berlin 1975, S. 729 ff.<br />

32. Protokoll der Internationalen Wissenschaftlichen Konferenz „Museale Darstellung der<br />

Militärgeschichte“, <strong>Dr</strong>esden 1976.<br />

33. Siehe u.a. M. <strong>Lachmann</strong>: VIII. Kongreß der Internationalen Vereinigung der<br />

militärhistorischen und Waffenmuseen vom 21. bis 30. Mai in Warschau und Krakau.<br />

In: Militärgeschichte, Heft 5/78, Berlin 1978, S. 615 ff.; J. Streubel: Die Restaurierung<br />

der „Faulen Magd“ - Beispiel für die Pflege des Kulturerbes der DDR<br />

(Diskussionsbeitrag auf dem IX. IAMAM-Kongreß in Washington) In: Zeitschrift für<br />

historische Waffen- und Kostümkunde, Heft 3/82, Graz 1982.<br />

34. Grundlagenkommission: Militärreform und Museum - Grundrichtungen der Arbeit des<br />

Militärhistorischen Museums <strong>Dr</strong>esden. Ungedr. Manuskript 1990.<br />

35. Die letzte umfassende Monographie zur sächsischen Militärgeschichte ist im letzten<br />

<strong>Dr</strong>ittel des 19. Jahrhunderts erschienen! Siehe O. Schuster / F.-A. Francke:<br />

Geschichte der Sächsischen Armee, Leipzig 1885;<br />

36. M. <strong>Lachmann</strong>: Zeugen sächsischer Militärgeschichte - Attraktive Ausstellung in<br />

Sachsens Hauptstadt. In: Zeitschrift für Heereskunde, Heft 350/351, Beckum 1990, S.<br />

125 ff.<br />

37. G. Thiede: Gebt der Festung, was der Festung ist ! - Zur Entstehungsgeschichte einer<br />

Ausstellung über Festungsbau und Festungskrieg auf dem Königstein. In: Offizielles<br />

Mitteilungsblatt des Sächsischen Festungsvereins e.V., Königstein 1996; S. 12 ff.<br />

38. A. Wirtgen: Neuordnung des militärgeschichtlichen Museumswesens im vereinten<br />

Deutschland. Probleme und Aspekte. In. WTS-Info - Mitteilungen des Vereins der<br />

Freunde und Förderer der Wehrtechnischen Studiensammlung Koblenz e.V., Heft 9,<br />

Koblenz 1990, S. 13 ff.<br />

39. Siehe u.a. K. Hilbert: Stichhaltig. Militärische Hieb- und Stichwaffen aus drei<br />

Jahrhunderten. Gastausstellung des Militärhistorischen Museums <strong>Dr</strong>esden in der<br />

Wehrtechnischen Studiensammlung Koblenz. In: Deutsches Waffenjournal, H.<br />

11/1990, S. 1682 ff. .Anschließend wurde die Exposition von März bis August 1991 im<br />

Wehrgeschichtlichen Museum Rastatt, danach von September 1991 bis April 1993 im<br />

Auto- und Technikmuseum Sinsheim gezeigt.


40. Am 04. 11. 1991 wurde diese von einem ausführlichen Katalog begleitete<br />

Gemeinschaftsausstellung in Koblenz eröffnet. Siehe R. Wirtgen.: Das<br />

Zündnadelgewehr. Eine militärtechnische Revolution im 19. Jahrhundert, Berlin 1991.<br />

41. Siehe Th. Hoffmann: Das letzte Kommando - Ein Minister erinnert sich, Berlin 1993,<br />

S. 256.<br />

42. Originalbrief im Besitz des Autors.<br />

43. G. v. Steinaecker (Brigadegeneral): Studie zum Thema: Nationale Volksarmee und<br />

Warschauer Pakt in der schriftlichen und gegenständlichen historischen Darstellung<br />

und ihre Bedeutung für die Traditionspflege der Bundeswehr. Ungedr. Manuskript,<br />

Strausberg 1990, S. 18 f..<br />

44. Siehe H.-J. Heibei: Die Übernahme des Museums durch die Bundeswehr. In: 10 Jahre<br />

<strong>Dr</strong>esdner Arsenal (1897 - 1997), <strong>Dr</strong>esden 1997.<br />

Der Autor gehörte dem Museum von September 1957 bis September 1990 als<br />

wissenschaftlicher Mitarbeiter, Unterabteilungsleiter, Abteilungsleiter und (seit 01. 02.<br />

1966) Stellvertreter des Direktors für Wissenschaftliche Arbeit an.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!