anzeiger des vereins thüringer ornithologen - Verein Thüringer ...
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Kabinet, welches ich in der Folge mehrmalen besucht. Es<br />
bestand aus circa 300 ausgestopften Vögeln, worunter<br />
viele Ausländer waren, z. B. der Vultur barbatus, (Bart<br />
Geyer) der Strix passerinus, eine Eulen-Art, nicht größer<br />
als ein Sperling, wie sein lineischer Nahme ausweist. Es<br />
ist der einzige der mir zu Ansichte [ge Jkommen ist; er<br />
soll aber äußerst selten in unseren Gegenden sich aufhalten.<br />
Hofr. Günther wurde seit dieser mit ihm gemachten<br />
Bekanntschaft einer meiner fleißigsten Korrespondenten,<br />
war sehr gefällig und dienstfertig gegen mich, besonders<br />
bei dem Einkauf <strong>des</strong> Kaltschmieds. Kabinets . ..<br />
Er hatte seine Kenntnisse der Natur-Kunde, und schön<br />
darinnen einschlagende Bücher: bei dem arrangement<br />
meines Kabinets habe ich mich seiner bedient, und unsere<br />
Correspondenz hat gedauert bis an seinen Todt« (FRlED<br />
RICH CARl 1790; Briefe von 1771-1774 in 177 Seiten im<br />
Archiv Naturhist. Museum Rudolstadt).<br />
Wie aus diesen Schilderungen hervorgeht, insbesondere<br />
mit der überhaupt ersten Nachricht vom<br />
Vorkommen <strong>des</strong> Sperlingskauz Glaucidium glaucidium<br />
in Thüringen (vgl. MEY 1992), wäre eine<br />
genauere Kenntnis über Bestand und Herkunft<br />
der ornithologischen Sammlung GÜNTHERS für die<br />
thüringische Avifaunistik von Gewinn. Über das<br />
weitere Schicksal der GÜNTHERschen Vogelsammlung<br />
teilt uns SCHRÖTER (1779: 489 f.) mit (worauf<br />
BAEGE 1964 kurz eingeht): »Das Kabinet <strong>des</strong> verstorbenen<br />
Herrn Hofrath Günthers zu Cahla ist<br />
nun mehren teils verkauft. Die ansehnliche Insecten<br />
und Papilionsammlung macht jetzt einen Theil<br />
der großen Walchischen Sammlung zu Jena aus.<br />
Die zahlreiche Sammlung ausgestopfter Vögel,<br />
unter denen die thüringischen Vögel vollständig<br />
sind, hat der Herr Professor Goldhagen zu Halle<br />
käuflich an sich gebracht. Noch ist eine schöne<br />
Sammlung inn- und ausländischer Amphibien übrig,<br />
die in Spiritus aufbehalten werden, sehr gut<br />
erhalten sind, und die man einen Liebhaber um<br />
einen recht billigen Kaufpreis überlassen wird. Man<br />
kann sich <strong>des</strong>halb an die Frau Hofrath Güntherin<br />
in Jena wenden.«<br />
In Halle an der Saale scheinen sich aber alle weiteren<br />
Spuren über GÜNTHERs Vogelsammlung verloren<br />
zu haben. Johann Friedrich Gottlieb GOLDHA<br />
GEN (1742- 1788), erster 1769 berufener Ordinarius<br />
für Naturgeschichte an der Friedrichs-Universität<br />
Halle, hatte sie zum Aufbau einer zoologischen<br />
Sammlung erworben. Von den Vogelbälgen dieser<br />
Sammlung ist aber kein Exemplar nachweislich<br />
erhalten geblieben (Dr. D. HEIDECKE und Prof.<br />
DR. R. PIECHOCKI, mdl.). Wohin GÜNTHERS Eier- und<br />
Nesterkollektion gelangte (wenn sie nicht auch<br />
GOLDHAGEN erwarb?), wissen wir dagegen gar<br />
nicht. Ob auch all die dazugehörigen Kataloge<br />
verlorengegangen sind, wie es den Anschein hat,<br />
steht dahin. Wir sollten es nicht von vornherein<br />
annehmen.<br />
Anz. Ver. Thüring. Ornithol. 3 (1999) 253<br />
F. Ch. GÜNTHER war einer der nachweislich frühen<br />
Faunisten Thüringens. Das Wenigste, was er<br />
in seinen Sammlungen an thüringischen Belegen<br />
(nicht nur an Vögeln!) offenbar in großer Vollständigkeit<br />
und gut dokumentiert vorzuweisen hatte,<br />
ist bekannt, manchmal auch wieder in Vergessenheit<br />
geraten oder in diese gar gedrängt worden.<br />
So ist es mit der Nachricht vom Vorkommen der<br />
Weißkopf-Ruderente Oxyura leucocephala in<br />
Thüringen geschehen, die zuerst in DIETzscH et. al.<br />
(1772) wie folgt erscheint und auf Tafel XXXVIII<br />
dieses seltenen Werkes mit einem kolorierten Kupferstich<br />
von A. L. WIRSING nach einer Zeichnungsvorlage<br />
von F. Ch. GÜNTHER illustriert ist: »Diese<br />
Sorte ist nicht allein von Herrn Scopoli in Kärnten,<br />
sondern auch von Herrn Günther in Thüringischen<br />
Flüßen [gemeint ist zumin<strong>des</strong>t die Saale],<br />
wahrgenommen worden. In der letztem Gegend<br />
scheinet sie nicht einheimisch, sondern durch die<br />
Härte <strong>des</strong> Winters getrieben worden zu seyn.«<br />
Darauf bezieht sich BEcHsTEIN (1793 : 787), wie<br />
SCHALOW (1908: 195) deutlich macht. Dennoch findet<br />
man darüber bei GLUTZ v. BLOTZHEIM (1969),<br />
HILDEBRANDT & SEMMLER (1978) und folglich<br />
KNORRE et. al. (1986) keine Notiz. Grund für diese<br />
m. E. völlig ungerechtfertigte Ignoranz der GÜN<br />
THERschen Angabe hat HILDEBRANDT (1923) gegeben.<br />
Er hält <strong>des</strong>sen Weißkopf-Ruderenten<br />
Beobachtung(en) im Kontext mit anderen Mitteilungen<br />
aus Deutschland für nicht einwandfrei<br />
belegt . .. ein Urteil, mit dem HILDEBRANDT einmal<br />
mehr über das Ziel hinausgeschossen ist (vgl.<br />
MEY 1992). Überdies gelang der vielleicht erste<br />
Nachweis einer Weißkpof-Ruderente in Deutschland<br />
und 135 Jahre vor ihrer Erstbeschreibung<br />
durch J. A. SCOPOLI in Thüringen, nämlich im Jahre<br />
1634 bei Heldburg (vgl. Titelblatt und Text auf<br />
3. Umschlagseite der Rudolstädter nat.hist. Schr.<br />
8, 1997).<br />
Als Quintessenz aus all dem Vorstehenden<br />
kann man feststellen, daß die Suche nach avifaunistisch<br />
relevanten Zeugnissen der Vergangenheit<br />
in Thüringen bisher nicht erschöpfend und<br />
nicht differenzierend genug betrieben worden ist.<br />
Dokumentierte Inventare von Naturalienkabinetten<br />
<strong>des</strong> 18. und 19. Jahrhunderts (von denen es<br />
wenigstens 20 im Thüringischen gab) bieten eine<br />
dafür nützliche Quelle, wenngleich man dabei<br />
genau datierte Nachweise selten erwarten darf.<br />
Ein Beispiel dafür liefert auch das Naturalienund<br />
Kunstkabinett <strong>des</strong> Herzogs zu Weimar. Bei<br />
SCHRÖTER (1779 b: 500), der darüber die Aufsicht<br />
hatte, heißt es: »Die Sammlung ausgestopfter<br />
Vögel in ohngefehr 140. Glaskasten, und einem<br />
Schranke kann sich leicht auf 200. einzelne Stük-