256 M. Argeloo: Zentral- und Ostindonesien: das Zentrum endemischer Vogelarten der Erde setzung zwischen dem Westen einerseits und dem Osten andererseits <strong>des</strong> heutigen Indonesiens bestehen, die er als Ausdruck einer tiergeographischen Trennungslinie erkannte. Diese gedachte Linie ist heute bekannt als Wallace-Linie. Sie verläuft zwischen Kalimantan und Sulawesi, Bali und Lombok (Abb. 1). Das Vogelartenspektrum verändert sich zunehmend, wenn man sich von Westen aus der Orientalischen Faunenregion über die Wallace-Linie nach Osten in die Australische Faunenregion (oder umgekehrt) bewegt. Fasane und Hühner (Phasianidae) sind östlich dieser Linie kaum vertreten, während westlich davon auf Kalimantan 10 Arten vorkommen. Sumatra und Kalimantan besiedeln etwa 20 Spechtarten (Piciformes); unmittelbar östlich der Wallace-Linie, auf Sulawesi, findet man maximal gerade einmal zwei (endemische), Temminckspecht Dendrocopos temminckii und Celebesspecht Mulleripicus fu lvus. Am weitestens nach Osten (bis Alor, Kleine Sunda-Inseln) ist von den Spechten einzig und allein der Braunscheitelspecht Dendrocopos moluccensis vorgestoßen. Sulawesi, die Molukken und die Kleinen Sunda Inseln (Nusa Tenggara) bilden das tiergeographische Übergangsgebiet zwischen Orientalischer und Australischer Faunenregion, die Wallacea. Irian Jaya, östlichste Provinz Indonesiens und Westteil Neuguineas, beherbergt unter den Vögeln fast ausschließlich nur solche australischen Ursprungs (JEPSON & OUNSTED 1997). Diese Region ist besonders bekannt wegen <strong>des</strong> Vorkommens von 42 Paradiesvogel-Arten (FRITH & BEEHLER 1998). In der Wallacea, auf den Nord-Molukken, lebt nur eine endemische Spezies, der Bänderparadiesvogel Semioptera wallacei, von dieser prachtvollen Singvogelgruppe. Eine genauere Betrachtung endemischen Vorkommens indonesischer Vögel zeigt, daß es besonders östlich der Wall ace-Linie ausgeprägt ist. Nach ANDREw (1992) sind nur 3,3 % der Vogelarten Sumatras, 0,2 % der Kalimantans und 5,8 % der Javas endemisch. Dagegen ist dieser Endemismus in den vier östlichen Faunensubregionen viel höher. Er beträgt für Sulawesi 25,3 %, für die Molukken 18,9 %, für die Kleinen Sundainseln 18,1 % und für Irian Jaya 6,0 %. Diese besondere Häufung endemischer Arten gründet sich auf drei Hauptfaktoren: die Plattentektonik, klimatische Wechsel und relativ langes isoliertes Inseldasein, die alle im Zusammenhang zur Erhaltung alter und Entstehung neuer Arten beigetragen haben. Vor allem die Platten tektonik führte zu einer bunten Durchmischung <strong>des</strong> Artenspektrums im Osten Indonesiens. Sie wurde ein- geleitet mit dem Auseinanderbrechen <strong>des</strong> Südkontinents, Gondwana, vor etwa 140 Mill. Jahren. Nach der Kollission <strong>des</strong> »Gondwana-Bruchstücks Australien-Neuguinea« mit dem Nordkontinent, Laurasia, bei Sulawesi vor ca. 15 Mill. Jahren erfolgte ein Austausch von Faunenelementen orientalischer und australischer Herkunft. Radikale Klimawechsel verursachten Meeresspiegelabsenkungen und schufen damit zeitweilig Landbrücken zwischen den Kontinentalblöcken. Sich daraus ergebende Veränderungen, zum Beispiel in der Verfügbarkeit von Nahrungsquellen, wirkten als Triebkräfte bei der Artenbildung. Ganz entscheidend für die Speziation war aber die geographische Isolation von Teilen bestimmter Populationen, die sich nach langer Zeit <strong>des</strong> Getrenntseins, z. B. in Stimme und Brutbiologie, deutlich voneinander unterschieden. In der Sulawesi-Subregion leben 16 endemische Gattungen (s. Abb. 3), davon einige, über deren systematische Zugehörigkeit noch nicht das letzte Wort gesprochen worden ist. Zu diesen »Rätselvögeln« gehören Cryptophaps, Malia, Geomalia, Eno<strong>des</strong> und Myza (COATES et al. 1997). Obwohl diese meist monotypischen Gattungen eine Verwandtschaft mit Tauben, Timalien, Staren bzw. Honigfressern erkennen lassen, gibt es noch gar keine Klarheit, ob sie asiatischen, polynesischen oder australischen Ursprungs sind. Der größte Teil dieser Endemiten lebt in den montanen Regenwäldern Sulawesis. Die Vogelwelt der Molukken-Subregion (vgl. Abb. 1 und 2) zeigt einige merkwürdige Verbreitungsmuster. Einige Arten Papageien, Drosseln und Fliegenschnäpper kommen auf bestimmten Inseln vor, während sie auf einigen unmittelbar benachbarten, d. h. oft nicht einmal 100 km von einander entfernt liegenden, fehlen. So lebt der Madapapagei Prioniturus mada auf Buru, fehlt aber auf Seram. Das Gegenteil ist vom Azurschnäpper Eumyias panayensis bekannt. Er fehlt auf Buru, ist aber auf Seram und Obi heimisch. Molukkendrossel Zoothera dumas i und Südseedrossel Turdus poliocephalus werden auf den Süd-Molukken, Buru und Seram, angetroffen, auf den Nord-Molukken (Obi, Hairnahera) findet man sie dagegen gar nicht (COATES et al. 1997). Die relativ wenigen endemischen Arten von Irian Jaya allein können nicht ohne weiteres in diese Betrachtung einbezogen werden. Hierfür ist allein sinnvoll, ganz Neuguinea und benachbarte Inseln als eine Faunensubregion zu betrachten. In dieser kommen etwa ebenso viele Endemiten vor, wie in der viel kleineren Subregion der Molukken. Der Artenreichtum Neuguineas erklärt sich
Anz. Ver. Thüring. Omithol. 3 (1999) 257 Abb. 2. Regenwald in 1000 bis 1500 m ü. NN entlang der Seram-Straße in Zentral-Seram, Süd-Molukken. Foto: M. ARGELOO, Februar 1992. Abb. 3. Adulter Blauohrliest Cittura c. cyanotis (TEMMINCK), eine endemische Art (mit zwei Subspezies) der Sulawesi-Subregion. Die Nominatform (im Bild) besiedelt die Wälder Sulawesis und Lembehs, C. c. sanghirensis Sangihe und Siau. Foto: M. ARGELOO, Dezember 1990, Matayangan, Dumoga Bone Nationalpark, Nord-Sulawesi. Abb. 4. HelmhomvogelRhyticeros cassidix (TEMMINCK), d - einer der zwei endemischen Buceroniden-Arten von Sulawesi. Foto: M. ARGELOO, März 1991, Kosinggolan, Dumoga Bone Nationalpark, Nord-Sulawesi.