Welt Auge - Volker Steinbacher
Welt Auge - Volker Steinbacher
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Wackern, Mani-Steine genannt, in die Segens- und Gebetsformeln eingemeißelt sind. Beim<br />
Weg der Steine indes fließt der ganze Fundus von einem Ort hinaus in die <strong>Welt</strong>; es wird<br />
zerstreut statt gesammelt; die <strong>Auge</strong>nsteine begeben sich hin unter alle Völker, wie es ähnlich<br />
in der Bergpredigt im Neuen Testament heißt. Etwas, wenn nicht rundheraus Missionarisches,<br />
so doch auf <strong>Welt</strong>veränderung, <strong>Welt</strong>verbesserung Zielendes ist mit dem Weg der<br />
Steine tatsächlich verbunden. Denn wenn man die von den Überbringern letztlich stets<br />
selbst ausgesuchten Aufstellungsorte in Kategorien einteilt, trifft man auf der einen Seite<br />
zwar Privates, Intimes, Einsames, Naturhaftes bis Romantisches: jede Menge Bäume,<br />
Berggipfel, Strände, Inseln. Es gibt Tempel, Klöster, Museen, kulturelle Zentren, Gräber<br />
von prominenten Personen als Stätten geistiger Einkehr. Nicht zu vergessen all die Fälle,<br />
wo der <strong>Auge</strong>nstein zum Wächter eines Privathauses oder -gartens erhoben worden ist. Auf<br />
der anderen Seite jedoch steht eine ganze Reihe Stein-Kuriere, deren Wahl auf einen Ort<br />
gefallen ist, wo sich öffentliche, politische, historische Ereignisse abgespielt haben oder<br />
Entscheidungen immer noch gefällt werden: die Eiche von Guernica; die Brücke von Mostar;<br />
die Bahngleise von Auschwitz-Birkenau; die Potemkin-Treppe in Odessa; das Denkmal<br />
zum armenischen Völkermord in Eriwan; ein Allee-Randstreifen gegenüber dem<br />
NATO-Quartier in Brüssel. Wer sich solche Orte auswählt, tut dies, da bin ich mir sicher,<br />
in der bewußten oder unbewußten Absicht, den Wächter-Aspekt der <strong>Auge</strong>nsteine zu nutzen,<br />
um altes und neues Unheil zu bannen. Auch, um den Mächtigen wie den Machtlosen<br />
zu demonstrieren: ihr steht unter Beobachtung, die Zeugen eurer Taten und Leiden sind allgegenwärtig.<br />
Über einen ganz anderen Stein, den weißen Marmor nämlich des „Archaischen<br />
Torso Apollos“ im Louvre, schrieb Rilke einst etwas, das mir jetzt einfällt: „...denn<br />
da ist keine Stelle,/die dich nicht sieht. Du mußt dein Leben ändern.“<br />
Nun führt es uns auf die zweite der von mir angekündigten Ebenen, auf welchen der Weg<br />
der Steine präsent ist, wenn ich als seine Besonderheit herausstelle, daß er das archaische<br />
Material Stein, das archetypische Symbol <strong>Auge</strong> mühelos versöhnt mit aktuellster Technologie.<br />
Denn nicht nur gibt es die fotografischen und schriftlichen Dokumente, die die einzelnen<br />
Etappen des Wegs bis in die entlegensten Winkel der <strong>Welt</strong> illustrieren, von <strong>Steinbacher</strong><br />
zum Nachschlagen versammelt auf CD. Mit Hilfe des Computer-Cracks und Web-<br />
Designers Gerald Wingertszahn hat er seinem Projekt auch eine Website im Internet gesichert,<br />
so daß das global aufgestellte Unternehmen „Weg der Steine“ mit allen relevanten<br />
Daten, dem eigenen Geiste getreu, für Interessierte global zugänglich und abrufbar ist. Und<br />
die dritte Ebene verkörpert gleichsam eine Mischung des Reellen und des Virtuellen. Es ist<br />
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