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Welt Auge - Volker Steinbacher

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die Ebene, in deren Zentrum wir uns gerade aufhalten, genau hier auf dem Neu-Isenburger<br />

Marktplatz. <strong>Volker</strong> <strong>Steinbacher</strong> hat sich den Traum verwirklicht, den jedes Kind träumt:<br />

nämlich den Ort, wo es geboren ist, zum Mittelpunkt der <strong>Welt</strong> ausrufen. Das bot sich deshalb<br />

an, weil der Grundriß der hugenottischen Altstadt der orthogonalen und diagonalen<br />

Gliederung der Windrose folgt und sich übertragen läßt auf die Projektionskarte der gesamten<br />

<strong>Welt</strong>. Oder ist es nicht vielmehr umgekehrt? Denn wer heute wachen <strong>Auge</strong>s durch<br />

die Straßen des Neu-Isenburger Ortskerns spaziert ist, dem wird nicht entgangen sein, daß<br />

die Straßennamen zwar wieder französisch lauten wie einst, nach 1750. Jedoch nicht mehr<br />

„rue de Francfort“, „rue de Sprendlingen“, etc., sondern benannt nach geradezu antipodisch<br />

fernen Städten und Plätzen: Spitzbergen, Khabarowsk, Pjöngjang, Auckland, Kap der<br />

Guten Hoffnung, Kap Hoorn, Hawaii und – zuletzt der Zungenbrecher – Seyðisfjörður. Es<br />

sind dies jeweils die innerhalb der acht Sektoren der Windrose am weitesten gelegenen<br />

Punkte, zu denen hin es die <strong>Steinbacher</strong>’schen <strong>Auge</strong>nsteine verschlagen hat. Mit Namensschildern<br />

Erwähnung getan ist an den Straßenlaternen Alt-Neu-Isenburgs jedoch jedem<br />

einzelnen vom Weg-der-Steine-Projekt bisher erreichten Staat, je nach Sektor mal dichter,<br />

mal lockerer. Die kleine <strong>Welt</strong> einer Stadt spiegelt modellhaft die große, und umgekehrt<br />

verhält es sich auf der Karte, die <strong>Steinbacher</strong> in den Katalog gebracht hat. Das alles und<br />

die darin liegende Möglichkeit, aus Anlaß eines von außen gekommenen Gedankens einmal<br />

Ortsgeschichte heraufzubeschwören, freilich durch schöpferische Phantasie verwandelt,<br />

muß gewesen sein, was die Stadtoberen und insbesondere Kulturamtsleiterin Bettina<br />

Stuckard zum Weg der Steine bekehrt hat, ohne daß dornenreiche Überzeugungsarbeit<br />

geleistet werden mußte. Im Gegenteil, die Neu-Isenburger Plattform des Projekts konnte in<br />

der für jeden, der schon mit Behörden zu tun hatte, unglaublich kurzen Spanne eines halben<br />

Jahres zurechtgezimmert werden. Für <strong>Volker</strong> <strong>Steinbacher</strong> ist das Gesamtprojekt daher<br />

ein Gemeinschaftswerk, wenn auch basierend auf seinem Konzept. Ein politisches, ein<br />

poetisches, ein partizipatorisches Werk, das ihn speziell deswegen mit Stolz erfüllt, weil zu<br />

ihm mittlerweile mehrere hundert Menschen gratis beigetragen haben, einfallsreich, mit<br />

Form- und Fingerspitzengefühl ihre Detailentscheidung treffend, Menschen unterschiedlicher<br />

Sprache, Nationalität, Hautfarbe, Religion. Es stimmt in einer Zeit, wo so oft der<br />

Krieg der Kulturen an die Wand gemalt wird, optimistisch, daß diese Menschen sich, entzündet<br />

von ein und derselben künstlerischen Idee, jeder mit seiner Reiseroute, seinem<br />

Reiseziel, dennoch auf einem gemeinsamen Weg begegnen können. Es wäre daher nicht zu<br />

viel gesagt, den Weg der Steine als einen Anstoß zur globalen Kommunikation zu beglückwünschen.<br />

© Dr.Roland Held, Darmstadt 2005<br />

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