Hundezentrum Groß-Gerau - Das WIR-Magazin im Gerauer Land
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aus der VHS (30)<br />
Ehrenamtliche<br />
Lesepaten gesucht<br />
Sie haben Spaß am Lesen? Sie sind neugierig<br />
auf die Begegnung mit anderen<br />
Kulturen und Menschen? Sie wollen<br />
sich ehrenamtlich engagieren? Wenn ja,<br />
dann ist eine Tätigkeit als Lesepatin oder<br />
Lesepate in den Alphabetisierungskursen<br />
der Kreisvolkshochschule <strong>Groß</strong>-<strong>Gerau</strong> vielleicht<br />
genau das Richtige für Sie.<br />
In der Region <strong>Groß</strong>-<strong>Gerau</strong> leben zahlreiche<br />
Menschen mit Migrationshintergrund.<br />
Viele von ihnen, insbesondere<br />
Frauen, sind nicht alphabetisiert. Sie hatten<br />
in ihrer He<strong>im</strong>at nie die Möglichkeit, eine<br />
Schule zu besuchen. Dennoch meistern<br />
sie ihr Leben in Deutschland, leiden aber<br />
darunter, nicht lesen und schreiben zu<br />
können. Ob be<strong>im</strong> Einkauf <strong>im</strong> Supermarkt,<br />
be<strong>im</strong> Arztbesuch oder auf der Bank – wer<br />
in Deutschland das Lesen und Schreiben<br />
nicht beherrscht, ist kaum handlungsfähig<br />
Der Schlüssel zur Integration ist die<br />
deutsche Sprache. Viele Migranten besu-<br />
Ralf Schwob<br />
Auszug aus Ralf Schwobs neuem Roman<br />
„Büchners letzter Sommer“: In diesem Abschnitt<br />
hat der gestresste Gymnasiallehrer<br />
Ulrich Ruhland be<strong>im</strong> Besuch des Büchnerhauses<br />
eine literarisch bedeutsame Vision.<br />
Der Abdruck erfolgt mit freundlicher Genehmigung<br />
des aus <strong>Groß</strong>-<strong>Gerau</strong> stammenden<br />
Autors; www.ralfschwob.de<br />
34 � <strong>WIR</strong>-<strong>Magazin</strong> 184 � April 2011<br />
chen die von der Kreisvolkshochschule angebotenen<br />
Integrationskurse. Die meisten<br />
Teilnehmer machen in den Kursen ihre<br />
ersten Erfahrungen mit dem Lesen und<br />
Schreiben. Sie sind sehr motiviert und sehen<br />
die Kurse als Chance für ein selbstbest<strong>im</strong>mtes<br />
Leben. Dilia, die aus dem Kosovo<br />
stammt, will mit über 60 Jahren endlich einmal<br />
die Zeitung lesen oder einen Brief an<br />
ihre Verwandten schreiben. Senem aus der<br />
Türkei möchte ihrer Tochter später bei den<br />
Hausaufgaben helfen.<br />
Um die Migranten auf ihrem Weg noch<br />
intensiver unterstützen zu können, sucht<br />
die Kreisvolkshochschule Lesepaten für<br />
ihre Alphabetisierungskurse. Die Volkshochschule<br />
möchte Menschen gewinnen,<br />
die bereit sind, regelmäßig mit einzelnen<br />
Teilnehmern parallel zum laufenden Unterricht<br />
das Lesen zu üben. Als Lesepate sind<br />
sie in enger Kooperation mit den Lehrkräften<br />
in den Leselernprozess eingebunden. In<br />
Leseprobe<br />
Frau Rothmann, sind sie da?“ Offensichtlich<br />
nicht. <strong>Das</strong> Holz knarrt unter meinen<br />
Füßen. Der erste Raum rechts, da ist der<br />
Tisch der Büchners, das Familienz<strong>im</strong>mer.<br />
Weiter, hier irgendwo muss die Frau doch<br />
sein. Was für einen Lärm die eigenen Schritte<br />
in diesem Haus verursachen, und wenn<br />
ich stehen bleibe, ist sofort die Stille wieder<br />
da, als gäbe es mich gar nicht. Jetzt kommen<br />
die abgedunkelten Räume, die Gedankenleuchten,<br />
der Steckbrief. Da vorne sitzt<br />
schon der Nervenmann, die Drahtfigur am<br />
Schreibtisch, die Büchner 1836 in Straßburg<br />
darstellen soll, wie er an seiner Dissertation<br />
über das Nervensystem der Flussbarbe<br />
arbeitet. Büchners letzter Sommer, in dem<br />
er in seiner Stube noch zusätzlich Victor<br />
Hugo übersetzt, Philosophie studiert, das<br />
Lustspiel „Leonce und Lena“ ersinnt, wahrscheinlich<br />
auch schon den Woyzeck <strong>im</strong> Sinn<br />
hat, und draußen vor dem Fenster leuchtet<br />
der Sommer goldgelb <strong>im</strong> Elsass.<br />
Christina Schwarz ist Dozentin bei der<br />
Kreisvolkshochschule <strong>Groß</strong>-<strong>Gerau</strong>;<br />
info@kvhsgg.de<br />
einer entspannten Atmosphäre gehen Sie<br />
ganz individuell auf die Bedürfnisse jedes<br />
Einzelnen ein. Nicht zuletzt lernen Sie die<br />
Lebenswelt unserer Kursteilnehmer näher<br />
kennen und erhalten Einblicke in andere<br />
Kulturen.<br />
Bei ihrer ehrenamtlichen Tätigkeit werden<br />
sie selbstverständlich unterstützt und<br />
haben auch die Möglichkeit, Fortbildungen<br />
zu besuchen. Der Austausch mit den Lehrkräften<br />
und anderen Lesepaten gehört begleitend<br />
dazu. Anmeldungen und Informationen<br />
erhalten Sie in unserem Servicebüro<br />
unter 06152-1870-0.<br />
Ralf Schwobs Begegnung<br />
mit Georg Büchner<br />
Der Riedsommer sch<strong>im</strong>mert durch das<br />
heruntergelassene schwarze Rollo, <strong>im</strong> Spalt<br />
zwischen Fensterbrett und Rollo schaut ein<br />
Stück Goddelau ins Z<strong>im</strong>mer, aber Büchner<br />
schaut nicht zurück, hat nur Augen für die<br />
Arbeit auf seinem Schreibtisch. Die Glocken,<br />
die Sonntagmorgen-Glocken rufen die Goddelauer<br />
Christen in die Kirche, aber da vor<br />
dem Rollo, vor dem Fenster, da ist auf einmal<br />
kein Ried mehr, da ist die Rue de la Douane,<br />
das ist der Blick aus seinem Fenster in Straßburg,<br />
die Sonne funkelt auf dem Fluss und<br />
die Glocken schallen vom nahen Münster<br />
herüber, und der Drahtmann ist auf einmal<br />
aus Fleisch und Blut. Er schreibt ohne von<br />
seiner Arbeit aufzublicken, die schmalen<br />
Schultern bewegen sich unter dem abgewetzten<br />
Rock, jetzt spürt er die Sonne, die<br />
durchs Fenster in sein Z<strong>im</strong>mer fällt, ihn in<br />
Wärme badet, er hebt den Kopf und hält einen<br />
Moment inne, blinzelt ins Licht. Müde<br />
und krank sieht er aus, und doch wird er