2 Fahrmechanische Grundlagen mobiler Arbeitsmaschinen - tubIT
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<strong>Fahrmechanische</strong> <strong>Grundlagen</strong><br />
2 <strong>Fahrmechanische</strong> <strong>Grundlagen</strong> <strong>mobiler</strong><br />
<strong>Arbeitsmaschinen</strong><br />
2.1 Bodenkunde<br />
Der Boden ist für mobile <strong>Arbeitsmaschinen</strong> in zweierlei Hinsicht von großer Bedeutung:<br />
.<br />
1. Mobile <strong>Arbeitsmaschinen</strong> bewegen sich auf Boden fort. Jedes Landfahrzeug benötigt einen<br />
Untergrund auf dem es sich fortbewegen kann. Je nach Art des Fahrwerkes muß die<br />
Vortriebskraft in den Untergrund eingeleitet werden bzw. der Boden muß die Triebkräfte<br />
aufnehmen. Ansonsten würden Räder oder Ketten durchdrehen. Im weitesten Sinne sind auch<br />
Straßen aus Asphalt oder Beton als Boden zu betrachten, denn sie stellen lediglich künstliche,<br />
vom Menschen geschaffene feste Böden (Fels) dar, die sich besonders gut zum Befahren<br />
eigenen.<br />
2. Der Boden ist das Hauptproduktionsmittel für die pflanzliche Erzeugung und damit auch<br />
indirekt für die tierische Produktion und für den Menschen. Boden ist in seiner Bedeutung<br />
praktisch durch kein anderes Produktionsmittel zu ersetzen. Die Fruchtbarkeit des Bodens<br />
beruht im wesentlichen auch auf der Tätigkeit von Bodenbakterien, Pilzen, Algen und<br />
sonstigen Kleinlebewesen. Mobile <strong>Arbeitsmaschinen</strong>, im speziellen Landmaschinen, stehen<br />
mit diesem Produktionsmittel in einer besonderen Beziehung, da sie für die pflanzliche und<br />
tierische Produktion genutzt werden. Gleiches gilt auch für Forst- und Kommunalmaschinen.<br />
Erdbaumaschine, die ebenfalls zu den mobilen <strong>Arbeitsmaschinen</strong> zählen, bearbeiten in erster<br />
Linie den Boden.<br />
2.1.1 Zusammensetzung des Bodens<br />
Im folgenden soll Boden näher beschrieben werden. Der Boden wird hierbei nicht nur in seinen<br />
physikalischen Eigenschaften beleuchtet, sondern es sollen auch die biologischen Eigenschaften mit<br />
betrachtet werden.<br />
Der Boden setzt sich aus mehreren Bestandteilen zusammen :<br />
• Feststoffe (Verwitterungsprodukte aus Gestein, organische Bestandteile, Mineralien)<br />
• Flüssigkeit (Wasser)<br />
• Gas (Luft)<br />
Die Anteile an Festsubstanz, Luft und Wasser sind in einem Dreiphasensystem in Bild 2-1 dargestellt.<br />
2-1
<strong>Fahrmechanische</strong> <strong>Grundlagen</strong><br />
Bild 2-1: Dreiphasensystem (typische Volumenverteilung) /Ric-01/<br />
In Tabelle 2-1 sind die wichtigsten Kennwerte von Böden aus Bild 2-1 dargestellt.<br />
Tabelle 2-1: Kennwerte von Böden<br />
Wassergehalt<br />
Sättigungsgrad<br />
Porenzahl<br />
Porenanteil<br />
hart<br />
Kennwerte Definitionen Zusammenhang<br />
halbfest<br />
10 20<br />
feste<br />
Zustandsform<br />
steif<br />
30 40<br />
Bild 2-2: Konsistenzen von Böden<br />
m<br />
w =<br />
m<br />
w<br />
d<br />
V<br />
S r =<br />
V<br />
V<br />
e =<br />
V<br />
p<br />
s<br />
V<br />
n =<br />
V<br />
weich<br />
50<br />
p<br />
w<br />
p<br />
Wassergehalt<br />
Bildsamkeitsbereich<br />
breiig<br />
60 70<br />
2-2<br />
zähflüssig<br />
80 90<br />
n<br />
e =<br />
1−<br />
n<br />
e<br />
n =<br />
1+<br />
e<br />
flüssige<br />
Zustandsform<br />
100 %<br />
Da sich mobile <strong>Arbeitsmaschinen</strong> über Böden fortbewegen ist deren Konsistenz sehr wichtig. Bild 2-2<br />
zeigt die verschiedenen Konsistenzen von Böden in Abhängigkeit des Wassergehaltes. Zum Befahren<br />
eignen sich nur harte und halbfeste Böden. Grundsätzlich gilt: Je größer der Wassergehalt ist, desto<br />
geringer eignet sich der Boden zum Befahren.
<strong>Fahrmechanische</strong> <strong>Grundlagen</strong><br />
Typische Volumenverteilung<br />
Die Volumenverteilung der drei Phasen ist sehr unterschiedlich. Sie kann durch <strong>Arbeitsmaschinen</strong> wie<br />
Verdichtungswalzen verändert werden. Auch das Befahren des Bodens mit Traktoren oder<br />
Erdbaumaschinen führt zu einer Veränderung der Volumenverteilung, die sich z. B. negativ auf die<br />
Wurzelausbildung auswirken kann. Mit Bodenbearbeitungsmaschinen, (Pflüge, Grubber,<br />
Tiefenlockerer) kann der Bodenverdichtung entgegengewirkt werden.<br />
Erfahrungswerte für Porenvolumenanteile für verschiedene Bodenzustände sind in Tabelle 2-2<br />
dargestellt.<br />
Tabelle 2-2: Erfahrungswerte für Porenvolumenanteile<br />
Zustand des Bodens Porenvolumenanteil n<br />
frisch bearbeitet 60 %<br />
bearbeitet und abgesetzt 50 %<br />
gute Naturstruktur 42 - 48 %<br />
Grenze für Pflanzenwuchs 36 - 40 %<br />
Als Faustwert für einen guten Pflanzenwuchs gilt n ≈ 45 % (bindige Böden auch etwas mehr,<br />
Sandböden etwas weniger).<br />
2.1.2 Bestandteile der Bodensubstanz (Textur des Bodens)<br />
Die Bestandteile Sand, Schluff, Ton und Tonböden sind wie folgt definiert /ILM1-00/:<br />
• Sand heißen alle Erdstoffe, die einen Korndurchmesser von 0,06...2,0 mm besitzen. Grob-Sand<br />
0,6...2 mm, Mittel-Sand 0,2...0,6 mm, Fein-Sand 0,06...0,2 mm.<br />
• Schluff (Kornfraktion), der Korndurchmesser liegt zwischen 0,002 und 0,06 mm. Man<br />
unterscheidet Fein-Schluff 0,002...0,006 mm, Mittel-Schluff 0,006...0,02 mm und Grob-Schluff<br />
0,02...0,06. Ältere Bezeichnungen sind Staubsand und Mehlsand, auch Silt.<br />
• Als Ton wird in der Bodenmechanik die Kornfraktion bezeichnet, deren Korngröße unter 0,002<br />
mm liegt.<br />
• Tonböden bestehen i.a. aus sehr feinen Schluffen mit einem Rohanteil, Korndurchmesser<br />
< 0,002 mm bis herab zu 25 %. Erkennungsmerkmale: Rollen und Kneten ist in der Hand<br />
möglich. Das Anschneiden der Oberfläche oder Ritzen verursacht eine glänzende Schnittfläche.<br />
Durch Ritzen in der Hand erfolgt keine Zerstörung des Gefüges.<br />
2-3
<strong>Fahrmechanische</strong> <strong>Grundlagen</strong><br />
Die Bestandteile des Bodens werden nach verschiedenen Verfahren bestimmt.<br />
a) nach Korngröße (Siebanalyse)<br />
Es gelten die folgenden groben Definitionen:<br />
Art Korngröße<br />
Stein, Geröll > 20 mm<br />
Kies 20...2 mm<br />
Schluff, Feinsand, Grobsand 2...0,002 mm<br />
Ton < 0,002 mm<br />
Die Verteilung der Korngrößen von verschiedenen Böden wird in der Regel in Form von<br />
Summenkurven angegeben. In Bild 2-3 sind die Summenkurven für verschiedene Böden angegeben.<br />
Bild 2-3: Korngrößenverteilung bzw. Sieblinien von Böden<br />
Böden lassen sich mit Hilfe des dreidimensionalen Diagramms aus Bild 2-4 (nach Vorschlägen der<br />
internationalen Bodenkunde Gesellschaft) einordnen.<br />
Durch die Korngrößenverteilung wird das Bodenverhalten grundlegend beeinflusst, da die<br />
volumenbezogene Oberfläche um so größer ist, je kleiner die Körner sind. Die Oberfläche lagert<br />
Wasser mit gelösten Nährstoffen an. Je größer die Oberfläche, desto höher die Nährstoff- und<br />
Wasserkapazität. Dieser Vorteil bei kleinen Korngrößen sorgt aber für ungünstige physikalische<br />
Eigenschaften. Der gravierende Unterschied der volumenbezogenen Oberfläche bei unterschiedlichen<br />
Böden soll an einem Beispiel (Grobsand und Ton) gezeigt werden.<br />
2-4
<strong>Fahrmechanische</strong> <strong>Grundlagen</strong><br />
Bild 2-4: Dreidimensionales Diagramm zur Bestimmung der Bodenklasse<br />
Es gilt für die Oberfläche O der Kugel (Näherung für ein Korn im Boden):<br />
2<br />
O = 4 π r<br />
(2.1)<br />
und für das Volumen V der Kugel gilt:<br />
3<br />
V = 4/3 π r<br />
(2.2)<br />
Daraus ergibt sich das Verhältnis von Oberfläche O und Volumen V:<br />
O 3 6<br />
= =<br />
(2.3)<br />
V r D<br />
Für Grobsand (D = 1 mm) ergibt sich so ein Verhältnis O/V = 6 mm 2 /mm 3 .<br />
Bei Ton (D = 0,001 mm) ist das Verhältnis O/V = 6000 mm 2 /mm 3 .<br />
Dadurch hat Ton eine wesentlich größere volumenbezogene Oberfläche als Grobsand. Die Nährstoff-<br />
und Wasserkapazität ist bei Ton dadurch ebenfalls um ein Vielfaches höher als bei Grobsand.<br />
Die chemischen und physikalischen Bodeneigenschaften sind in Tabelle 2-3 dargestellt.<br />
2-5
<strong>Fahrmechanische</strong> <strong>Grundlagen</strong><br />
Tabelle 2-3: Einfluß des Korngrößenkollektivs auf die Bodeneigenschaften<br />
b) nach abschlämmbaren Bestandteilen (Schlämm-Analyse)<br />
Bei diesem Verfahren werden die abschlämmbaren Bestandteile < 0,01 mm bestimmt. Der Anteil der<br />
abschlämmbaren Bestandteile und die Ackerwertzahlen (AWZ) ist in Tabelle 2-4 aufgelistet.<br />
Ackerwertzahl:<br />
Die Gesamtbewertung des Bodens erfolgt mit Hilfe der sogenannten Ackerwertzahl (AWZ)<br />
nach der Reichsbodenschätzung von 1934. Die AWZ stellt einen Wertmaßstab für die<br />
Ertragsfähigkeit des Bodens dar. In die Bewertung geht ein:<br />
• Bodenart<br />
• Zustandsart<br />
• Lage (Niederschläge)<br />
• Gesteinsart<br />
AWZ 100 (Bodenpunkte) für ertragreiche Böden.<br />
Dies sind z.B. Schwarzerdeböden (Lößboden der Magdeburger Börde) bei ebener Feldlage, bei 600<br />
mm Jahresniederschlag und bei 8°C mittlerer Jahrestemperatur.<br />
2-6
<strong>Fahrmechanische</strong> <strong>Grundlagen</strong><br />
Tabelle 2-4: Bestandteile < 0,01 mm in % und Ackerwertzahl (AWZ) von verschiedenen<br />
Bodenarten<br />
Bodenart Bestandteile < 0,01 mm in % Ackerwertzahl (AWZ)<br />
Reiner Sand ...10 7 (min)<br />
Lehmiger Sand 10...18 30<br />
Sandiger Lehm 24...29 40 - 45<br />
Toniger Lehm 44...60 50 - 60<br />
Ton > 60 über 60<br />
Reiner Lößboden 100<br />
2.1.3 Klassifizierung von Böden im Bauwesen<br />
Für das Bauwesen interessieren die biologischen Bodeneigenschaften weniger als in der<br />
Landwirtschaft. Im Bauwesen kommt besonders die DIN 18300. Diese Norm teilt die Böden<br />
folgendermaßen ein:<br />
• Klasse 1 Oberboden<br />
Oberste Schicht des Bodens, die neben anorganischen Stoffen, z. B. Kies-, Sand-,Schluff- und<br />
Tongemischen auch Humus und Bodenlebewesen enthält.<br />
• Klasse 2 Fließende Bodenarten<br />
Bodenarten, die von flüssiger bis breiiger Beschaffenheit sind und die schwer Wasser abgeben.<br />
• Klasse 3 Leicht lösbare Bodenarten<br />
Nichtbindige bis schwachbindige Sande, Kiese und Sand-Kies-Gemische mit bis zu 5 %<br />
Beimengungen an Schluff und Ton (Korngröße kleiner als 0,006mm) und mit höchstens 30%<br />
Steinen von über 63 mm Korngröße bis zu 0,01m³ Rauminhalt. Organische Bodenarten mit<br />
geringem Wassergehalt (z.B. feste Torfe)<br />
• Klasse 4 Mittelschwer lösbare Bodenarten<br />
Gemische von Sand, Kies, Schluff und Ton mit mehr als 15% der Korngröße kleiner als 0,06 mm.<br />
Bindige von leichter bis mittlerer Plastizität, die je nach Wassergehalt weich bis halbfest sind und<br />
höchstens 30% Steine von über 63mm Korngröße bis zu 0,01m³ Rauminhalt enthalten.<br />
• Klasse 5 Schwer lösbare Bodenarten<br />
Bodenarten nach den Klassen 3 und 4, jedoch mit mehr als 30% Steinen von über 3mm<br />
Korngröße bis zu 0,01m³ Rauminhalt. Nichtbindige und bindige Bodenarten mit höchstens 30%<br />
Steinen von über 0,01m³ Rauminhalt. Ausgeprägt plastische Tone, di je nach Wassergehalt weich<br />
bis halbfest sind.<br />
• Klasse 6 Leicht lösbarer Fels und vergleichbare Bodenarten<br />
Felsarten die eine inneren, mineralisch gebundenen Zusammenhalt haben, jedoch stark klüftig,<br />
bröckelig, schieferig, weich oder verwittert sind, sowie vergleichbare feste oder verfestigte bindige<br />
2-7
<strong>Fahrmechanische</strong> <strong>Grundlagen</strong><br />
oder nichtbindige Bodenarten (z. B. durch Austrocknung, Gefrierung, chemische Bindung).<br />
Nichtbindige Bodenarten mit mehr als 30% Steinen von 0,01 m³ bis 0,1m³ Rauminhalt.<br />
• Klasse 7 Schwer lösbarer Fels<br />
Felsarten, die einen inneren, mineralisch gebundenen Zusammenhalt und ein hohe<br />
Gefügefestigkeit haben und die nur wenig klüftig oder verwittert sind. Felsgelagerter,<br />
unverwitterter Tonschiefer, Nagelfluhschichten, Schlackehalden der Hüttenwerke und dergleichen.<br />
Steine von über 0,1 m³ Rauminhalt<br />
2.2 Reifen<br />
Am weitesten verbreitet sind bei mobilen <strong>Arbeitsmaschinen</strong> Reifenfahrwerke. Die wesentlichen<br />
Anforderungen an Reifen sind dabei:<br />
• hohe Tragfähigkeit<br />
• hohe Lebensdauer<br />
• gute Federungs- und Dämpfungseigenschaften<br />
• gute Bodenschonung<br />
• geringe Kosten<br />
Die Aufgabe von Reifen ist die Kraftübertragung zwischen Fahrzeug und Boden:<br />
• Längsrichtung � Zug- und Bremskräfte<br />
• Querrichtung � Lenkkräfte, Kräfte bei Hangfahrt, dynamische Kräfte auf Grund von<br />
Querbeschleunigungen<br />
• Vertikalkräfte � Gewichtskräfte, dynamische Vertikalkräfte<br />
Neben der Kraftübertragung, werden Reifen besonders bei Traktoren und Erdbaumaschinen auch für<br />
Federungs- und Dämpfungsaufgaben genutzt.<br />
2.2.1 Aufbau von Reifen<br />
Der Aufbau von Reifen soll im folgenden an Hand des Beispieles von Traktorreifen näher erläutert<br />
werden. Traktorreifen sind sogenannte Treibreifen, d. h. sie sollen vornehmlich Zugkräfte übertragen.<br />
Da Traktoren universal eingesetzt werden, haben sie einen besonderen Aufbau.<br />
Den grundsätzlichen Aufbau eines Reifens mit Felge zeigt Bild 2-5. Der Reifen besteht aus einer<br />
Karkasse und einer Lauffläche. Die Karkasse ist zur Seite ebenfalls durch eine Gummi abgedeckt. Der<br />
Drahtkern hält den Reifen in der Wulst der Felge. Treibradreifen sind heute meistens mit Schlauch<br />
ausgeführt, weil sonst die Zugkraftübertragung zu stark eingeschränkt ist.<br />
Die Karkasse verleiht dem Reifen Festigkeit. Sie besteht aus mehreren Gewebelagen (siehe Bild 2-6).<br />
Die Festigkeit wurde früher durch die Zahl der Gewebelagen (Ply-rating) definiert, was heute wegen der<br />
Unzulänglichkeit der Aussagekraft nicht mehr üblich ist.<br />
2-8
<strong>Fahrmechanische</strong> <strong>Grundlagen</strong><br />
Bild 2-5: Querschnitt durch einen Traktorreifen mit Felge /Kut-89/<br />
Die verschiedenen Bauarten lassen sich nach dem Aufbau der Karkasse einteilen in:<br />
• Diagonalreifen (Bild 2-6 a): Die Gewebelagen laufen um 45 � diagonal versetzt von einer Wulst zur<br />
anderen. Die Herstellung dieser Reifen ist einfacher; sie sind daher etwas günstiger zu bekommen.<br />
• Radialreifen (Bild 2-6 b): Bei diesen Reifen, die allgemein auch Gürtelreifen genannt werden,<br />
laufen die Lagen radial von Wulst zu Wulst. Um diese innere Lage herum ist an der Lauffläche eine<br />
aus mehreren Gewebelagen bestehende verstärkte Lauffläche (Gürtel) angeordnet. Die Lauffläche<br />
wird dadurch sehr stabil. Der Reifen hat aber durch die weiche Karkasse eine größere Einfederung<br />
und dadurch eine größere Aufstandsfläche als ein Diagonalreifen. Dadurch ergibt sich ferner:<br />
• bessere Kraftübertragung<br />
• geringerer Bodendruck<br />
• geringerer Rollwiderstand<br />
• weichere Einfederung des Traktors<br />
• höhere Lebensdauer der Lauffläche<br />
Bild 2-6: Aufbau der Karkasse a) Diagonalreifen, b) Radialreifen /Kut-89/<br />
Bei der Gestaltung des Profils der Reifen gilt es einen Kompromiss zu schließen: Zur Übertragung der<br />
Zugkräfte wäre eine Anordnung der Stollen quer zur Fahrtrichtung am sinnvollsten (siehe Bild 2-7). Ein<br />
2-9
<strong>Fahrmechanische</strong> <strong>Grundlagen</strong><br />
solches Profil würde aber das Fahrzeug zu Schwingungen anregen, die die Fahrsicherheit und den<br />
-komfort erheblich beeinträchtigen. Für den Komfort wäre es sinnvoll, die Stollen in Umlaufrichtung<br />
anzuordnen, damit es möglichst keine Laufgeräusche gibt. Dieses Profil kommt dann zum Einsatz, wenn<br />
die Vorderreifen nicht angetrieben werden. Auf diese Weise können trotz hoher Laufruhe auch große<br />
Lenkkräfte aufgebracht werden. Ein Kompromiss, den man durch eine größere Überlappung in der<br />
„Komfortzone“ 1 in der Mitte der Lauffläche noch optimieren kann, ist im rechten Teil des Bildes gezeigt.<br />
Bild 2-7: Profilgestaltung bei Traktorreifen /ILM2-02/<br />
Eine weitere wichtige bereits angesprochene Anforderung betrifft die Selbstreinigung. Zwischen den<br />
Stollen von Traktorreifen sammeln sich während der Fahrt auf dem Feld Bodenreste an. Diese dürfen<br />
nicht dazu führen, dass der Reifen „aufschwimmt“ (ähnlich „Aqua-planing“ beim PKW auf regennasser<br />
Straße) bzw. sich mit Material zusetzt, so dass der Reifen quasi kein Profil mehr hat.<br />
Bodenaustritt<br />
Bild 2-8: Bodenabdruck eines Treibradreifens /ILM2-02/<br />
2-10<br />
Fahrtrichtung<br />
Man kann dies verhindern, indem der Reifen so montiert wird, dass die Bodenreste durch den Schlupf<br />
der Räder bei Vorwärtsfahrt nach außen austreten können (siehe Bild 2-8). Gleichzeitig stützt sich dieser<br />
austretende Boden nach außen an dem noch unberührten Boden ab, was die Traktion sogar erhöht.<br />
Würde man den Reifen umgekehrt montieren, so werden die Bodenreste nach innen gedrängt. Dies führt<br />
zum „Aufschwimmen“; die übertragbare Zugkraft sinkt.
<strong>Fahrmechanische</strong> <strong>Grundlagen</strong><br />
2.2.2 Reifenarten<br />
Einige Treibradreifen wurden bereits in Bild 2-7 gezeigt. Zusätzlich kann die Stollenhöhe variiert werden,<br />
wie in Bild 2-9 dargestellt. Hochstollige Reifen haben nur auf weichen Untergründen Vortele.<br />
Bild 2-9: Stollenhöhe<br />
Je nachdem, ob die Vorderachse angetrieben wird oder nicht, kann man dort entsprechende Reifen<br />
montieren. Bild 2-10 zeigt einige Beispiele. Je nach Ausführung des Traktors wird heute aber<br />
zunehmend auf der Vorderachse die gleiche (eventuell im Durchmesser etwas kleinere) Bereifung<br />
eingesetzt wie auf der grundsätzlich angetriebenen Hinterachse.<br />
Bild 2-10: Traktor-Frontreifen<br />
Auch die Breite der Reifen ist besonders wichtig. Je größer die Breite desto größer ist die<br />
Aufstandsfläche. Das hat wiederum einen geringeren Bodendruck zur Folge. Die Breite B wird immer im<br />
Verhältnis zur Höhe des Reifens H angegeben. Einige Beispiele sind in Bild 2-11 dargestellt.<br />
Bild 2-11: Querschnittsprofile bei unterschiedlicher Reifenbreite<br />
Die Bezeichnung der Traktorbereifung ist genormt. Die wichtigsten Angaben sind in Bild 2-12 dargestellt.<br />
2-11
<strong>Fahrmechanische</strong> <strong>Grundlagen</strong><br />
Bild 2-12: Bezeichnung von Traktorreifen<br />
Tabelle 2-5: Reifentragfähigkeits-Kennzahlen (LI) und zugehörige Reifentragfähigkeiten in kg<br />
LI kg LI kg LI kg LI kg<br />
84<br />
90<br />
100<br />
108<br />
500<br />
600<br />
800<br />
1000<br />
116<br />
122<br />
127<br />
132<br />
1250<br />
1500<br />
1750<br />
2000<br />
2-12<br />
140<br />
146<br />
150<br />
156<br />
2500<br />
3000<br />
3350<br />
4000<br />
Tabelle 2-6: Geschwindigkeits-Kennbuchstaben und zugehörige Höchstgeschwindigkeiten<br />
Geschwindigkeits-<br />
kennbuchstabe (SI)<br />
Zulässige Höchstge-<br />
schwindigkeit [km/h]<br />
160<br />
164<br />
170<br />
178<br />
4500<br />
5000<br />
6000<br />
7000<br />
A1 A4 A5 A6 A8 B F<br />
5 20 25 30 40 50 80
<strong>Fahrmechanische</strong> <strong>Grundlagen</strong><br />
Tabelle 2-7: Luftdrucksymbole<br />
2.3 Tragfähigkeit<br />
Luftdrucksymbol empfohlener<br />
*<br />
**<br />
***<br />
2-13<br />
Luftdruck MPa<br />
Die Reifenhersteller geben zum Nachschlagen der für die Zulassung erforderlichen Tragfähigkeit der<br />
verschiedenen Reifen Kataloge heraus, denen man die aktuellen Werte entnehmen kann. Grundsätzlich<br />
kann man aber davon ausgehen, dass die Tragfähigkeit eines Reifens mit zunehmender<br />
Fahrgeschwindigkeit abnimmt. So werden viele Geschwindigkeitsgrenzen durch die Tragfähigkeit der<br />
Reifen bestimmt (Tabelle 2-8).<br />
0,16<br />
0,24<br />
0,32<br />
Tabelle 2-8: Tragfähigkeitszu- und -abschläge von Traktorreifen [DIN7807]<br />
Höchstgeschwindigkeit Tragfähigkeit in % Bemerkungen<br />
[km/h] Treibradreifen Lenkradreifen<br />
Frontladen (8)<br />
140 bis Breite 460mm<br />
130 über Breite 460mm<br />
20 120 135<br />
25 107 115<br />
200 bei 25 % Überluftdruck<br />
30 100 100 Diagonalreifen<br />
40 80 80 Diagonalreifen<br />
100 100 Radialreifen<br />
60 80 Radialreifen<br />
Eine weitere wichtige Größe ist die Reifenbreite oder besser das Verhältnis der Reifenbreite B zum<br />
Reifenaußendurchmesser D. Die Reifen werden in 3 Kategorien eingeteilt:
<strong>Fahrmechanische</strong> <strong>Grundlagen</strong><br />
Tabelle 2-9: Einteilung von Reifen<br />
Normalreifen B < 0,33 * D<br />
Breitreifen 0,33 * D < B < 0,5 * D dadurch besserer Bodendruck auf weniger tragfähigen<br />
Böden<br />
Terrareifen B > 0,5 * D noch besserer Bodendruck bei extrem niedrigem<br />
Reifendruck (ca. 0,035 MPa)<br />
Die Traktortreibradreifen werden abhängig von der Traktorgröße und damit von der Leistung des<br />
Traktors eingesetzt. Die Reifenprojektionsfläche AR berechnet sich nach der Gleichung 2.4:<br />
A<br />
n<br />
R =<br />
i = 1<br />
∑(D ⋅ B ) (2.4)<br />
i<br />
n: Zahl der Treibräder<br />
i<br />
D: Reifenaußendurchmesser<br />
B: Reifenbreite<br />
Das Verhältnis der Reifenprojektionsfläche AR bezogen auf die Motornennleistung P (siehe Bild 2-13)<br />
sinkt mit zunehmender Motorleistung, weil gleichzeitig mit der Leistung das Gewicht des Traktors<br />
deutlich zunimmt. Dadurch kann eine höhere Zugkraft übertragen werden.<br />
Bild 2-13: Reifenprojektionsfläche von Traktoren /Ren-85/<br />
2-14
<strong>Fahrmechanische</strong> <strong>Grundlagen</strong><br />
2.4 Leistungsverhalten<br />
Vergleicht man das Leistungsverhalten verschiedener Reifen-Grundbauarten (Bild 2-14), so ist<br />
festzustellen:<br />
• Radialreifen haben einen höheren Wirkungsgrad vor allem auf trockenem und festem Boden.<br />
Sie haben aber keine Nachteile auf nassem und schmierenden Boden<br />
• Hochstollen haben nur Vorteile auf nassem und schmierenden Boden<br />
Bild 2-14: Leistungsverhalten verschiedener Reifen-Grundbauarten /Ren-85/<br />
Da, wie später erläutert, die übertragbare Zugkraft von der vertikalen Normalkraft abhängt, werden<br />
teilweise die Reifen mit Wasser zur Ballastierung gefüllt. Damit das Wasser im Winter nicht gefriert,<br />
wird als Frostschutzmittel z.B. Chlorkalzium oder Chlormagnesium zugegeben.<br />
Die sich daraus ergebenden Zusatzgewichte bei ca. 75%tiger Befüllung mit Wasser betragen je Reifen:<br />
• 420/70 R34 290 kg<br />
• 420/70 R38 380 kg<br />
• 460/70 R34 440 kg<br />
• 460/70 R38 520 kg<br />
• 520/70 R38 600 kg<br />
2-15
<strong>Fahrmechanische</strong> <strong>Grundlagen</strong><br />
Wassereinfüllung Restwasser<br />
Bild 2-15: Wasserballast im Reifen /Eic-85/<br />
2-16<br />
W: Wasser<br />
L: Luft<br />
Während der Befüllung des entlüfteten Reifens wird das Rad aufgebockt, dann wird das Rad gedreht<br />
bis sich das Ventil oben befindet (siehe Bild 2-15); danach wird das Ventil durch ein Spezialventil<br />
ersetzt, so daß Wasser W eingefüllt und gleichzeitig die Luft L aus dem Reifen entweichen kann L1.<br />
Bei der Entleerung wird entsprechend verfahren. Allerdings sollte sich das Ventil nun unten befinden<br />
und normale Druckluft für das Ausblasen des Wassers sorgen. Das Wasser kann aber nur soweit<br />
entweichen, wie das Ventil in den Reifen hineinragt. Die Wasserballastierung wird heute nicht mehr<br />
gerne bei Traktoren angewendet, weil die Federungseigenschaften (geringes Luftvolumen)<br />
verschlechtert werden. Dies macht sich besonders bei den heute üblichen höheren Geschwindigkeiten<br />
stark bemerkbar, weil Bodenunebenheiten für den Fahrer stark spürbar sind. Ab ca. 15 km/h ist der<br />
Reifen praktisch steif, weil die Zentrifugalkraft das Wasser nach außen drückt. Bei anderen<br />
zugkraftorientierten <strong>Arbeitsmaschinen</strong>, wie Straßenfertigern, wo der Fahrkomfort von untergeordneter<br />
Bedeutung ist, kommt die Wasserbefüllung auch weiterhin zum Einsatz. Eine Alternative zum Wasser<br />
ist ein Spezialschaum, der in die Reifen eingefüllt wird, dessen Dichte größer als die von Wasser ist.<br />
2.5 Kraftübertragung zwischen Reifen und Boden<br />
Die verschiedenen Kräfte werden vom Reifen auf den Boden übertragen. Wie bereits erwähnt sind die<br />
Stoffeigenschaften von Böden sehr unterschiedlich und wirken sich daher stark auf die Fahrmechanik<br />
aus.<br />
2.5.1 Druckspannungsfelder<br />
Der höchste Druck des Reifens auf den Boden und damit die höchste Verdichtung des Untergrundes<br />
befindet sich immer in der Mitte der Kontaktfläche. Die Größe dieser Kontaktfläche ist aber u. a. von der<br />
Verformbarkeit des Untergrundes abhängig. Bild 2-16 zeigt die Größe dieser Fläche. Die Werte gelten<br />
für einen Reifen 225-24 AS mit einem Luftdruck von 0,084 MPa bei einer Belastung von 5.000 N. Die<br />
Aufstandsfläche nimmt bei weicherem Boden stark zu, d.h. der Kontaktflächendruck sinkt. Das Integral<br />
des Druckes ist aber in allen Fällen gleich.
<strong>Fahrmechanische</strong> <strong>Grundlagen</strong><br />
Fall 1<br />
linearer Verlauf, harter trockener<br />
dicht gelagerter Boden<br />
Fall 2<br />
Parabel 4. Potenz normal<br />
gelagerter und normal feuchter<br />
Boden<br />
Bild 2-16: Druckspannungsfelder im Boden unter dem Reifen /Söh-53/<br />
2.5.2 Druckzwiebeln<br />
2-17<br />
Fall 3<br />
Parabel 2. Potenz sehr<br />
nachgiebiger, nasser Boden<br />
Der Bodendruck in Folge des Maschinengewichtes wirkt sich besonders auf die Bodenfruchtbarkeit aus.<br />
Dieser Aspekt ist besonders bei Landmaschinen von Bedeutung. Hier gilt es den negativen Einfluß des<br />
Bodendruckes zu minimieren. Bei Erdbaumaschinen, wie den Verdichtungswalzen möchte man gerade<br />
eine Verdichtung erzielen. In jedem Fall ist es daher unerlässlich die Wirkzusammenhänge zu kennen.<br />
Wegen der inneren Reibung des Bodens sinkt der Druck mit der Entfernung von der Aufstandsfläche<br />
zwar kontinuierlich ab, dennoch reichen die Druckzwiebeln (die Linien gleichen Druckes, die wie die<br />
Schalen einer Zwiebel aufgebaut sind, werden „Druckzwiebeln“ genannt) mit zunehmender Last immer<br />
tiefer in den Boden (siehe Bild 2-17). Daraus kann man schließen, dass der Einfluß der Last in größerer<br />
Tiefe wichtiger ist als der des Kontaktflächendruckes.<br />
180-24 AS 225-24 AS 280-28 AS 330-28 AS<br />
Bild 2-17: Einfluss der Radlast auf die Tiefenwirkung des Bodendruckes (Luftdruck in allen
<strong>Fahrmechanische</strong> <strong>Grundlagen</strong><br />
Fällen 0,082 MPa) /Ren-85/<br />
Der Kontaktflächendruck ist aber z.B. für den Wiederaufwuchs und die Belüftung wichtig. Bei festem<br />
Untergrund gilt die Faustformel nach der der über die Aufstandsfläche gemittelte Kontaktflächendruck<br />
wegen der Steifigkeit der Karkasse etwa um 0,03 bis 0,04 (bei Radialreifen) und 0,05 MPa (bei<br />
Diagonalreifen) höher ist als der Reifeninnendruck. Bei einem festem Untergrund ist dieser Druck an den<br />
verschiedenen Stellen der Aufstandsfläche nahezu gleich groß, weil sich der Reifen stärker verformt als<br />
der Boden. Bei einem weichen Untergrund fällt der Druck zum Rand der Aufstandsfläche stark ab, weil<br />
der Boden zur Seite ausweichen kann. Zu Bedenken ist ferner, dass der Druck unter den Stollen örtlich<br />
um Faktor 4...5 ansteigen kann. Zu vermeiden ist aus botanischer Sicht auf jeden Fall ein mittlerer<br />
Kontaktflächendruck, der größer ist als 0,1 bis 0,15 MPa. Wie in Bild 2-18 zu sehen, kann der Wert durch<br />
Ketten oder Laufriemen deutlich reduziert werden.<br />
Bild 2-18: Vergleich der Aufstandsflächen eines Luftreifens und eines Raupenlaufwerkes<br />
Die gleiche Belastung verändert dagegen in der Tiefenwirkung nicht sehr viel, statt dessen verteilt sich<br />
aber mit breiter werdenden Reifen gemäß Bild 2-19 die Last wesentlich besser; dadurch sinkt der<br />
Spitzendruck erheblich.<br />
Bild 2-19: Einfluss der Reifenbreite auf die Druckzwiebeln und den Spitzendruck; Belastung<br />
immer 7 kN<br />
2-18
<strong>Fahrmechanische</strong> <strong>Grundlagen</strong><br />
2.5.3 Luftdruck und Bodendruck<br />
Neben der Breite beeinflusst aber auch der Durchmesser des Reifens und der Luftdruck im Reifen die<br />
Kontaktflächengröße und damit den Bodendruck. Dies wird in Bild 2-20 deutlich. Ist der Luftdruck hoch,<br />
dann hat das gedachte „starre Ersatzrad“ einen relativ kleinen Durchmesser, d.h. die Aufstandsfläche ist<br />
klein, weil sich der Reifen nur wenig verformt. Ist der Luftdruck niedrig, ist die Aufstandsfläche<br />
entsprechend groß.<br />
Bild 2-20: Reifenluftdruckeinfluss auf die Kontaktfläche<br />
Die Kontaktflächengröße lässt sich auch durch die Art des Laufwerkes beeinflussen. In Bild 2-21 sind<br />
verschiedene Alternativen gegenübergestellt. Bei Ketten- und Riemenlaufwerken ist der Bodendruck<br />
wegen der großen Aufstandsfläche entsprechend niedrig. Eine Zwillingsbereifung oder Gitterräder<br />
senken den Bodendruck gegenüber einer Einfachbereifung erheblich.<br />
Bild 2-21: Bodendruckbetrachtung für Rad- und Kettentraktoren (Motorleistung jeweils 75 kW;<br />
nach) /ILM2-02/<br />
2-19
<strong>Fahrmechanische</strong> <strong>Grundlagen</strong><br />
2.5.4 Kraftwirkung am Reifen und Verformungen im Boden<br />
Bevor man sich mit der Kraftwirkung zwischen dem Reifen und dem Boden beschäftigt, gilt es<br />
zunächst, sich mit der Definition des Schlupfes σ auseinander zusetzen. Betrachtet man die<br />
Bewegung des Punktes A (Bild 2-22a) bei der Drehung eines Rades, so gilt für einen Schlupf σ = 0 der<br />
theoretisch zurückgelegte Weg So:<br />
S = 2 ⋅π<br />
⋅ r<br />
0 th<br />
(2.5)<br />
rth: statischer Rollradius des Reifens<br />
a<br />
b<br />
c<br />
w<br />
A<br />
A<br />
A<br />
r th<br />
S<br />
S o<br />
Bild 2-22: Bewegung eines Punktes A bei Drehung eines Rades a) ohne Schlupf, b) mit<br />
positivem Schlupf und c) mit negativem Schlupf<br />
Wird das Rad angetrieben, so werden Zugkräfte übertragen und der real zurückgelegte Weg S ist<br />
kleiner als So (siehe Bild 2-22 b). Das bedeutet, dass der in Gleichung 2.6 definierte Schlupf σ in<br />
diesem Fall immer positiv ist.<br />
S0<br />
− S v0<br />
−v<br />
S v<br />
σ = = = 1 − = 1 −<br />
(2.6)<br />
S v<br />
S v<br />
0<br />
σ: Schlupf<br />
S: Weg<br />
v: Geschwindigkeit<br />
0<br />
0<br />
0<br />
2-20<br />
S
<strong>Fahrmechanische</strong> <strong>Grundlagen</strong><br />
(Index 0 gilt immer für den theoretischen, schlupflosen Fall und ohne Index für den realen Fall)<br />
Wird das Rad gebremst, dann müssen Bremskräfte auf den Boden übertragen werden. Das bedeutet,<br />
dass der Schlupf σ in diesem Fall negativ ist (siehe Bild 2-22c), weil der real zurückgelegte Weg bei<br />
einer Bremsung S > So ist.<br />
Die Messung des real zurückgelegten Weges oder der Geschwindigkeit ist z.B. mit Hilfe eines Peiseler<br />
Rades (leer und ohne Last über den Boden mitlaufendes Rad) oder über eine Radarmessung relativ<br />
problemlos möglich. Die Messung der Drehgeschwindigkeit des Rades ω ist ebenfalls problemlos<br />
möglich. Die größten Schwierigkeiten treten aber bei der Bestimmung von So auf.<br />
So ergibt sich nach Gleichung 2.4 aus 2 ⋅ π ⋅ rth. Wie groß aber ist rth? Diese Angabe findet man zwar für<br />
den statischen Fall rst auch in den Katalogen der Reifenhersteller. Der reale Wert wird aber neben dem<br />
Reifen auch beeinflusst durch:<br />
• Stollenhöhe (Abnutzung), Profil<br />
• Einfederung<br />
• Luftdruck<br />
• Belastung, Verteilung der Belastung auf der Fläche<br />
• Eindringung in den Boden (also Bodentragfähigkeit und –struktur)<br />
Insbesondere der letzte Punkt ist in der Landtechnik gänzlich anders als in der Fahrzeugtechnik. Auf<br />
hartem Untergrund verformt sich der Reifen und „federt“ ein. Hier kann man als Faustwert für die<br />
Einfederung e mit der Definition nach Bild 2-23 überschlägig ansetzen:<br />
e<br />
Bild 2-23: Einfederung eines Rades auf hartem Bodem<br />
e<br />
D<br />
2<br />
D ⋅ B<br />
≈ 3<br />
(2.7)<br />
3<br />
10<br />
e: Einfederung [cm]<br />
D: Reifenaußendurchmesser [cm]<br />
B: Reifenbreite [cm]<br />
2-21<br />
r st<br />
B
<strong>Fahrmechanische</strong> <strong>Grundlagen</strong><br />
Daraus ergibt sich für rst<br />
r<br />
2<br />
D D D ⋅ B<br />
3<br />
st = − e ≈ −<br />
(2.8)<br />
3<br />
2<br />
2<br />
10<br />
rst: statischer Reifenradius<br />
Diesen Wert kann man auf hartem Untergrund auch etwa für rth einsetzen. In der Realität verformt sich der<br />
Boden auf einem Acker bei der Überfahrt aber sehr stark. Wie diese Verformung genauer berücksichtigt<br />
werden kann, wird später näher erläutert.<br />
Kraftwirkung am gezogenen Rad<br />
Für eine besseres Verständnis muss zunächst die Kraftübertragung zwischen Reifen und Boden näher<br />
betrachtet werden. Im ersten Fall in Bild 2-24 handelt es sich z.B. um ein nicht angetriebenes Frontrad<br />
eines Traktors. Zum Vortreiben einer Gewichtskraft FG muss die Rollwiderstandskraft FR überwunden<br />
werden Da weitere Kräfte nicht angreifen ist die resultierende Bodenstützkraft FBoden auf die Mitte der<br />
Radachse gerichtet. Als Faustwert für die Rollwiderstandskraft FR gilt:<br />
F ≈ 10 %( −20%)<br />
⋅ F<br />
(2.9)<br />
R<br />
G<br />
Reifen gezogen<br />
Schlupf gering<br />
negativ<br />
Bild 2-24: Kraftwirkung am Reifen /Ren-85/<br />
Reifen angetrieben<br />
ohne Zugkraft<br />
Schlupf gering positiv<br />
Kraftwirkungen am treibenden Rad ohne weitere Zugkräfte<br />
2-22<br />
Reifen angetrieben<br />
mit Zugkraft,<br />
Schlupf positiv<br />
Für den Fall des angetriebenen Rades ist das Antriebsmoment mit dem Moment aus der Bodenstützkraft<br />
im Gleichgewicht. Das gilt aber nur, solange keine weitere Zugkraft aufgebracht werden muss. Es gilt<br />
dann:<br />
F Boden − FG<br />
= 0<br />
2.10)<br />
Die Bodenstützkraft FBoden ist nur senkrecht nach oben gerichtet. Ein Schlupf σ ist auch in diesem Fall<br />
immer vorhanden, weil die Rollwiderstandskraft FR in jedem Falle überwunden werden muß, damit sich<br />
der Traktor bewegen kann. Der Schlupf σ ist zwar sehr klein und immer positiv (siehe Bild 2-25).<br />
Grundsätzlich gilt, dass ein Antrieb ohne Schlupf nicht möglich ist.
<strong>Fahrmechanische</strong> <strong>Grundlagen</strong><br />
Kräfte<br />
Radumfangskraft<br />
0 Schlupf [%] 50<br />
2-23<br />
Rollwiderstand<br />
Radzugkraft<br />
(auch “Triebkraft”)<br />
Bild 2-25: Rollwiderstandskraft FR und Radzugkraft FT in Abhängigkeit vom Schlupf s /Ren-85/<br />
Die Größe der Rollwiderstandskraft FR bestimmt den Abstand der beiden vertikalen Kräfte FG und FBoden<br />
voneinander bei dem angetriebenen Rad bzw. den Winkel von FBoden relativ zu FG bei dem gezogenen<br />
Rad. Der o.g. Abstand wird auch als der „Hebelarm der rollenden Reibung f“ bezeichnet (siehe Bild 2-26).<br />
Kraftwirkungen am ziehenden Rad<br />
Wird das Rad angetrieben und müssen zusätzlich noch Zugkräfte FT übertragen werden, z.B. durch<br />
Ziehen eines Anhängers oder eines Pfluges, so steht das Antriebsmoment M wiederum mit der<br />
Bodenstützkraft FBoden im Gleichgewicht. Die Bodenstützkraft FBoden hat aber nun neben einem vertikalen<br />
Anteil FBoden,vert auch einen horizontalen Anteil FBoden,hor. Es gilt:<br />
F Boden,<br />
hor − FT<br />
= 0<br />
(2.11)<br />
F Boden,<br />
vert − FG<br />
= 0<br />
(2.12)<br />
Der Schlupf σ ist in diesem Fall immer positiv und kann in Abhängigkeit von der Zugkraft FT bis zum<br />
Durchdrehen der Räder zunehmen.<br />
Messung von rth<br />
Hieraus kann man aber auch eine Möglichkeit herleiten, den theoretisch zurückgelegten Weg S0 (d.h. für<br />
σ = 0) für die jeweiligen Verhältnisse genauer zu bestimmen. Dabei geht man folgendermaßen vor:<br />
1. Messung:<br />
• Ziehen des Traktors über Boden ziehen (geringer negativer Schlupf)<br />
• Erfassung des zurückgelegten Weges je Umdrehung des Rades: S0,10gez (man sollte mindestens<br />
2. Messung:<br />
10 Umdrehungen messen)
<strong>Fahrmechanische</strong> <strong>Grundlagen</strong><br />
• Traktor über Boden antreiben ohne Zugkraft (geringer positiver Schlupf)<br />
• Erfassung des zurückgelegten Weges je Umdrehung des Rades: S0,10getr. (man sollte mindestens<br />
10 Umdrehungen messen)<br />
σ = 0 und damit S0 liegen dazwischen:<br />
S<br />
0<br />
S0,10gez<br />
+ S0,10getr<br />
= (2.13)<br />
2<br />
Entsprechend lässt sich daraus der theoretische Rollradius rth für die jeweiligen Bedingungen berechnen.<br />
Wichtig ist, nicht außer Acht zu lassen, dass die Werte auf Grund wechselnder Bodenverhältnisse oder<br />
Feuchtigkeit schwanken können.<br />
2.5.5 Rollwiderstands- und Triebkraftbeiwert<br />
Bild 2-26: Kraftwirkung am ziehenden Rad (stark vereinfacht; ohne Reibung in den Lagern)<br />
/Ren-85/<br />
Rollwiderstandsbeiwert<br />
Die Kraftwirkungen am ziehenden Rad sind noch einmal in Bild 2-26 ohne Reibungskräfte im Wellenlager<br />
zusammenfassend dargestellt. Für das Treibradmoment M gilt:<br />
M T G<br />
= F ⋅ r + F ⋅ f<br />
(2.14)<br />
M: Treibradmoment<br />
FT: Triebkraft<br />
FG: Gewichtskraft<br />
f: Hebelarm der rollenden Reibung<br />
r: wirksamer Rollradius (im Prinzip identisch mit dem vorher definierten Wert rth).<br />
In der Literatur findet häufig zusätzlich noch die Angabe für die Radumfangskraft FU. Diese Kraft ist real<br />
überhaupt nicht vorhanden und nur ein rechnerischer Wert.<br />
2-24
<strong>Fahrmechanische</strong> <strong>Grundlagen</strong><br />
f<br />
= FT<br />
+ F ⋅<br />
(2.15)<br />
r<br />
FU G<br />
Mit der Definition für den Rollwiderstandsbeiwert ρ<br />
f<br />
ρ =<br />
(2.16)<br />
r<br />
ergibt sich die einfache Gleichung:<br />
F U = FT<br />
+ FG<br />
⋅ ρ<br />
(2.17)<br />
Für den Rollwiderstandsbeiwert ρ liegen für verschiedene Bodenverhältnisse einige in Tabelle 2-10<br />
dargestellte Erfahrungswerte vor:<br />
Tabelle 2-10: Erfahrungswerte für Rollwiderstandsbeiwerte r<br />
Bodenart Vierradtraktor Kettentraktor<br />
Sumpf<br />
feuchter, schmieriger Boden<br />
nasser aufgeweichter schwerer Boden<br />
gepflügter sandiger Lehm<br />
fester Rüben- und Kartoffelacker<br />
loser Sand und Hochmoor<br />
trockener Stoppelacker<br />
feste Grasnarbe<br />
fester Feldweg<br />
Beton, Asphalt<br />
dreht durch<br />
dreht durch<br />
0,30...0,40<br />
0,20...0,30<br />
0,10...0,15<br />
0,13...0,18<br />
2-25<br />
0,15<br />
0,05...0,10<br />
0,05<br />
0,015<br />
0,10...0,15<br />
0,10<br />
0,10...0,15<br />
Der Rollwiderstandsbeiwert ρ ist abhängig vom Reifendurchmesser D (Bild 2-27). Mit steigendem<br />
Durchmesser nimmt der Rollwiderstandsbeiwert ρ ab. ρ sinkt verständlicherweise um so stärker, desto<br />
weicher der Boden ist.<br />
0,06
<strong>Fahrmechanische</strong> <strong>Grundlagen</strong><br />
Bild 2-27: Abhängigkeit des Rollwiderstandsbeiwertes r vom Reifendurchmesser D<br />
Außerdem gilt:<br />
• Diagonalreifen sind wegen der Verformung in der Aufstandsfläche schlechter (ca. 20 %) als<br />
Radialreifen<br />
• Schräglauf des Rades beim Pflügen ist deutlich schlechter als Geradeauslauf<br />
• je niedriger der Luftdruck pi im Reifen desto besser; je kleiner pi desto größer ist zwar die<br />
elastische Reifenverformung, die plastische Bodenverformung ist aber deutlich kleiner<br />
Aus diesen Überlegungen lässt sich die Notwendigkeit für Reifendruckanlagen für Fahrzeuge<br />
begründen, die häufig auf Straßen und Äcker fahren. Sie ermöglichen einen niedrigen Druck auf dem<br />
Feld und einen hohen Druck auf der Straße.<br />
Triebkraftbeiwert<br />
Wie bereits erwähnt, wird der Schlupf größer, wenn die Triebkraft größer wird. Irgendwann ist eine Grenze<br />
der maximal übertragbaren Triebkraft, die auf den Boden übertragen werden kann, erreicht. Dieser<br />
Grenzwert wird als Triebkraftbeiwert κ bezeichnet. Für die Bestimmung von κ gilt:<br />
F = κ ⋅ F<br />
(2.18)<br />
T<br />
G<br />
Der Triebkraftbeiwert κ ist also der Proportionalitätsfaktor zwischen der maximalen Triebkraft und der<br />
Radlast (inkl. Eigengewicht des Rades). Es gilt:<br />
FT<br />
κ =<br />
(2.19)<br />
F<br />
G<br />
Der Triebkraftbeiwert κ wird durch Messungen bestimmt. Er ist verständlicherweise abhängig vom Schlupf<br />
σ. Der Zusammenhang ist in Bild 2-28 dargestellt.<br />
Aus dem Verlauf ist eindeutig abzulesen, dass ein Rad um so niedrigere Triebkräfte übertragen kann, je<br />
weicher der Boden ist. Ebenso ist zu erkennen, dass die Räder um so schneller und leichter<br />
„Durchdrehen“ je flacher die Kurve verläuft. Als grobe Annäherung gilt für landwirtschaftlichen Einsatz bis<br />
zu einem Schlupf von etwa 30 % auf normalem Boden:<br />
2-26
<strong>Fahrmechanische</strong> <strong>Grundlagen</strong><br />
κ ≈ σ<br />
(2.20)<br />
Kettentraktoren haben verständlicherweise einen höheren Triebkraftbeiwert κ auf weicheren Böden.<br />
Hierfür gilt etwa:<br />
κ = 0,5(loser Sand, schmieriger<br />
Boden) bis 1,0 (fester Boden)<br />
(2.21)<br />
Bild 2-28: Triebkraftbeiwerte bei verschiedenen Bodenarten /Kut-89/<br />
Die in Bild 2-28 dargestellten Kurven setzen sich aus drei Einflußfaktoren zusammen:<br />
• Reifen und Stollendeformation<br />
• Bodendeformation<br />
• Gleiten in der Berührungsfläche<br />
Diese Anteile sind in Bild 2-29 prinzipiell dargestellt.<br />
2-27
<strong>Fahrmechanische</strong> <strong>Grundlagen</strong><br />
Bild 2-29: Prinzipielle Darstellung der einzelnen Schlupfanteile<br />
Wirkungsgradbetrachtung bei der Kraftübertragung:<br />
Für den Radwirkungsgrad ηT gilt:<br />
Nutzleistung<br />
am Ausgang<br />
T<br />
Eingangsleistung<br />
= η (2.22)<br />
FT<br />
⋅v<br />
FT<br />
⋅v<br />
η T = =<br />
(2.23)<br />
F ⋅v<br />
(F + F ⋅ ρ ) ⋅v<br />
U<br />
0<br />
v<br />
mit =1 −σ<br />
v<br />
0<br />
G<br />
T<br />
G<br />
0<br />
2-28<br />
(2.24)<br />
FT<br />
κ =<br />
(2.25)<br />
F<br />
κ<br />
ηT = ⋅ ( 1−<br />
σ )<br />
(2.26)<br />
κ + ρ<br />
Die Verluste bei der Kraftübertragung sind recht hoch. Als Faustwert gilt nach /Ren-85/, dass die<br />
Triebkraftverluste etwa doppelt so hoch sind wie die Getriebeverluste.<br />
Eine Verlustanalyse am treibenden Rad zeigt Bild 2-30. Danach gilt allgemein:<br />
• Bei einem kleinen Schlupf (< ca. 10 %) überwiegen die Rollwiderstandsverluste (wegen (1 - σ) ≈<br />
1)<br />
• Bei extrem kleinem Schlupf treten fast nur Rollwiderstandsverluste auf<br />
• Bei einem großen Schlupf (> ca. 20 %) überwiegen die Schlupfverluste (wegen<br />
(1 - σ)
<strong>Fahrmechanische</strong> <strong>Grundlagen</strong><br />
Bild 2-30: Verlustanalyse am treibenden Rad /Ren-85/<br />
Praktische Schlupfwerte:<br />
1) Bei einer schweren und langsamen Arbeit sind ca. 15 - 20 (25) % üblich. Anzustreben wären 10 - 15<br />
%, da sich eine Veränderung in diesem Bereich auf den Wirkungsgrad kaum auswirkt. In dem Beispiel<br />
in Bild 2-30 liegt der höchste Laufwerkwirkungsgrad bei etwa σ = ca. 10 %. Wegen der niedrigen<br />
Absolutwerte für die Geschwindigkeit (kleine Veränderungen von v0 wirken sich in der Beziehung σ = 1<br />
– v / vo relativ stark aus) „drehen die Räder leicht durch". Dies kann man verhindern, indem man<br />
zusätzliche Gewichte (Ballast) anbringt. Dadurch wird die übertragbare Zugkraft bei gleichem<br />
Triebkraftbeiwert κ größer. Zu beachten ist aber, daß dadurch höhere Bodendrücke und eine Gefahr<br />
der Achsüberlastung vorliegen.<br />
2) Bei einer schweren Arbeit mit höheren Geschwindigkeiten z.B. beim Eggen läuft man Gefahr auf dem<br />
linken Ast der Wirkungsgradkurve abzurutschen. Ein „Durchrutschen“ der Räder wirkt sich hier bei<br />
weitem nicht so stark aus, da die absolute Geschwindigkeit vo relativ groß ist (kleine Veränderungen<br />
von v0 wirken sich in der Beziehung σ = 1 – v / vo relativ wenig aus; der Quotient v / vo bleibt in der<br />
Nähe von 1 und damit σ klein). Von eminent größerer Bedeutung in diesem Fall ist die Reduzierung<br />
des Rollwiderstandes. Geringere Achslasten (keine Ballastierung; leichtere Traktoren) und große<br />
schmale Räder sind für diesen Einsatzfall wesentlicher sinnvoller. Grund: σ nimmt zwar ab [(1 - σ) ist<br />
maßgebend], aber der Rollwiderstand vergrößert sich stärker als der Schlupfwert sinkt. Damit wirkt<br />
sich bei gleichem Triebkraftbeiwert ein größerer Rollwiderstandsbeiwert stärker aus.<br />
2-29
<strong>Fahrmechanische</strong> <strong>Grundlagen</strong><br />
Bild 2-31: Mögliche Maßnahmen zur Erhöhung der Zugkraft<br />
2-30
<strong>Fahrmechanische</strong> <strong>Grundlagen</strong><br />
Maßnahmen zur Erhöhung der Zugkraft:<br />
1) je feuchter der Boden desto besser eignen sich Hochstollenreifen<br />
2) Radialreifen sind immer besser als Diagonalreifen<br />
3) mit breiteren Reifen wird schwere Bodenbearbeitung durchgeführt; Grenze Furchenbreite<br />
4) je größer der Durchmesser um so besser; noch wichtiger bei hoher Fahrgeschwindigkeit<br />
5) je niedriger der Reifendruck um so höher der Triebkraftbeiwert κ<br />
6) bei steigender Fahrgeschwindigkeit v sinkt der Triebkraftbeiwert κ<br />
7) bei steigender Fahrgeschwindigkeit v steigt der Rollwiderstand ρ<br />
Zusammenfassend gilt die Übersicht in Bild 2-32<br />
Auswirkungen<br />
auf<br />
Veränderungen<br />
am Reifen<br />
Reifenbreite<br />
vergrößern<br />
Reifeninnendruck<br />
erhöhen<br />
Reifeninnendruck<br />
senken<br />
Erhöhen der<br />
Radlast<br />
Bodenschonung<br />
2-31<br />
Rollwiderstandsbeiwert<br />
Triebkraftbeiwert<br />
Verbesserung Verschlechterung geringe Auswirkung<br />
Bild 2-32: Einflussfaktoren bei der Kraftübertragung Reifen/Boden /ILM2-02/<br />
Allgemein lassen sich die vorgestellten Ergebnisse zu nachstehenden Regeln für die Kraftübertragung<br />
Reifen/Boden zusammenfassen:<br />
1) Je fester der Boden ist, desto besser sind die Betriebseigenschaften von AS-Reifen.<br />
2) Je höher ein Reifen bezüglich seiner Tragfähigkeit ausgelastet ist, desto höher sind die<br />
Triebkraftbeiwerte.<br />
3) Je nasser ein Boden ist, um so vorteilhafter sind Reifen mit hohen Stollen.<br />
4) Radialreifen haben auf trockenen Böden einen steileren Triebkraftbeiwert als Diagonalreifen<br />
5) Schmale Reifen mit großem Durchmesser sind günstiger als breite Reifen mit geringem<br />
Durchmesser.<br />
6) Raupenlaufwerke können höhere Zugkräfte übertragen als luftbereifte Fahrzeuge.<br />
7) Das Multi-Pass-Prinzip verbessert die Zugkraftübertragung.
<strong>Fahrmechanische</strong> <strong>Grundlagen</strong><br />
Allgemeine Regeln für eine effiziente Traktion von Luftreifen /Ren-85/:<br />
1) Luftdruck so niedrig wie möglich einstellen<br />
2) Großzügige Bereifung wählen<br />
3) Radialreifen bevorzugen<br />
4) Schlupf beobachten, Ziel 10 - 15 %<br />
5) Hochstollenreifen nur für weichen Boden einsetzen<br />
6) "Multipass-Effekt" anstreben (Spur-in-Spur-fahren)<br />
Vorteil: Vorderräder verdichten den Boden; dadurch κh > κv<br />
Nachteil: durch „Mehrfachverdichtung“ Bodenverfestigung höher<br />
7) Große Reifendurchmesser vor Reifenbreite bevorzugen<br />
8) Schräglauf vermeiden<br />
2.6 Literatur<br />
/Ric-01/ Richwien, W.: Bodenmechanik. Vorlesungsmanuskript. Universität Essen ·<br />
Fachbereich Bauwesen · Grundbau und Bodenmechanik. 2001<br />
/ILM1-00/ Harms, H.-H.: Landmaschinen und Traktoren I. Vorlesungsmanuskript.<br />
Technische Universität Braunschweig. Institut für Landmaschinen und<br />
Fluidtechnik. Braunschweig 2000.<br />
/ILM2-02/ Harms, H.-H.: Landmaschinen und Traktoren 2. Vorlesungsmanuskript.<br />
Technische Universität Braunschweig. Institut für Landmaschinen und<br />
Fluidtechnik. Braunschweig 2002.<br />
/Scu-01/ Schulz, R.: Erdbaumaschinen. Vorlesungsmanuskript. Technische Universität<br />
Braunschweig. Institut für Landmaschinen und Fluidtechnik. Braunschweig<br />
2001<br />
/Kut-89/ Kutzbach, H.-D.: Allgemeine <strong>Grundlagen</strong> Ackerschlepper, Fördertechnik.<br />
Lehrbuch der Agrartechnik Band 1, Berlin 1989<br />
/Ren-85/ Renius, K. T.: Traktoren: Technik und ihre Anwendung. München 1985<br />
/Eic-85/ Eichhorn, H.: Landtechnik, Verlag Eugen Ulmer, Stuttgart 1985<br />
/Söh-53/ Söhne, W.: Druckverteilung im boden und Bodenverformung unter<br />
Schlepperreifen. <strong>Grundlagen</strong> der Landtechnik, H. 5. S. 49 – 63, 1953<br />
2-32