hochmeister zeitung - Evangelische Hochmeister-Kirchengemeinde
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Die berufliche Bildung ist in<br />
Deutschland durch das Berufsbildungsgesetz<br />
(BBiG)<br />
aus dem Jahre 1969 geregelt. Seitdem<br />
hat sich allerdings die duale Berufsausbildung<br />
wesentlich verändert. In einer<br />
grundlegenden Reform will daher die<br />
Bundesregierung auf veränderte Rahmenbedingungen<br />
und Anforderungen<br />
reagieren. So hat seit den 70er Jahren<br />
die Zahl der vollschulisch absolvierten<br />
Ausbildungen erheblich zugenommen:<br />
Nahezu 200.000 Auszubildende<br />
werden gegenwärtig ausschließlich<br />
durch schulische Angebote auf einen<br />
Beruf vorbereitet. Verändert haben<br />
sich auch die Anforderungen an die<br />
Durchlässigkeit des Berufsbildungssystems.<br />
Junge Menschen suchen<br />
zunehmend nach einer Verknüpfung<br />
der beruflichen und allgemeinen Bildung<br />
und Schulabgänger, aber auch<br />
Berufstätige streben nach weiterführenden<br />
Qualifikationen und Zugang<br />
zu einer Hochschule. In Berlin hat das<br />
neue, seit Januar geltende Schulgesetz<br />
die doppelt qualifizierenden Bildungsgänge<br />
rechtlich gestärkt und ausgebaut<br />
(§33 SchulG) und zudem mit der<br />
Berufsoberschule (§32 SchulG) eine<br />
neue berufliche Schulart geschaffen,<br />
die es Schülerinnen und Schülern mit<br />
einem mittleren Schulabschluss und<br />
einer Berufsausbildung oder einer<br />
fünfjährigen beruflichen Tätigkeit ermöglicht,<br />
die fachgebundene Hochschulreife<br />
zu erwerben. Sofern eine<br />
zweite Fremdsprache nachgewiesen<br />
wird, ist sogar das Abitur möglich. Insgesamt<br />
hat sich der Trend verstärkt,<br />
berufliche und allgemeine Bildung als<br />
gleichwertig zu betrachten und die<br />
Durchlässigkeit des Schulsystems weiter<br />
zu fördern.<br />
Diese Entwicklung versucht, einen<br />
wesentlichen Schwachpunkt der bisherigen<br />
beruflichen Bildung zu behe-<br />
Seite 10<br />
Ü B E R D E N K I R C H T U R M H I N A U S<br />
Berufsbildung im Aufbruch<br />
ben: Die duale Struktur, also das Zusammenspiel<br />
zwischen Wirtschaft und<br />
Staat bei der Ausgestaltung und Bewertung<br />
der Berufsbilder, Lehrinhalte<br />
und Prüfungsabschlüsse stellt zwar<br />
einerseits eine Passung zwischen schulischen<br />
Inhalten und tatsächlich geforderten,<br />
berufpraktischen Fähigkeiten<br />
und Kenntnissen her. Doch bisher<br />
blieb die berufliche Bildung stark von<br />
konjunkturellen Zyklen abhängig.<br />
Auch gingen die schulischen Leistungen<br />
nicht in die abschließende<br />
IHK- Prüfung ein und fehlte weitgehend<br />
eine Kooperation zwischen<br />
Schulen, Kammern und Ausbildungsbetrieben<br />
im Hinblick auf regionale<br />
Entwicklungen des Arbeitsmarktes.<br />
Die Erweiterung des europäischen<br />
Wirtschaftsraums, aber auch die verstärkte<br />
Internationalisierung vieler<br />
Berufe zwingen nunmehr auch das<br />
deutsche System der Berufsbildung zu<br />
einer größeren Flexibilität und Transparenz.<br />
Denn im europäischen Vergleich<br />
wird nicht nur im Bereich der<br />
Grundschulen und Gymnasien ein<br />
erheblicher Rückstand des deutschen<br />
Bildungssystems sichtbar, sondern<br />
auch die berufliche Bildung steht vor<br />
neuen Aufgaben.<br />
Eine zentrale Bedeutung gewinnen<br />
bei dieser Neuausrichtung die sogenannten<br />
länderübergreifenden Kompetenzstandards:<br />
Schulen und Lehrende<br />
müssen sich fragen, welche Standards<br />
im Blick auf lebenslange, weiterführende<br />
Lern- und Arbeitsprozesse<br />
vermittelt werden sollen, wie diese<br />
Standards im Rahmen der dualen<br />
Ausbildung erworben und wechselseitig<br />
vertieft werden könnten und wie<br />
schließlich durch neuartige Prüfungsformen<br />
eine Sicherung länderübergreifender<br />
Standards für die beruflichen<br />
Schulen möglich wird. Angesichts<br />
der Vielfalt der Berufe und<br />
Zugangswege zum Beruf ist dieses<br />
sicherlich keine leicht zu bewältigende<br />
Aufgabe! Gegenwärtig zeichnet<br />
sich in der berufpädagogischen Diskussion<br />
ein Rückgriff auf das Konzept<br />
der Schlüsselqualifikationen ab, das<br />
bereits 1974 erstmals zur Verbindung<br />
berufsfeldtypischer wie berufsfeldübergreifender<br />
Anforderungen eingeführt<br />
wurde. Um junge Menschen auf<br />
die Qualifikationsanforderungen des<br />
Fortsetzung auf Seite 11<br />
Der Autor unterrichtet am Oberstufenzentrum Informations- und<br />
Medizintechnik, Neukölln. mail: doebler@oszimt.de<br />
weiterführende Information zur Berufschule in Berlin unter:<br />
www.senbjs.berlin.de/schule/ und im Europäischen Bildungsbericht unter:<br />
http://www.bmbf.de/pub/allgemeine_und_berufliche_bildung_2010.pdf