Kronzeugenregelung als Königsweg? - Fakultätsvertretung Jus ...
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sErIE<br />
Das Budgetbegleitgesetz 2011, das am 30. November<br />
2010 beim Nationalrat <strong>als</strong> Regierungs vorlage eingelangt<br />
ist und wohl im Jahr 2010 vom Nationalrat<br />
beschlossen wird, verkürzt für Rechtspraktikant/<br />
innen die Ausbildungszeit von neun auf fünf Monate<br />
(§ 5 Abs 2 RPG nF) und den Ausbildungsbeitrag von<br />
monatlich brutto 1.274,20 auf 1.035 Euro (§ 17 Abs<br />
1 RPG nF).<br />
Diese Änderungen des Rechtspraktikanten gesetzes<br />
treten mit 1. Juli 2011 in Kraft (§ 29 Abs 2f Z 2 RPG<br />
nF) und sind auf Zulassungswerber/innen anzuwenden,<br />
die ihren (erstmaligen) Antrag auf Zulassung zur<br />
Gerichtspraxis ab dem 1. Juli 2011 stellen (vgl § 28a<br />
RPG nF). Die für die Zulassung zur Rechtsanwaltsprüfung,<br />
für die Aufnahme in den richterlichen Vorbereitungsdienst<br />
sowie für die Eintragung <strong>als</strong> Notariats kandidat/<br />
in notwendige Ausbildungs zeit bei Gericht <strong>als</strong><br />
Rechtspraktikant/in wird entsprechend von neun auf<br />
fünf Monate herabgesetzt (§ 2 Abs 1 RAPG nF; § 2 Abs<br />
1 Z 5 RStDG nF; § 117a Abs 2 NO nF).<br />
Nach den Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage<br />
soll durch diese Änderungen „sowohl eine<br />
budgetäre Entlastung <strong>als</strong> auch eine Minderung des<br />
Platzmangels an vielen Gerichten erreicht werden“<br />
(EBRV 981 BlgNR 24. GP 4). „Im ersten Ausbildungsmonat<br />
erfolgen erfahrungsgemäß hauptsächlich eine<br />
erste Einweisung und grundlegende Einschulung. Es<br />
erscheint daher, vor dem Hintergrund einer künftig grundsätzlich<br />
fünfmonatigen Gerichtspraxis gerechtfertigt,<br />
betraglich in etwa von vier Monaten (nach derzeitigen<br />
Ansätzen) auszugehen“ (EBRV 981 BlgNR 24. GP 99).<br />
Die gleichen Ausführungen waren bereits in den<br />
Erläuternden Bemerkungen zum Ministerial entwurf für<br />
das Budgetbegleitgesetz <strong>Jus</strong>tiz 2011–2013 enthalten<br />
(EBME 233/ME 24. GP 5). Die zu diesem Ministerialentwurf<br />
zahlreich eingegangenen Stellungnahmen –<br />
unter anderem der <strong>Fakultätsvertretung</strong>en Rechtswissenschaften<br />
der Universitäten Graz, Innsbruck, Linz und<br />
Wien, der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der<br />
Universität Innsbruck, des österreichischen Rechtsanwaltskammertags,<br />
von Richteramts anwärter/innen und<br />
Richter/innen sowie von ao. Univ.Prof. Dr. Alexander<br />
Tipold – kritisierten die Verkürzung der Ausbildungszeit<br />
und des Aus bildungsbeitrags. Trotz der sachlich begrün<br />
12 Juristl | Jänner 2011<br />
AbsolventInnenecke<br />
änderungen bei der gerichtspraxis<br />
deten Kritik wurden die Änderungen des Ministerialentwurfs<br />
in die Regierungsvorlage unverändert übernommen.<br />
Die Gerichtspraxis bietet angehenden Jurist/innen die<br />
Brücke zwischen theoretischer Universitätsausbildung<br />
und juristischer Praxis. Durch eine Verkürzung der<br />
Ausbildungszeit kann eine sinnvolle Ausbildung der<br />
Rechtspraktikant/innen nicht mehr gewährleistet werden.<br />
Nach einer einmonatigen Einschulung bleiben nur<br />
noch vier Monate, um einen möglichst umfassenden<br />
Einblick in die richterliche Tätigkeit und den Vorgängen<br />
bei Gericht zu erhalten.<br />
Das bedeutet bei der Ausbildung von Jurist/innen nicht<br />
bloß Stillstand, sondern sogar Rückschritt! Und das in<br />
einer Zeit, in der Bildung von wesentlicher Bedeutung<br />
ist. Durch diese Einschränkung wird die Ausbildungslast<br />
stärker den Ausbildungsberufen in der Praxis übertragen,<br />
wobei diesen wesentlich weniger Zeit bleibt und<br />
nicht für eine umfassend juristische Ausbildung gesorgt<br />
ist.<br />
Für die <strong>Jus</strong>tiz selbst wird die kurze Zeit wohl nicht<br />
ausreichen, um zu erkennen, ob die betreffenden<br />
Personen für die Übernahme in den richterlichen<br />
Vorbereitungsdienst geeignet sind. Sollen jedoch<br />
Bewerber/innen für die Übernahme längere Zeit am<br />
Gericht verbleiben, hätte die Verkürzung der<br />
Ausbildungszeit keinen Sinn und müssten die betreffenden<br />
Personen längere Zeit für einen geringen<br />
Ausbildungsbeitrag im Ungewissen verbleiben, ob sie<br />
letztlich in den richterlichen Vorbereitungsdienst übernommen<br />
werden. Durch die Verkürzung wird die<br />
Ausbildung der österreichischen Jurist/innen drastisch<br />
beeinträchtigt.<br />
Zur Reduzierung des Ausbildungsbeitrags ist grundsätzlich<br />
festzuhalten, dass die Tätigkeit eines/r<br />
Rechtspraktikanten/in juristische Kenntnisse im Umfang<br />
eines Hochschulstudiums erfordert. Dem entsprechend<br />
übernimmt diese Berufsgruppe auch sehr verantwortungsvolle<br />
<strong>Jus</strong>tizaufgaben wie etwa die Formulierung<br />
von Urteilsentwürfen oder die Belehrung von Parteien.<br />
Nunmehr wird der in den letzten Jahren nicht an die<br />
Inflation angepasste Ausbildungsbeitrag für dieselbe<br />
Tätigkeit sogar noch herabgesetzt!<br />
Mag. Günther R. Rebisant<br />
Vorsitzender der Studienvertretung<br />
Doktorat<br />
guenther.rebisant@fvjus.at<br />
Verkürzung der Ausbildungszeit<br />
und des Ausbildungsbeitrags<br />
Doktoratsberatung im Büro der<br />
FV <strong>Jus</strong> jeden Donnerstag von<br />
17 bis 19 Uhr