08.02.2013 Aufrufe

Neues vom CFG - Heft 27 - Herbst 2009 (PDF

Neues vom CFG - Heft 27 - Herbst 2009 (PDF

Neues vom CFG - Heft 27 - Herbst 2009 (PDF

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

19<br />

Studien- und Berufswahl: Ehemalige berichten, 8. Folge<br />

Lehramtsstudium in Peru? Christine Vossen berichtet von ihren Abenteuern.<br />

Als ich vor ziemlich genau vier Jahren mein<br />

Abitur in der Tasche hatte, war ich eine von<br />

den Eifelern, deren persÄnlicher Erfahrungsbereich<br />

nicht Éber die Grenzen KÄlns hinausging,<br />

und irgendwie war ich auch davon<br />

Éberzeugt, dat et wo andrs uch ja net e so<br />

anders sin kÄnnt. Heute weià ich: Da lag ich<br />

falsch. VÄllig falsch! Und es sind eben nicht<br />

die groàen Dinge, die man als Mitteleuropáer<br />

so nebenbei im Fernsehen mitbekommt,<br />

sondern die kleinen Dinge, die den groàen<br />

Unterschied machen und mich auch nach fast<br />

fÉnf Monaten in Peru immer wieder zum<br />

Lachen und zum Verzweifeln bringen.<br />

Die erste Regel, in der ich mich Ében musste,<br />

als ich den lateinamerikanischen Boden<br />

betrat, ist Geduld bewahren. Wer námlich<br />

meint, dass der deutsche Organisationszwang,<br />

der sich durch sámtliche Lebensbereiche<br />

zieht, hier auch so ausgeprágt ist, der<br />

hat sich gewaltig geschnitten. Das fángt<br />

schon mit den Äffentlichen Verkehrsmitteln<br />

an. ZÉge gibt es hier grundsátzlich nicht,<br />

sondern Busse, Taxen und Motortaxen - ein<br />

Wágelchen, das an ein Moped gespannt wird<br />

und zwei bis drei Personen Platz bietet. Die<br />

Fahrpreise sind nicht festgelegt und erst<br />

recht gibt es kein Taxameter, welches den<br />

Fahrpreis in ein Verháltnis von Zeit und<br />

Strecke setzt, sondern mit den Taxifahrern<br />

muss verhandelt werden. Wer da nicht ungefáhr<br />

weià, wie viel fÉr eine bestimmte Strecke<br />

verlangt werden kann und dann auch<br />

noch weiàe Haut hat, der wird ordentlich<br />

Éber den Tisch gezogen. Die LÄsung ist,<br />

einen Taxifahrer nach dem Preis zu fragen<br />

und unabhángig von der Antwort so zu tun,<br />

als sei das viel zu teuer. Dann den náchsten<br />

Taxifahrer nach dem Preis fragen! Mit drei<br />

Preisvorschlágen ist dann der angemessene<br />

Fahrpreis klar. Sehr lustig ist auch das peruanische<br />

Bussystem. Wer hier nach einer<br />

Bushaltestelle sucht, láuft sich jeck, denn<br />

hier gibt es schlichtweg keine Haltestelle.<br />

Mit dem Wissen, welche Strecken die Busse<br />

immer fahren, stellt man sich an den Straàenrand<br />

und streckt die Hand aus, wenn einer<br />

vorbeikommt. Mit etwas GlÉck kommt<br />

schon innerhalb der náchsten zehn Minuten<br />

ein Bus, in dem noch Platz ist. Im Bus gibt<br />

es kaum Raum fÉr die Beine, denn die Busse<br />

sind nur vier Meter lang und zwei Meter<br />

hoch und werden mit mindestens sechzehn<br />

Mann und háufig auch mit in TÉten eingepackten,<br />

lebenden Háhnen beladen. FÉr<br />

Kurzstreckenbusreisen werden keine Tickets<br />

gekauft, sondern irgendwann wáhrend der<br />

Fahrt bar bezahlt. Wáhrend einem durch die<br />

Boxen laute Latino-Rhythmen entgegenhallen,<br />

kann man sich Éberlegen an welcher<br />

Ecke man genau aussteigen will, denn ohne<br />

Bushaltestellen ist das praktisch Éberall<br />

mÄglich. Die Busfahrten hier sind immer<br />

wieder ein spannendes Erlebnis.<br />

Aber Geduld ist nicht nur in Bezug auf das<br />

Verkehrssystem gefragt. Beispielsweise gibt<br />

es in vielen kleinen Gescháften, wie in Báckereien<br />

oder Cafeterien, ein zweigeteiltes<br />

Kassensystem. Zunáchst wird an der Kasse<br />

bezahlt und dann mit einem Zettel vor der<br />

Warenausgabe Schlange gestanden. Beim<br />

Anstellen muss mit etwas KÄrpereinsatz der<br />

Platz verteidigt werden und die gewÉnschten<br />

Produkte mÉssen dem Verkáufer zugerufen<br />

werden.<br />

Wie es mich nach Peru verschlagen hat? Ich<br />

studiere Spanisch und Theologie auf Lehramt<br />

Gymnasium und wollte immer schon<br />

mal ein Jahr in Lateinamerika studieren. Seit<br />

anderthalb Jahren bin ich mit einem Peruaner<br />

zusammen, der letztes Jahr wieder zurÉck<br />

nach Peru gegangen ist und mir auch geholfen<br />

hat, Kontakt mit der Uni aufzunehmen,<br />

an der ich jetzt studiere. Meine Uni ist eine<br />

katholische Privatuniversitát und daher war<br />

es auch sehr viel einfacher, angenommen zu<br />

werden, weil die privaten Hochschulen natÉrlich<br />

sehr viel mehr StudiengebÉhren erheben<br />

und von Auslandsstudenten profitieren.<br />

Als Auslánder bezahle ich in Peru fast so<br />

viel pro Semester wie in Deutschland. Ich<br />

habe an zwei anderen staatlichen Schulen<br />

von Deutschland aus angerufen, aber diese<br />

wollten mich nur fÉr das erste Semester zulassen,<br />

was mir dann in KÄln nicht anerkannt<br />

worden wáre. Daher habe ich mich fÉr eine<br />

Privatuniversitát entschieden, die mir sehr<br />

viel Freiraum in der Wahl meiner Kurse<br />

bietet. Wer also an eine Universitát gehen<br />

mÄchte, die kein Austauschprogramm mit<br />

der eigenen Uni hat, der sollte schon gut<br />

Spanisch sprechen kÄnnen, um immer wie-

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!