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Neues vom CFG - Heft 27 - Herbst 2009 (PDF

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Studien- und Berufswahl: Ehemalige berichten, 8. Folge<br />

Lehramtsstudium in Peru? Christine Vossen berichtet von ihren Abenteuern:<br />

Als ich vor ziemlich genau vier Jahren mein Abitur in der Tasche hatte, war ich eine von den<br />

Eifelern, deren persÄnlicher Erfahrungsbereich nicht Éber die Grenzen KÄlns hinausging, und<br />

irgendwie war ich auch davon Éberzeugt, dat et wo andrs uch ja net e so anders sin kÄnnt.<br />

Heute weià ich: Da lag ich falsch. VÄllig falsch! Und es sind eben nicht die groàen Dinge, die<br />

man als Mitteleuropáer so nebenbei im Fernsehen mitbekommt, sondern die kleinen Dinge,<br />

die den groàen Unterschied machen und mich auch nach fast fÉnf Monaten in Peru immer<br />

wieder zum Lachen und zum Verzweifeln bringen.<br />

Die erste Regel, in der ich mich Ében musste, als ich den lateinamerikanischen Boden betrat,<br />

ist Geduld bewahren. Wer námlich meint, dass der deutsche Organisationszwang, der sich<br />

durch sámtliche Lebensbereiche zieht, hier auch so ausgeprágt ist, der hat sich gewaltig<br />

geschnitten. Das fángt schon mit den Äffentlichen Verkehrsmitteln an. ZÉge gibt es hier<br />

grundsátzlich nicht, sondern Busse, Taxen und Motortaxen - ein Wágelchen, das an ein<br />

Moped gespannt wird und zwei bis drei Personen Platz bietet. Die Fahrpreise sind nicht<br />

festgelegt und erst recht gibt es kein Taxameter, welches den Fahrpreis in ein Verháltnis von<br />

Zeit und Strecke setzt, sondern mit den Taxifahrern muss verhandelt werden. Wer da nicht<br />

ungefáhr weià, wie viel fÉr eine bestimmte Strecke verlangt werden kann und dann auch noch<br />

weiàe Haut hat, der wird ordentlich Éber den Tisch gezogen. Die LÄsung ist, einen Taxifahrer<br />

nach dem Preis zu fragen und unabhángig von der Antwort so zu tun, als sei das viel zu teuer.<br />

Dann den náchsten Taxifahrer nach dem Preis fragen! Mit drei Preisvorschlágen ist dann der<br />

angemessene Fahrpreis klar.<br />

Sehr lustig ist auch das peruanische Bussystem. Wer hier nach einer Bushaltestelle sucht, láuft<br />

sich jeck, denn hier gibt es schlichtweg keine Haltestelle. Mit dem Wissen, welche Strecken<br />

die Busse immer fahren, stellt man sich an den Straàenrand und streckt die Hand aus, wenn<br />

einer vorbeikommt. Mit etwas GlÉck kommt schon innerhalb der náchsten zehn Minuten ein<br />

Bus, in dem noch Platz ist. Im Bus gibt es kaum Raum fÉr die Beine, denn die Busse sind nur<br />

vier Meter lang und zwei Meter hoch und werden mit mindestens sechzehn Mann und háufig<br />

auch mit in TÉten eingepackten, lebenden Háhnen beladen. FÉr Kurzstreckenbusreisen<br />

werden keine Tickets gekauft, sondern irgendwann wáhrend der Fahrt bar bezahlt. Neben dem<br />

Fahrer gibt es námlich noch einen so genannten „Sucher“, dessen Aufgabe es ist den Kopf am<br />

Fenster rauszustrecken, um potentielle Fahrgáste zu erspáhen und ihnen schon von weitem<br />

das Fahrtziel zuzurufen und spáter das Geld einzusammeln. Wáhrend einem durch die Boxen<br />

laute Latino-Rhythmen entgegenhallen, kann man sich Éberlegen an welcher Ecke man genau<br />

aussteigen will, denn ohne Bushaltestellen ist das praktisch Éberall mÄglich. Die Busfahrten<br />

hier sind immer wieder ein spannendes Erlebnis.<br />

Aber Geduld ist nicht nur in Bezug auf das Verkehrssystem gefragt. Beispielsweise gibt es in<br />

vielen kleinen Gescháften, wie in Báckereien oder Cafeterien, ein zweigeteiltes<br />

Kassensystem. Zunáchst wird an der Kasse bezahlt und dann mit einem Zettel vor der<br />

Warenausgabe Schlange gestanden. Beim Anstellen muss mit etwas KÄrpereinsatz der Platz<br />

verteidigt werden und die gewÉnschten Produkte mÉssen dem Verkáufer zugerufen werden.<br />

Als ich mir vor einer Weile eine Wimperntusche im Supermarkt kaufen wollte, musste ich<br />

feststellen, dass sich diese Art Kosmetikartikel hinter verschlossener GlastÉre befinden. Also<br />

suchte ich einen zustándigen Verkáufer, den ich zwar nicht fand, dafÉr aber jemanden, der<br />

wohl wusste, wer zustándig war, und sich bereit erklárte diesen zu suchen. Einige Minuten<br />

spáter kam er zurÉck und meinte, dass der Zustándige heute nicht zur Arbeit erschienen sei<br />

und daher auch leider nicht der SchlÉssel fÉr den Schrank da sei. An dem Tag hab ich dann<br />

keine Wimperntusche gekauft. Bei wichtigen Káufen sollte also auf gar keinen Fall bis zum<br />

letztmÄglichen Tag gewartet werden, denn háufig mÉssen bestimmte Waren erst extra bestellt<br />

werden. Letzte Woche landete ich in einem Restaurant, das vorÉbergehend keine warmen<br />

Spesen verkaufen konnte, da der Lieferant mit dem Gas noch nicht angekommen war.

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