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August 2008 - Metzerlen-Mariastein

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Die Käufer seien von Krankheiten heimgesucht und von ihren Frauen hintergangen worden.<br />

Einige der unseligen Bucheggberger hätten so gelitten, dass sie geläutert zum Katholizismus<br />

übergetreten seien. (...)<br />

So einig sich die Metzerler bei der Verteidigung des Klosters waren, so zerstritten waren sie<br />

unter sich. Die einzelnen Familien verteilten sich in den Jahren um 1900 auf die beiden<br />

damaligen grossen Parteien: Die Katholisch-Konservativen und die Radikalen, die heutigen<br />

Freisinnigen. Die Gemeindeversammlungen dauerten oft stundenlang oder mussten gar<br />

vertagt werden, weil jedes Geschäft höchst umstritten war. Zwischendurch gingen die<br />

Männer jeweils kurz ins Restaurant, um ihren Ärger über die Gegenpartei hinunterzuspülen,<br />

die Katholisch-Konservativen ins Kreuz, die Freisinnigen ins Rössli. Auch nach den<br />

Versammlungen gingen die Widersacher ihre eigenen Wege, die sich nicht einmal beim<br />

Abliefern der Milch kreuzten. Die konservativen und die freisinnigen Bauern hatten je ein<br />

eigenes Milchhüsli. Und am Abend spielten sie in zwei verschiedenen Musikvereinen.<br />

Musikalisch wirkte sich die Konkurrenz vielleicht noch belebend aus. Das übrige Dorfleben<br />

lähmte sie aber. (...)<br />

In der Kriegszeit schien die Dorfpolitik plötzlich nicht mehr so wichtig. Die Männer standen an<br />

der Grenze, daheim schauten die Frauen zum Rechten. „Man musste einander helfen“,<br />

erinnert sich Theo Schaffter heute. „Nach diesen gemeinsamen Erfahrungen hatten vor<br />

allem wir Jungen endgültig genug von den alten Streitereien“, sagt er. Zusammen mit seinem<br />

Bruder Kurt ging er darum irgendwann nach dem Krieg auch ins Rössli. Die beiden<br />

Schaffter-Buben zu Gast bei Koeningers! Was früher undenkbar gewesen wäre, sorgte jetzt<br />

für Freude. „Sie war fast so gross wie die Überraschung“, sagt Theo Schaffter.<br />

Auch das Kreuz veränderte sich in dieser Zeit stark. Vor dem Krieg wurde in der Wirtschaft<br />

vor allem politisiert, getratscht, Karten gespielt und gesungen. Dazu trank man Kaffee, Wein,<br />

Bier und Schnaps. Frauen kamen bis zum 2. Weltkrieg nicht ins Wirtshaus. Dann wurde im<br />

Kreuz zumindest an den Sonntagen auch gekocht und die vornehmen Basler führten ihre<br />

Frauen nach <strong>Metzerlen</strong> zum Mittagessen aus. Noch wichtiger wurde das Essen fürs Kreuz<br />

im Boom der 60er Jahre.<br />

Damals wurde auch im Hinteren Leimental viel gebaut, die Arbeiter hatten Hunger und Marta<br />

Schaffter kochte für sie. Ihre Kochkünste sprachen sich herum und bald kamen die Gäste<br />

auch am Abend. Für die Schaffter’s bedeutete das viel Arbeit. Marta stand immer häufiger in<br />

der Kreuz-Küche, schmiss daneben den Haushalt und zog auch noch acht Kinder auf. Kurt,<br />

ihr Mann, führte den Hof, war als CVP-Politiker jahrelang Gemeindepräsident und gab<br />

daneben den charmanten Gastgeber im Kreuz. Es kamen immer mehr Gäste und aus der<br />

Bauernbeiz wurde allmählich ein Kleinunternehmen, mit Angestellten in der Küche und im<br />

Service. Gleichzeitig wurde die Arbeit im Hof immer anspruchsvoller, so dass es irgendwann<br />

fast nicht mehr möglich war, die beiden Häuser gemeinsam zu führen. Schliesslich<br />

übernahm Kurt, der älteste Sohn, den Bauernhof, Stefan, der jüngste, das Kreuz. Zusammen<br />

mit seiner Frau Anita baute er das Restaurant weiter aus. (...)<br />

Das Kreuz ist zu einer erfolgreichen Essbeiz geworden und trotzdem ein Familienbetrieb<br />

geblieben. Die Familienanlässe gehören weiterhin dazu wie das Cordon Bleu auf die<br />

Menukarte. Marta feiert jeweils mit allen Kindern, Kindeskindern und Kindeskindeskindern<br />

im Kreuz. Mit Anhang kommen jeweils rund 70 Familienangehörige zusammen.<br />

Weihnachten beispielsweise wird jedes Jahr gleich gefeiert: Nach dem Apéro folgt die<br />

Diskussion um die Tischordnung, Essen, Kerzen anzünden, Singen von Weihnachtsliedern,<br />

Weihnachtsgeschichte, Dessert, Schnaps, Diskutieren, Singen von alten Volksliedern. Das<br />

ganze Fest ist ein Ritual, bei dem nichts fehlen darf.<br />

Sisch ebe immer eso gsi. Oder zumindest seit 250 Jahren.<br />

33<br />

Michael Rockenbach<br />

(Dieser Text ist ein Auszug aus der Familienchronik „Die Schaffter-Dynastie im Kreuz – ein Blick zurück“ die im<br />

Oktober erscheint. Interessenten können bei Ursula Landolf, 061 712 04 42 im Voraus einen Band bestellen.)

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