Ester Nelly Abuter Ananías - Fachbereich Philosophie und ...

Michaela Holdenried ( Albert-Ludwigs-Universität Freiburg, Germany )
Vom ‘Volk ohne Raum’ ins Land der Zukunft . Stefan Zweigs melancholische
brasilianische Utopie
Stefan Zweigs Exilbuch über das Land, das ihm politische Zufl ucht gewährte, als
er vor den Nazis fl iehen musste, Brasilien. Land der Zukunft ( 1941 ) soll für eine
bestimmte Form der Annäherung von Exilanten an ihre Gastländer stehen, die
nicht verallgemeinerbar ist. Zweig, der auch schon seine Indien-Reise-Erlebnisse
veröff entlicht hatt e ( Fahrten, Landschaft en und Städte, 1919 ), war mit dem Genre
des Reiseberichts bestens vertraut. Sein Buch, in dem er ein Land beschreibt,
in dem sich für ihn aufgrund gerade des ungeheuren kreativen Potentials der
mestizaje, der Mischkulturen, Zukunft shaltigkeit manifestiert, verbindet Elemente
aus verschiedenen Subgenres der Reiseliteratur und folgt geradezu in klassischer
Manier den Brasilienberichten früherer Reisender, in denen die Einfahrt in die
Bucht von Guanabara einen fast mystischen Ton erhielt ( bei Jean de Léry war dies
schon so, auf den sich wiederum Lévi-Strauss bezieht ). Wie ihm selbst soll sich
Rio den Lesenden als ein zu entziff ernder Text darstellen ; im Spazierengehen wird
der Text durchschritt en, und die Stadt gibt dem Fußgänger oder aus der Stadt
Hinausfahrenden mehr und mehr ihre Geheimnisse frei.
Zweigs Hymne auf Brasilien hängt mit der Situation des Exils und dem eigenen
Ende scheinbar in keiner Weise zusammen. Die Fragestellung des Vortrages wird es
daher sein, in welcher Weise die psychische Grenzsituation des Exils und der Versuch
einer Selbststabilisierung über die brasilianische Utopie einer tropischen Moderne im
Medium des Reiseberichts ihren Niederschlag fi nden.
Email laholde@gmx.net
Section Emigration and Exile
Panel 40
Date July 29
Time 13 :15
Location k l 29/208