ABSTRACTS 'Extreme Discharges' - CHR-KHR
ABSTRACTS 'Extreme Discharges' - CHR-KHR
ABSTRACTS 'Extreme Discharges' - CHR-KHR
Create successful ePaper yourself
Turn your PDF publications into a flip-book with our unique Google optimized e-Paper software.
Peter Schmoker<br />
Berner Fachhochschule, bhc Projektplanung<br />
Mühlematteweg 7, CH-3752 Wimmis, Switzerland<br />
peter.schmoker@bhc.projektplanung.ch<br />
Einordnung von Extremhochwassern<br />
Im Mai 1999 hat der Thuner See einen historischen Höchststand von 559.17 m ü.M. erreicht. Dies hat einerseits<br />
zu erheblichen Überflutungsschäden rund um den See geführt, andrerseits hat die Aare als Abfluss aus dem<br />
Thuner See ein Hochwasser verzeichnet, das zu bedeutenden Überschwemmungen zwischen Thun und Bern<br />
geführt hat (HQ Aare Bern Schönau: 620 m³/s).<br />
[m ü.M.]<br />
559.4<br />
559.2<br />
559<br />
558.8<br />
558.6<br />
558.4<br />
558.2<br />
558<br />
557.8<br />
557.6<br />
557.4<br />
557.2<br />
Maximale Pegel Thunersee<br />
1905<br />
1910<br />
1915<br />
1920<br />
1925<br />
1930<br />
1935<br />
1940<br />
1945<br />
1950<br />
1955<br />
1960<br />
1965<br />
1970<br />
1975<br />
1980<br />
1985<br />
1990<br />
1995<br />
2000<br />
Eine statistische Einordnung des Ereignisses ist<br />
schwierig. Streng genommen sind die Voraussetzungen<br />
für die Anwendung der Extremwertstatistik<br />
nicht erfüllt. Durch die Seeregulierung sind sowohl<br />
der Wasserstand des Sees als auch die Abflüsse der<br />
Aare in Thun und Bern beeinflusst. Die verschiedenen<br />
Verfahren zur Berechnung der Auftretenswahrscheinlichkeit<br />
liefern für die Aare in Bern jedoch<br />
ein erstaunlich einheitliches Bild. Das Ereignis in<br />
Bern ist aufgrund dieser Auswertung als rund 500-<br />
jährliches Ereignis zu bezeichnen. Das Vertrauensintervall<br />
(90%-Signifikanzniveau) ist aber gross: es<br />
beträgt rund 200-1000 Jahre. Die Auswertung des<br />
Thuner Sees zum Vergleich liefert ein ähnliches<br />
Bild: Das Ereignis von 1999 (559.17 m ü. M.) weist eine Jährlichkeit von etwa 450 Jahren auf. Das 90%-<br />
Konfidenzintervall beträgt in diesem Fall 100-1000 Jahre und ist somit noch grösser als jenes von Bern.<br />
Die prozessbezogene Betrachtung zeigt, dass im Frühling 1999 die mittelfristige und die kurzfristige Disposition<br />
zwar hoch, aber nicht ausserordentlich waren. Wasseräquivalentswerte wie Mitte April 1999 gemessen, wurden<br />
in den letzten gut 30 Jahren fünf Mal erreicht. Die Niederschlagssummen im April lagen ebenfalls im normalen<br />
Bereich. Die starke und ununterbrochene Schneeschmelze in der zweiten Aprilhälfte und anfangs Mai<br />
liessen den See vom langjährigen Tiefststand (557.53 m ü.M.) bis auf eine Kote von 558.1 m ü.M. ansteigen.<br />
Ähnlich intensive Schneeschmelzperioden gab es aber auch 1982 und 1970. Niederschläge und Schneeschmelze<br />
liessen den Seespiegel zwischen dem 11. und 15. Mai um 105 cm ansteigen. Dies ist der höchste bisher registrierte<br />
Seespiegelanstieg in 4 Tagen. In der Aare und der Kander wurden die höchsten Abflüsse seit Messbeginn<br />
registriert, dies obwohl die Wiederkehrperiode des 5-Tages-Gebietsniederschlags mit 5 Jahren niedrig war. Diese<br />
Diskrepanz ist auf die hohe Abflussbereitschaft der Einzugsgebiete infolge der intensiven Schneeschmelze<br />
und der Niederschläge im April zurückzuführen. Entscheidend für das Ausmass des Ereignisses war demnach<br />
die "optimale" Abfolge der verschiedenen Prozesse.<br />
Aus der Erkenntnis heraus, dass ein vollständiger Schutz gegenüber Hochwasser nicht möglich ist, hat sich die<br />
Philosophie der Differenzierung der Schutzziele entwickelt. Je nach dem zu erwartenden Schadenpotential werden<br />
für die zu schützenden Gebiete unterschiedliche Annahmen bezüglich Eintretenswahrscheinlichkeit eines<br />
Ereignisses getroffen. Dieses Vorgehen ist auch in Thun bei der Planung von Hochwasserschutzmassnahmen<br />
wegweisend gewesen. Allerdings bedarf dieses Vorgehen einer statistischen Aussage bezüglich Eintretenswahrscheinlichkeit<br />
eines Ereignisses. Wegen der grossen Unsicherheit bei der statistischen Einordnung ist zur Bestimmung<br />
des Schutzzieles ein anderer Ansatz verwendet worden. Während dem Hochwasser sind beim Kanton<br />
und bei den Krisenstäben der Gemeinden laufend Schadenmeldungen eingetroffen. Der Zeitpunkt des Eintreffens<br />
dieser Schadenmeldungen ist protokollarisch festgehalten worden. Zudem ist natürlich der Seepegel weiterhin<br />
laufend gemessen worden. Damit lässt sich der Schadensverlauf in Abhängigkeit des Seespiegels aufzeichnen.<br />
Es ist unschwer zu erkennen, dass ab einem einem Pegelstand von 558.80 m ü.M. die Schäden sprunghaft zugenommen<br />
haben.<br />
83