auf diese Schwierigkeiten hingewiesen, Pläneerstellt und genaue Hinweise gegeben. Wasmit welchen Schwamm oder Lappen geputztwird, das Schild „Hände waschen“ steht aufdem Wohnzimmertisch. Keine Verbesserung.Die Betreuer versuchen es immer wieder.Ich war früher ja selbst sehr faulMeinem Mitbewohner ist es oft langweilig, erhat keine Hobbys. Jederzeit könnte ich ihmeine Aufgabe geben, bei der keine Langeweileaufkommt.Ich glaube nicht, dass dies alles an seinerErkrankung liegt. Früher war ich ja selbst sehrfaul. Aber er hat einfach nie Lust, keinen Bock,er stellt sich mit Absicht dumm an. Hätte erAlzheimer könnte ich das ja noch verstehen.Hat er aber nicht. Mir kann auch keinererzählen, dass man wegen der Erkrankunglaut Musik hören muss, das kann ja wohl nichtsein.Meine Rettung ist, dass ich jetzt den größtenTeil des Tages in meinem Zimmer bin. Rundum die Uhr halte ich ihn einfach nicht aus. Ichkann ihn nicht mehr ernst nehmen und ichlasse mir nicht mehr auf der Naseherumtanzen. Auch habe ich ihn gefragt, wieer gerne behandelt werden möchte. „Wie einErwachsener“, antwortete er. Aber so benimmter sich nicht. Er kommt mir immer wieder mitseiner Vergangenheit, was in der Schule, wasbeim Militär war. Darauf habe ich keine Lust.Man kann nicht alles mit der Vergangenheitentschuldigen.Immer, wenn gerade ein Film beginnt, fängt eran zu erzählen. Dann sage ich ihm, dass erwährend der Werbung reden soll, aber da ister dann still. Am nächsten Tag versuche ichdann, wieder mit ihm zu reden. Dann bin ichvon meiner Wut runter gekommen.Die Vergangenheit entschuldigt nicht allesEr ist ja ein freundlicher, netter Typ. Aber, wasich ihm sagen will, versteht er meist einfachnicht. Das mag mit seiner Erkrankungzusammenhängen. Aber das mit der Hygienekann ich damit einfach nicht entschuldigen.Für mich kommt es so rüber, dass er mich –und auch andere – gar nicht ernst nimmt. Dasmacht es noch schwieriger. Er muss mirzumindest entgegen kommen und mir zeigen,dass er sich bessern möchte und mich ernstnimmt. Sonst ziehe ich mich immer mehrzurück.Ganz alleine möchte ich auch nicht leben,sonst würde ich mich noch mehr abschotten.Mit vielen Menschen bin ich nicht gernezusammen. Mein Wohnkollege bringtwenigstens etwas Abwechslung in meinLeben.Immerhin ein kleiner FortschrittImmerhin hat er ja schon zugegeben, dass ermit dem Denken Schwierigkeiten hat. Das istja schon mal ein kleiner Fortschritt. Aber ichmuss zugeben, dass mein eigenes Denken oftsehr ins Negative geht. Es fällt mir sehrschwer, auch mal etwas positiv zu sehen.Wenn ich aber von jemandem daraufaufmerksam gemacht werde, dass ich mitmeinem Mitbewohner ohne Angst und ohnekörperliche Gewalt zusammen leben kann,dann finde ich das schon positiv. Aber derNerv überwiegt im Moment einfach."In unserer Familie stressen wir unsgegenseitig. Das ist unser System, nichtmeine Krankheit."TeilnehmerIn der Stressbewältigungsgruppe im Pattberghaus26
Gottfried BrückeWohngemeinschaftsleben IIMir gefällt das gepflegte Aussehen meinesMitbewohners, er ist sehr perfekt undgibt mir auch Tipps. Er erinnert mich an dasHände waschen. Es gefällt mir auch, wie er sodrauf ist und was wir so alles zusammenschaffen, zum Beispiel das Einkaufen. Ich fühlemich mit ihm ganz sicher. Mit dem, was er sagt,hat er Recht. Ich kann von ihm lernen. Mit denVorwürfen, die er mir macht, hat er auch Recht.Das ist so vorgekommen. Manchmal ist er richtigwütend geworden, wenn es diese Vorfälle gab.Obwohl er Recht hat, ärgere ich mich dannnatürlich. Allerdings weiß ich nicht genau, ob ermit mir spricht oder ob sich das nur in meinemKopf abspielt. Ich finde, in letzter Zeit klappt dasmit der Hygiene wieder besser, da ich mir vielMühe gebe. Natürlich will ich nicht stinken undich achte auch wieder auf das Zähne putzen. Inmanchen Punkten haben wir unterschiedlicheAnsichten, ich glaube an Gott und an die Liebe.Manchmal habe ich den Eindruck, er wartet nurdarauf, dass ich etwas falsch mache. Aberinsgesamt, bin ich sehr froh, dass es ihn gibt.27