Wenn man Betreuender ist, geht das an dieNieren. Die haben doch auch ein Leben, das malauf und mal ab verläuft und können nirgends hinlaufen, um es zu lösen. Sie bleiben damitalleingelassen oder der Ehepartner mussherhalten. Doch nicht nur in den Heimen läuftdie Sache in etwa so, sondern auch in denAußenwohnungen.Dampf ablassenHier ist der Kranke meist mehr sich selbstüberlassen, muss aber auch Dampf ablassen undDruck abbauen können. Aber wo? ImSupermarkt? Geht nicht. Beim Onkel Doktor, dersich bedankt, wenn er zum dritten Mal dieselbe„Aua-Aua-Story“, die eigentlich gelöst sein sollte,über sich ergehen lassen muss. Vielleicht geht esja bei Mutter oder den Geschwistern, indem mansagt: „Ihr kümmert euch nicht genug um mich,bin ich denn für euch ein Aussätziger?“ „Neinnatürlich nicht, aber ich muss arbeiten um allesbezahlen zu können.Der psychisch Kranke sieht meist nur dennächsten AugenblickDa kann ich mich nicht noch um dichkümmern, außerdem bist du erwachsen“, lautetdann die Antwort. Der psychisch Kranke siehtmeist nur den nächsten Augenblick, nicht dienächsten zehn Tage oder etwa die nächsten zehnMonate. Nein, genau jetzt, in diesem Momentmuss er dies haben, jenes besprechen, dasAnliegen lösen. Ich glaube, so etwas nervtrichtig. Kranke, die auf öffentlichen Plätzen (ichdenke da an die Kölner Domplatte) betteln, sindebenso nervig wie Kranke, die zumzweiundzwanzig-tausendsten Mal für mehrereTage in die Psychiatrie eskortiert werden. Und dieKrankenkassen, die dafür fünfhundert Euro proTag blechen müssen, sind dann wohl auch genervt.Dunja SchmidtEKeine Tyrannen - viele neueFreundes fällt mir schwer, etwas zu dem Thema„Tyrannei“ zu schreiben. Das liegt daran,dass ich meine psychisch kranken Mitmenschennie als Tyrannen erlebt habe. Ich kann von keinenschlimmen Streitereien oder heftigen Situationenberichten. Natürlich bin ich manchmal genervt.Dann versuche ich, mich zurückzuziehen oderder Person, die mich nervt, aus dem Weg zugehen. Ich muss ihr aus dem Weg gehen, weilich leider in einer solchen Situation nicht äußernkann, dass es mir zu viel ist. Entweder ich trauemich nicht, oder es besteht die Gefahr, dass ichGrenzen maßlos überschreite.Da ich nicht in einer Einrichtung lebe,habe ich zu Hause meine Ruhe, bin dadurch abernatürlich auch häufig alleine. Deshalb bin ichauch oft froh, in Gesellschaft zu sein. Ich habeviele neue Freunde und Bekanntschaftengemacht, die mir sehr wichtig sind. Darummöchte ich mich bei allen bedanken, die mich inschweren Zeiten so unterstützt haben. Danke,dass ihr mich nehmt, wie ich bin. Danke für dievielen lieben Worte. Ich freue mich, so viele guteErfahrungen gemacht zu haben.„Ich bin auf Grund meiner Persönlichkeit ein kleinerRebell. Deshalb löse ich häufig Stress bei anderenMenschen aus. Das ist mir durchaus bewußt.“06TeilnehmerIn der Stressbewältigungsgruppe im Pattberghaus
"Werden alle satt?" Margot Hundertmark, Peter Heckendorf, Claudia Valperzund Dieter Reisewitz teilen sich einen NachtischAnita Haupt & Jürgen VoßwinkelImmer schönden Teller voll häufenGenerell würden wir sagen: nein, psychischkranke Menschen nerven nicht mehr alsandere. Jedoch gibt es Ausnahmen. Zum Beispiel,wenn man jemandem etwas sagt und diesePerson reagiert gar nicht darauf. Es sei denn, einVorgesetzter sagt etwas. Dieser findet natürlichGehör. Es gibt allerdings auch Leute, die sichweder von Vorgesetzten, noch vonArbeitskollegen etwas sagen lassen. Diesemeinen, etwas Besseres zu sein. Sie können sichnicht mit ihrer Krankheit auseinandersetzen.Wenn man ihnen Kontra gibt, werden siebeleidigend und aggressiv.Bei anderen ist der Futterneid sehr groß.Da wird mittags bei der Essensausgabe der Tellerbis zum Rand hin vollgemacht, auch wenn fürdie Nachfolgenden dann nichts mehr übrig ist.Und wenn man sie darauf hinweist, lassen siesich nichts sagen. Manch einer meint wohl, dassder nächste in der Reihe gar nichts mehrbekommen soll. Aber hat man das nicht schonals Kind beigebracht bekommen? Zuerst nimmtman wenig und erst beim zweiten Mal etwasmehr.Viele psychisch Kranke nehmen auchnicht gerne Hilfe an. Und sie werden bei Stressschnell aggressiv. Manche sollten versuchen,besser mit ihrer Krankheit umzugehen. Dannwürde das Leben in der Firma und privat mitanderen Menschen lebenswerter.Könnten sich die Betreuer besser in diePsyche der Klienten hineinversetzen, würden siediese Eigenarten wohl auch besser verstehen.07