diagnose-funk.org | <strong>kompakt</strong> | <strong>2015</strong> - 2 | seite 8Landtag Südtirol: Mobilfunk, <strong>WLAN</strong> StrahlenbelastungDas Vorsorgeprinzip gelten lassenDie "Anhörung Mobilfunk" am 29.4.<strong>2015</strong> (siehe Artikel Seite9) im Landtag Südtirol hat erste Konsequenzen. Die Landtagsfraktionder GRÜNEN brachte einen Antrag ein, in demein <strong>WLAN</strong>-Moratorium und Vorsorgemaßnahmen gefordertwerden. Die GRÜNEN zogen die Forderung im Ursprungstextnach einem <strong>WLAN</strong>-Moratorium - "bis zur definitiven Klärungder Nicht-Schädlichkeit von <strong>WLAN</strong> die Installierung von<strong>WLAN</strong>-Systemen in Schulen, Kindergärten, Krankenhäusern,Altersheimen und anderen öffentlichen Einrichtungen, auszusetzen"- zurück, um einen breiten Konsens zu erreichen.Mit Mehrheit beschlossder Landtag am 10.06.<strong>2015</strong>:Zukünftig soll man bewusster mit <strong>WLAN</strong>, Mobilfunk,Strahlenbelastung umgehen.Der Südtiroler Landtag beauftragt die Landesregierung:1. In Schulen, Kindergärten, Krankenhäusern, Altersheimenund anderen öffentlichen Einrichtungen soweit möglich bereitsbestehende Anlagen durch strahlungsärmere zu ersetzenund bis dahin nur dann zu verwenden, wenn gesichertist, dass die Nutzung zeitlich und räumlich begrenzt ist undsie soweit möglich durch manuelle Bedienung anwenderabhängiggemacht wird.2. Eine Arbeitsgruppe einzusetzen, die die neuen Technologienund deren Strahlungsbelastung auswertet. Sie soll klären,welche Technologien für den Mobilfunk, das mobileInternet und den Zivilschutz strahlungsarm und zukunftsfähigsind.3. Ebenso sollen die Auswirkungen der digitalen Medien aufSchülerinnen und Schüler und der sinnvolle Umgang dieserMedien für einen guten Lernerfolg geprüft werden. Auf derGrundlage der Ergebnisse wird die Landesregierung entsprechendeMaßnahmen zum Schutze der Gesundheit und desgesunden Lernens treffen.4. Eine Informations- und Sensibilisierungskampagne ins Lebenzu rufen, in der auf mögliche Risiken für die Gesundheitinsbesondere von Ungeborenen, Babys, Kindern und Jugendlichenhingewiesen und auf einen bewussten Gebrauchvon Handys, Smartphones und <strong>WLAN</strong> hingearbeitet wird.Eine besondere Rolle spielen auch die öffentlichen Verkehrsmittel,in denen die gleichzeitige Verwendung von vielenMobiltelefonen zu einer drastischen Erhöhung der Strahlungund somit des gesundheitlichen Risikos führen kann. Die Monitorein den Südtiroler Lokalzügen werden für eine diesbezüglicheWerbekampagne genutzt.
diagnose-funk.org | <strong>kompakt</strong> | <strong>2015</strong> - 2 | seite 9Die Begründungder GRÜNEN zu ihrem Antrag:"Bei der Anhörung zu den möglichenRisiken des Mobilfunks, die am 29.April <strong>2015</strong> im Südtiroler Landtag stattfand,ging trotz durchaus unterschiedlicherAnsätze und Interpretationen dervorliegenden Studien hervor, dass Vorsichtgegenüber der uneingeschränktenVerwendung von Wirelesstechnologienauf jeden Fall angebracht ist.Bisher wurde an diversen Schulen Südtirolsdie <strong>WLAN</strong>-Vernetzung vorangetrieben,meist mit der Absicht, denSchulalltag didaktisch zu bereichern.Dagegen sprechen allerdings Befürchtungenzu den gesundheitlichen Risiken,die von den elektromagnetischenStrahlen ausgehen, zumal in Gebäuden,sich diese Strahlen zu jenen vonvielen Mobiltelefonen summieren. Dazuwurde auch klargestellt und ausreichenduntermauert, dass selbst in pädagogischerund kognitiver Hinsichteine verfrühte Tätigkeit mit digitalenMedien kontraproduktiv wirkt.Die öffentliche Hand muss dies in ihrerVerantwortung für den Gesundheitsschutzin Südtirol beachten und sichnicht nur neutral verhalten, sondernauch aktiv für diesen Schutz intervenieren– wie übrigens RA Dr. Bertone(Kanzlei Ambrosio & Commodo Turin)bei der Anhörung untermauert hat.Alternativen wären möglich: Die Arbeitmit digitalen Medien kann mittels verkabeltenGeräten oder aber über innovativeTechnologien ermöglicht werden,wie die <strong>VLC</strong> (visible light communication).Diese ist bereits in Süddeutschlandbei Projekten in Anwendung,die sehr gute Ergebnisse gelieferthaben.Auch an Krankenhäusern bestehen (z.B.in der Geburtenabteilung in Meran)<strong>WLAN</strong>-Netze, meist für die Unterhaltungder PatientInnen. Vor dem Hintergrunddes Vorsorgeprinzips sind solcheAnwendungen nicht weiter zu tolerieren.Das Menschenrecht auf Unversehrtheitmüsste vor Partikularinteressenstehen.Frankreich geht viel bewusster mit diesemThema um. Es werden verschiedeneProdukte, die auf Kinder zugeschnittensind, verboten. BestimmteWerbung ist verboten. Angaben zu denmöglichen gesundheitlichen Beeinträchtigungensind verpflichtend undalle Geräte müssen ein Head-Set mitliefern.Dies um nur einige Maßnahmenzu nennen."Originalantrag der Fraktion der GRÜ-NEN als PDF abrufbar unter:http://www.diagnose-funk.org/themen/wlan/suedtirol-dasvorsorgeprinzip-gelten-lassen.phpQuellen:http://t1p.de/qk63http://t1p.de/ocl0Mobilfunk-Anhörung im Südtiroler LandtagAls erste Region in Italien führte derSüdtiroler Landtag am 29.04.<strong>2015</strong> eineAnhörung zu allen Aspekten desMobilfunks durch. Dazu waren Expertenaus Italien, Österreich undDeutschland eingeladen, 22 Abgeordnetewaren anwesend. AufVorschlag der VerbraucherzentraleSüdtirol wurden eingeladen:Dr. Florenzo Marinelli (Staatl. ForschungsinstitutCNR, BiologischeAuswirkungen), Prof. Michael Kundi(Med. Uni Wien, Stand der med.Forschung zur Krebsgefahr), Dr. Ing.Martin Virnich (Technische Aspekte,Strahlenbelastung), RA Stefano Bertone(Juristische Aspekte, Vorsorgeprinzip),Peter Hensinger (Diagnose-Funk e.V., Pädagogische Aspekte digitalerMedien).Prof. Dr. Michael Kundi (MedizinischeUniversität Wien) referierte über"Auswirkungen des Mobilfunks auf dieGesundheit - epidemiologische Befunde".Er stellte lückenlos die Gesamtstudienlagezur Frage Gehirntumorenvor mit drei Hauptaussagen:1. Die Dänische Kohortenstudie (Freiet al., 2011), die oft als Beleg fürkein Auftreten von Gehirntumorenzitiert wird, wird fehlinterpretiert.Die richtige Interpretation der Datenergibt für Männer statt einemInzidenzverhältnis von 0.98 ein solchesvon 1.68, d.h. eine 68%-ige Erhöhungder Wahrscheinlichkeit füreinen Gehirntumor (Folie 10).2. Zu den Ergebnissen der Interphone-Studie und der Studien von Hardellet al. trug Prof. Kundi vor: "DieEvidenz aus epidemiologischenStudien weist derzeit auf ein erhöhtesRisiko der Mobiltelefonnutzungfür Hirntumore hin, wobei eine kausaleInterpretation zulässig ist. Wegender noch immer kurzen Nutzungsdauer(im Vergleich zur Entwicklungsdauerder Krankheit) kanndas Risiko in seiner Höhe nochnicht beziffert werden." (Folie 23)3. Statistische Auswertungen zeigenein Ansteigen der Hirntumoren(Folien 21,22,26), was aber derzeitwegen der Latenzzeit nicht auf einekrebsauslösende, sondern krebspromovierendeWirkung der nichtionisierendenStrahlung zurückgeführtwerden müsse. Eine geschädigteZelle entwickle sich schnellerund früher zum Tumor. Die krebs-