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51. GRIMME-PREIS 2015 1<br />
Die Krise zur Krise?<br />
Vertrauensverlust der Medien in Zeiten der Krise(n)<br />
von Frauke Gerlach<br />
Wenn sich ein Thema durch das Medienjahr 2014 zieht, dann ist es<br />
das Thema Krise – sei es im Zusammenhang mit dem Russland-<br />
Ukraine- Konflikt, der Lage im Nahen Osten oder der Situation von<br />
Flüchtlingen. Dass auch der 51. Grimme-Preis davon bewegt wird,<br />
liegt auf der Hand: In der Kategorie „Information & Kultur“ und bei der<br />
„Besonderen Ehrung“ ist das Krisenthema zu spüren, aber auch – und<br />
dies ist erstaunlich – bis hinein in die „Unterhaltung“. Insofern kann<br />
man von einem starken Fernsehjahr sprechen, denn es wurde Herausragendes<br />
und Innovatives geleistet, um eben diese Krisen für das Fernsehen<br />
aufzuarbeiten und sie mit immer wieder neuen Bildern und Tönen<br />
dem Publikum nahe zu bringen.<br />
Die Auseinandersetzung wird öffentlich geführt,<br />
das Publikum hält es kaum noch auf den Rängen<br />
Das Jahr 2014 begleitete zugleich eine Debatte um den Vertrauensverlust<br />
oder gar eine Vertrauenskrise „der Medien“ – die Krise zur Krise.<br />
Medienschaffenden kommt hierbei eine besondere Verantwortung zu:<br />
Sie verleihen Krisen ein Gesicht, ihre Recherchen und Hintergrundanalysen<br />
sorgen für Einordnung und Orientierung – und wenn sie<br />
fehl gehen, für Desinformation und eben Desorientierung. Auf Grund<br />
dieser Verantwortung ist eine medienkritische Auseinandersetzung<br />
immer wieder vonnöten, um den Blick für den Qualitätsjournalismus zu<br />
schärfen, aber auch um Vertrauen zu erhalten oder verlorenes Vertrauen<br />
wiederzugewinnen. Blickt man auf 2014, muss man attestieren: Diese<br />
Auseinandersetzung wird mittlerweile öffentlich geführt, das ehemalige<br />
Publikum hält es kaum noch auf den Rängen. Die Heftigkeit und der<br />
mitunter diffamierende Ton, der dabei in Teilen angeschlagen wurde<br />
und wird, ist indes nicht nachvollziehbar. Muss man ihn im Kontext der<br />
generellen Institutionenkritik sehen? Oder zeigt die Auseinandersetzung<br />
nur, dass mit Medien heutzutage einfach selbstbewusster und öffentlicher<br />
umgegangen wird?<br />
Der Frage des Vertrauens in die Medien und ihrer Systeme will das Grimme-Institut<br />
im Rahmen seines Mediendiskurses nachgehen – ohne die<br />
„Umgangsformen“ zu vernachlässigen. Es gilt, Ursachen zu beleuchten<br />
und zu analysieren. Dass das Fernsehen das Vertrauen der Zuschauerinnen<br />
und Zuschauer verdient, zeigt dabei nicht zuletzt das vergangene<br />
Fernsehjahr 2014 – was in der Stärke der Kategorie „Information &<br />
Kultur“ und in der „Besonderen Ehrung“ für Dietmar Ossenberg und Ina<br />
Ruck deutlich wird.<br />
Weiterhin wollen wir bei Grimme der Frage nachgehen, wie die Statuten<br />
des Preises so weiterentwickelt werden können, dass die Kommissionen<br />
und Jurys auch im digitalen Zeitalter ihr Augenmerk auf das Endscheidende<br />
richten können: auf Qualität und Innovation. Die Nominierungen<br />
in der Kategorie „Unterhaltung“ waren nicht nur in dieser Hinsicht vielversprechend.<br />
Die Öffnung für Crossmedialität bereitet aber keine Verschmelzung<br />
mit dem Grimme Online Award vor: Entwicklung bedeutet<br />
auch, Trennschärfe zu bewahren.<br />
Bei den fiktionalen Stoffen diskutierte die Jury lebhaft über die Qualität<br />
im Fernsehjahr 2014. Dabei zeigte sich, dass unterschiedliche Ansätze<br />
in der Beurteilung von Fernsehqualität und Haltungen zwischen erfahrenen<br />
und neuen Jury-Mitgliedern eine Rolle spielen. Denn die Beurteilung<br />
von Qualität ist nie statisch, sie verändert sich mit den Inhalten und<br />
den Perspektiven, die die Juroren einnehmen. Und das gilt auch im 51.<br />
Grimme-Preis-Jahr.<br />
Was bekommen Sie zu lesen? In diesem Heft gehen wir in vier Gastbeiträgen<br />
einigen Problemkreisen der Krisenberichterstattung nach. Durch<br />
das Interview mit Dietmar Ossenberg und das Porträt von Ina Ruck<br />
erhalten wir dabei tiefere Einblicke in die Lebenswelten der beiden Auslandskorrespondenten.<br />
Es sind Einblicke aus der Innenperspektive der<br />
Krisenberichterstattung. Aber lesen Sie selbst.<br />
Und zum Schluss noch Worte des Dankes: Ohne Unterstützung könnten<br />
wir die Preisverleihung nicht gebührend begehen. Der<br />
Dank hierfür gilt dem Land Nordrhein-Westfalen und<br />
RWE. Der WDR, 3sat und das ZDF sorgen dafür, dass<br />
die Preisverleihung gesendet wird und im Netz als Livestream<br />
zur Verfügung steht. Wir freuen uns sehr, in<br />
diesem Jahr mit der Daimler AG einen Premium-Partner<br />
zu haben, für den Qualität und Innovation an erster Stelle stehen. Über<br />
diese gemeinsamen Ziele hinaus verbindet uns und die Daimler AG auch<br />
der Gedanke der Kultur-Förderung mit wachem Auge auf die zahlreichen<br />
Nachwuchs- Talente unter den Film- und Medienschaffenden.<br />
Mein Dank gilt auch dem Grimme-Preis-Team und hier vor allem Lucia<br />
Eskes, die den 51. Preis-Jahrgang und den Übergang in der Leitung des<br />
Preis-Referats souverän gemanagt hat.<br />
Was aber wäre der Grimme-Preis ohne die Juroren? Seine Unabhängigkeit<br />
wird durch die aufwendige und zeitintensive Arbeit der Mitglieder<br />
der Nominierungskommissionen und Jurys sichergestellt. Ihnen gebührt<br />
Dank für ihren Einsatz und ihr Engagement.