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51. GRIMME-PREIS 2015 89<br />

Sonderpreis Kultur des Landes NRW<br />

an<br />

Peter Göltenboth<br />

(Buch/Regie)<br />

Anna Piltz<br />

(Buch/Regie)<br />

für<br />

Ab 18! 10 Wochen Sommer<br />

ZDF/3sat<br />

Produktion: pet&flo directors<br />

BEGRÜNDUNG DER JURY:<br />

Schlampige Bilder, launige Gesprächsfetzen, angedeutete Exzesse, die<br />

Dramaturgie lose. Selbst die „Wirklichkeit“ ist in diesem Dokumentarfilm<br />

nur in Spuren nachzuweisen. Als Kondensat einer Lebensphase, fiktiv<br />

und konstruiert, wie der Film am Ende verrät. Die insgesamt 45 Minuten<br />

sind keine leichte Kost, soweit besteht Konsens bei der Auswahl von „10<br />

Wochen Sommer“ als Preisträger.<br />

Der nicht zu unterschätzende Rest polarisiert und erhitzt die Gemüter<br />

– auf höchst produktive Weise. „10 Wochen Sommer“ ist kein Dokumentarfilm,<br />

der durch Beobachtung, Reflexion oder Durchdringung<br />

seiner Protagonisten brillieren will. Der Film ist ein Sog. Das Dokument<br />

eines Gefühls, die Komposition eines Zeitgeists, einer Wirklichkeit, die<br />

untrennbar mit Jugend und Jugendkultur verknüpft ist und sich schon<br />

allein deswegen konventionellen Erzählformen verweigern muss.<br />

Dass dies gelingt, verdankt er einem zu hundert Prozent sicheren<br />

Gespür für Musik, Rhythmus und Atmosphäre. Material aus über 1500<br />

Filmclips – ohne Vorgaben von den Protagonistinnen über drei Jahre<br />

gedreht – wurden in der Montage gebändigt. Eine fiktionale Erzählerin<br />

führt, basierend auf den Tagebucheintragungen der vier jungen Frauen,<br />

den Zuschauer durch die Höhen und Tiefen des jugendlichen Leichtsinns.<br />

Zwischen Einsamkeit in der Großstadt, Grenzüberschreitungen<br />

und Drogenexzessen, den magischen Nächten im Rausch und spielerischen<br />

Nachmittagen im Park wächst und zerbricht Freundschaft. Der<br />

Zuschauer begleitet die vier am Ende ihrer Schulzeit und irgendwie liegt<br />

dabei etwas Besonderes in der Luft.<br />

Anna Piltz<br />

Anna Piltz, geboren 1980 in Berlin, hat an der FH<br />

Potsdam Kulturarbeit mit Schwerpunkt Dokumentarfilm<br />

und Genderstudies studiert. Im Jahr 2006 führte<br />

sie Regie bei dem Dokumentarfilm „Kein weiter Weg“.<br />

Seit 2008 dreht sie freie Videokunst. Mit ihrer Kollegin<br />

Annikki Heinemann gründete sie 2010 die dokumentarische<br />

Videoproduktion oddiseefilms.com, wo sie für kreative<br />

und organisatorische Aspekte zuständig ist. Derzeit<br />

dreht sie auf Kuba Kurzdokus über die politisch aufgeladene<br />

Hip Hop- und die Transvestitenszene für ARTE-<br />

Tracks, sowie über die „Jineteros“ für den Guardian.<br />

Peter Göltenboth<br />

Peter Göltenboth hat in London studiert und zunächst<br />

bei Musikvideos, später auch bei Werbefilmen Regie<br />

geführt. Nach „Lambchop is a band“ und „Minimal<br />

China“ ist „Ab 18! - 10 Wochen Sommer“ sein dritter<br />

Dokumentarfilm.<br />

Alltagsbilder, so schlicht wie scheinbar echt, verlieren in der fiktionalen<br />

Konstruktion ihre Unschuld: Was heißt hier Authentizität? Wer spricht?<br />

Ein Dokument – wovon? Der Ambivalenz zwischen erklärter Inszenierung<br />

und gefühlter Evidenz muss sich der Zuschauer stellen. Nicht die<br />

schlechteste Einladung, die ein Dokumentarfilm aussprechen kann.<br />

„10 Wochen Sommer“ macht Hoffnung. Nicht nur, weil eine Redaktion<br />

den Mut unter Beweis stellt, mit der Reihe „Ab 18!“ ein längst verloren<br />

geglaubtes Publikum anzusprechen und sprechen zu lassen. Sondern<br />

viel mehr noch, wie sie das tut: ohne jugendliches Gehabe, ästhetisches<br />

Anbiedern oder pädagogischen Zeigefinger. So könnte ein Fernsehen für<br />

junge Erwachsene aussehen. Das ist ganz und gar ausgezeichnet.<br />

Das auf den ersten Blick flüchtige Portrait einer Mädchenclique offenbart<br />

sich mehr und mehr als komplex gebaute dokumentarische Verdichtung.<br />

Jury Sonderpreis<br />

Kultur des Landes NRW<br />

von links nach rechts<br />

Bengisu Yüksel, Schülerin, Bochum,<br />

Gudrun Sommer, doxs! Dokumentarfilme<br />

für Kinder und Jugendliche<br />

Ruth Schiffer, Ministerium für Familie,<br />

Kinder, Jugend, Kultur und Sport NRW<br />

Gϊti Hatef-Rossa, Freie Journalistin, Soest<br />

Chris Schüpp, Freier Journalist,<br />

Youth media coordinator, Bochum

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