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51. GRIMME-PREIS 2015 73<br />

Grimme-Preis<br />

an<br />

Marcel Mettelsiefen<br />

(Buch/Regie/Kamera)<br />

für<br />

Die Kinder von Aleppo<br />

(ZDF/ARTE/Channel 4)<br />

Produktion: Channel 4 / ZDF / ARTE<br />

Marcel Mettelsiefen<br />

Marcel Mettelsiefen, 1978 in München geboren, kam<br />

über seine Mitarbeit bei der Zeitschrift „Zenith“, die er<br />

nach wie vor mit herausgibt, zum Fotojournalismus. Er<br />

arbeitete für zahlreiche deutsche und internationale<br />

Magazine, wie Stern, Spiegel, Geo u.a. Mit Beginn des<br />

arabischen Frühlings und bei seiner Arbeit im revolutionären<br />

Syrien hat er mehrere Fernsehbeiträge und<br />

Dokumentationen gemacht. Für seine Arbeit wurde er<br />

mehrfach international und national ausgezeichnet,<br />

u.a. mit dem Hanns-Joachim-Friedrichs Preis, international<br />

Emmy Award und dem Edward R. Murrow Award.<br />

BEGRÜNDUNG DER JURY:<br />

Fünfundvierzig Minuten Auslandsberichterstattung im Formatfernsehen?<br />

Solche Beiträge, um es vorsichtig auszudrücken, ähneln sich für<br />

gewöhnlich. Gut, wenn der Filmemacher nah dran ist, noch besser, wenn<br />

er seine Geschichte am individuellen Schicksal entlang recht anschaulich<br />

berichten kann. Eine wichtige, aber dennoch Korrespondentenroutine.<br />

„Die Kinder von Aleppo“ fällt aus dieser Routine heraus. Es ist ein besonderes<br />

Stück mit hohem Wiedererkennungswert nicht nur in der Bildsprache.<br />

Ein im doppelten Wortsinn eindrucksvoller Film, der ohne jede<br />

Hektik der Kamera oder Dramaturgie mit großer Sorgfalt und ungeheuer<br />

dicht erzählten Szenen aus dem Alltag den Bürgerkrieg in Syrien zeigt.<br />

Das Leben der Kinder des Kommandanten Abu Ali Al-Saliba steht im<br />

Mittelpunkt; ihre Beobachtungen und Erzählungen, ihre Weltsicht und<br />

Haltungen nehmen den breitesten Raum ein. Es ist ein irres Leben, das<br />

sie unmittelbar hinter der Frontlinie führen (müssen). Gelegentlich wirkt<br />

der Kontrast zwischen der Berufstätigkeit der Männer (Bomben im Hinterhof<br />

bauen und wenige Meter entfernt auf den Gegner abschießen),<br />

ihren politischen Kommentaren zur Lage der Revolution und dem<br />

Familien leben wie absurdes Theater. Auf außerordentlich facettenreiche<br />

Weise bringt „Die Kinder von Aleppo“ die Sicht der Kinder ins Spiel.<br />

Lebhaft, auf den ersten Blick kaum traumatisiert, schildern sie, ergänzt<br />

durch den zwölfjährigen Demonstrationssänger Aboude, was sie bewegt.<br />

Naivität und Abgeklärtheit bilden dabei einen ganz eigenen Kosmos.<br />

Die Vergnügungen des vierzehnjährigen Mohammed aber haben alle<br />

mit Krieg zu tun. Kindliche Gegner malträtieren einander mit unter<br />

Strom gesetzten Tackern, damit die „Gefangenen“ ihre Pläne verraten.<br />

Die Jüngste erzählt in farbiger Anschaulichkeit, wie sie zum ersten Mal<br />

einen gespaltenen Kopf sah. Die Eltern sprechen erstaunlich offen über<br />

ihre langjährigen Mühen, Kinder zu bekommen und über das Drama, sie<br />

nun wissentlich der Todesgefahr auszusetzen.<br />

Das Vertrauen, das Mettelsiefen von seinen Gesprächspartnern entgegengebracht<br />

wird, teilt sich dem Betrachter mit, wird vom Filmemacher<br />

aber an keiner Stelle ausgenutzt. Ja, er ist ganz nah dran. Aber er<br />

gibt gleichzeitig den Raum, die Zeit und die Bilder so, dass sie wie von<br />

selbst und unmittelbar anfangen zu erzählen. Ein Film, mit dem man<br />

nicht schnell abschließen kann – und der das Gegenteil von nachrichtentelegener<br />

Informationsroutine ist.<br />

Auf außerordentlich facettenreiche Weise bringt „Die Kinder von Aleppo“ die Sicht der<br />

Kinder ins Spiel.

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