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JOACHIM VOCHETZER<br />

Seit 1957 schoss<br />

Joachim Vochetzer<br />

beim Feldschiessen<br />

mit nur einer Ausnahme<br />

jedes Jahr<br />

den Kranz.<br />

Mit 16 Jahren stand Joachim Vochetzer<br />

erstmals beim SC Huttwil im Tor. Später<br />

wurde er Hockeygoalie beim SC Langenthal.<br />

Aus dem heutigen Polen. Meine Eltern hatten<br />

in der Nähe von Marienburg in Pommern<br />

(heute das polnische Malbork / die<br />

Red.) eine Molkerei. Dieses Gebiet gehörte<br />

bis zum zweiten Weltkrieg zum Deutschen<br />

Reich. Nach der Machtübernahme<br />

durch die Nazis wurde die ganze Landwirtschaft<br />

neu organisiert und mein Vater<br />

gab die Molkerei auf, weil sie zu klein war.<br />

Er kaufte in der Nähe ein Gut – so nannte<br />

man damals landwirtschaftliche Betriebe<br />

– mit 30 Kühen und einigen Pferden. Von<br />

dort mussten wir im Winter 1944/45 vor<br />

den anrückenden Russen flüchten.<br />

Sie mussten alles zurücklassen?<br />

Ja. Wir hörten aus der Ferne schon das<br />

Grollen der Artillerie. Bereits seit Wochen<br />

waren aus dem Osten Flüchtlinge gekommen.<br />

Ich hätte eigentlich zur Schule gehen<br />

sollen. Aber das war gar nicht möglich.<br />

Alle Männer, auch mein Vater und<br />

mein älterer Bruder, waren von der Wehrmacht<br />

eingezogen worden und alle Häuser,<br />

auch das Schulhaus, wurden durch<br />

Flüchtlinge belegt. Wir hatten sechs Pferde<br />

und mit zweien davon und einem Wagen<br />

machten sich meine Mutter mit meinem<br />

kleinen Bruder und mir bei tiefem<br />

Schnee und bitterer Kälte auf den Weg.<br />

Wir wollten über die Weichsel nach Westen<br />

entkommen. Der Fluss war zugefroren,<br />

aber das Eis hielt nicht und viele ertranken<br />

beim Versuch, ans andere Ufer zu<br />

kommen. Wir kamen schliesslich auf<br />

einem Bauernhof unter.<br />

Und was passierte dann?<br />

Dann kamen die Russen und quartierten<br />

sich ein. Es sind die Bilder, die mich auf<br />

«Die Bedingungen in<br />

diesem Lager waren<br />

entsetzlich. Ich habe<br />

dort erfahren, was der<br />

Mensch alles auszuhalten<br />

im Stande ist.»<br />

einmal wieder verfolgen. Die Männer<br />

standen Schlange, um meine Mutter und<br />

die Töchter des Bauern zu vergewaltigen.<br />

Täglich! Wochenlang! Schliesslich gelang<br />

es meiner Mutter, sich zwischendurch in<br />

einem Schrank zu verstecken. Als der<br />

Krieg zu Ende war, gelang es uns, auf unseren<br />

Bauernhof zurückzukehren. Aber<br />

alle Gebäude waren niedergebrannt, und<br />

Privateigentum wurde von den Kommunisten<br />

nicht mehr geduldet. Wir hatten<br />

alles verloren und wurden in einem Lager<br />

interniert. Mein Vater war bei den Amerikanern<br />

und mein älterer Bruder bei den<br />

Russen in Kriegsgefangenschaft geraten.<br />

Wie sind Sie schliesslich in die Schweiz<br />

gelangt?<br />

Die Bedingungen in diesem Lager waren<br />

entsetzlich. Ich habe da erfahren, was der<br />

Mensch alles auszuhalten im Stande ist.<br />

Ich musste mich immer wieder verstecken.<br />

Die Russen durchkämmten das Lager<br />

nach arbeitsfähigen jungen Männern.<br />

Ich war zwar noch ein Bub. Aber sie nah-<br />

6 s’Positive 2 / 2019

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