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Joachim<br />
Vochetzer<br />
Geburtstag: 6. August 1934<br />
Eishockey: Torhüter beim SC Langenthal<br />
von 1965 bis 1977. Aufstieg<br />
mit Langenthal von der 1. Liga<br />
in die NLB 1974 unter dem Coach<br />
Rolf Diethelm (Ex SCB).<br />
Fussball: aktiv beim SC Huttwil (4.<br />
Liga). – Trainer beim SC Huttwil (4.<br />
Liga) bekannt unter dem Übernamen<br />
Oberaargau-Trappatoni, FC Rothrist<br />
(3. Liga), FC Wolfwil (3. Liga) und FC<br />
Bützberg (Aufstieg in die 3. Liga).<br />
Inhaber des Trainerdiploms B.<br />
Schiessen: 1957 erster Kranz am<br />
Feldschiessen; bis heute mit einer<br />
Ausnahme (siehe Interview) jeden<br />
Kranz gewonnen.<br />
Joachim Vochetzer ist geschieden<br />
und Vater dreier erwachsener<br />
Kinder (61, 60 und 50 Jahre alt).<br />
Er lebt heute in Langenthal.<br />
men auch Buben in meinem Alter einfach<br />
mit. Sie brauchten sie, um Vieh nach Osten<br />
zu treiben. 1946 durften Vertreter des<br />
Roten Kreuzes aus der Schweiz das Lager<br />
besuchen. Meiner Mutter war es irgendwie<br />
gelungen, ihren Schweizer Pass in den<br />
Kleidern zu verwahren und so durften wir<br />
in die Schweiz ausreisen. Nach einer Zugfahrt,<br />
die mir wie eine Ewigkeit vorkam,<br />
landeten meine Mutter, mein kleiner Bruder<br />
und ich schliesslich in einem von der<br />
Schweizer Armee streng bewachten<br />
Flüchtlingslager bei St. Margarethen. Dort<br />
wurden wir erst einmal geschoren, gewaschen,<br />
entlaust und in richtige Kleider<br />
gesteckt. Als wir nach Monaten erstmals<br />
wieder warme Nahrung bekamen, mussten<br />
wir uns übergeben. Wir waren völlig<br />
unterernährt und es dauerte jahrelang,<br />
bis ich die Folgen dieser Unterernährung<br />
überwunden hatte. Dreimal wurde ich bei<br />
der militärischen Aushebung zurückgestellt,<br />
weil ich ein «schmaler Wurf» war<br />
und angeblich einen Flecken auf der Lunge<br />
hatte. 1957 konnte ich dann in Yverdon<br />
doch noch in die Panzerabwehr-Rekrutenschule<br />
einrücken.<br />
Und wie sind Sie von St. Margareten in<br />
den Oberaargau gekommen?<br />
Meine Mutter fand Arbeit als Köchin in<br />
Regensdorf: Mein Bruder und ich kamen<br />
zu Verwandten meiner Mutter nach<br />
Ochlenberg. Ich wurde von der Familie<br />
Hans Aebi im Schalun aufgenommen.<br />
Dort sind Sie dann aufgewachsen?<br />
Ja, in Ochlenberg kam ich endlich zum<br />
ersten Mal in meinem Leben in die Schule.<br />
Aber da waren sie ja schon 12 oder 13<br />
Jahre alt.<br />
Ja, so ist es. Ich hatte wegen der Kriegswirren<br />
die Unterschule nicht besucht. Dieser<br />
Mangel an Schulbildung verfolgt mich<br />
bis heute. Ich konnte weder richtig lesen<br />
noch schreiben oder rechnen und ich<br />
weinte damals oft wegen meiner Unbeholfenheit.<br />
Nach und nach lernte ich zwar<br />
doch noch Lesen und Schreiben. Aber ich<br />
habe bis heute Mühe, mich schriftlich<br />
richtig auszudrücken. Man glaubt gar<br />
nicht, was einem durch das Verpassen der<br />
ersten Schuljahre alles fehlen kann.<br />
Haben Sie Ihren Vater und Ihren älteren<br />
Bruder nach dem Krieg noch einmal<br />
gesehen?<br />
Ja, mein Vater und mein älterer Bruder<br />
bauten sich nach der Heimkehr aus der<br />
Kriegsgefangenschaft in Neuss bei Köln<br />
eine neue Existenz auf. Ich besuchte sie<br />
dort einige Male. Mein Vater war in seinen<br />
letzten Lebensjahren wegen eines<br />
Arbeitsunfalls an den Rollstuhl gefesselt.<br />
Meine Mutter zog deshalb nach Deutschland,<br />
um ihn dort zu pflegen. Aber was<br />
erzähle ich Ihnen das alles, wir wollten ja<br />
vom Sport reden.<br />
Wir haben Sie darum gebeten. Dürfen<br />
wir sagen, dass es dann doch noch gut<br />
gekommen ist?<br />
Ich beklage mich nicht. Es war zwar nie<br />
leicht, aber ja, ich darf sagen, das Leben<br />
war auch gut zu mir.<br />
s’Positive 2 / 2019 7