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C R E A T I V E M A K E R S<br />
Für Groß und Klein<br />
LEBEN UND BAUEN IM KONTEXT<br />
NATÜRLICH DENKT MAN UNWEIGERLICH AN SEINEN<br />
BERÜHMTEN ONKEL, WENN MAN SEINEN NAMEN LIEST.<br />
An Caesar Zumthor ist irgendwie alles groß:<br />
sein Vorname, der im römischen Kaiserreich<br />
Bestandteil sämtlicher Herrschertitel war. Sein<br />
Nachname, den er mit Peter Zumthor teilt, dem<br />
spätberufenen Architekten und Pritzker-Preisträger,<br />
bekannt geworden vor allem durch seine<br />
stil bildende Therme in Vals.<br />
UND DANN IST DA DIE IMPOSANTE KÖRPERGRÖSSE VON<br />
1,95 METERN, mit der er die meisten seiner Zeitgenossen<br />
überragt, zumal ihn sein aufragender<br />
Haarschopf, die dunkle Brille und seine schwarze<br />
Garderobe von Haus aus als ebenso markante wie<br />
elegante Erscheinung ausweist.<br />
WER CAESAR ZUMTHOR IN SEINEM BASLER BÜRO BESUCHT,<br />
das einmal Teil einer Druckerei war und ganz früher<br />
auch Pferdestallungen umfasste, lernt einen<br />
angenehm zurückhaltenden 40-Jährigen kennen,<br />
der gern reflektiert und eigentlich kein großes<br />
Federlesen um seine Arbeit macht. Eher verwundert<br />
nimmt er das Interesse an seiner Person zur<br />
Kenntnis; was nicht heißt, dass er nicht bereitwillig<br />
über sich und seine Projekte Auskunft gibt.<br />
Spontan führt er seinen Besuch später sogar<br />
durch die Stadt, um ihm das eine oder andere<br />
Projekt näherzubringen: zwei der kultigen Pavillons,<br />
von denen noch die Rede sein wird.<br />
INMITTEN VON STATTLICHEN SUKKULENTEN SIND<br />
DERZEIT ACHT KREATIVE UNTERSCHIEDLICHER NATIONA-<br />
LITÄTEN FÜR CAESAR ZUMTHOR ARCHITEKTEN TÄTIG.<br />
Überall im Büro hängen Moodboards, sind Architekturmodelle<br />
zur Schau gestellt, verweisen<br />
Fotos und Skizzen auf den Stand der Leistungsphasen.<br />
Was auffällt, lässt man einmal Bauten wie<br />
das Basler Department für Sport, Bewegung und<br />
Gesundheit, die Schweizer Botschaft in Afrika<br />
oder das Gewerbe- und Bürogebäude Polyfeld<br />
außer Acht: Caesar Zumthor mag es auch kleinmaßstäblich.<br />
AUF DEM BESPRECHUNGSTISCH STEHT EIN MODELL, DAS<br />
ZWEI KOMPAKTE, WEISS GEKALKTE BAUKÖRPER ZEIGT,<br />
umfriedet von getrockneten Pflanzen, die das<br />
üppige Grün des heimischen Rosenfeldparks<br />
beschreiben. Ein zur Baukunst erhobenes Abortgebäude<br />
für die flanierende Parkgesellschaft im<br />
grünen Zentrum der pulsierenden Schweizer<br />
Industriemetropole.<br />
DANEBEN, IM SCHWERLASTREGAL, DER ENTWURF FÜR<br />
EIN ZWEIFAMILIENHAUS IN DER BASLER AGGLOMERATION<br />
IN OBERWIL. Eine aus Betonelementen und Glas<br />
bestehende, nach oben hin abgestufte Wohnskulptur,<br />
von der Zumthor sagt, sie wächst aus<br />
der gewachsenen Villenlandschaft aus den 70er-<br />
Jahren heraus. Und doch wirkt dieser spätmoderne<br />
Vertreter eines poetic brutalism wie eine<br />
harmonische Nachverdichtung, was einerseits<br />
an der geschickt in die Topografie modellierten<br />
Setzung liegen mag.<br />
ANDERERSEITS MACHT DIE INHALTLICHE AUSGESTAL-<br />
TUNG ES DEN NACHBARN LEICHT, nicht mit dem Nachzügler<br />
zu fremdeln: helle Sichtbetonflächen,<br />
wohin das Auge reicht, sanft aufgebrochen durch<br />
eine Amboss-ähnliche Kochinsel – und aufgewärmt<br />
durch vereinzelte Holzmöbel wie ein Sideboard,<br />
eine Esstisch-Gruppe und die hölzernen<br />
Stufen einer Treppe. Selten hat man ein minimalistischer<br />
anmutendes Inventar gesehen.<br />
OB EINE WC-ANLAGE AUS TRASSKALK, POETISCH ANKLIN-<br />
GENDE PRIVATHÄUSER, EINE ORNAMENTAL VERBRÄMTE<br />
TRAFOSTATION ODER HÜSLI für die jüngste Zielgruppe<br />
des Architekturbüros, die in der Schweiz populären<br />
Kindertankstellen, im Gespräch mit Zumthor<br />
wird deutlich: Er sucht das Zwiegespräch mit der<br />
Natur, mit der Kultur eines Ortes, an dem seine<br />
Gebäude manifest werden. Und er gibt Bauherrn<br />
das Gefühl, die Idee für ein Projekt entspringe<br />
durchaus ihrem eigenen Horizont. Er beteiligt sie,<br />
damit sie verstehen. Er will – sagt Zumthor – aus<br />
seiner Disziplin keine Raketenwissenschaft<br />
machen. Bauen ist eigentlich ganz einfach. Zumindest<br />
lässt er es einfach aussehen. Forscht nach<br />
den richtigen Antworten und, vielleicht noch wichtiger,<br />
formuliert die richtigen Fragen.<br />
ENTGEGEN KOMMT ZUMTHOR SEINE KULTURELLE OFFEN-<br />
HEIT, DIE NICHT NUR BERUFLICH MOTIVIERT IST. Während<br />
eines Studienjahrs in São Paulo lernte er<br />
seine brasilianische Frau kennen. Daraus resultierte<br />
auch der Auftrag für ein Wochenendhaus<br />
für die Schwiegerleute. Zumthor hat zu jener Zeit<br />
viel über lokale Baugepflogenheiten und Materialkunde<br />
gelernt. Das gilt auch für das Botschaftsgebäude<br />
in Kamerun, das Jahre auf Eis lag und<br />
nun seinem Happy End entgegensteuert.<br />
IMMER WIEDER FÄLLT DAS WORT „MATERIALECHTHEIT“.<br />
In Yaoundé ist viel von klimafreundlichem Bauen<br />
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