Leseprobe_Der junge Metastasio
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VORWORT<br />
Francesco Cotticelli – Reinhard Eisendle<br />
In der Musik- und Theatergeschichte ist Pietro <strong>Metastasio</strong> eine exzeptionelle Erscheinung<br />
– kein für die Opernbühne schreibender Theaterdichter außer ihm konnte<br />
je den Anspruch erheben, dass nahezu alle Komponisten seiner Zeit, die in seiner<br />
Sprache ein musiktheatralisches Werk verfassten, zumindest einmal auf dessen Dichtung<br />
zurückgriffen. Selbst noch Beethoven und Schubert, unter Anleitung ihres<br />
Lehrers Antonio Salieri, übten ihre kompositorischen Kräfte an der Poesie <strong>Metastasio</strong>s.<br />
Des Dichters Strahlkraft reichte bis in die Neue Welt – in den 1770er Jahren<br />
konnte er den Huldigungsbrief eines brasilianischen Dichters entgegennehmen, der<br />
schrieb, in seinem Lande wisse man zwar nicht, wo Wien läge, aber die Brasilianer<br />
kennen den Namen <strong>Metastasio</strong> durch die hohe Wertschätzung seiner Dramen.<br />
Gemessen an den hunderten von Werken, die im Lauf des 18. Jahrhunderts auf<br />
Basis eines Textes von <strong>Metastasio</strong> entstanden, hat der zeitgenössische Theaterbesucher<br />
in der Regel wenig Möglichkeiten, sich mittels Bühnenerfahrung mit dem<br />
Werk <strong>Metastasio</strong>s auseinanderzusetzen. Abgesehen von spezifischen Anlässen oder<br />
Festivals für „Alte Musik“ reduziert sich im Repertoirebetrieb der internationalen<br />
großen Opernhäuser die Bekanntschaft mit Werken <strong>Metastasio</strong>s weitgehend auf<br />
Kompositionen der „Wiener Klassik“, hier vor allem auf Mozarts La Clemenza di<br />
Tito, in der textlichen Bearbeitung von Caterino Mazzolà. Seltenere Gäste auf der<br />
Opernbühne sind Mozarts Il sogno di Scipione und Il repastore wie auch Haydns L’isola<br />
disabitata. Umso bemerkenswerter war, als im Jahr 2007 in Wien Aufführungen von<br />
<strong>Metastasio</strong>s Artaserse angekündigt wurden, in der Vertonung durch Leonardo Vinci<br />
– bezeichnenderweise nicht von den großen Opernhäusern, sondern von der Musikwerkstatt<br />
Wien, die zur damaligen Zeit an wechselnden Aufführungsorten ein bis<br />
zwei Opern im Jahr auf die Bühne brachte. Geleitet und dirigiert wurde die eindrucksvolle<br />
Produktion von Huw Rhys James, Regie führte Nicola Raab. Aufführungsort<br />
war das Semperdepot in Wien, wo eine Säulenhalle zum Bühnenraum wurde,<br />
deren Boden versehen war mit einer dichten Decke aus gebrochenem Glas, durch<br />
welche verschlungene Pfade führten.1<br />
1 Premiere am 14. Februar 2007 mit dem Orchester MUSICA POETICA Wien – weitere Aufführungen<br />
am 16., 18., 21. und 26. Februar: Artaserse: Andrew Watts, Arbace: Romeo Cornelius,<br />
Mandane: Marianne Gesswagner, Semira: Elena Copons, Artabano: Roman Sadnik,<br />
Megabise: Gottfried Falkenstein, Bühnenbild: Reinhard Taurer, Kostüme: Linda Redlin,<br />
Licht: Stefan Pfeistlinger. Ausschnitte dieser Produktion: https://vimeo.com/51766405.<br />
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