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Titelthema: Bartagamen

Panorama Gesichter der

Panorama Gesichter der DGHT Dr. sc. nat. Beat Akeret geb. 1962, wohnhaft in Rümlang bei Zürich, Biologe und Fachlehrer für Biologielaboranten, Autor zweier Bücher (Terrarienpflanzen und Rechnen im Labor) Lieber Beat, Du bist eines von rund 200 DGHT-Mitgliedern in der Schweiz und nach unserem 2016 verstorbenen Ehrenmitglied Paul Heinrich Stettler [s. TERRARIA/elaphe 1/2012] erst der zweite Schweizer, den wir zum Interview bitten. Wann und wie hast Du denn zur DGHT gefunden? 1980 fragte mich ein Zoohändler, ob ich bei der Gründung eines Reptilienvereins im Zoo Zürich dabei sein möchte. Ich fuhr hin, und mit 22 anderen Herpetophilen gründeten wir die erste Schweizer DGHT-Stadtgruppe. Seither bin ich der DGHT treu geblieben. Und länger Mitglied als ich! Vor vielen Jahren waren wir auch schon gemeinsam im Vorstand der DGHT tätig. Ich erinnere mich noch gut an die turbulenten Wahlen bei der Mitgliederversammlung in Lünen im Herbst 2003. Es gab einen Umbruch mit vier neuen Vorstandsmitgliedern, ich wurde zum zweiten Vorsitzenden gewählt und Du zum Tagungskoordinator bestimmt. Wie erinnerst Du Dich an diesen Start und an welche Highlights während Deiner Tätigkeit im Vorstand? 2003 wurde ich gefragt, ob ich neuer Tagungskoordinator der DGHT werden möchte. Nach reiflicher Überlegung sagte ich zu. Die Aufnahme im Vorstand war sehr freundschaftlich, und ich konnte meine Ideen einbringen. Besonders beindruckte mich, mit wie viel Herzblut hier ehrenamtlich für die DGHT gearbeitet wurde. Highlight war 2004 meine erste Jahrestagung. Weil die Schweiz zu teuer ist, wichen wir nach Lörrach (D) am Stadtrand von Basel (CH) aus und machten Exkursionen in die Schweiz. Ein Erfolg wurde die Tagung auch dank der Unterstützung durch die Stadtgruppen Basel und Zürich. Du hast dann leider nach einiger Zeit das Handtuch geworfen und Dein Ehrenamt niedergelegt. Welche Gründe haben damals zu dieser Entscheidung geführt? 2008 erlebte ich als schwierige Zeit in der DGHT. Geplant war eine Tagung in Berlin, doch es gab dort keine Regionalgruppe. Die Suche nach einem Lokal war schwierig. Vieles war zu teuer, hatte den Charme einer DDR-Kaserne oder erwies sich anderweitig als ungeeignet. In Potsdam konnten dann Räumlichkeiten gefunden werden, sodass der Tagung nichts mehr hätte im Weg stehen sollen. Doch es kam anders. Es hagelte damals im Internetforum der DGHT heftige Kritik am Vorstand: Terrarianer würden gegenüber den Wissenschaftlern benachteiligt. Das zerrte an den Nerven, wo doch alle Vorstandsmitglieder ihr Bestes gaben. Irgendwann riss bei mir der Geduldsfaden, und ich stellte mein Amt zur Verfügung. In der Folge schmiss auch Ingo Pauler das Handtuch. Mein Amt übernahm damals Stefan Lötters, und Peter Buchert löste Ingo ab. Ja, das waren turbulente Zeiten. Glücklicherweise bist Du der DGHT aber treu geblieben und engagierst Dich bis heute als Leiter der Stadtgruppe Zürich und der DGHT-Landesgruppe Schweiz. Ich hatte erst kürzlich das Vergnügen, bei Euch einen Online-Vortrag halten zu dürfen. Richtig, ich leite seit 1996 die Stadtgruppe Zürich und habe entsprechend einen Sitz im Vorstand der Landesgruppe Schweiz [LG CH], deren Leitung ich 2012 übernommen habe. Die LG CH kämpfte seit ihrer Gründung 1974 für vernünftige Gesetze zur Haltung von Amphibien und Reptilien. Sie konnte viel terraristischen Unsinn entschärfen oder gar abwenden. Ohne die DGHT wäre die Amphibien- und Reptilienhaltung in der Schweiz heute sehr schwierig, ich habe darüber in der Mertensiella 2018* berichtet. Die Vorträge der DGHT-Regionalgruppen sehe ich als herpetologische Weiterbildung. Entsprechend versuche ich, für unsere Mitglieder stets interessante Vorträge zu organisieren. Wie überall stoppte Corona auch unsere Stadtgruppentreffen. Weil ich als Lehrer wegen der Pandemie auf Fernunterricht umstellen musste, begann ich auch die Stadtgruppenvorträge online durchzuführen, und so kam es, dass Du, lieber Axel, einer meiner Online-Referenten wurdest. Ja, das hat mir auch viel Spaß bereitet. Wie steht es eigentlich bei Euch in der Schweiz um die Terraristik, gibt es denn auch einen Sachkundenachweis und ist die Haltung gefährlicher Tiere erlaubt? Und wie gelingt es Euch, die Interessen gegenüber den Anfeindungen der Exotenhaltungsgegner zu verteidigen? In der Schweiz ist die Haltung gefährlicher Reptilien schon seit 1981 bewilligungspflichtig. Wir haben also *Akeret, B. (2018): Zur Geschichte der Tierschutzgesetzgebung in der Schweiz mit Fokus auf die Haltungsvorschriften für Amphibien und Reptilien. – Mertensiella 25: 126–144. 36

Panorama gesetzliche Vorschriften, aber keine Haltungsverbote. Früher wurden wir wegen unserer Gesetze oft belächelt, doch heute sind wir froh, dass verantwortungsbewusste Terrarianer selbst Gefahrtiere halten dürfen. Voraussetzung sind ein Sachkundenachweis [SKN] sowie die Einhaltung von Vorgaben zu Terrariengröße, Sicherheit, Einrichtung, Fütterung, Versicherung etc. Im Großen und Ganzen können wir mit unseren Vorschriften leben. Dank jahrzehntelanger Arbeit konnte die DGHT mitbestimmen, dass in der Schweiz Amphibien und Reptilien (inkl. Gefahrtiere) artgerecht gehalten werden. Das nimmt Exotenhaltungsgegnern Wind aus den Segeln und hilft bei Anfeindungen. Sorge bereitet mir allerdings, dass Verschärfungen der Gesetze in den letzten Jahren auch dazu führen, dass Terrarianer zunehmend „unter den Radar der Behörden abtauchen“ – gerade bei Gefahrtieren eine problematische Entwicklung. Als 2010 ein SKN für die Haltung gefährlicher und schwierig haltbarer Reptilien obligatorisch wurden, arbeitete die LG CH entsprechende Kurse aus. Diese wurden später im Verein „Sachkunde Reptilien, Amphibien Schweiz“ [SARA] ausgelagert. Ich hatte dort anfänglich mitgearbeitet, zog mich dann aber zurück. Weil SARA – abgesehen von Iguana-Kursen – nichts für Echsenhalter anbot, beantragte ich 2012 eine Lizenz für Groß- und Giftechsenkurse und führe seither entsprechende SKN-Kurse in Eigenregie durch. Sehr fein! Wir sind ja ein international agierender Verein, z. B. durch CITES oder unsere Wissenschaftszeitschrift Salamandra. Wusstest Du, dass von den rund 30 Nationen, die die DGHT derzeit ausmachen, die Schweizer – nach uns Deutschen – den größten Anteil stellen? Wir haben in der Schweiz doppelt so viele Mitglieder wie in Österreich, und viele davon sind sehr lange dabei, einige schon über 50 Jahre. Wie erklärst du dir diesen Erfolg der DGHT gerade in der Schweiz? Seit ich mich erinnern kann, sind wir Schweizer die zweitgrößte Ländergruppe der DGHT. Die Gründe hierfür sind vielfältig: Schon immer tauschten sich Terrarianer und Herpetologen aus der Schweiz mit Gleichgesinnten über die Grenze hinweg aus, Herpetophile aus benachbarten Ländern kommen zu uns, und im Gegensatz zu Österreich haben wir recht liberale Terraristikgesetze. Zumindest für Deutschschweizer existiert auch keine Sprachbarriere zu Deutschland, sodass wir die Publikationen der DGHT lesen und an Tagungen teilnehmen können. Darüber hinaus ist die Anreise zu einer Tagung meist mit wenigen Stunden Anfahrt machbar. Viele Schweizer schätzen außerdem die Qualität der DGHT und sind deshalb Mitglied. Trotzdem ist es mir bisher erst beim Terrarienverein Winterthur gelungen, die Mitglieder davon zu überzeugen, sich der DGHT als Regionalgruppe anzuschließen. Andernorts sind die Vorbehalte gegenüber einer „ausländischen Organisation“ wie der DGHT weiterhin groß. Ich bleib da aber am Ball, und steter Tropfen höhlt bekanntlich den Stein. Beat Akeret mit einem seiner Favoriten Foto: C. Akeret Du bist promovierter Diplombiologe und sicher auch seit frühester Kindheit Terrarianer? Ich erinnere mich an zahlreiche Haltungsberichte von Dir in der elaphe oder REPTILIA – und auch an Deine vielen schönen, naturnah eingerichteten Terrarien anlässlich eines Besuchs. Richtig, 1972 kaufte ich meine ersten Ruineneidechsen. Seither halte ich ununterbrochen „Herps“. Ich lege Wert auf naturnahe eingerichtete Terrarien. Racks und Reptilien auf Zeitungspapier sind mir ein Graus. Wildtiere sollten in einer dem natürlichen Lebensraum nachempfundenen Umgebung gehalten werden – inkl. lebender Pflanzen, idealerweise aus dem Lebensraum der Tiere. Wo das nicht geht, weiche ich auf möglichst echt wirkende künstliche Pflanzen aus – immer mit dem Ziel, dass die Terrarien wie Lebensraumausschnitte aussehen sollen. Welche Amphibien- oder Reptiliengruppen liegen Dir besonders am Herz, und welche Arten stehen momentan im Fokus? Meine Favoriten sind Warane. Sie sind attraktiv, intelligent, und viele werden zutraulich, was bei größeren Arten allerdings auch gefährlich sein kann: Passt man nicht auf, so fließt Blut. Neben Waranen halte ich auch andere Echsen, Landschildkröten sowie in einem großen Aquaterrarium Pfeilgift- und Pfeiffrösche zusammen mit südamerikanischen Fischen. Ich sehe schon, ich muss bald mal wieder vorbeikommen. Herzlichen Dank für das Gespräch! Das Interview führte Axel Kwet 37

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