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Radiata2017(3)

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Sergi Vila de Vicente,

Sergi Vila de Vicente, Mick Delahunt & Beate Pfau (Soler-Massana et al. 2001). Samuel Pinya (von der Universitat des Illes Balears) hat uns darüber informiert, dass Studenten die Physiologie und Ökologie dieser Population genauer untersuchen. Vielleicht werden diese Forschungsergebnisse uns dabei helfen, den Grund für die dunkle Färbung der Albera-Schildkröte zu ermitteln. In vorgeschichtlicher und geschichtlicher Zeit lebten die Landschildkröten am westlichen Mittelmeer hauptsächlich in niedrigen, lichten Wäldern mit wenigen Steineichen (Quercus ilex) und gelegentlich auch Flaumeichen (Quercus pubescens) als Schattenbäumen. Diese Lebensräume haben sich bis heute drastisch verändert. Jetzt wachsen hier viele verschiedene Baumarten, so dass das Licht- und Schattenmuster am Boden, also im Lebensbereich der Schildkröten, ganz anders ist. Weitere Änderungen von Umwelteinflüssen sind direkt auf den menschlichen Einfluss zurückzuführen. Die verheerenden Waldbrände am westlichen Mittelmeer haben direkten und indirekten Einfluss auf die Schildkrötenpopulationen, denn sie töten nicht nur viele Schildkröten direkt, sondern sie beeinflussen auch die Pflanzengesellschaft, die nach dem Brand entsteht. Normalerweise regenerieren sich die Schildkötenpopulationen nach so einem Brandereignis wieder, aber bei den Albera-Schildkröten erreichen die Populationen nach einem Brand nicht mehr so schnell oder gar nicht mehr die Stärke, die sie vor dem Brand hatten. Das Auswildern von zusätzlichen Schildkröten aus dem Nachzuchtprojekt im CRT zur Bestandsstützung in diesen Gebieten konnte die negative Entwicklung nicht stoppen. Auch der intensive Weinbau mit dem Einsatz von Pestiziden und der häufigen und tiefen Bodenbearbeitung, sowie die Aufforstung mit gebietsfremden Baumarten und die maschinelle Entfernung des Unterwuchses, weil die frühere Beweidung entfallen ist, tragen zur Zerstörung des Lebensraums der Albera-Schildkröten bei (Vilardell et al. 2012). Man könnte annehmen, dass der Nordhang der Pyrenäen mit seinen offenen Korkeichenwäldern (Quercus suber) gut als Lebensraum für die Albera-Schildkröten geeignet wäre, und in der Tat gab es bis ins letzte Jahrhundert hinein noch recht viele Schildkröten in diesen Gebieten (Cheylan 1981), aber inzwischen sind die Schildkröten dort vollständig verschwunden. Leider gibt es heute nur sehr wenige Naturschutzgebiete oder sonstige Schutzgebiete mit anscheinend geeigneten Schildkrötenlebensräumen in dieser Gegend, und es ist in Frankreich auch besonders schwierig, die notwendigen Genehmigungen zur Auswilderung geschützter Arten zu bekommen, so dass hier ein Wiederansiedlungsprojekt unrealistisch erscheint. Bewertung möglicher Schildkröten-Lebensräume im Naturpark Cap de Creus Bis vor wenigen Jahren lebten noch wilde Landschildkröten im Gebiet des heutigen Naturparks Cap de Creus. Der Naturpark wurde mit dem Gesetz LLEI 4/1998 wegen seiner biologischen Vielfalt, die sowohl mediterrane als auch kontinentale Arten umfasst, und wegen seiner ungewöhnlichen Geologie und landschaftlichen Schönheit zum Schutzgebiet erklärt. Drei Naturschutzgebiete liegen im Naturpark, unter anderem die Serra de Rodes mit dem Naturpark-Informationszentrum in dem ehemaligen Kloster. Im Jahr 2000 gab es einen Versuch zur Wiederansiedlung von Albera-Schildkröten in diesem Naturpark, der aber erfolglos endete. Die Gründe für den Misserfolg waren hauptsächlich: Die Auswilderungsgebiete lagen zu nahe an Straßen, so dass einige Schildkröten überfahren wurden und andere illegal abgesammelt oder von Hunden verletzt und getötet wurden, was insgesamt zu einer zu hohen Verlustrate unter den ausgewilderten Schildkröten führte In den Auswilderungsgebieten waren dichte Populationen von Beutegreifern vorhanden (Marder, Füchse, Dachse und vor Allem Wildschweine) und es gab während des Auswilderungsversuchs wenige andere freilebende Beutetiere dort, so dass diese Räuber sich auf Schildkröten-Beute spezialisierten. Die Auswilderungsgebiete waren isoliert, denn während der vorhergegangenen landwirtschaftlichen Nutzung waren die Gebiete terrassiert worden, und die damals errichteten Mauern waren für die Schildkröten unüberwindbar. 14 RADIATA 26 (3), 2017

Ein neues Projekt zur Erhaltung der Albera-Schildkröte Schildkröten-Auswilderungsprojekte können nur gelingen, wenn die Tiere in wirklich gut zu den ökologischen Anforderungen passende Lebensräume entlassen werden. Dies konnte in der umfassenden Untersuchung von Nafus et al. (2017) an der Wüsten-Gopherschildkröte Gopherus agassizii klar gezeigt werden. Die Wiederansiedlung von Testudo hermanni hermanni im Gebiet des Cap de Creus (im äußersten Nordosten von Spanien) ist ein wichtiger Meilenstein im Projekt zur Erhaltung der Albera-Schildkröte. Im Lauf des Projekts wollen wir herausfinden, wie die „genetisch angereicherten“ Schildkröten sich in natürlichen Lebensräumen einleben. Deshalb müssen wir zunächst gut geeignete neue Schildkrötenlebensräume identifizieren. Diese Gebiete am Cap de Creus wären ja weit genug von den aktuellen Vorkommensgebieten der Albera-Schildkröten entfernt, um eine unkontrollierte Vermischung der Schildkröten aus unseren Kreuzungsversuchen mit den vorhandenen Albera-Schildkröten zu verhindern. Dazu soll zunächst das gesamte Naturpark-Gebiet in die Untersuchung einbezogen werden, um dann die besten Gebiete auswählen zu können. Dazu wird die speziell für solche statistischen Bewertungen entwickelte Software “Maxent” eingesetzt. Eine ähnliche Untersuchung aus den Albera-Bergen (Villero et al. 2017) wird die für die Vergleichswerte untersuchten Gebiete am Cap de Creus liefern, so dass damit die möglichen Wiederauswilderungsgebiete eingegrenzt werden können. In die Untersuchung werden Variablen wie jährliche Regenmenge und Regenperioden, Temperatur-Tagesgang, Sonneneinstrahlung, Luftfeuchte, Waldbrandwahrscheinlichkeit, Pflanzengesellschaft, Nutzung des Gebiets, und viele andere, einfließen. Diese Untersuchung erfolgt im Zusammenhang mit einer Kartierung der Bestände der Maurischen Bachschildkröte (Mauremys leprosa, Fig. 11). Diese Schildkröten haben noch sehr gute Bestände in der Cap de Creus-Region und wir nehmen an, dass der Zugang zu offenem Wasser in dieser eher trockenen und vor Allem windigen Gegend ein wichtiger Überlebens-Faktor für die Landschildkröten sein wird. Wenn die verschiedenen Daten zusammengetragen sind, werden sie in die Maxent Software hochgeladen, die dann eine genaue statistische Analyse liefert und die Eignung der Flächen für Landschildkröten im Naturpark ausweist. Die erzeugte Landkarte zeigt die Schildkröten-Eignung mit einem Farbcode an. Diese Information wird zusammen mit dem Wissen der langjährigen Kenner der Albera-Schildkröten zu einem Biotopgutachten zusammengeführt. Daraus kann dann das Projektteam die besten Lebensräume für die Ansiedlung der Schildkröten aus unseren Kreuzungsexperimenten auswählen. Es gab bereits einige Vorschläge für neue Schildkrö- Abb. 11. Mauremys leprosa. Foto: H.K. Pfau RADIATA 26 (3), 2017 15

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