E-Paper

Aufrufe
vor 2 Jahren

2013-3 REISE und PREISE

  • Text
  • Wwwreisepreisede
  • Stadt
  • Bangkok
  • Zimmer
  • Flug
  • Hotels
  • Emirates
  • Airways
  • Airlines
  • Reise

SÜDAFRIKA HAUTNAH

SÜDAFRIKA HAUTNAH Aussichtspunkt auf dem Tafelberg hoch über Kapstadt (links). Straße mit quietschbunten Häusern im asiatisch geprägten Viertel Bo-Kaap (rechts) Spielende Kinder im Township Langa (oben). Grüne Pracht im Kirstenbosch National Botanical Garden (unten) Frau im Zimmer ihrer Familie im Township Langa (oben). Jazz-Musiker Hilton Schilder und ein Kollege mit traditionellen afrikanischen Instrumenten (links). Die berühmte Victoria & Alfred Waterfront ist der Touristenmagnet Kapstadts (unten) 20 REISE & PREISE 3-2013

IM HERZEN VON KAPSTADT Das wahre Kapstadt findet man überall dort, wo sich Menschen heimisch fühlen. Auch Besucher können die Metropole durch die Augen ihrer Einwohner erleben. Unser Autor empfiehlt spezielle Stadttouren und gibt jede Menge Ausflugs- und Activity-Tipps für die Kapregion. VON OLIVER GERHARD Wo schlägt das Herz Kapstadts? An der V&A Waterfront, dem quirligen Hafenzentrum? In der Partymeile Long Street? Oder im neuen »In«-Viertel Woodstock? »Nein, natürlich hier bei mir im Garten!«, sagt Andrew Jacobs, der täglich durch den botanischen Garten von Kirstenbosch führt. Dem betagten Gärtner scheint die gute Laune nicht auszugehen, ebenso wenig wie die Begeisterung für »seinen« Garten – »laut Top-Botanikern einer der sieben besten der Welt«, wie er sagt. Dieses Jahr hat Jacobs besonders viel zu tun, denn im Juli feiert Kirstenbosch 100. Geburtstag: Am 1. Juli 1913 wurde der Garten gegründet, damals mit einem Budget von 1.000 Pfund im Jahr. Einstiges Farmland wurde dafür umgewandelt, aus Europa eingeführte Pflanzen vernichtet, Wege und Beete angelegt – mit Eseln und Handkarren. Heute bedeckt der Park über 36 Hektar Land, zählt mehr als 7.000 Pflanzenarten und gehört als Teil des Kap-Pflanzenreiches zum Weltkulturerbe. Andrew Jacobs arbeitet seit 57 Jahren in Kirstenbosch. Über die Zeit der Apartheid befragt, wird er einsilbig, nur so viel will er verraten: »Ich hatte einen weißen Kollegen, der mich sehr gefördert hat – ohne Ansehen der Hautfarbe.« Dann springt er lachend zur nächsten Anekdote, zeigt den ältesten Baum (353 Jahre), die höchste Aloe (18 Meter) und führt in das Versteck von zwei Schleiereulen im Tiefschlaf. Der Rhythmus der Townships »Das Herz Kapstadts schlägt in den Townships«, behauptet Richard Toswa. Und der Guide könnte recht haben: Hunderte von Menschen stampfen mit den Füßen, klatschen in die Hände, singen lauthals »Halleluja«. Frauen in schreiend bunten Gewändern, High Heels und mit kunstvoll geflochtenen Frisuren wiegen sich zum Takt des Chors in den Hüften. Es ist Sonntag, Gospel-Gottesdienst im Township Langa. Schüchtern schiebt sich eine Handvoll Touristen an der ekstatischen Menge vorbei, teilweise ergriffen von der Inbrunst des Gesangs. Der Besuch in einer Kirche ist das Highlight der sonntäglichen Tour in das Township Langa, das älteste in Kapstadt, in das schon 1926 Menschen zwangsumgesiedelt wurden, um die schwarze Bevölkerung von der weißen zu trennen. Während der Fahrt im Minibus gleiten Wohnhäuser aus den unterschiedlichen Epochen vorüber: verwahrloste Backsteinbauten, wacklige Hütten aus Plastik, Holz und Wellblech, aber auch Villen, vor denen deutsche Luxusautos parken – das »Beverly Hills« von Langa. Viele Häuser haben inzwischen staatlich geförderte Solaranlagen; nach dem Ende der Apartheid wurden Wasserpumpen installiert, Schulen und Kliniken gebaut. Der Geschmack von Curry Obwohl auch die asiatischstämmige Bevölkerung einst diskriminiert wurde, blieb der Stadtteil Bo-Kaap privilegiert: Die hier lebende kapmalaiische Bevölkerung, muslimische Nachfahren von Sklaven aus niederländischen Kolonien, wurde nicht vertrieben. Es ist das bunteste Viertel Kapstadts: Jedes Haus ist anders bemalt, in schrillem Gelb, feurigem Rot oder knalligem Lila – der Legende nach als Protest gegen die Apartheid, die ja nur zwei Farben kannte. »Wir waren immer eine solidarische Gemeinschaft«, sagt Hausfrau Amina Karriem, während sie mit flinken Fingern Samosas füllt, Teigtaschen, die später in Öl frittiert werden. Neben ihr sind zwei Kochschüler eifrig damit beschäftigt, Fleisch in Curry anzubraten und frischen Koriander zu schneiden – Teilnehmer der Cape Malay Cooking Safari, einer halbtägigen Bo- Kaap-Erkundung mit Kochkurs und Mittagessen. Der Tourguide hatte die Gäste zuerst zur Atlas Trading Company geführt, wo es alle Zutaten gibt: Immer wieder tauchte er eine große Schaufel in Holzkisten und ließ schnuppern und schmecken: Kurkuma und Fenchelpulver, mildes Curry und scharfer Chili. Während des Mittagessens berichtet Amina Karriem, dass die muslimische Gemeinschaft langsam zerbricht: Amerikaner und Europäer zahlten hohe Preise für die kleinen Häuser, um sie in Boutiquen und Pensionen zu verwandeln. Klänge der Nacht Während in Bo-Kaap nachts dörfliche Ruhe einkehrt, erwachen viele Bars, Restaurants und Clubs im Stadtzentrum zum Leben. Musikfans können sich dann auf die Spuren des Cape Jazz begeben. »Zu Zeiten der Apartheid war Kapstadt ein Mekka des Jazz«, sagt Hilton Schilder, der zu den Jazz-Größen des Landes gehört. Er spielte schon auf dem Kapstädter Jazzfestival und auf vielen Bühnen der Welt. »Demonstrieren war früher verboten, aber in unseren Stücken konnten wir die Regierung offen angreifen«, erinnert sich Schilder an jene Zeit, in der es unzählige Jazzclubs gab – beliebter Treffpunkt der schwarzen Bevölkerung. Heute verdient Schilder auch Geld mit Wohnzimmerkonzerten in seinem kleinen Einfamilienhaus. Die Teilnehmer der Jazz Safari verstummen, als der Musiker einen Mundbogen ansetzt, ein altes afrikanisches Instrument aus einem Bogen, einer Metallsaite und einer Kalebasse als Resonanzkörper. Urwüchsige Töne erklingen, während im Hintergrund der Kühlschrank surrt und Nachbarn neugierig den Kopf durch die Tür stecken. Das Herz von Kapstadt, es schlägt auch hier. INFO Der Kirstenbosch Botanical Garden (Eintritt € 3,30) veranstaltet 90-minütige Gratis-Touren (Mo–Sa, Start 10:00 Uhr im Besucherzentrum), weitere individuelle Touren auf Anfrage (Tel. 0027- 21-799 8783, www.sanbi.org/gardens/ kirstenbosch). Die Township-Touren von Camissa werden im geschlossenen Mini-Van durchgeführt. Highlight ist die Gospel-Tour jeden Sonntag, mit Besuch in einem Gospel-Gottesdienst. Außerdem gibt es eine spezielle Tour für Fußball-Fans (Tel. 0027-21-5102646, www.gocamissa.co.za, ½ Tag Township-Gospel-Tour € 35, Soccer Tour € 44,50, Kinder € 17,50 bzw. 22). Die »KOCHSAFARI« kostet € 52,50 (Andulela Experience, Tel. 0027-21-418 3020, www.andulela.com). Die »Jazz Safari« mit einem Wohnzimmerkonzert bei einem Jazzmusiker sowie Abendessen und Besuch eines Jazz-Clubs kostet € 63 (Andulela Experience, Tel. 0027-21-4183020, www.andulela.com). Weitere thematische Touren gibt es u.a. zu den Themen Fußball, Wein, Oper, Gospel, Kulinarik und Natur. REISE & PREISE 3-2013 21

© 2023 by REISE & PREISE