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2013-3 REISE und PREISE

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KAMERUN Jeden Donnerstag

KAMERUN Jeden Donnerstag treffen sich alle Einwohner aus dem Umkreis auf dem Markt in Tourou Geisterglaube Ahnenkult und Die ehemalige deutsche Kolonie Kamerun, traditionell bestimmt von unzähligen Fürstentümern und Stämmen, bietet einen Teppich von Kultstätten. Wer sie sehen will, muss Geduld mitbringen, denn die Wege sind weit. Als Belohnung gibt es mystische Kunst und landschaftliche Schönheit. TEXT & FOTOS: MARA GLIND 40 REISE & PREISE 3-2013

Das weitläufige Ndiri-Tal bei Rhumsiki ist ein Paradies für Wanderer (oben). Bei der Baumwollernte in den Familienbetrieben müssen alle mit anpacken (links). Schreibübungen in Ga - roua: Unter den kritischen Blicken seiner Freundinnen schreibt ein Mädchen den Koran ab (kl. Bild) M Mboula umklammert seine Krabbe fest mit der Hand. Der 92-jährige Orakelpriester aus Rhumsiki schwenkt sie durch die Luft, murmelt etwas in seinen Bart und spuckt mit einem lauten »Pö« darauf. Einmal. Zweimal. Dreimal. Dann hebt er den Deckel von der Schale vor seinen Füßen. Darin: Wasser, Sand, Tonscherben und Holzstöckchen. Mboula setzt den zappelnden Krebs hinein. Er deckt die Schale wieder zu, lehnt sich zurück und verharrt regungslos auf dem Sandboden im Schatten des Kapsiki- Dorfes. Sekunden vergehen. Dann lupft Mboula den Kalebassendeckel, greift die Krabbe, starrt auf die verschobenen Holzstöckchen und deutet daraus die Zukunft. Das Dorf Rhumsiki in den Mandarabergen im Norden Kameruns gilt als das Herz des Kapsiki-Stammes. Hier, kurz vor der Grenze zu Nigeria, wo in tausend Metern Höhe die versteinerten Schlote alter Vulkane wie Riesen in den Himmel ragen und sich staubige Terrassenfelder die Abhänge hinaufziehen, gespickt mit kahlen Baobabs und kleinen Boukarous, den traditionellen Rundhütten, glaubt man noch an Geister und Ahnen. Früher versteckten sich die Kapsiki hier in Höhlen. Sie waren auf der Flucht vor den muslimischen Fulbe, die noch immer mit stattlichen Zebuherden durch das Land ziehen. Heute kommt mancher Kapsiki von weit her, um sich vom alten Priester das Krabbenorakel lesen zu lassen: Wann ist der beste Zeitpunkt für die Aussaat der Hirse? Wann der für die Erdnussernte? Die Kapsiki sind Bauern, die es schwer haben: In den Bergen fällt acht Monate im Jahr kein Regen und Wasser muss kilometerweit herbeigeschleppt werden. Auf dem Dorfplatz sitzt man zusammen: Männer treiben ihre Webstühle mit den Füßen an, Frauen spinnen mit der Handspindel, formen Vasen aus Lehm, Kuh- und Ziegendung. Zwischen baumhohen Kandelaberkakteen und Steinmauern, die den Dorfweg säumen, spazieren Schönheiten mit Brennholz auf dem Kopf. Kinder hüpfen umher und singen. Viele Völker, viele Religionen Kamerun, die 20-Millionen-Einwohner-Republik an Afrikas Westküste, ist ein Sammelsurium traditioneller Volksgruppen. Rund 230 soll es geben. Ein Gemisch aus Christen, Muslime und Animisten. »Wenn ein Christ bei uns mehr als eine Frau heiraten möchte, wechselt er die Religion«, weiß Vandi. Der Kapsiki, der Touristen durch sein Dorf führt, erklärt weiter: »Ein Muslim darf hier bis zu vier Frauen heiraten, ein Animist sogar sieben«. In den Mandarabergen hängt die Hälfte aller Menschen der Naturreligion an. In Maroua, der zweitgrößten Stadt im Norden, herrscht ein anderes Bild. Muslime, in weißes Tuch gehüllt, bevölkern auf Mopeds und Fahrrädern die hübschen Alleen. Gewaltige Niembäume säumen die REISE & PREISE 3-2013 41

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