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JOHANNES OE GARLANOIA: OE MENSURABILI MUSICA

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28 Die "Überlieferung des Traktats<br />

suchen, ob V oder B Vorlage eines der beiden übrigen Zeugen ist 7. Folgende<br />

Trennfehler lassen sich nachweisen 8:<br />

V<br />

a) Trennfehler von V gegen B, um I auszuschließen:<br />

B<br />

I. 1 generale pro generaliter<br />

I. 5 in primis videndum est quid sit modus sive maneries om<br />

IU, 15 aut per oppositum cum proprietate om<br />

V<br />

b) Trennfehler von V gegen P, um I auszuschließen:<br />

P<br />

IX. 6 aequipollentia pro aequisonantia<br />

IX, 15 supra secundum om<br />

X, 7 32" pro vicesimas septimas<br />

B<br />

c) Trennfehler von B gegen V, um I auszuschließen:<br />

V<br />

Interpolationen: I, 23 ut ita --I<br />

ut ita •• 1<br />

ut ita ••• 1 •••• 1<br />

I, 25 ita formantur __<br />

H, 200m<br />

IU, 6 brevibus etiam pro brevi<br />

B<br />

d) Trennfehler von B gegen P, um I auszuschließen:<br />

P<br />

IU, 6 brevibus etiam pro brevi<br />

IU, 140m<br />

Der Nachweis der Trennfehler läßt den Schluß zu, daß keiner der drei Textzeugen<br />

die Vorlage eines der beiden anderen ist. Die Wahl zwischen den vier<br />

noch verbleibenden Möglichkeiten des stemmatischen Typs der drei voneinander<br />

unabhängigen Textzeugen wird durch den Nachweis mehrerer Bindefehler<br />

von B und P gegen V entschieden: Es handelt sich u.a. um die interpolierten<br />

Regeln V, 6* und V, 7*, die Varianten zu III, 7 und das Exemplum<br />

Angelus (IV, 2), in dem ein Cantuston ausgelassen ist. Aus den Bund P gemeinsamen<br />

Interpolationen und Fehlern folgt, daß beide Zeugen von einer gemeinsamen<br />

Vorlage ß abhängen. Somit ergibt sich für die drei voneinander unabhängigen<br />

Textzeugen folgendes Stemma:<br />

Cl<<br />

/\<br />

/\<br />

1J P<br />

, Der folgenden Untersuchung liegt die VOn P. MAAS erarbeitete textkritische<br />

Methode zugrunde; vgl. P. MAAS, Textkritik, Leipzig 21950, 27ff. - Zur Begründung<br />

der im folgenden aufgeführten Trenn- und Bindefehler vgl. die betreffenden Partien<br />

des textkritischen Kommentars.<br />

8 Die Zusammenstellung beschränkt sich auf wenige instruktive Beispiele.<br />

Sekundäre Quellen 29<br />

Für die Textedition lassen sich aus dem festgestellten Abhängigkeitsverhältnis<br />

der drei Quellen folgende Richtlinien ableiten: Der Text des Archetypus IX<br />

ist mit Sicherheit rekonstruierbar a) bei übereinstimmung aller drei Textzeugen,<br />

b) bei übereinstimmung von V mit B oder V mit P. Die jeweils isolierten<br />

Lesarten von B oder P sind für die Rekonstruktion des Archetypus wertlos.<br />

Bei übereinstimmung von Bund P gegen V sind V und ß (= BP) Variantenträger,<br />

zwischen deren Lesarten nur aufgrund inhaltlicher Kriterien gewählt<br />

werden kann, so daß der Text von IX zweifelhaft ist. Variieren alle drei Text·<br />

zeugen untereinander, ist weder IX noch ß sicher rekonstruierbar, so daß zunächst<br />

die Lesung von ß aus den Subvarianten Bund P erschlossen werden<br />

muß, die dann als Variante neben V tritt. In den ersten beiden Kapiteln, in<br />

denen die überarbeitete Fassung P zu eliminieren ist, sind V und B Variantenträger,<br />

ab VI, 9 (nach Wegfall von B) V und P. Nach Abbruch von V (XI, 107)<br />

wird P zum Codex unicus 9.<br />

SEKUNDÄRE QUELLEN<br />

AE: Anonymus St. Emmeram (1279)<br />

Der anonyme Verfasser des laut Explicit 1279 abgeschlossenen Traktats l<br />

hat nicht nur die Disposition und die zentralen Lehrgegenstände seiner Schrift<br />

weitgehend von Johannes de Garlandia übernommen, sondern zitiert in jedem<br />

der sechs Kapitel seines Werkes vollständige Abschnitte oder einzelne Regeln<br />

und Definitionen wörtlich aus Garlandias De mensurabili musica 2. Zwar gibt<br />

der Anonymus, der seine Lehrschrift ausdrücklich gegen die Irrlehren neuerer<br />

Autoren, vor allem gegen die des Lambertus richtet 3 , keinen direkten Hinweis<br />

auf seine Quelle; doch betont er seine doktrinäre, konservative Haltung, indem<br />

er sich bei der Apologie der alten Lehre wiederholt auf die Schriften seiner magistri<br />

4 und antecessores 5 beruft. Mit Einleitungsformeln wie dicit ars, ars docet 6 ,<br />

• Die kritische Bewertung der Fassung P bei RASCH (a. a. O. 7-42; vgl. oben S.<br />

17. Anm. 111) stimmt mit der hier gegebenen prinzipiell überein. Die auch von<br />

RASCH für wahrscheinlich gehaltene Zuschreibung dieser Bearbeitung an HIERO­<br />

NYMUS wird im textkritischen Kommentar (Teil II, S. Iff.) u.a. durch den Nachweis<br />

inhaltlicher "Übereinstimmungen mit anderen Texten des HIERONYMUS fundiert.<br />

Demgegenüber wird die von RASCH (a. a. O. 9) als beste Quelle bezeichn~te<br />

Fassung B durch die nachgewiesenen Bindefehler mit P und die daraus resultlerende<br />

stemmatische Einordnung in ihrem textkritischen Wert eingeschränkt.<br />

1 München, Bayerische Staatsbibliothek, Olm 14523, fol. 134v-159v. Die Sammelhandschrift<br />

stammt aus der Benediktinerabtei St. Emmeram bei Regensburg,<br />

ihre Provenienz ist unbekannt; ed. H. SOWA, Ein anonymer glossierter JYJensuraltraktat<br />

1279, Königsberger Studien zur Musikwissenschaft, hg. vom musikwissenschaftlichen<br />

Seminar der Universität unter Leitung von J. M. MÜLLER·BLATTAu.<br />

Bd. IX, Kassel 1930.<br />

, In der Edition SOWA wird nur an drei Stellen auf die Abhängigkeit von GAR­<br />

LANDlA hingewiesen; vgl. dort die Anmerkungen S. 23, 120 und 123.<br />

• SOWA XVIf .<br />

• "Immo utens consilio magistrorum quorum uestigia sum secutus ... " (1, 24f.);<br />

"musica quo ad nos et magistros nostros est ... " (2, 24f.).

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