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Altlandkreis Ausgabe Juli/August 2018 - Das Magazin für den westlichen Pfaffenwinkel

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und nervliche Belastung nicht hoch<br />

genug einzuschätzen. Letztlich setzen<br />

die Männer ein ums andere<br />

Mal ihr Leben aufs Spiel, um das<br />

der in Not Geratenen zu retten.<br />

Paradebeispiel hier<strong>für</strong>: Die „Kapp-<br />

Rettung“. Ein Bergwachtler wird<br />

über die Winde am Rettungshubschrauber<br />

hinabgelassen auf Höhe<br />

des abgestürzten, noch im Seil<br />

hängen<strong>den</strong> Kletterers. Dann fliegt<br />

der Hubschrauber so nah wie möglich<br />

an die Felswand heran, so dass<br />

der an der Winde hängende Bergwachtler<br />

<strong>den</strong> Verletzten direkt erreicht.<br />

Nun muss der Bergwachtler<br />

in einem (!) Vorgang einerseits das<br />

Seil des Kletterers durchschnei<strong>den</strong>,<br />

ihn gleichzeitig mit einer Schlaufe<br />

an sich fixieren. „<strong>Das</strong> ist die<br />

schwierigste Rettung überhaupt,<br />

sowohl <strong>für</strong> uns Bergwachtler als<br />

auch <strong>den</strong> Piloten und seine Crew“,<br />

sagt Schleich.<br />

Bergwachthütte mit<br />

fünf Mann besetzt<br />

Umso schöner, wenn sich Verunfallte<br />

nach Wochen und Monaten<br />

im Unfallklinikum Murnau wieder<br />

erholen und sich mit Brotzeitkorb<br />

bei <strong>den</strong> Bergwachtlern bedanken.<br />

Jüngster Fall: Ein Landwirt,<br />

der im absoluten Nirvana Nähe<br />

Hohe Bleick von einem Baum eingeklemmt<br />

wurde – im Winter bei<br />

minus 20 Grad! Schleich ist es bis<br />

heute ein Rätsel, wie der Mann<br />

in diesem Handynetz-toten Gebiet<br />

<strong>den</strong> Notruf absetzen konnte.<br />

„Ein Rückruf war <strong>für</strong> uns nämlich<br />

Bergwachtler halten Pilot und Assistenz der Luftrettung <strong>den</strong> Rücken frei.<br />

nicht möglich.“ Rechtzeitig gefun<strong>den</strong><br />

wurde der schwerstverletzte<br />

Waldarbeiter nur dank geistesgegenwärtiger,<br />

richtiger Abhandlung<br />

von <strong>den</strong> erfahrenen Bergwachtlern.<br />

Schleich beispielsweise kontaktierte<br />

umgehend jeman<strong>den</strong> von der<br />

Waldkörperschaft Halblech, der in<br />

etwa wusste, wo sich der Verletzte<br />

befindet. Gleichzeitig suchte nach<br />

dem Mann ein Polizeihubschrauber<br />

mit Wärmebildkamera, „der zufälligerweise<br />

schon in der Luft in der<br />

Nähe des Einsatzortes war“. Nur 40<br />

Minuten nach Eingang des Notrufes<br />

konnte der Landwirt gerettet wer<strong>den</strong>.<br />

Warum? Weil die Bergwachtler<br />

nahezu je<strong>den</strong> Weg und jedes<br />

Gelände in ihrem Einsatzgebiet inund<br />

auswendig kennen. Weil sie<br />

in der Lage sind, zur richtigen Zeit<br />

die richtigen Leute zu kontaktieren.<br />

Weil sie in vielen Fällen instinktiv<br />

richtig handeln. Und das rund um<br />

die Uhr an 365 Tagen im Jahr, allen<br />

voran zur Hoch-Bergsteiger-Saison<br />

von April bis November. In diesem<br />

Zeitraum ist an allen Wochenen<strong>den</strong><br />

und Feiertagen die Bergwachthütte<br />

im Kenzengebiet mit einer Crew<br />

von rund fünf Mann besetzt, „um<br />

in unserem Kerneinsatzgebiet noch<br />

schneller am Unfallort zu sein“.<br />

Schnittstelle zwischen<br />

Weilheim und Kempten<br />

Noch wichtiger aber ist eine grundsolide<br />

Basis dieser überlebenswichtigen<br />

Arbeit der Bergwacht,<br />

die im Frühjahr 2019 mit dem Bau<br />

der neuen Bergrettungswache in<br />

Steinga<strong>den</strong> stark professionalisiert<br />

wird. Und dann nicht nur geographisch<br />

einen idealen Ausgangspunkt<br />

<strong>für</strong> alle Einsätze haben, sondern<br />

auch räumlich und technisch<br />

auf neuestem Stand sein wird. Allen<br />

voran die Einsatzzentrale, die<br />

als Schnittstelle der Rettungsleitstellen<br />

„Oberland“ in Weilheim und<br />

„Allgäu“ in Kempten die Grundvoraussetzung<br />

aller Einsätze ist. „In<br />

<strong>den</strong> ersten fünf Minuten müssen<br />

wir Einsatzleiter unter höchstem<br />

psychischen Stress anhand des<br />

Meldebildes die richtigen Entscheidungen<br />

treffen“, sagt Schleich. <strong>Das</strong><br />

funktioniert in einem geräumigen<br />

Büro wesentlich besser als am Eckschreibtisch<br />

in einer sechs auf vier<br />

Meter großen Garage.<br />

js<br />

Totenbergungen sind extrem traurig,<br />

gefährlich und anstrengend.<br />

juli / august <strong>2018</strong> | 21

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