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Weiter so - Deutschland ?

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Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft<br />

Kreisverbände Aurich, Emden, Jever, Norden, Wilhelmshaven und Wittmund<br />

LEUCHTTURM<br />

Zeitschrift der Bildungsgewerkschaft in Ost-Friesland<br />

Nr. 116<br />

2. September 2013<br />

35. Jhrg.<br />

<strong>Weiter</strong> <strong>so</strong> -<br />

<strong>Deutschland</strong> ?


LEUCHTTURM<br />

Die GEW Norden feiert<br />

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen,<br />

wir laden Euch herzlich ein<br />

zur GEW-Fete 2013<br />

am Freitag, dem 20. September 2013,<br />

Hotel zur Post, Norden,<br />

ab 19.30 Uhr<br />

Wir feiern in geselliger Runde,<br />

- mit netten Kolleginnen, Kollegen und Partnern,<br />

- mit guten Gesprächen,<br />

2<br />

- guter Musik von den Teachers (Irish Folk)<br />

- und einem kleinen Imbiss Wir freuen uns auf Euch<br />

Der Kreisvorstand<br />

Redaktion Leuchtturm Redaktionsschluss: 25.08.2013<br />

KV Wittmund www.gew-wittmund.de<br />

Ronald Wilts Lüdstede 3 26487 Neuschoo Tel. 04975 - 366 Ronald.Wilts@t-online.de<br />

Jürgen Kramm Wangeroogestr. 8 26409 Wittmund Tel. 04462 - 6102 Juergen.Kramm.WTM@t-online.de<br />

KV Jever www.gewweserems.de/kv-fg/jever/jevindex.htm<br />

Fridolin Haars Fliederweg 16 26434 Wangerland Tel. 04461 - 5123 frimawa@gmx.de<br />

Klaus Blume-Wenten Javenloch 5 26434 Wangerland Tel. 04464 - 8150 k.blume-wenten@t-online.de<br />

KV Aurich www.gew-aurich.de<br />

Ralf Dittmer Oldeborger Str. 81 26624 Südbrookmerland Tel./Fax 04942 - 3938 radidodo@web.de<br />

Franz Kampers Hinter Eschen 16F 26607 Aurich Tel. 04941 - 6988012 mail@gew-aurich.de<br />

KV Norden<br />

Herbert Czekir Reithammer Weg 29 26529 OsteelTel. 04934 - 6766 herbert.czekir@ewetel.net<br />

Anette Hillen Im Dullert 30 26524 Hage Tel. 04931 - 7 4474 anette-hillen@web.de<br />

KV Emden www.gew-emd.de<br />

Dr. Josef Kaufhold Herm.-Hesse-Str. 4 26721 Emden Tel. 04921 - 45266 JosefKaufhold@web.de<br />

Hans-Gerd dc Beer Graf-Edzard-Str. 20 26721 Emden Tel. 04921-29778 hans-gerd-de-beer@t-online.de<br />

KV Wilhelmshaven<br />

Friedrich Fischer Fedderwarder Str. 124 26388 Wilhelmshaven Tel.04421 - 502119 magfish@gmx.de<br />

Wolfgang Niemann-Fuhlbohm Güstrower Str. 3c 26388 Wilhelmshaven Tel.04421 - 87117 wolfgang.nif@gmx.de<br />

Impressum: GEW-LEUCHTTURM Nr. 116 / 35. Jahrgang vom 02.09.2013<br />

LehrerInnenzeitung für die Kreisverbände Aurich, Emden, Jever, Norden, Wilhelmshaven, Wittmund<br />

Herausgeber: Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft im DGB/Kreisverband Wittmund<br />

verantwortl.: Ronald Wilts (1. Vors.), Lüdstede 3, 26487 Neuschoo, 04975/366<br />

Internet: www.gewweserems.de - dort auch Informationen aus den Kreisverbänden<br />

Druck: www.janssendruck.de, Finkenburgstr. 47, 26409 Wittmund


3 LEUCHTTURM<br />

Käpt’n Blaubär und die Männerquote<br />

ein Sketch zur Bildungsrepublik <strong>Deutschland</strong><br />

Käpt’n Blaubär und die drei Gummibärchen treten auf.<br />

Blaubär: Kinners, ihr dürft mir<br />

gratulieren.<br />

Enkel 1: Aber, du hast doch gar<br />

nicht Geburtstag, Opa.<br />

Blaubär: Ihr <strong>so</strong>llt mir ja auch<br />

nicht zum Geburtstag gratulieren,<br />

ihr kleinen Dösköppe,<br />

<strong>so</strong>ndern dazu, dass ich Spitzenkandidat<br />

für die AfD werden<br />

<strong>so</strong>ll.<br />

Enkel 2:<br />

sein?<br />

AfD, was <strong>so</strong>ll das denn<br />

Blaubär: Na, ihr bekommt aber<br />

auch wieder rein gar nichts mit.<br />

Habt ihr denn noch nichts von<br />

der „Alternative für <strong>Deutschland</strong>“<br />

gehört?<br />

Enkel 3: „Alte Naive für<br />

<strong>Deutschland</strong>“? Da bist du<br />

Mitglied?<br />

Blaubär: Doch nicht „alte Naive“,<br />

<strong>so</strong>ndern „Alternative“.<br />

Enkel 1: Und was <strong>so</strong>ll das<br />

heißen, „Alternative“?<br />

Blaubär: Fremdwörter behandelt<br />

ihr wohl gar nicht mehr in<br />

der Schule! Das bedeutet, dass<br />

man einen Gegenvorschlag für<br />

irgendwas macht.<br />

Enkel 2:<br />

<strong>so</strong> vor?<br />

Und was schlagt ihr da<br />

Blaubär: Al<strong>so</strong>, erstmal <strong>so</strong>ll der<br />

Euro wieder abgeschafft werden.<br />

Und dann <strong>so</strong>ll das Bildungssystem<br />

verbessert werden, indem<br />

man eine Männerquote an den<br />

Grundschulen einführt.<br />

Enkel 3:<br />

Eine Männerquote?<br />

Blaubär: Ja, eine Männerquote.<br />

Ihr wisst doch selber nur zu gut,<br />

dass an den Grundschulen viel<br />

zu wenig Lehrer arbeiten. Ihr<br />

habt doch bis auf den Schulleiter<br />

auch nur Lehrerinnen an eurer<br />

Schule.<br />

Enkel 1:<br />

recht.<br />

Da hast du allerdings<br />

Blaubär: Seht ihr! Und da<br />

bekannt ist, dass vor allem Jungs<br />

viel besser lernen können, wenn<br />

sie von Männern betreut<br />

werden, wollen wir eben die<br />

Männerquote einführen.<br />

Enkel 2: Und was <strong>so</strong>ll das<br />

genau sein, eine Männerquote?<br />

Blaubär: Eine Männerquote bedeutet,<br />

dass die Hälfte aller<br />

Lehrkräfte Männer sein <strong>so</strong>llen.<br />

Enkel 3: Aber Opa, wo <strong>so</strong>llen<br />

die denn alle herkommen? Die<br />

meisten Männer haben doch gar<br />

keine Lust, sich mit kleinen<br />

Kindern abzugeben.<br />

Blaubär: Ihr habt eben überhaupt<br />

gar keine Ahnung, äh, ich<br />

meine, euch fehlt einfach noch<br />

ein bisschen die Lebenserfahrung.<br />

Man muss den Männern<br />

nur etwas mehr Geld als den<br />

Frauen anbieten, dann bekommen<br />

die auch Lust mit kleinen<br />

Kindern rumzutüdeln.<br />

Enkel 3: Aber Opa, das ist doch<br />

total ungerecht!<br />

Blaubär: Wie<strong>so</strong> das denn? In<br />

unserem Land ist es in vielen<br />

Berufen üblich, dass die Männer<br />

mehr als die Frauen bezahlt<br />

kriegen, und zwar aus gutem<br />

Grund.<br />

Enkel 1:<br />

Und der wäre?<br />

Blaubär: Männer sind nun<br />

einmal viel leistungsfähiger als<br />

Frauen. Die werden z. B. nicht<br />

schwanger und gehen dann<br />

wochen- und monatelang in den<br />

Mutterschutz und anschließend<br />

noch jahrelang in die Elternzeit.<br />

Enkel 2: Aber es gibt doch auch<br />

Männer, die Elternzeit nehmen.<br />

Blaubär: Das ist doch nur eine<br />

kleine, radikale Minderheit!<br />

Enkel 3: Stimmt. Viele machen<br />

das nicht.<br />

Blaubär: Sag ich doch. Und mit<br />

der Männerquote an den<br />

Grundschulen werden wir von<br />

der AfD die nächste Bundestagswahl<br />

mit Sicherheit gewinnen<br />

und endlich die Bildungsrepublik<br />

<strong>Deutschland</strong> bekommen, die<br />

unsere Kanzlerin schon vor<br />

vielen Jahren versprochen hat.<br />

Und außerdem wird dann alles<br />

wieder billiger, weil wir den Euro<br />

abschaffen und unsere gute alte<br />

D-Mark zurückbekommen werden.<br />

Hein Blöd: Käpt’n, da ist schon<br />

wieder <strong>so</strong> ein Brief für Sie aus<br />

Berlin.<br />

Blaubär: So langsam gewöhne<br />

ich mich dran. Dann lies mal<br />

vor.<br />

Heinrich<br />

Herlyn<br />

Hein Blöd: Sehr geehrter Käpt’n Blaubär! Mein<br />

Parteifreund, Horst Seehofer, hat Ihnen vor einiger<br />

Zeit das Amt des Bundesfamilienministers<br />

angeboten. Sie wissen aber sicherlich, dass laut<br />

Verfassung das Vorschlagsrecht für Ministerämter<br />

beim Bundeskanzler bzw. der Bundeskanzlerin<br />

liegt. Ich habe nun beschlossen, dass Frau Schröder<br />

weiterhin Bundesfamilienministerin bleiben <strong>so</strong>ll.<br />

Ihnen möchte ich hingegen im Falles eines<br />

Wahlsieges bei der kommenden Bundestagswahl<br />

das Amt des Bundesbildungsministers offerieren.<br />

Im Zuge der von mir angestrebten Bildungsrepublik<br />

<strong>Deutschland</strong> erscheint mir das von Ihnen<br />

entwickelte Konzept einer Männerquote im<br />

Grundschulbereich im Gegensatz zu der<br />

Frauenquote im Management als äußerst<br />

zukunftsfähig und nachhaltig. Sie <strong>so</strong>llten sich<br />

deshalb Ihre Kandidatur für die AfD noch einmal<br />

gründlich überlegen. Ihre Angela Merkel<br />

Bundeskanzlerin


LEUCHTTURM<br />

GEW-KollegInnen besuchten die<br />

Gedenkstätte in Esterwegen<br />

Anette Hillen<br />

Anfang März fuhr eine kleine<br />

Gruppe GEWlerInnen ab<br />

Großheide in Richtung Emsland.<br />

Ein kalter, lausiger Tag mit<br />

Wind und Schnee war es, als es<br />

an einem Samstag Morgen los<br />

ging.<br />

In Esterwegen an der Gedenkstätte<br />

„Hinterm Busch“ angekommen,<br />

wurden wir von Kurt<br />

Buck und seiner Frau Marianne<br />

Kösters begrüßt. Schon der<br />

große weite Eingang imponierte<br />

uns sehr. Während wir eine Tasse<br />

Kaffee bzw. Tee tranken, erfuhren<br />

wir schon einiges über die<br />

neue Gedenkstätte, über die<br />

Besucherzahlen seit Eröffnung<br />

und über aktuelle Veranstaltungen.<br />

Zur Zeit besuchten viele<br />

Gute Schule<br />

Finnlands Erfolge ....<br />

von Philippe Descamps<br />

in: Le Monde diplomatique; April 2013; Dt. Ausgabe, Seite 20<br />

AbiturientInnen die Gedenkstätte,<br />

um sich auf ihre Abiturthemen<br />

im Fach Politik/Geschichte<br />

vorzubereiten.<br />

Die Geschichte der Emslandlager<br />

1933-1945 war das Thema<br />

des anschließenden Vortrags mit<br />

informativem Bildmaterial. Kurt<br />

Buck verstand es, die Informationen<br />

über die 15 Emslandlager<br />

anschaulich vorzustellen, Fragen<br />

und ein anschließendes Gespräch<br />

rundeten den Vortrag ab.<br />

Eine kurze Führung über das<br />

Gelände des ehemaligen Lagers<br />

Esterwegen beeindruckte uns<br />

sehr. Nicht nur die Weite des<br />

Geländes, <strong>so</strong>ndern auch die gut<br />

durchdachte Planung und Architektur<br />

führte dazu, dass wir uns<br />

uns ein realistisches Bild von<br />

4<br />

den Ausmaßen des Lagers<br />

machen konnten. Ein kalter<br />

Wind und Regen trugen dazu<br />

bei, uns die fürchterlichen<br />

Bedingungen, unter denen die<br />

Häftlinge hier Tag für Tag im<br />

Moor arbeiten mussten, vorzustellen.<br />

Ein individueller Rundgang<br />

in Begleitung von Kurt Buck<br />

durch die Hauptausstellung<br />

schloss sich am Nachmittag an:<br />

„Die Hauptausstellung dokumentiert<br />

die Geschichte der<br />

Emslandlager und stellt das<br />

Geschehen chronologisch im<br />

Kontext der Geschichte des<br />

„Dritten Reiches“ einschließlich<br />

der regionalen Bezüge dar. Im<br />

Mittelpunkt stehen die Erfahrungen<br />

der Häftlinge bei der<br />

Arbeit im Moor, <strong>so</strong>wie ihr Leben<br />

und Leiden in den Lagern.“<br />

Viele Zeitzeugen berichten per<br />

Videoband über ihre furchtbare<br />

Zeit im Lager.<br />

„Die Nebenausstellung behandelt<br />

die Nachgeschichte der<br />

Emslandlager, die als komplexer,<br />

verschiedene Phasen durchlaufender<br />

und bis heute andauernder<br />

Prozess zu begreifen ist.“<br />

Auf eine anschließende geplante<br />

Fahrt zum 7km entfernten<br />

Lagerfriedhof verzichteten<br />

wir aufgrund der Wetterlage.<br />

Nach diesem informativen<br />

Tag fuhren wir durch Regen,<br />

Schnee und Kälte wieder in<br />

Richtung Ostfriesland.<br />

<strong>Weiter</strong>e Informationen und Veranstaltungstermine<br />

findet ihr auf der<br />

Internetseite:<br />

www.gedenkstätte-esterwegen.de<br />

„... ... Eero Väätäinen, ..., bringt auf den Punkt, was sicher die meisten Lehrer in Finnland unterschreiben würden: „Wir<br />

müssen im Kopf behalten, dass die Schüler nicht in der Schule sind, um Tests zu ab<strong>so</strong>lvieren. Sie kommen, um leben zu<br />

lernen und ihren eigenen Weg zu finden. Wie <strong>so</strong>ll man das denn messen?““


5 LEUCHTTURM<br />

Bildung und Politik – Die Schule der Demokratie<br />

Die BildungsGEWerkschaft hat das Wort<br />

Den Tag der Arbeit nimmt<br />

der Oberbürgermeister der<br />

Stadt Emden traditionell zum<br />

Anlass, die Gewerkschaften und<br />

Interessenvertretungen zu einem<br />

Gedankenaustausch einzuladen.<br />

Eine der Organisationen der<br />

Stadt erhält jeweils das Wort. In<br />

diesem Jahr ging es um die<br />

Bildungspolitik.<br />

Die BildungsGEWerkschaft<br />

hatte das Wort.<br />

Die Rede im Rummel des<br />

alten Rathauses der Stadt Emden<br />

am 29.4.2013 hielt unser<br />

Kollege Dr. J. Kaufhold, Referat<br />

Bildungpolitik, GEW KV Emden:<br />

><br />

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,<br />

sehr geehrte Damen<br />

und Herren, Kolleginnen und<br />

Kollegen,<br />

vorab möchte ich Dank sagen.<br />

Dank dafür, dass zum Thema<br />

Bildungspolitik gerade heute<br />

gesprochen werden darf.<br />

Dank auch dafür, dass die<br />

Bildungsgewerkschaft heute zu<br />

Worte kommt.<br />

Bildungspolitik in einem<br />

Zusammenhang, der der kritischen<br />

Betrachtung wert ist.<br />

Das Zusammenwirken von<br />

Bildung und Politik.<br />

Doch das nicht ohne vorab<br />

den Blick in unsere Geschichte,<br />

nicht ohne Blick auf die<br />

Zerschlagung der Gewerkschaften<br />

vor 80 Jahren.<br />

Eine Diktatur zerschlägt Gewerkschaften<br />

oder instrumentalisiert<br />

sie.<br />

Zur Demokratie gehören<br />

Gewerkschaften, unverzichtbar<br />

und prägend. Sie sind Bestandteil<br />

der Kultur der Mitwirkung,<br />

Gewerkschaften mahnen und<br />

gestalten, setzen Rechte durch,<br />

gleichen aus.<br />

Die Zerschlagung 1933 ist ein<br />

bitteres Kapitel der Geschichte<br />

der Interessenvertretung. Vor<br />

allem auch wegen der Tatsache,<br />

dass aktive Gewerkschafter willkürlich<br />

festgenommen, der Frei-<br />

heit beraubt, gequält, ja ermordet<br />

wurden.<br />

Das „Nie wieder“ begleitet uns<br />

seither und stärkt das Selbstverständnis<br />

in der Demokratie.<br />

Und das ist der entscheidende,<br />

kritische Punkt.<br />

Heute stellt sich mehr denn je<br />

die Frage, inwieweit unsere<br />

Demokratie noch in der Lage ist,<br />

ihre ursprünglichen Werte, ihre<br />

Beteiligungsstrukturen, ihre Teilhabefunktionen<br />

zu vermitteln.<br />

Die Gesellschaft, die Bevölkerungsschichtungen,<br />

die Wirtschaftsstrukturen<br />

ändern sich,<br />

wandeln sich, verändern ihren<br />

Einfluss auf die Politik.<br />

Namhafte Wissenschaftler bezweifeln<br />

in der Zwischenzeit,<br />

dass die Demokratie im Fokus<br />

der <strong>so</strong> genannten realpolitischen<br />

Praxis noch existiert, sprechen<br />

von der Form der „Postdemokratie“,<br />

einer Demokratie, die nur<br />

noch formal existiert (Crouch,<br />

Colin: Postdemokratie. Suhrkamp:<br />

Frankfurt a.M. 2008).<br />

Deutlich erkennbar: Die Politik<br />

gibt die Entscheidungsgewalt<br />

aus der Hand, folgt immer mehr<br />

den massiven Einwirkungen der<br />

Mächtigen z.B. aus der Wirtschaft.<br />

Die Öffentlichkeit spürt<br />

die Auswirkungen, registriert die<br />

Veränderungen, fühlt Machtlosigkeit.<br />

Sie reagiert mit, wie es<br />

verschleiernd heißt, Politikverdrossenheit.<br />

Bei genauer Betrachtung eine<br />

verhängnisvolle Verharmlosung.<br />

Denn Tatsache ist, dass die<br />

Demokratie ohne die Zustimmung<br />

der Öffentlichkeit, sprich<br />

„des Volkes“, ihre Basis, den<br />

Kern ihrer Existenz verliert. Sie<br />

stirbt.<br />

Politikerinnen und Politiker<br />

wehren sich gegen <strong>so</strong>lche<br />

Aussagen. Natürlich.<br />

Gibt es ein Gegensteuern? Ein<br />

Beispiel.<br />

Als es um die Rettung der<br />

Banken ging, fand die Politik<br />

plötzlich erneut zu den Theorien<br />

des Wirtschaftswissenschaftlers<br />

John Maynard Keynes<br />

zurück.<br />

Es wirkte.<br />

Ein Grundlagenwerk, das die<br />

Demokratie als politisch-<strong>so</strong>ziale<br />

Grundordnung umfassend beschreibt,<br />

veröffentlichte der<br />

Profes<strong>so</strong>r der Philo<strong>so</strong>phie John<br />

Rawls 1975 (Rawls, John: Eine<br />

Theorie der Gerechtigkeit. Suhrkamp,<br />

Frankfurt a.M. 1979). Als<br />

das Werk erschien, <strong>so</strong> kurz nach<br />

der achtundsechziger Revolution,<br />

wurde es bewusst wahrgenommen,<br />

wurde für viele<br />

Politikerinnen und Politiker<br />

anerkannte Richtlinie des eigenen<br />

Handelns. Heute vergessen?<br />

Heute notwendiger denn je.<br />

So jedenfalls sieht es der<br />

Nachfolger des deutschen Philo<strong>so</strong>phen<br />

Horkheimer, Axel Honneth.<br />

Seine Arbeiten zur<br />

Wahrnehmung von Gerechtigkeit<br />

und Freiheit, und - <strong>so</strong> der<br />

Titel eines Werkes – der<br />

zerrissenen „Welt des Sozialen“<br />

(Honneth, Axel: Die zerrissene<br />

Welt des Sozialen. Suhrkamp,<br />

Frankfurt a.M. 1980), sprechen<br />

deutliche Worte. Wir benötigen<br />

in unserer Gesellschaft mehr<br />

Konsens, mehr Mitsprache,<br />

mehr Mitwirkung, mehr Gemeinschaft.<br />

Und das bedeutet<br />

neues Lernen von Grund auf,<br />

ein Neubesinnen auf die Werte<br />

der Demokratie, das ist Bildungspolitik<br />

pur.<br />

Bildung und Politik.<br />

Vermittelt die Gesellschaft<br />

über ihre Einrichtungen der<br />

Bildung - von der frühkindlichen<br />

Erziehung bis hin zum<br />

Hochschulabschluss - den Kindern<br />

und Heranwachsenden die<br />

Überzeugung, dass sie in der<br />

Gesellschaft mitreden, mitbestimmen<br />

und regeln können, <strong>so</strong><br />

vermittelt sie, dass die zukünftigen<br />

Gestalter und Entscheider<br />

unserer Gesellschaft, einen Platz<br />

in unserer Gemeinschaft, Anerkennung<br />

und Auskommen in<br />

unserer Gesellschaft haben.<br />

Vermittelt die Gesellschaft,<br />

J. Kaufhold


LEUCHTTURM<br />

dass Gerechtigkeit und Gleichheit<br />

vor dem Gesetz für alle ein<br />

Selbstverständnis ist; vermittelt<br />

sie, dass jedem Menschen das<br />

Streben nach Glück und die<br />

Menschenwürde gegeben sind,<br />

dann gewinnt unsere Gesellschaft<br />

an Stabilität, Zuverlässigkeit,<br />

Sicherheit. Es gewinnt die<br />

Demokratie.<br />

Menschen, die im Heranwachsen<br />

positive <strong>so</strong>ziale Erfahrungen<br />

machen, werden zur<br />

Gesellschaft und zur Demokratie<br />

stehen, werden Gesetze achten,<br />

werden ihren Beitrag leisten.<br />

Wir brauchen die Schule der<br />

Demokratie.<br />

Solange es an demokratischen<br />

Überzeugungen mangelt, wird es<br />

Randgebiete in Großstädten<br />

geben, in die kaum ein Polizist<br />

den Fuß setzen kann.<br />

Solange es Verzerrungen in<br />

den Einkommensverhältnissen<br />

gibt, die an Raubrittertum<br />

erinnern — <strong>so</strong> die Steigerungen<br />

der Durchschnittseinkommen<br />

der Chefs im Finanzwesen USA;<br />

ihr Verdienst umfasste 1980,<br />

damals heftig kritisiert, das<br />

42fache eines durchschnittlichen<br />

Arbeiters, unvorstellbar. Aber im<br />

Jahr 2007 erhielten die Chefs, <strong>so</strong><br />

eine Studie (Francis, David R.:<br />

Should CEO Pay Restrictions<br />

Spread to All Corporations? In<br />

Christian Science Monitor,<br />

09.03.2009) , im Durchschnitt<br />

das 344fache! —, <strong>so</strong>lange dieses<br />

Greifzu-Verhalten akzeptiert<br />

wird, wird es Auswüchse in der<br />

Bedienmentalität geben, denen<br />

die Vergleichbarkeit fehlt.<br />

Solange es Geschäfte mit<br />

Staaten gibt, deren Umgang mit<br />

Menschenrechten tiefes Grauen<br />

einflößt – — <strong>so</strong> das Vorgehen in<br />

einem boomenden asiatischen<br />

Land, in dem Gefangene auf<br />

Bestellung hingerichtet, ihre<br />

Organe entnommen und wie<br />

Ware gehandelt werden (Keller,<br />

Martina: Herz auf Bestellung.<br />

Die Zeit. 07.03.2013), die<br />

Bundesrepublik <strong>Deutschland</strong><br />

aber vom neuen Markt profitiert!<br />

—, <strong>so</strong>lange wird Gleichgültigkeit<br />

den Kältegrad unserer Gesellschaft<br />

bestimmen.<br />

Solange es Deals mit Staatsanwaltschaften<br />

gibt, die gegen<br />

Straftäter nach Zahlung von<br />

barer Münze Milde walten<br />

lassen, wird das Wort von der<br />

Gleichheit vor dem Gesetz nur<br />

ein Kopfschütteln auslösen.<br />

Die Reihe der Beispiele ist<br />

länger, sicherlich.<br />

Aber Erfahrungen machen<br />

nicht nur Erwachsene.<br />

Heranwachsende nehmen sie<br />

sehr intensiv wahr – auch wenn<br />

sie die Auswirkungen nicht<br />

kennen. Sie reagieren auf etwas,<br />

das unser aller Leben berührt,<br />

ohne dass sie über ein anderes<br />

Handeln, über das demokratische<br />

Miteinander nachdenken.<br />

Das erledigt sich nicht von<br />

selbst.<br />

Wir sind auf die Schule der<br />

Demokratie angewiesen. Politik<br />

und Bildung müssen einander<br />

neu wahrnehmen. Anders als es<br />

bislang erfolgt.<br />

Politik spricht oft über<br />

Bildung, verabschiedet Gesetze,<br />

registriert aber die Folgen der<br />

Umsetzungen nicht. Genauer<br />

gesagt: Politikerinnen und Politiker<br />

halten an papierenen<br />

Ergebnissen fest, wollen nicht<br />

wahrnehmen, was in Schieflage<br />

gerät.<br />

Die Verantwortlichen in der<br />

Politik müssen das Hinschauen<br />

üben – Hinschauen auf das, was<br />

im Bildungswesen wirklich passiert.<br />

Die Gesetzeslage verlangt<br />

Kindertagesstätten, Horte in<br />

ausreichender Zahl. Ein durch<br />

die Politik zugesicherter Anspruch.<br />

Einmal abgesehen von<br />

den Einrichtungen an sich -<br />

Erzieherinnen und Erzieher<br />

fehlen. Nur die berufliche<br />

Anerkennung und ein sicheres<br />

Auskommen derjenigen, die<br />

diese Bildungsarbeit leisten<br />

müssen, kann zur Absicherung<br />

beitragen. Das aber scheint die<br />

Politik vergessen zu haben.<br />

Die neue Kindheit, die<br />

Probleme einer zunehmenden<br />

Zahl Kinder im Heranwachsen –<br />

verlangt nach Schul<strong>so</strong>zialarbeit.<br />

Allseits unbestritten. Doch es<br />

schieben die Länder und<br />

Kommunen die Zuständigkeiten<br />

hin und her. Schul<strong>so</strong>zialarbeit<br />

6<br />

muss in den meisten Schulformen<br />

von der Kommune<br />

gesichert werden. Doch die<br />

Kommunen wehren sich, Per<strong>so</strong>nalkosten<br />

sind zu intensiv. Die<br />

Landespolitik finanziert nur<br />

unter umrissenen Bedingungen<br />

zu. Kinder im heranwachsenden<br />

Alter werden dabei nicht<br />

erreicht. Spektakuläre Berichte<br />

über Jugendämter, die, <strong>so</strong> die<br />

Vorwürfe, ihrer Verantwortung<br />

nicht mehr gerecht werden<br />

können, bleiben scheinbar folgenlos.<br />

Per<strong>so</strong>nalmangel herrscht<br />

vor. Der effektivere Weg wird<br />

verschwiegen. Sozialpädagoginnen<br />

und -pädagogen werden<br />

nicht angemessen bezahlt, die<br />

Ausbildung stagniert. Das ist nur<br />

zu ändern, wenn die Wertschätzung<br />

dieser Berufsgruppe sich<br />

wandelt.<br />

Ist die Politik noch bereit,<br />

reale Verantwortung zu übernehmen?<br />

Da gibt es Pädagogische<br />

Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter<br />

in den Schulen. Was als<br />

Nebenjob geplant war, gerät zum<br />

ausufernden Markt prekärer<br />

Arbeitsverhältnisse. Die Zahl der<br />

prekären Arbeitsverhältnisse im<br />

Öffentlichen Dienst, wohlgemerkt<br />

- in der Verantwortung des<br />

Landes, wächst rasant.<br />

War das politisch gewollt?<br />

Das Bildungs- und Teilhabepaket,<br />

gefeierte Hilfe für Benachteiligte,<br />

gerät zum erstickenden<br />

Papierdschungel, Verfahrensmängel<br />

ohne Ende. Ist das<br />

verantwortliche Politik?<br />

<strong>Deutschland</strong> feiert die Eigenverantwortliche<br />

Schule.<br />

Die Landespolitik überhäuft<br />

die Schulleitungen mit Aufgaben,<br />

die selbst der kleine<br />

Unternehmer an Steuerberater<br />

abgibt, Schulleitungen aber<br />

lahmlegen. Niemand will <strong>so</strong><br />

arbeiten. War das politische<br />

Absicht?<br />

Niedersachsen setzt in diesem<br />

Jahr die Europäische Forderung<br />

nach barrierefreier Teilhabe aller<br />

Kinder an Schule und Ausbildung<br />

um. Kinder mit Einschränkungen,<br />

mit Handicap müssen<br />

nicht mehr in Fördereinrichtungen<br />

beschult werden. Das wird


7 LEUCHTTURM<br />

der Ausnahmefall sein. Kinder<br />

erhalten die Förderungen dort,<br />

wo sie sich befinden. Ein großer<br />

und begrüßenswerter Schritt.<br />

Doch wer schaut hin, wie die<br />

Förderung aussehen wird. Es<br />

fehlt an Förderschullehrkräften,<br />

die diese Aufgaben übernehmen<br />

können. Da sind Lücken, die es<br />

zu schließen gilt. Hier muss die<br />

Politik hinsehen, genau und mit<br />

dem Willen der Vereinbarung<br />

Gültigkeit zu verschaffen.<br />

Vom demographischen Wandel<br />

wird viel geredet, er <strong>so</strong>ll<br />

genutzt werden, die SchülerInnenzahlen<br />

in den Klassen zu<br />

senken, mehr Lehrkräfte für<br />

weniger Kinder.<br />

Verabschiedung von Friedel Fischer -<br />

KV Wilhelmshaven<br />

Doch die Realität zeigt, dass<br />

das nicht leistbar sein wird. Es<br />

gibt zu wenig junge Lehrkräfte,<br />

die Ausbildung gleicht den<br />

Mangel, der durch die bekannte<br />

Altersstruktur des Lehrkörpers<br />

entsteht, nicht mehr aus. Die<br />

öffentliche Haltung den Lehrerinnen<br />

und Lehrern gegenüber,<br />

das kommt dazu, ändert sich<br />

zusehends. Die Öffentlichkeit<br />

nimmt wahr, dass diese Aufgabe<br />

eine be<strong>so</strong>ndere Herausforderung,<br />

ja eine Belastung darstellt. Der<br />

Lehrberuf wird unattraktiv. Die<br />

Politik kann regulieren, dazu<br />

aber muss sie die Bedeutung der<br />

Bildungseinrichtungen mehr<br />

wert schätzen. Wird sie das tun?<br />

Nach seiner Pensionierung<br />

und dem endgültigen Aus<br />

in der Schule wurde Friedrich<br />

Fischer (im Foto links) jetzt auch<br />

vom Kreisvorstand der GEW<br />

Wilhelmshaven verabschiedet.<br />

Dass „Friedel“ damit eine<br />

nahezu exakt 30-jährige aktive<br />

Vorstandsarbeit hinter sich hat,<br />

und die überwiegend als<br />

Vorsitzender des Kreisverbands,<br />

war dann auch anerkennende<br />

Dankesworte des amtierenden<br />

Kreisvorsitzenden Wolfgang<br />

Niemann-Fuhlbohm wert.<br />

Wie schnell es geht, dass<br />

Schule, Bildungsstruktur und<br />

<strong>so</strong>gar Fragen und Tendenzen in<br />

der Schulpolitik im Denken der<br />

Kollegen, die aus dem Schuldienst<br />

raus sind, nach hinten<br />

rücken, hat auch Friedel Fischer<br />

schnell registriert. Wenn einem<br />

<strong>so</strong>lchen Pensionär die brennenden<br />

Fragen und Probleme der<br />

Kolleginnen und Kollegen im<br />

Schulalltag nicht mehr <strong>so</strong><br />

elementar wichtig erscheinen, ist<br />

das eigene Problembewusstsein<br />

von der Alltagsrealität und der<br />

aktuellen Kultuspolitik zu weit<br />

entfernt, um sich sinnvoll und<br />

zielführend einzumischen. Konsequent<br />

und logisch ist es dann<br />

in jedem Fall, einen Generationswechsel<br />

am Arbeitsplatz und<br />

auch in der Gewerkschaft zu<br />

vollziehen. Auch wenn dies<br />

nicht immer klappt: die Älteren<br />

<strong>so</strong>llten für Junge das Feld<br />

räumen, damit die Lücken<br />

wieder gefüllt werden können.<br />

Die Dinge jedenfalls, die am<br />

Berufsanfang der Generation<br />

Friedel Fischers wichtig waren,<br />

wie etwa Lehrerarbeitslosigkeit,<br />

Berufsverbot, Nachrüstung,<br />

Maulkorberlass etc., können<br />

heute allenfalls noch als nostalgische<br />

Sentimentalität für eine<br />

Unterhaltung im kleinen Kreis<br />

herhalten. Für junge Kolleginnen<br />

und Kollegen halt „Schnee<br />

von gestern“. Schließlich, es<br />

stehen heute Dinge auf der<br />

schulpolitischen Agenda, die<br />

junge Kolleginnen und Kollegen<br />

zu lösen haben werden, wie die<br />

Realisierung der Inklusion, die<br />

Vergleichbarkeit und die Vereinheitlichung<br />

der Schulabschlüsse<br />

und auch des „Zentral“-Abiturs.<br />

Jede Zeit hat ihre eigenen<br />

Problemstellungen, die es beruflich<br />

und gewerkschaftlich zu<br />

bewältigen gilt. Es macht Sinn,<br />

junge Kolleginnen und Kollegen<br />

von aktiver Partizipation zu<br />

überzeugen und zu begeistern.<br />

Für Friedel Fischer ist das<br />

Politik und Bildung.<br />

Es gilt, die Schule der<br />

Demokratie zu gestalten, zu dem<br />

zu machen, was unsere Gesellschaft<br />

im Kern erhält. Bildung<br />

gibt der Gesellschaft Stabilität<br />

und Entwicklung, vermittelt die<br />

Erfahrung gegenseitiger Anerkennung<br />

und Wertschätzung.<br />

Gefordert ist eine stärkere<br />

Sensibilität gegenüber all denen,<br />

die pädagogisch wirken, die sich<br />

dem Aufwachsen, der Erziehung<br />

und Bildung von Kindern und<br />

Jugendlichen widmen - im<br />

Interesse einer lebendigen, lebensnahen<br />

und lebenswerten<br />

Demokratie.<br />

Ausscheiden aus der aktiven<br />

Vorstandstätigkeit in der GEW<br />

kein Abschied, <strong>so</strong>ndern eine<br />

notwendige Konsequenz, die<br />

den Raum für engagierte, junge<br />

Aktivität bietet. Aktiv in der<br />

GEW nützt jedem Kollegen und<br />

jeder Kollegin und hilft allen im<br />

Schuldienst.<br />

Wolfgang<br />

Niemann-Fuhlbohm


LEUCHTTURM<br />

Oberschule Jever nach Elisa Kauffeld<br />

benannt<br />

Klaus<br />

Blume-Wenten<br />

Seit Juni letzten Jahres hat sie<br />

einen Namen: zeitgleich mit<br />

der Einführung der Schulform<br />

„Oberschule“ heißt die ehemalige<br />

Haupt- und Realschule Jever<br />

jetzt Elisa-Kauffeld-Oberschule.<br />

Von der Idee bis zur tatsächlichen<br />

Namensgebung dauerte es<br />

zweieinhalb Jahre.<br />

45 Jahre lang war die Schule<br />

ohne einen Namen ausgekommen.<br />

Bis 1966 gab es noch die<br />

Volksschule, die in Jever aber in<br />

eine Stadtknaben- und eine<br />

Stadtmädchenschule aufgeteilt<br />

war. Daraus wurde in den<br />

sechziger Jahren die Hauptschule<br />

Jever, die in den siebziger Jahren<br />

um die Orientierungsstufe ergänzt<br />

wurde. Sie befand sich in<br />

unmittelbarer Nachbarschaft zur<br />

Realschule Jever. Mit der<br />

Selbständigkeit dieser beiden<br />

Schulen war es 2004 vorbei,<br />

Die Schülerinnen der Projektgruppe „Elisa Kauffeld“<br />

10bR mit der Namensgeberin im März 2012<br />

nachdem die<br />

Orientierungsstufen<br />

landesweit<br />

aufgelöst<br />

wurden. Der<br />

Landkreis<br />

Friesland als<br />

Schulträger beschloss,<br />

beide<br />

Schulen zu einer<br />

zusammengefassten<br />

Haupt- und<br />

Realschule unter<br />

Begrüßung der Gäste<br />

einem Dach zu fusionieren.<br />

In 2010 gab es erste Überlegungen:<br />

vorschläge zusammen, die allerdings<br />

nicht alle den genannten<br />

Die „No name“-Schule Anforderungskriterien genügten.<br />

<strong>so</strong>llte einen Namen erhalten, das<br />

war schließlich Konsens aller in<br />

der Schule Tätigen. Unverwechselbar<br />

<strong>so</strong>llte er sein und drei<br />

Der Schulvorstand zog nach<br />

langen Beratungen sechs von<br />

diesen Vorschlägen in die engere<br />

Wahl:<br />

Anforderungen erfüllen: Der 1. Oswald Andrae (1926-1997),<br />

Namensgeber musste sich für<br />

Werte wie Frieden, Freiheit und<br />

Demokratie eingesetzt und damit<br />

jeverscher Schriftsteller, der sich,<br />

politisch engagiert, für Umweltschutz<br />

und Abrüstung und nicht<br />

Vorbildcharakter für die zuletzt für eine kritische Ausein-<br />

Schülerinnen und Schüler haben<br />

und er musste aus der Region<br />

andersetzung mit der deutschen<br />

Geschichte einsetzte.<br />

kommen. Der Schulträger signalisierte<br />

2. Hermann Gröschler (1880-<br />

Zustimmung zu diesem<br />

Vorhaben.<br />

Die Schule begab sich auf den<br />

1944), Vorsteher der jüdischen<br />

Synagogengemeinde in Jever<br />

3. Elisa Kauffeld (geb. 1913),<br />

Weg der Namenssuche. Schülerinnen<br />

Friedensaktivistin und Atom-<br />

und Schüler, Eltern, kraftgegnerin aus Sillenstede<br />

Kolleginnen und Kollegen gaben<br />

4. Fritz Levy (1901-1982), NSund<br />

ihre Vorschläge ab<br />

auch die örtliche<br />

Presse, das „Jeversche<br />

Wochenblatt“, konnte<br />

für diesen Prozess<br />

gewonnen werden,<br />

denn man wollte die<br />

Namensfindung auf<br />

möglichst breite Füße<br />

stellen und die Bevölkerung<br />

Jevers einbinden.<br />

Schließlich ging<br />

es um eine „ihrer“ Ingrid Donk, langjährige Wegbegleiterin<br />

SEK-I-Schule in Jever.<br />

Anfang 2011 rief die Zeitung<br />

ihre Leserschaft auf, sich an der<br />

Suche zu beteiligen. Auf diese<br />

Weise kamen insgesamt mehr als<br />

Verfolgter, letzter überlebender<br />

jüdischer Einwohner der Stadt,<br />

jeversches Original und zuletzt<br />

Ratsherr<br />

30 ernst zu nehmende Namens-<br />

5. Johann Lünemann sen.<br />

8


9 LEUCHTTURM<br />

(1888-1967), hisste 1945 die<br />

weiße Fahne auf dem jeverschen<br />

Schloss, war später Vorsitzender<br />

des Bürgervereins<br />

6. Heinrich Ommen (1874-<br />

1959), Lehrer am Mariengymnasium<br />

Jever, NS-Gegner, Liberaler,<br />

Oldenburgischer Landtagsabgeordneter.<br />

In einer Projektwoche im<br />

Oktober 2011 befasste sich die<br />

Klasse 10bR mit ihrer Klassenlehrerin<br />

Katja Minssen in sechs<br />

Gruppen mit Recherchen zu<br />

diesen sechs Per<strong>so</strong>nen, befragte<br />

dazu auch viele Jeveraner (als<br />

einziger noch lebender potentieller<br />

Namensgeber konnte Elisa<br />

Kauffeld dabei persönlich befragt<br />

werden), bereitete Präsentationen<br />

vor und gab dadurch Argumentations-<br />

und Entscheidungshilfen<br />

für den bevorstehenden<br />

Abstimmungsprozess in der<br />

Schule.<br />

Der begann mit verschiedenen<br />

Informationsveranstaltungen<br />

einen Monat später. Souverän<br />

präsentierten die Projektgruppen<br />

die Ergebnisse ihrer<br />

Recherchen in einer Gesamtkonferenz,<br />

allen Schülern in drei<br />

Jahrgangsversammlungen und in<br />

einer Elternvollversammlung.<br />

Zeitnah fanden daraufhin im<br />

Lehrerkollegium, in allen Klassen<br />

und in der Elternschaft<br />

getrennt voneinander die Abstimmungen<br />

über die zur Wahl<br />

stehenden sechs Per<strong>so</strong>nen statt.<br />

Das Ergebnis war eindeutig: mit<br />

deutlicher Mehrheit in allen drei<br />

an der Schule beteiligten<br />

Gruppen wurde Elisa Kauffeld<br />

als Namensgeberin für die neue<br />

Oberschule in Jever gewählt.<br />

Elisa Kauffeld<br />

„Wenn du den Frieden willst,<br />

musst du den Frieden vorbereiten“,<br />

schrieb sie damals auf eine der<br />

Ausstellungstafeln. Sie selbst hatte<br />

bis an körperliche und psychische<br />

Belastungsgrenzen dafür gearbeitet.<br />

Die Fotos von ihr als weißhaarige<br />

Frau, die bei einer Sitzblockade von<br />

Polizisten weggetragen wird und<br />

sich später vor Gericht wegen<br />

Nötigung verantworten muss, gingen<br />

bundesweit durch die Medien.<br />

Geboren am 17. Oktober 1913 in<br />

London verbrachte sie ihre ersten<br />

Lebensjahre im Schwarzwald und<br />

erinnerte sich noch immer an die<br />

Soldaten aus dem Ersten Weltkrieg,<br />

die am Esszimmerfenster vorbeimarschierten.<br />

Die Familie zog nach<br />

Bremen, wo Elisa zur Schule ging<br />

und mit fünf Geschwistern aufwuchs.<br />

Sie lebte als Au-pair mehrere<br />

Jahre in der Schweiz und in<br />

England, bevor die Lufthansa sie als<br />

erste Stewardess einstellte. Dort<br />

lernte sie ihren Mann kennen;<br />

inzwischen war der Zweite Weltkrieg<br />

ausgebrochen. Mitten im<br />

Bombenalarm brachte sie 1940 ihr<br />

Baby zur Welt. 1942 stürzte ihr<br />

Mann mit dem Flugzeug ab. Voller<br />

Trauer um ihn und voller Sorge um<br />

den kleinen Sohn kämpfte die junge<br />

Frau täglich<br />

ums Überleben<br />

im Krieg.<br />

Sie heiratete<br />

ein zweites<br />

Mal, bekam<br />

zwei weitere<br />

Kinder.<br />

Die Brutalität<br />

der<br />

Kriege, die<br />

damit verbundenen<br />

Todesängste<br />

hatten sich<br />

Elisa Kauffeld<br />

unauslöschlich<br />

eingebrannt.<br />

Ende der<br />

70er Jahre, als ihre Kinder<br />

erwachsen waren und sie von ihrem<br />

zweiten Mann getrennt, begann sie<br />

sich als Pazifistin zu engagieren.<br />

Aufgrund des Nato-Doppelbeschlusses,<br />

bei dem es um die<br />

Aufstellung US-amerikanischer<br />

Atomraketen in Westeuropa und<br />

auch in der Bundesrepublik ging,<br />

bildete sich auch die Friedensinitiative<br />

Jever-Schortens. Elisa Kauffeld<br />

war Mitbegründerin, später der<br />

Motor.<br />

Frei von beruflichen und familiären<br />

Verpflichtungen machte sich die<br />

zierliche Rentnerin an die Arbeit,<br />

die künftig ihr Leben bestimmen<br />

<strong>so</strong>llte. Sie lud zur Teilnahme an<br />

Ostermärschen ein, organisierte<br />

Infostände, entfachte politische Diskussionen<br />

in der Presse und machte<br />

Befragung der Projektgruppe<br />

in der Öffentlichkeit als „Demo-<br />

Oma“ Furore. In ihrem kompromisslosen<br />

Wirken für eine Welt ohne<br />

Waffen polarisierte Elisa Kauffeld.<br />

Die Menschen bewunderten, belächelten,<br />

beschimpften, drohten Elisa<br />

Kauffeld. „Das war nicht immer<br />

leicht auszuhalten“, gab sie einmal<br />

zu. Dennoch hat sie ihre Überzeugung<br />

nie geleugnet. Im April 86,<br />

zwei Tage nach dem Super-Gau in<br />

Tschernobyl, nahm sie an einer<br />

Seniorenblockade in Mutlangen<br />

teil, wo Nato-Atomraketen lagerten.<br />

Von da an blockierte sie mindestens<br />

einmal im Jahr die Zufahrten zu<br />

Massenvernichtungslagern, in Ludwigswinkel<br />

gegen Giftgas, in Bonn<br />

vor den Botschaften der Atombombentestländer,<br />

in Büchel gegen USamerikanische<br />

Atombomben. Als sie<br />

sich in Gorleben Protesten gegen<br />

Atomtransporte anschloss, traten<br />

Polizisten mit Füßen nach ihr.<br />

Mehrfach stand sie wegen zivilen<br />

Ungehorsams vor Gericht, wurde zu<br />

Geldstrafen und gemeinnütziger<br />

Arbeit verurteilt. Die verheerenden<br />

Wirkungen der Atomwaffen auf<br />

menschliches Leben hätten ihr keine<br />

andere Wahl gelassen, als nach<br />

Ausschöpfung anderer Mittel zivil<br />

ungehorsam zu werden, formulierte<br />

sie einmal vor Gericht. Wie viele<br />

ihrer Mitstreiter riskierte sie immer<br />

wieder Gefängnis. Doch die Initiativen<br />

der Friedensgruppen waren<br />

erfolgreich. Nach politischen Vereinbarungen<br />

Ende der 80er Jahre<br />

wurden die Atomraketen abgezogen<br />

und verschrottet, auch die in


LEUCHTTURM<br />

Mutlangen. „Eine gewisse Befriedigung“<br />

habe sie damals empfunden,<br />

Freude nach den Jahren des<br />

Widerstands. (Sitzblockaden sind<br />

seit 1995 übrigens straffrei …)<br />

Es folgte jetzt der offizielle<br />

Antrag der Schule an den<br />

Schulträger, eine der Abstimmung<br />

entsprechende Namensgebung<br />

zu beschließen. Im Februar<br />

2012 stimmte der Schulausschuss<br />

des Landkreises Friesland<br />

einstimmig zu, wenig später<br />

auch der Kreistag bei Enthaltung<br />

der CDU-Fraktion. Somit war<br />

der Weg frei für die Benennung<br />

zur „Elisa-Kauffeld-Oberschule“.<br />

In Angriff genommen wurde<br />

jetzt die Planung einer Veranstaltung<br />

zur Namensgebung am 14.<br />

Juni, in die auch Elisa Kauffeld<br />

selbst, die ihre Wahl übrigens<br />

mit sehr großer Freude aufgenommen<br />

hatte („Womit hab‘ ich<br />

das bloß verdient?“), und ihre<br />

Tochter mit eingebunden wurden.<br />

Eine Arbeitsgruppe des<br />

Kollegiums half tatkräftig mit,<br />

das Programm zu planen und<br />

Wegbegleiter <strong>so</strong>wie Gäste aus<br />

Politik und Verwaltung einzuladen.<br />

Leider war es Elisa Kauffeld<br />

nicht mehr vergönnt, an der<br />

Feier zur Namensgebung „ihrer“<br />

Schule teilzunehmen. 98-jährig<br />

verstarb sie am 16. Mai in ihrem<br />

Haus in Sillenstede. An der<br />

bewegenden Trauerfeier in der<br />

St. Florian-Kirche nahmen Delegationen<br />

der Schüler- und<br />

Elternschaft <strong>so</strong>wie des Kollegiums<br />

der Schule teil.<br />

Mit dem Einverständnis der<br />

10<br />

Hinterbliebenen wurde am 14. unwürdigste Form zwischenmenschlicher<br />

Juni als Termin für die<br />

Konfliktlösung,<br />

Namensgebung festgehalten. führte Gisela Janssen aus, „der<br />

Und es wurde eine würdevolle<br />

Veranstaltung. Rund 200 Menschen<br />

waren gekommen, darunter<br />

enge Freunde, Weggefährten<br />

Einsatz für den Frieden ist ein<br />

Weg, den es sich für junge<br />

Menschen zu gehen lohnt.“ Sie<br />

sei ein Vorbild aus der Region,<br />

und die Familie der Verstorbenen.<br />

<strong>so</strong> Wolfgang Niemann-Fuhl-<br />

Erinnerungen an Elisa bohm, und dürfe als Per<strong>so</strong>n<br />

Kauffeld waren es denn auch, die<br />

sich wie ein roter Faden durch<br />

nicht in Vergessenheit geraten.<br />

Die Schule wolle auch konzeptionell<br />

die gesamte zweistündige Feierstunde<br />

an die Ideale ihrer<br />

zogen. Jeder hatte sie auf Namenspatin anknüpfen und<br />

seine Weise gekannt – Landrat habe deswegen ein Leitbild<br />

Sven Ambrosy genau<strong>so</strong> wie der<br />

„Laway“-Sänger Gerd „Ballou“<br />

erarbeitet und beschlossen. „Ein<br />

bloßes Anhängen eines Etiketts<br />

Brandt, die<br />

Tochter Gisela<br />

Janssen<br />

eben<strong>so</strong> wie<br />

die Friedensaktivistin<br />

und<br />

Wegbegleiterin<br />

Ingrid<br />

Donk und<br />

Schulleiter<br />

Wolfgang<br />

Niemann-<br />

Fuhlbohm.<br />

Elisa Kauffeld<br />

habe sich<br />

in ihrem Engagement<br />

Start der 98 Luftballons als Gruß an Elisa Kauffeld<br />

um die Menschenrech-<br />

reicht uns nicht.“ Sehr persönli-<br />

te immer im Spannungsfeld che Erinnerungen kamen bei<br />

zwischen gesetzlichen Rechtsnormen<br />

Ingrid Donk hoch: „Sie hat<br />

und Gerechtigkeitsnor-<br />

immer um die Wahrheit<br />

men, denen sie sich ihrem gestritten und ihren Teil zum<br />

Gewissen gegenüber verpflichtet großen Frieden dazugegeben. Es<br />

fühlte, befunden. „Und sie hat war ihre Aufgabe, das zu<br />

sich für ihr Gewissen entschieden“,<br />

verkünden, was nicht mehr<br />

sagte Regierungsschulde-<br />

geschehen darf.“ Die Schule sei<br />

zernent Dr. Ralf Drabent. nun in der Verpflichtung, die<br />

Beeindruckt von den Gesprächen,<br />

die sie im Zuge ihrer<br />

Recherchen in der Projektgruppe<br />

mit Elisa Kauffeld geführt<br />

Ideale von Elisa Kauffeld weiter<br />

zu thematisieren und in ihrem<br />

Sinne zu handeln.<br />

Umrahmt wurden die Rede-<br />

hatten, zeigten beiträge von musikalischen Bei-<br />

sich die Schülerinnen<br />

Marina Babatz, Annika<br />

Kaehler, Hilke Ihmels<br />

und Kira Patelt. Sie sei<br />

eine kluge, internationale,<br />

durchsetzungsstarke<br />

Frau gewesen, meinte<br />

Sven Ambrosy, die ihre<br />

Meinung mit starken<br />

trägen der Gruppe „Laway“ und<br />

Schülerinnen und Schülern des<br />

WPK Musik der Schule. Zum<br />

Schluss des offiziellen Festakts<br />

wurden 98 blaue Luftballons mit<br />

der weißen Friedenstaube darauf<br />

als „Gruß an Elisa Kauffeld“ in<br />

den Himmel geschickt.<br />

Im Herbst diesen Jahres will<br />

Argumenten immer man an der Elisa-Kauffeldund<br />

überall vertreten Oberschule einen be<strong>so</strong>nderen<br />

habe. „Es war oft schwer, Gedenktag begehen: am 13.<br />

ihr etwas entgegenzusetzen.“<br />

Oktober wäre Elisa Kauffeld 100<br />

Krieg sei die Jahre alt geworden<br />


11 LEUCHTTURM<br />

Das nervöse Zeitalter<br />

Von den Auswirkungen des modernen Lebens<br />

Lehrerinnen und Lehrer dachten<br />

zu allen Zeiten vorrangig<br />

über Schülerinnen und Schüler<br />

nach, über deren Verhalten,<br />

deren Leben, deren Lernen.<br />

Der Pädagoge, Autor und<br />

Herausgeber vieler pädagogischer<br />

Schriften A. Rude verdeutlichte<br />

im Band „Schulpraxis“<br />

Erkrankungen, die die Arbeit in<br />

der Schule beeinträchtigen konnten:<br />

„G. Nervenkrankheiten. Wir<br />

verhandeln hier nur Nervenkrankheiten:<br />

a) Kopfschmerz, b)<br />

Nervosität, c) Veitstanz d)<br />

Epilepsie e) Hysterie.<br />

Den damit verwandten Geistesstörungen<br />

und Sprachstörungen<br />

widmen wir be<strong>so</strong>ndere<br />

Kapitel. Die Nervenkrankheiten<br />

entnehmen erfahrungsgemäß<br />

immer mehr zu, <strong>so</strong> daß man<br />

unser Zeitalter geradezu das<br />

‘nervöse’ nennt. ‘Die ganze<br />

Gesellschaft ist durch das Ringen<br />

nach verfeinerten Genüssen und<br />

größerem Wohlleben in einen<br />

Kampf um das materielle Dasein<br />

verwickelt, welcher die Kräfte des<br />

Nervensystems zu erschöpfen<br />

droht, und die große Konkurrenz,<br />

die der Einzelne auf allen<br />

Gebieten des Wissens und der<br />

Kunst, des Handels und der<br />

Industrie zu bestehen hat, die<br />

allgemeine Jagd nach irdischem<br />

Glück, Reichtum und Genuss<br />

stellen Ansprüche an die<br />

geistigen Kräfte, welchen das<br />

häufig genug durch andere<br />

Einflüsse leistungsunfähiger gewordene<br />

Gehirn nicht zu<br />

genügen vermag. Um dasselbe<br />

künstlich anzuregen, wird es<br />

durch Genussmittel aller Art<br />

gereizt, und die vorübergehende<br />

Steigerung der Hirntätigkeit,<br />

Welche denselben durch Kaffee,<br />

Tee, Tabak und Alkohol zugeführt<br />

wird, ist von einer um<strong>so</strong><br />

größeren Erschlaffung der Nervenkraft<br />

gefolgt’ (Engelhorn).“<br />

(Rude, A.: Schulpraxis. Osterwiek<br />

u. Zickfeld: Leipzig 1915,<br />

4. Aufl.)<br />

Rudes „Schulpraxis“ erschien<br />

1911, al<strong>so</strong> vor über 100 Jahren.<br />

Das Zitat ist einem Fundstück<br />

aus dem Schulmuseum entnommen;<br />

einem Buch, das auch<br />

heute noch lesenswert ist. Das<br />

Werk wurde in der Reihe<br />

„Bücherschatz des Lehrers“ aufgelegt.<br />

Die Bücher mit dem<br />

rotbraunen Einband gehörten in<br />

jede pädagogische Bibliothek des<br />

beginnenden 20. Jahrhunderts.<br />

Wer heute Einblick nehmen<br />

will, wer die Schule der<br />

Kaiserzeit kennenlernen möchte:<br />

Ein Besuch im Schulmuseum<br />

Folmhusen lohnt sich.<br />

Übrigens – und nicht nur am<br />

Rande: Rude entnahm die<br />

Erörterungen der Folgen modernen<br />

Gesellschaftslebens einem<br />

Band zur Schulgesundheitspflege<br />

des Mediziners Ernst Engelhorn.<br />

Der Oberarzt aus Göppingen<br />

veröffentlichte seine Beobachtungen<br />

vor genau 125<br />

Jahren: (Engelhorn, E.: Schulgesundheitspflege.<br />

Zum Gebrauche<br />

für Schulvorstände, Lehrer und<br />

Eltern. Stuttgart: Krabbe 1888.)<br />

Josef Kaufhold<br />

In Erinnerung an Dieter Mahnke<br />

Bereits als Junglehrer trat<br />

Dieter dem Ortsverband<br />

„Konferenz Marsch“ bei - ein<br />

Zusammenschluss von Gewerkschaftsmitgliedern<br />

aus dem<br />

Marschbereich rund um Norden.<br />

Dank der Mitwirkung von<br />

Dieter hat der OV Marsch als<br />

einziger Ortsverband bis heute<br />

„überlebt“. Als Schatzmeister<br />

gehörte er lange Zeit dem<br />

Vorstand des OV an.<br />

Seine finanzielle Kompetenz<br />

nutzte später auch der GEW-<br />

Kreisverband, dem er viele Jahre<br />

als Kreisschatzmeister diente.<br />

Schließlich verwaltete er auch<br />

die Kasse des Ostfriesischen<br />

Lehrervereins, der in den 60er<br />

Jahren in die GEW überging.<br />

Seine gewerkschaftliche Karriere<br />

beendete er als stellvertretender<br />

Vorsitzender des Bezirksverbandes.<br />

In dieser Funktion hat er<br />

dem Verband viel Arbeitszeit<br />

geopfert. So war er u.a. für die<br />

Herausgabe des Informationsblattes<br />

für die ostfriesischen<br />

GEW-Kollegen zuständig, die er<br />

in einer Auflage von mehr als<br />

1000 Exemplaren druckte, eintütete<br />

und versandte.<br />

Doch nicht nur innergewerkschaftlich<br />

hatte Dieter das<br />

Vertrauen der Lehrerinnen und<br />

Lehrer im Kreis und in<br />

Ostfriesland. Er war für viele<br />

Jahre Vorsitzender des Kreislehrerper<strong>so</strong>nalrates<br />

und eben<strong>so</strong><br />

lange Mitglied des Lehrerbezirksper<strong>so</strong>nalrates.<br />

Dieter war 61 Jahre Mitglied<br />

der GEW. Er verstarb nach langer<br />

Krankheit im Alter von 83<br />

Jahren. Er wird uns fehlen.<br />

Herbert Czekir


LEUCHTTURM<br />

20 Jahre Umweltbildung in historischer<br />

Parkanlage - das RUZ in Schortens<br />

Udo Borkenstein<br />

Das im August 1993 gegrün<br />

dete Regionale Umweltzentrum<br />

Schortens liegt in einer<br />

weitläufigen alten Parkanlage auf<br />

einem Sporn des oldenburgischostfriesischen<br />

Geestrückens. Mitten<br />

im Klosterpark findet man<br />

noch Reste des großen Wehrturms<br />

der Klosterkirche. Im<br />

Jahre 785 wurde das Benediktinerkloster<br />

Oestringfelde gegründet.<br />

1323 erfolgte die Grundsteinlegung<br />

für den Wehrturm<br />

des Klosters. 1577 kam das<br />

Kloster in den Besitz des Grafen<br />

Johann von Oldenburg. Im<br />

Jahre 1609 ließ Graf Anton<br />

Günther die Klosterkirche abbrechen.<br />

Im Jahre 1839 erwarb<br />

Hofrat Ehrentraut das Gut. Er<br />

ließ das Gelände des ehemaligen<br />

Klosters aufräumen und für<br />

Anpflanzungen herrichten. Ihm<br />

verdanken wir den heutigen<br />

Klosterpark, der im „englischen<br />

Stil“ angelegt ist, das heißt: Die<br />

Wege werden durch Tieferlegen<br />

versteckt und spielen mit langen<br />

freien Sichtachsen einen wesentlich<br />

größeren Park vor.<br />

1862 wurde das Gutshaus<br />

errichtet, in dem jetzt das RUZ<br />

arbeitet. 1920 ging der Park mit<br />

seinen Anlagen in den Besitz<br />

der Gemeinde Schortens über<br />

und 1985 wurde sie als<br />

Landschaftsschutzgebiet eingetragen.<br />

Seit 20 Jahren entwickeln<br />

die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter<br />

des Regionale Umweltzentrums<br />

Schortens Umweltbildungsangebote<br />

für Schulklassen,<br />

Lehrkräfte und andere interessierte<br />

Bürger der Region.<br />

Das Projekt „Natur für alle –<br />

der barrierefreie Garten“ unter<br />

der Trägerschaft des RUZ hat die<br />

Umgestaltung des bereits 1995<br />

auf einer Fläche von ca. 2500 m<br />

angelegten Klostergartens zum<br />

Ziel. Er ist neben den vom RUZ<br />

genutzten Gebäuden im Klosterpark<br />

angesiedelt und steht<br />

interessierten Besuchern jederzeit<br />

offen.<br />

Mit der Erarbeitung der<br />

„Planungshilfen für Barrierefreiheit<br />

– Natur für alle“ als<br />

Gemeinschaftsprojekt der Lebenshilfe<br />

WTM e.V. und dem<br />

RUZ Schortens sind die theoretischen<br />

Grundlagen zur Durchführung<br />

bereits in den vergangenen<br />

Jahren gelegt worden und<br />

werden nun in die Praxis<br />

umgesetzt. Hier <strong>so</strong>llen laut der<br />

Anfang August fand im Bürgerhaus Schortens die 20 Jahre Feier statt: v.l. Pädqagogische Leiterin<br />

Ina Rosemeyer, RUZ-Lehrer Bernd-Uwe Janssen, Kultusministerin Frauke Heiligenstadt,<br />

Beiratsvorsitzende Karin Evers-Meyer, Ruz-Leiter Udo Borkenstein<br />

12<br />

Grundidee naturnahe und für<br />

den eigenen Bedarf umsetzbare<br />

Anbau- und Gestaltungsmöglichkeiten<br />

aufgezeigt werden. Die<br />

Beete sind z.T. bereits als<br />

Themenbeete (Duftpflanzen,<br />

Tastbereiche, Naschen erwünscht<br />

usw.) angelegt, was im Hinblick<br />

auf sinnansprechende Bepflanzung<br />

über den ganzen Kernbereich<br />

des Gartens auszuweiten<br />

ist. Auch Beetanordnungen auf<br />

mehr als einer Ebene (Hochbeete,<br />

Aufschüttungen) für in der<br />

Bewegungsfähigkeit eingeschränkte<br />

Per<strong>so</strong>nen sind berücksichtigt<br />

worden.<br />

Darüber hinaus liegt ein<br />

weiterer Schwerpunkt in der<br />

pädagogischen Arbeit mit Kindern<br />

und Jugendlichen, die in<br />

Projekten und Lehrveranstaltungen<br />

verstärkt für die Belange von<br />

Natur und Umwelt sensibilisiert<br />

werden <strong>so</strong>llen. Auf dem Gelände<br />

kann Natur und Umweltschutz<br />

hautnah erlebt, erfühlt und mit<br />

allen Sinnen wahrgenommen<br />

werden. Neben Kindergärten,<br />

Vorschulen und Klassen jeglicher<br />

Altersstufe und Schulform,<br />

die Unterricht <strong>so</strong> einmal ganz<br />

anders erleben, können Kinder<br />

und Jugendliche hier zudem in<br />

ihrer Freizeit oder im Rahmen<br />

der Umweltwochen und des<br />

Ferienpasses diverse Angebote<br />

nutzen.<br />

Im Jahr 1997 baute eine<br />

Klasse der Berufsbildenden<br />

Schule Jever einen Steinbackofen<br />

nach historischem Vorbild an<br />

ein kleines Klinkergebäude auf<br />

dem RUZ-Gelände im Klosterpark.<br />

Seit 1998 wird mit<br />

Schulklassen regelmäßig Brot<br />

gebacken. Es ist spannend für die<br />

Schülerinnen und Schüler zu<br />

erleben wie früher gebacken<br />

wurde. Das Vogelbeobachtungshaus,<br />

auch „Vogelkieker“ genannt,<br />

bietet Kleingruppen die<br />

Möglichkeit, Vögel beim Brutgeschäft<br />

zu beobachten. Die<br />

aufgehängten Nistkästen sind


13 LEUCHTTURM<br />

von innen mit einer Glasscheibe<br />

versehen, <strong>so</strong> dass der Einblick<br />

ins Nest frei ist. Da die Scheibe<br />

entspiegelt ist und kaum Licht<br />

ins Innere des Häuschens fällt,<br />

werden die Vögel nur geringfügig<br />

gestört. Im Innenbereich ist<br />

ein Rundgang angebracht, um<br />

auch kleineren Kindern einen<br />

Blick in die Nistkästen zu<br />

ermöglichen. Die Einfluglöcher<br />

haben unterschiedliche Durchmesser,<br />

dadurch können verschiedene<br />

Vogelarten angelockt<br />

werden. Die Revierabgrenzung<br />

der brütenden Vögel wird durch<br />

die Sechseckform und die<br />

unterschiedlichen Anflugöffnungen<br />

begünstigt. Der „Vogelkieker“<br />

von der Jugendwerkstatt<br />

der Gemeinde Schortens gebaut<br />

und durch das Friesische<br />

Brauhaus Jever finanziert.<br />

An dem nahe gelegenen<br />

Huntsteertgelände arbeiten regelmäßig<br />

Oberstufenkurse vom<br />

Mariengymnasium Jever und der<br />

IGS Wilhelmshaven am Thema<br />

ökologische Gewässeruntersuchungen.<br />

Da wird gekeschert<br />

und anschließend werden im<br />

RUZ mit den Binokularen Arten<br />

bestimmt und das Teichwasser<br />

auf chemische Parameter untersucht.<br />

In den letzten Jahren haben<br />

die pädagogische Leiterin des<br />

RUZ, Ina Rosemeyer, Bernd-<br />

Uwe Janssen als abgeordneter<br />

Lehrer vom Mariengymnasium<br />

und Udo Borkenstein, abgeordneter<br />

Lehrer von der IGS<br />

Wilhelmshaven, diverse Klimaschutzprojekte<br />

entwickelt und<br />

ins Angebot übernommen. Da<br />

wären die EnergiesparKids für<br />

Kindertagesstätten und für<br />

Grundschulen. Das RUZ Schortens<br />

möchte mit diesen Projekten<br />

einen Beitrag zur Bildung<br />

für nachhaltige Entwicklung an<br />

Schulen leisten. Durch die<br />

kompetenzorientierte Ausbildung<br />

der Schülerinnen und<br />

Schülern zu Energiesheriffs, die<br />

auch das weltweite Klima im<br />

Blick haben, kann in Schule und<br />

privatem Umfeld ein aktiver<br />

Beitrag zum Klimaschutz geleistet<br />

werden. Die Kinder vertreten<br />

als Multikplikatoren einen bewussteren<br />

Umgang mit Energie<br />

und ein verändertes Ernährungsund<br />

Verbraucherverhalten mit<br />

Blick auf die globalen Zusammenhänge.<br />

Das Energiesparprojekt<br />

des Regionalen Umweltzentrums<br />

Schortens wurde in<br />

Hannover im Rahmen des<br />

RUZ Gebäude im Klosterpark Oestringfelde<br />

niedersächsischen Klimaschutzwettbewerbs<br />

„Klima Kommunal<br />

2010“ ausgezeichnet. Beim Klimafrühstück<br />

versuchen die<br />

Umweltpädagogen den Zusammenhang<br />

zwischen Ernährung<br />

und Klimaschutz anhand eines<br />

gemeinsamen Frühstücks aufzuzeigen.<br />

Hier können mittlerweile<br />

erweiterte und überarbeitete<br />

Klimafrühstückskoffer für die<br />

Kindertagesstätte, die Grundschule<br />

und die Sekundarstufe I<br />

ausgeliehen bzw. ein entsprechender<br />

Leitfaden erworben<br />

werden. Der bundesweite Trend<br />

zu Ganztagsschulen ist ungebremst.<br />

Die aktuellen gesellschaftlichen<br />

Rahmenbedingungen<br />

mit veränderten Lebensund<br />

Arbeitsrhytmen führen<br />

dazu, dass immer mehr Kinder<br />

immer früher Ganztagseinrichtungen<br />

besuchen. Sie verbringen<br />

bis zu neun Stunden pro Tag in<br />

Schulen und nehmen dort<br />

mehrere Mahlzeiten ein. Alltagskompetenzen<br />

wie Mahlzeitengestaltung<br />

und- zubereitung können<br />

in den Familien immer<br />

seltener vermittelt werden. Der<br />

Einfluss von Bildungseinrichtungen<br />

auf die Essgewohnheiten<br />

nimmt zu und verlagert sich<br />

zunehmend von der Familie in<br />

die Schule. Das Essen ist al<strong>so</strong> zu<br />

einem unverzichtbaren Bestandteil<br />

schulischen Lebens geworden<br />

und bietet die Chance, beim<br />

täglichen Verpflegungsangebot<br />

und bei der Ausgestaltung<br />

pädagogischer Konzepte, Theorie<br />

und Praxis der Ernährungsbildung<br />

zu verknüpfen. Hier<br />

setzt das Projekt Regional ist 1.<br />

Wahl des Regionalen Umweltzentrums<br />

Schortens an. Adressaten<br />

sind die Entscheidungsträger:<br />

Kommunen, Schulleitung<br />

und Schulträger, Catering Unternehmen,<br />

regionale Erzeuger und<br />

nicht zuletzt die Schülerinnen<br />

und Schüler. Kinder und<br />

Jugendliche haben zwar keinen<br />

direkten Einfluss auf die tägliche<br />

Schulverpflegung, aber die Möglichkeit<br />

als bewusste und<br />

kompetente Verbraucher durch<br />

Nachfrage oder Beteiligung das<br />

Angebot entscheidend mitzubestimmen.<br />

Damit sie die Lebensmittelauswahl<br />

ausreichend bewerten<br />

können, müssen vielfältige<br />

Kompetenzen erworben werden.<br />

Die dafür notwendigen<br />

altersspezifischen Bildungsmodule<br />

entwickelt das Umweltzentrum<br />

Schortens in Zusammenarbeit<br />

mit Lehrkräften und erprobt<br />

sie in beteiligten Pilotschulen.<br />

Das von der Arbeitsgemeinschaft<br />

der Volksbanken Raiffeisenbanken<br />

in Weser-Ems, der<br />

Molkerei Ammerland eG und<br />

der Raiffeisen-Warengenossenschaft<br />

Ammerland-Friesland eG


LEUCHTTURM<br />

Grundschulkinder beim Apfelsaft pressen<br />

Schülerinnen und Schüler der IGS Friesland bei der<br />

Anlage eines Steingartens<br />

für zwei Jahre geförderte Projekt<br />

des Regionalen Umweltzentrums<br />

Schortens richtete sich im ersten<br />

Jahr an Ganztagsschulen in den<br />

Landkreisen Friesland und Wittmund<br />

und in Wilhelmshaven.<br />

Die in dieser Zeit erzielten<br />

Ergebnisse wurden im zweiten<br />

Jahr dem gesamten Gebiet<br />

Weser-Ems zur Verfügung gestellt<br />

und anschließend in ganz<br />

Niedersachsen bekannt gemacht.<br />

Der Parlamentarische Staatssekretär<br />

im Bundeslandwirtschaftsministerium,<br />

Dr. Gerd Müller,<br />

zeichnete in Vertretung für die<br />

Schirmfrau Ministerin Ilse Aigner<br />

auf der Grünen Woche in<br />

Berlin dieses Projekt im Rahmen<br />

eines Wettbewerbes des Aktionsbündnisses<br />

Tag der Regionen<br />

und des Bundesverbandes der<br />

Regionalbewegungen aus.<br />

KlimaContest an Schulen, es<br />

Energieprojekt für weiterführende<br />

Schulen in Friesland.<br />

Nachdem schon seit fünf Jahren<br />

im Landkreis Friesland durch<br />

das Projekt EnergiesparKids des<br />

Regionalen Umweltzentrums<br />

Schortens das Energiebewusstsein<br />

im Elementar- und Primarbereich<br />

gestärkt wird, gibt es<br />

nun mit KlimaContest eine<br />

logische Fortsetzung des Klimaschutzgedankens<br />

an allen weiterführenden<br />

Schulen. Jede Schule<br />

kann teilnehmen. KlimaContest<br />

ist ein vom Bundesumweltministerium<br />

geförderter Wettbewerb<br />

des Landkreises Friesland und<br />

des Regionalen Umweltzentrums<br />

Schortens. Ziel ist es, durch<br />

Veränderungen des Bewusstseins<br />

und des Nutzerverhaltens, Energie<br />

(Strom/Erdgas) und Trinkwasser<br />

zu sparen.<br />

Schon seit längerem bietet das<br />

RUZ das Projekt Naturwissenschaftliche<br />

Grundbildung an.<br />

Das RUZ Schortens hat gemeinsam<br />

mit Erzieherinnen und<br />

Erziehern und Grundschullehrkräften<br />

aus der Region Friesland,<br />

Ammerland, Wittmund und<br />

Wilhelmshaven Methoden und<br />

Materialien zur Naturwissenschaftlichen<br />

Grundbildung entwickelt.<br />

Diese wurden an drei<br />

verschiedenen Aktion<strong>so</strong>rten erprobt<br />

und werden fortlaufend<br />

weiterentwickelt: 1. Lernort<br />

Klassenraum (Grundschule) bzw.<br />

Lernort Gruppenraum (Kindertagesstätte),<br />

2. Lernort Labor (in<br />

einer nahe gelegenen weiterführenden<br />

Schule: Gymnasium/<br />

Realschule / Gesamtschule), 3.<br />

Lernort RUZ (Freigelände).<br />

Ein wesentliches Element der<br />

Projektarbeit ist die Partizipation<br />

von Kindern. Schülerinnen und<br />

14<br />

Schüler werden an der Evaluation<br />

und <strong>Weiter</strong>entwicklung der<br />

Experimente und Materialien<br />

beteiligt. Am Lernort Labor<br />

übernehmen ältere Schülerinnen<br />

und Schüler die Betreuung der<br />

Grundschüler beim Experimentieren<br />

(Lernen durch Lehren).<br />

Grundschüler einer 4. Klasse<br />

betreuen Kindergartenkinder<br />

beim Experimentieren im Unterrichtsraum<br />

der Grundschule<br />

(Lernen durch Lehren). Das<br />

RUZ Schortens organisierte und<br />

moderierte zwei landesweite<br />

Fachtagungen, auf denen die<br />

Ergebnisse und Erfahrungen aus<br />

dem Projekt mit Mitarbeitern<br />

aller niedersächsischen Umweltzentren<br />

und mit Fachdidaktikern<br />

diskutiert wurden. Angeregt<br />

durch Impulse aus den Fachtagungen<br />

haben zahlreiche Regionale<br />

Umweltzentren die naturwissenschaftliche<br />

Grundbildung<br />

in ihrer Arbeit etabliert.<br />

Mit dem Studienseminar<br />

Aurich kooperieren die Schortenser<br />

seit Jahren und alle<br />

Lehramtsanwärterinnen und<br />

Lehramtsanwärter aus dem Studienseminar<br />

besuchen während<br />

ihrer Ausbildungsphase mindestens<br />

einmal das RUZ.<br />

Kontakt:<br />

04461 / 891652<br />

www.ruz-schortens.de<br />

email: u.borkenstein@ruzschortens.de


15 <strong>Weiter</strong> <strong>so</strong> – <strong>Deutschland</strong>?<br />

LEUCHTTURM<br />

Womit haben wir das verdient?<br />

„Lehrer müssen nachsitzen“<br />

... <strong>so</strong> lautete die Überschrift<br />

auf Seite 1 der Ostfriesenzeitung<br />

am 21.8.2013. Wie<strong>so</strong><br />

das??? Sind dieses Jahr be<strong>so</strong>nders<br />

viele sitzengeblieben,<br />

durchs Abi gerasselt oder ist<br />

die Quote der SchülerInnen<br />

be<strong>so</strong>nders hoch, die ohne<br />

jeglichen Abschluss die Bildungsanstalten<br />

verlassen haben?<br />

Al<strong>so</strong> schlechte Arbeit der<br />

Lehrkräfte, die geahndet werden<br />

muss?<br />

Nichts davon gehört und<br />

gelesen! Al<strong>so</strong> eine Zeitungsente?<br />

Leider nein, nur eine<br />

„schräge“ Journalisten-Formulierung<br />

für die Tatsache, dass<br />

Lehrerinnen und Lehrer zum<br />

wiederholten Male durch Verlängerung<br />

ihrer Arbeitszeit<br />

und Verschlechterung der Arbeitsbedingungen<br />

den (notwendigen)<br />

bildungspolitischen<br />

Fortschritt mitbezahlen müssen.<br />

Al<strong>so</strong> gehören doch<br />

eigentlich die Finanz-Politiker<br />

an den Pranger und nicht die<br />

PädagogInnen?!?<br />

Nun hat es Rot-Grün in<br />

Niedersachsen innerhalb kürzester<br />

Zeit geschafft, nicht nur<br />

viele richtige Schritte, die auch<br />

von den meisten Kolleginnen<br />

und Kollegen herbeigesehnt<br />

werden, auf vielen Feldern der<br />

Bildungspolitik in Angriff zu<br />

nehmen, <strong>so</strong>ndern durch die<br />

Verlängerung der Arbeitszeit<br />

für viele Gymnasiallehrerinnen<br />

und –lehrer und die<br />

Verweigerung der zugesagten<br />

Altersermäßigungen für alle<br />

Lehrkräfte ihre guten Absichten<br />

konterkariert.<br />

Die Folge: Viele sind<br />

berechtigter Weise sauer und<br />

demonstrierten machtvoll in<br />

Hannover ihren Unmut. Wir<br />

werden weiter Einfluss nehmen;<br />

das Ding ist noch nicht<br />

durch.<br />

Und am 22. September?<br />

Dann die Abstrafung per<br />

Stimmzettel oder gleich zu<br />

Hause bleiben?<br />

Das wäre zu kurz gedacht<br />

und könnte sich als fataler<br />

Fehler herausstellen! Denn die<br />

Nöte der derzeitigen Landesregierung<br />

resultieren u.a. daher,<br />

dass das Bildungssystem in<br />

<strong>Deutschland</strong> chronisch unterfinanziert<br />

ist, wie auch viele<br />

Vergleiche mit anderen Staaten<br />

immer wieder zeigen. Statt nur<br />

auf die Schuldenbremse zu<br />

starren wie Schwarz-Gelb,<br />

muss mehr Geld ins System,<br />

z.B. durch die von der SPD<br />

und den Grünen geplanten<br />

Steuererhöhungen bei den<br />

Best-Verdienern. Oder nur<br />

durch Umschichtungen, wenn<br />

man denn will: Vor 10 Jahren<br />

legte die rot-grüne Bundesregierung<br />

ein vier Milliarden<br />

schweres Ganztagschulprogramm<br />

auf – und schaffte<br />

jedenfalls den Einstieg in die<br />

flächendeckende Ganztagsbeschulung.<br />

Nun planen sie nach<br />

der Wahl, das <strong>so</strong>genannte<br />

Kooperationsverbot abzuschaffen<br />

und acht Milliarden<br />

Euro in echte Ganztagsschulen<br />

zu investieren... Es geht al<strong>so</strong><br />

am 22. September um viel,<br />

nicht nur in der Bildungspolitik.<br />

<strong>Weiter</strong> <strong>so</strong> – <strong>Deutschland</strong>?<br />

Das kann es wohl nicht sein!<br />

Wie der DGB <strong>so</strong> richtig sagt:<br />

Ein Politikwechsel muss her!<br />

Siehe dazu auch die weiteren<br />

Artikel in dieser Ausgabe auf den<br />

Seiten 16 bis 25 und S. 32.<br />

Ein Leidartikel<br />

von<br />

Jürgen Kramm<br />

Container + Bildung<br />

Zwei Dinge, die eigentlich<br />

wenig miteinander zu tun<br />

haben <strong>so</strong>llten – aber die Zeiten<br />

sind nicht <strong>so</strong>: Im Jade-Weser-<br />

Port werden sie herbeigesehnt,<br />

und in Wittmund bei der KGS<br />

stehen sie herum – wenn auch,<br />

zugegebernermaßen, etwas komfortablere<br />

mit PVC-Fußboden,<br />

Heizung, zu öffnenden Fenstern<br />

und Jalousien, in verschiedenen<br />

Klassenraumgrößen bis hin zu<br />

einem riesigen Lehrerzimmer,<br />

mit überdachten Gängen – al<strong>so</strong><br />

kurz die Bildungs-Mall von<br />

Wittmund, wie ein Kollege<br />

spottete.<br />

Nun kann die Schule von<br />

Glück sagen, dass sie nach dem<br />

schlimmen Brand in <strong>so</strong> kurzer<br />

Zeit eine <strong>so</strong> große Zahl<br />

abbekommen hat – denn die<br />

Ware „Container“ ist in diesem<br />

Sommer heiß begehrt: Eine<br />

einzige Firma hat laut SPIEGEL<br />

fast 1000 allein in die<br />

Bundesländer Hessen, Baden-<br />

Württemberg und Bayern geliefert,<br />

wofür wohl? Als Kita-<br />

Ersatz! Der Rechtsanspruch ab<br />

1.8. hat etliche Kommunen aus<br />

Angst vor Klagen der Eltern zu<br />

dieser Tat getrieben – neben dem<br />

Umbau von Schlecker-Märkten,<br />

Eisdielen, Lagerhallen, Kinos<br />

und Autowerkstätten! Nun hat<br />

man Kristina Schröder in letzter<br />

Zeit öfter in einer neu<br />

eingerichteten Kita auf dem<br />

Boden sitzen sehen – aber eine<br />

Container-Kita war nicht dabei.<br />

Dabei hätte sie in ihrer Wahl-<br />

Heimat gar nicht weit fahren<br />

müssen. Aber sie fürchtete wohl<br />

den Spott der Journalisten –<br />

irgendeinem wäre sicherlich<br />

„Container-Mutti“ einfallen!<br />

Jürgen Kramm


LEUCHTTURM<br />

<strong>Weiter</strong> <strong>so</strong> – <strong>Deutschland</strong>?<br />

Die Checkliste für den 22. September<br />

Eine Übersicht der Wahlversprechen der Parteien im Bundestag<br />

16


17 <strong>Weiter</strong> <strong>so</strong> – <strong>Deutschland</strong>?<br />

LEUCHTTURM


LEUCHTTURM<br />

<strong>Weiter</strong> <strong>so</strong> – <strong>Deutschland</strong>?<br />

Eine neue Ordnung der Arbeit<br />

Die Gewerkschaften erwarten von der neuen Bundesregierung, dass sie für Ordnung auf dem Arbeitsmarkt <strong>so</strong>rgt. Von Mindestlohn bis<br />

sachgrundlose Befristung: was die Parteien zu den Forderungen des DGB in ihren Wahlprogrammen sagen.<br />

18<br />

Bündnis 90 / Die<br />

Grünen wollen einen<br />

einheitlichen,<br />

flächendeckenden<br />

gesetzlichen Mindestlohn von<br />

mindestens 8,50 Euro einführen.<br />

Die Grünen wollen die sachgrundlose<br />

Beschäftigung abschaffen.<br />

Leiharbeitskräfte <strong>so</strong>llen<br />

mindestens gleich wie Stammbeschäftigte<br />

entlohnt werden und<br />

zusätzlich einen Flexibilitätsbonus<br />

erhalten. Die Mitbestimmung der<br />

Betriebsräte bei Leiharbeit und<br />

Werkverträgen <strong>so</strong>ll verbessert<br />

werden. Die Grünen planen, in<br />

einem ersten Schritt die Zahl der<br />

Minijobber zu begrenzen, etwa<br />

durch Begrenzung der Arbeitsstunden<br />

und der Anzahl der<br />

Minijobber pro Betrieb. Außerdem<br />

<strong>so</strong>ll ihre <strong>so</strong>zialrechtliche Absicherung<br />

verbessert werden. In einem<br />

zweiten Schritt will die Partei den<br />

Niedriglohnsektor umfassend reformieren<br />

und Minijobs durch<br />

<strong>so</strong>zialversicherte Beschäftigung ersetzen.<br />

Um wieder Ordnung auf dem<br />

Arbeitsmarkt zu schaffen, braucht<br />

es mehr unbefristete, <strong>so</strong>zial<br />

abgesicherte Arbeitsverhältnisse<br />

mit einer Entlohnung, die<br />

zumindest zum Leben reicht –<br />

statt Niedriglöhnen und prekärer<br />

Beschäftigung. Dazu fordert der<br />

DGB u. a. die Stärkung der<br />

Tarifautonomie, einen einheitlichen,<br />

flächendeckenden gesetzlichen<br />

Mindestlohn von mindestens<br />

8,50 Euro, die Abschaffung<br />

der sachgrundlosen Befristung,<br />

<strong>so</strong>wie die Eindämmung des<br />

Missbrauchs von Leiharbeit und<br />

Werkverträgen. Leiharbeitskräfte<br />

müssen genau<strong>so</strong> entlohnt und<br />

behandelt werden wie die Stammbelegschaften,<br />

das Synchronisationsverbot<br />

abgeschafft, die Verleihdauer<br />

begrenzt und die Mitbestimmung<br />

bei Leiharbeit und<br />

Werkverträgen ausgeweitet werden.<br />

Alle Arbeitsverhältnisse, al<strong>so</strong><br />

auch Minijobs, <strong>so</strong>llen <strong>so</strong>zialversicherungspflichtig<br />

werden.<br />

Die Union lehnt eine Lohnfestsetzung<br />

durch die Politik und<br />

einen einheitlichen Mindestlohn<br />

ab. Die Tarifparteien <strong>so</strong>llen<br />

verpflichtet werden, in einer<br />

gemeinsamen Kommission verbindliche<br />

Lohnuntergrenzen<br />

festzulegen, die je nach Branche<br />

und Region variieren können.<br />

Die Union sieht die Festanstellung<br />

als Regelfall, hält aber<br />

befristete Beschäftigung für<br />

geeignet, um Auftragsspitzen<br />

aufzufangen. Gleiches gilt für<br />

Leiharbeit, die Union will die<br />

Tarifparteien aber dabei unterstützen,<br />

das Prinzip „Gleicher<br />

Lohn für gleiche Arbeit am<br />

gleichen Ort“ unter Berücksichtigung<br />

von Einarbeitungszeiten<br />

betrieblich umzusetzen. Werkverträge<br />

sind für CDU/CSU<br />

ein wichtiges Arbeitsmarktinstrument.<br />

Mit den Sozialpartnern<br />

sei sicherzustellen, dass<br />

kein Missbrauch stattfindet. Die<br />

Union will am Sonderstatus der<br />

Minijobs festhalten.<br />

Die SPD will einen<br />

einheitlichen, flächendeckenden<br />

gesetzlichen<br />

Mindestlohn<br />

von mindestens 8,50 Euro<br />

einführen. Sie plant, die<br />

sachgrundlose befristete Beschäftigung<br />

abzuschaffen. Die<br />

SPD setzt sich für gleichen Lohn<br />

für gleiche und gleichwertige<br />

Arbeit ein und will bei der<br />

Leiharbeit unter anderem das<br />

Synchronisationsverbot wieder<br />

einführen und die Mitbestimmung<br />

der Betriebsräte ausweiten.<br />

Um den Missbrauch von<br />

Werkverträgen zu verhindern,<br />

will die SPD Scheinselbstständigkeit<br />

klarer definieren. Um die<br />

Beschäftigten mit Minijobs<br />

besser zu stellen, sieht die SPD<br />

vor, die Umgehung des Arbeitsrechtes<br />

bei diesen Jobs auszuschließen<br />

und die <strong>so</strong>ziale<br />

Absicherung zu verbessern.<br />

Die FDP lehnt einen<br />

allgemeinen, flächendeckenden<br />

Mindestlohn strikt<br />

ab. Die FDP will das Vorbeschäftigungsverbot<br />

bei befristeter<br />

Beschäftigung lockern. Die<br />

FDP sieht keinen Handlungsbedarf<br />

gegen den Missbrauch von<br />

Leiharbeit und Werkverträgen.<br />

Die FDP hält an den<br />

Minijobs in ihrer derzeitigen<br />

Form fest und will die Grenze<br />

für Minijobs von zurzeit 450<br />

Euro künftig entsprechend der<br />

Lohnentwicklung anpassen.<br />

Die Linke will einen einheitlichen,<br />

flächendeckenden gesetzlichen<br />

Mindestlohn von mindestens<br />

10 Euro einführen. Bis<br />

Ende der Wahlperiode <strong>so</strong>ll er<br />

mindestens 60 Prozent des<br />

Durchschnittslohns betragen.<br />

Das sind zurzeit 12 Euro. Die<br />

Linke will Kettenbefristungen<br />

und sachgrundlose Befristung<br />

abschaffen. Sie fordert langfristig<br />

ein Verbot der Leiharbeit. Bis<br />

dahin <strong>so</strong>ll Equal Pay und das<br />

Synchronisationsverbot gelten,<br />

eine Flexibilitätszulage von zehn<br />

Prozent eingeführt und die<br />

Verleihdauer auf wenige Monate<br />

begrenzt werden. Der Missbrauch<br />

von Werkverträgen <strong>so</strong>ll<br />

verhindert werden, und sie<br />

<strong>so</strong>llen mitbestimmungspflichtig<br />

sein. Für Minijobs will die<br />

Linke die Sozialversicherungspflicht<br />

„ab der ersten Stunde“.


19 <strong>Weiter</strong> <strong>so</strong> – <strong>Deutschland</strong>?<br />

LEUCHTTURM<br />

Altersarmut verhindern<br />

Das DGB-Modell zeigt: Gute Renten für alle sind <strong>so</strong>lidarisch finanzierbar. Im Vergleich: die Reformvorschläge der Parteien für die<br />

Rente.<br />

Der DGB fordert, das<br />

Rentenniveau zu stabilisieren<br />

und die Erwerbsminderungsrenten<br />

zu erhöhen.<br />

Die Rente mit 67 <strong>so</strong>ll<br />

zumindest ausgesetzt und<br />

flexible Übergangsmodelle<br />

<strong>so</strong>llen ermöglicht werden.<br />

Mit Hlife einer moderaten<br />

Erhöhung des Rentenbeitrags<br />

<strong>so</strong>ll eine Demografiereserve<br />

angespart werden.<br />

Die betriebliche Altersver<strong>so</strong>rgung<br />

ist auszubauen.<br />

Das Wahlprogramm der Union<br />

sagt zur Stabilisierung des<br />

Rentenniveaus nichts. Sie will<br />

Erwerbsminderungsrenten<br />

verbessern, die Rente mit 67<br />

<strong>so</strong>ll ohne Änderungen umgesetzt<br />

werden. Ohne Finanzierungskonzept:<br />

Mütter von<br />

Kindern, die vor 1992 geboren<br />

sind, <strong>so</strong>llen einen zusätzlichen<br />

Rentenpunkt erhalten. Private<br />

und betriebliche Vor<strong>so</strong>rge<br />

<strong>so</strong>llen gestärkt werden. Wer<br />

mehr als 40 Jahre rentenversichert<br />

war und zusätzlich privat<br />

vorge<strong>so</strong>rgt hat, <strong>so</strong>ll mindestens<br />

850 Euro erhalten. Die Union<br />

will eine Vor<strong>so</strong>rgepflicht für<br />

Selbstständige, pflegende Angehörige<br />

<strong>so</strong>llen abgesichert, Hinzuverdienstregelungen<br />

bei vorgezogenem<br />

Ruhestand verbessert<br />

werden.<br />

Die SPD will das heutige<br />

Rentenniveau bis 2020 stabilisieren,<br />

Abschläge bei der<br />

Erwerbsminderungsrente <strong>so</strong>l-<br />

len abgeschafft werden. Die<br />

Rente mit 67 <strong>so</strong>ll erst realisiert<br />

werden, wenn mindestens die<br />

Hälfte der 60- bis 64-Jährigen<br />

<strong>so</strong>zialversichert beschäftigt sind.<br />

Die SPD fordert flexible<br />

Übergangsmodelle <strong>so</strong>wie einen<br />

abschlagsfreien Rentenzugang<br />

mit 63 nach 45<br />

Versicherungsjahren. Die Teilrente<br />

ab 60 <strong>so</strong>ll eingeführt<br />

werden, vereinfachte Zusatzbeiträge<br />

zur Rentenversicherung<br />

<strong>so</strong>llen den flexibleren Renteneintritt<br />

ermöglichen. Selbstständige<br />

<strong>so</strong>llen rentenversicherungspflichtig<br />

werden. Familienbedingte<br />

Erwerbsverläufe sind<br />

angemessen zu berücksichtigen,<br />

die SPD plant eine Solidarrente<br />

in Höhe von 850 Euro. Bis 2020<br />

<strong>so</strong>ll die einheitliche Ost-West-<br />

Rente umgesetzt werden.<br />

Die FDP sieht keinen Bedarf,<br />

bisherige Rentenkürzungen zurückzunehmen.<br />

Die Stabilisierung<br />

des Rentenniveaus ist für<br />

sie kein Thema, eben<strong>so</strong> wie<br />

Erwerbsminderungsrenten.<br />

Wer künftig trotz Abschlägen<br />

über der Grundsicherung liegt,<br />

<strong>so</strong>ll den Renteneintritt frei<br />

wählen können – oder aber auch<br />

länger arbeiten. Die FDP will<br />

Zuverdienstgrenzen komplett<br />

aufheben, die Rentenhöhe orientiert<br />

sich ausschließlich an<br />

eingezahlten Beiträgen. Einkommen<br />

aus privater und betrieblicher<br />

Vor<strong>so</strong>rge <strong>so</strong>llen nur zum<br />

Teil auf die Grundsicherung im<br />

Alter angerechnet werden. Eine<br />

Rentenversicherungspflicht für<br />

Selbstständige wird abgelehnt –<br />

aber Selbstständige <strong>so</strong>llen „riestern“<br />

dürfen. Die Liberalen<br />

wollen wie die anderen Parteien<br />

eine einheitliche Ost-West-Rente.<br />

Die Linke will Kürzungsfaktoren<br />

aus der Rentenformel streichen,<br />

die zur Senkung des Leistungsniveaus<br />

führen. Abschläge bei<br />

Erwerbsminderungsrenten<br />

<strong>so</strong>llen gestrichen werden. Zurück<br />

zur Rente mit 65: Nach 40<br />

Beitragsjahren <strong>so</strong>ll jeder und jede<br />

abschlagsfrei in Rente gehen<br />

können. Drei Jahre Kindererziehungszeiten<br />

<strong>so</strong>llen für alle<br />

angerechnet, Riester-Ansprüche<br />

auf die gesetzliche Rente<br />

übertragbar werden. Selbstständige,<br />

BeamtInnen und PolitikerInnen<br />

<strong>so</strong>llen in die gesetzliche<br />

Rente einzahlen. Die Linke<br />

fordert, dass die Kosten der<br />

Alterssicherung wieder paritätisch<br />

finanziert werden. Eine<br />

„<strong>so</strong>lidarische Mindestrente“ <strong>so</strong>ll<br />

1050 Euro betragen.<br />

Bündnis 90/Die Grünen sprechen<br />

sich nicht für eine<br />

Stabilisierung des Rentenniveaus<br />

aus, sie bleiben bei der<br />

Rente mit 67. Die Grünen<br />

wollen eine abschlagsfreie Erwerbsminderungsrente<br />

und<br />

flexible Teilrentenmodelle<br />

schaffen. Eine steuerfinanzierte<br />

Garantierente <strong>so</strong>ll nach mindestens<br />

30 Versicherungsjahren<br />

mindestens 850 Euro betragen.<br />

Private und betriebliche Alterssicherung<br />

sind wichtig für die<br />

Sicherung des Lebensstandards,<br />

auch darum sei die Riester-Rente<br />

zu vereinfachen. Für die Absicherung<br />

von Frauen <strong>so</strong>ll<br />

Rentensplitting in der Ehe<br />

obligatorisch werden. Arbeitslose<br />

zahlen Mindestrentenbeiträge,<br />

Minijobs und Selbstständige<br />

werden in vollem Umfang in die<br />

Rentenversicherung einbezogen.


LEUCHTTURM<br />

<strong>Weiter</strong> <strong>so</strong> – <strong>Deutschland</strong>?<br />

Mehr Demokratie wagen<br />

Eine neue Bundesregierung hat die Chance, die Idee Europa neu zu beleben.<br />

20<br />

Der DGB setzt auf ein<br />

demokratisches <strong>so</strong>ziales<br />

Europa, in dem der<br />

wirtschaftliche Erfolg an<br />

hoher Beschäftigung und<br />

mehr Wohlstand für alle<br />

gemessen wird. Europa<br />

braucht neue Strategien<br />

gegen die Jugendarbeitslosigkeit.<br />

Deshalb fordert der<br />

DGB einen Marshallplan<br />

für Europa: kein Spardiktat,<br />

<strong>so</strong>ndern gute Arbeit und<br />

eine starke Sozialpartnerschaft.<br />

Sozialen Schutz und<br />

Tarifautonomie, statt Arbeitslosigkeit<br />

und Armut.<br />

Die europäischen Finanzmärkte<br />

müssen wirksam<br />

reguliert werden. Der DGB<br />

will ein prosperierendes und<br />

<strong>so</strong>ziales Europa.<br />

Mit der von der EU beschlossenen<br />

<strong>so</strong> genannten „Jugendgarantie“,<br />

die Zusicherung auf<br />

einen Arbeits- oder Ausbildungsplatz,<br />

will die Union die<br />

Jugendarbeitslosigkeit verringern.<br />

Fördermittel <strong>so</strong>llen stärker<br />

projektbezogen ausgegeben werden,<br />

um die Wettbewerbsfähigkeit<br />

der Unternehmen zu<br />

steigern. Die Union lehnt<br />

Eurobonds ab. Eine Bankenaufsicht<br />

<strong>so</strong>ll unter dem Dach<br />

der EZB etabliert, die Unternehmenssteuern<br />

angeglichen<br />

werden. Europäische Beschlüsse<br />

<strong>so</strong>llen künftig für die BürgerInnen<br />

besser zugänglich sein.<br />

Die SPD will die Sozialpartnerschaft<br />

stärken. Dazu gehören<br />

mehr Rechte für Euro-<br />

Betriebsräte, erweiterte Spielräume<br />

für Mitbestimmung und<br />

ein existenzsichernder Mindestlohn<br />

in allen EU-Staaten.<br />

Zudem <strong>so</strong>ll es konkrete Zielvorgaben<br />

für eine europäische<br />

Wachstumsstrategie geben.<br />

Die SPD will eine <strong>so</strong>ziale<br />

Fortschrittsklausel. Eine gerechte<br />

Besteuerung der Finanzmärkte<br />

und Vermögen <strong>so</strong>wie eine<br />

harmonisierte Arbeits-, Wirtschafts-,<br />

Finanz-, Steuer- und<br />

Investitionspolitik stehen im<br />

Programm. Zu einer umfassenden<br />

Finanzmarktregulierung<br />

gehört für die SPD die<br />

Aufwertung der EZB zu einer<br />

europäischen Investitionsbank.<br />

Zudem spricht sie sich für<br />

einen Schuldentilgungsfonds<br />

aus. Mit Mitteln, unter anderem<br />

aus der Finanztransaktionssteuer,<br />

will die SPD Investitionen in<br />

Bildung, Infrastrukturnetze und<br />

ein Sofortprogramm gegen die<br />

Jugendarbeitslosigkeit finanzieren.<br />

Die Rechte des Europa-<br />

Parlaments <strong>so</strong>llen gestärkt, der<br />

Kommissionspräsident künftig<br />

vom Parlament gewählt werden.<br />

Die Reformen <strong>so</strong>llen in einem<br />

Konvent erarbeitet werden.<br />

Arbeitsmarkt und Sozialpartnerschaft<br />

werden im Programm<br />

nicht erwähnt. Die „Jugendgarantie“<br />

halten die Liberalen für<br />

einen ordnungspolitischen Fehler.<br />

Sie wollen eine unabhängige<br />

EZB und eine „sinnvolle“<br />

Regulierung des Bankensektors.<br />

Die Bankenaufsicht <strong>so</strong>ll<br />

verbessert werden, aber unabhängig<br />

von der EZB agieren.<br />

Eurobonds lehnt die FDP ab.<br />

In den Krisenländern <strong>so</strong>ll der<br />

Reformdruck erhalten bleiben<br />

und keine falschen Anreize<br />

gesetzt werden. Für einen<br />

Konvent sind auch die<br />

Liberalen. Zudem <strong>so</strong>ll die<br />

Kommission verkleinert und das<br />

Europaparlament zum Vollparlament<br />

ausgebaut werden.<br />

Es <strong>so</strong>ll Mindestregeln für eine<br />

europäisches Tarif- und Sozialsystem<br />

geben. Darüber hinaus<br />

will die Linke europaweit das<br />

Recht auf politische Streiks<br />

festschreiben. Eine <strong>so</strong>ziale<br />

Fortschrittsklausel wird gefordert.<br />

Die Linke setzt sich für<br />

<strong>so</strong>ziale und steuerliche Mindeststandards<br />

und eine Bankenabgabe<br />

ein. Die Banken <strong>so</strong>llen<br />

stärker reguliert und Schattenbanken<br />

aufgelöst werden. Die<br />

Rechte des EU-Parlaments stärken<br />

und basisdemokratische<br />

Elemente ausbauen, ist das Ziel<br />

der Linken. Verbindliche Volksentscheide<br />

<strong>so</strong>llen möglich<br />

werden. Die Rechte der Euro-<br />

Betriebsräte <strong>so</strong>llen gestärkt<br />

werden.<br />

Die grenzüberschreitende<br />

Mitbestimmung<br />

wollen<br />

die Grünen zum „Kernstück“ des<br />

europäischen Sozialmodells machen.<br />

Einen Mindestlohn <strong>so</strong>ll<br />

es künftig europaweit geben.<br />

Eine <strong>so</strong>ziale Fortschrittsklausel<br />

steht eben<strong>so</strong> im Programm.<br />

Ein europäischer Steuerpakt<br />

gegen Steuerdumping, -flucht<br />

und -vermeidung ist das Ziel der<br />

Grünen. Eurobonds <strong>so</strong>llen<br />

eingeführt, der Schattenbankensektor<br />

reguliert und ein Trennbankensystem<br />

etabliert werden.<br />

Auch die Grünen wollen einen<br />

öffentlichen Konvent, um<br />

Reformen zu erarbeiten. Außerdem<br />

wollen sie das Wahlrecht<br />

für EUBürgerInnen erweitern.<br />

Das Parlament <strong>so</strong>ll Gesetzesinitiativen<br />

vorschlagen können<br />

und den Kommissionspräsidenten<br />

wählen.


21 <strong>Weiter</strong> <strong>so</strong> – <strong>Deutschland</strong>?<br />

LEUCHTTURM<br />

Belastung gerecht verteilen<br />

Ein gutes und sicheres Leben braucht einen handlungsfähigen Staat. Für Investitionen in Bildung, <strong>so</strong>zialen Wohnungsbau oder<br />

Verkehrsinfrastruktur sind <strong>so</strong>lide finanzierte öffentliche Haushalte notwendig.<br />

Der DGB will Reichtum neu<br />

verteilen, damit zum Beispiel die<br />

Kommunen ihre Haushalte <strong>so</strong>lide<br />

finanzieren können und handlungsfähig<br />

bleiben. Deshalb <strong>so</strong>ll die<br />

Vermögenssteuer wiedereingeführt,<br />

Erbschaften und Gewinne<br />

höher besteuert und die Finanztransaktionssteuer<br />

umgesetzt werden.<br />

Der Körperschaftssteuersatz<br />

<strong>so</strong>ll erhöht, Investitionen im Betrieb<br />

aber besser abgeschrieben werden<br />

können. Die Abgeltungssteuer<br />

<strong>so</strong>ll gestrichen, alle Einkommensarten<br />

mit dem persönlichen Einkommensteuersatz<br />

besteuert werden.<br />

Die gesenkte Mehrwertsteuer für<br />

Hoteliers <strong>so</strong>ll zurückgenommen<br />

werden. Riesigen Investitionsbedarf<br />

sieht der DGB etwa im<br />

Bildungsbereich. So <strong>so</strong>llen Kitas,<br />

Schulen, Berufsschulen und<br />

Hochschulen finanziell besser<br />

ausgestattet werden. Der DGB<br />

fordert, die öffentliche und<br />

<strong>so</strong>ziale Infrastruktur zu stärken.<br />

Der öffentliche Dienst (ÖD)<br />

muss über ausreichend Per<strong>so</strong>nal<br />

zen, unter anderem mit einer<br />

„Qualität<strong>so</strong>ffensive Lehrerbildung“<br />

– ausgestattet mit 500<br />

Millionen Euro.<br />

Die SPD will die<br />

Vermögenssteuer<br />

„angemessen“ ausgestalten.<br />

Der Spitzensteuersatz<br />

<strong>so</strong>ll von 42<br />

Prozent bzw. 45 Prozent auf 49<br />

Prozent für Einkommen über 100<br />

000 Euro bzw. 200 000 bei<br />

Ehepaaren angehoben werden. Die<br />

SPD will die Erbschaftssteuer<br />

anpassen und Unternehmenserbschaften<br />

stärker an Arbeitsplätze<br />

koppeln. Das SPD-Programm sieht<br />

vor, das Ehegattensplitting durch<br />

einen Partnerschaftstarif für Ehegatten<br />

abzulösen. Die Steuerprivilegien<br />

für Hoteliers und Erben<br />

<strong>so</strong>llen zurückgenommen, die Abgeltungssteuer<br />

von 25 auf 32<br />

Prozent steigen. Für Steuerbetrug<br />

sieht die SPD härtere Strafen vor.<br />

Steueroasen <strong>so</strong>llen bekämpft werden,<br />

Spekulationen, z.B. auf<br />

Nahrungsmittel, unterbunden werden.<br />

Die SPD plant, 20 Milliarden<br />

Euro mehr für Bildung pro Jahr<br />

auszugeben, unter anderem will sie<br />

Ganztagsschulen und Schul<strong>so</strong>zial-<br />

Die Linke will eine einmalige<br />

Vermögensabgabe in <strong>Deutschland</strong><br />

und allen EU-Staaten. Ab<br />

einem Freibetrag von einer Million<br />

Euro <strong>so</strong>llen zehn Prozent gezahlt<br />

werden, 20 Prozent ab zehn<br />

Millionen Euro und 30 Prozent ab<br />

100 Millionen Euro. Vermögensund<br />

Erbschaftssteuer <strong>so</strong>llen<br />

reformiert werden. Der Spitzensteuersatz<br />

<strong>so</strong>ll ab 65 000 Euro auf<br />

53 Prozent erhöht werden. Einkommen<br />

aus Kapitalerträgen <strong>so</strong>ll<br />

nach dem Einkommenssteuersatz<br />

erhoben, die Abgeltungssteuer<br />

abgeschafft werden. Die Linke will<br />

das Ehegattensplitting abschaffen.<br />

Die Linke plant, die „Hotelsteuer“<br />

zurückzunehmen, eine<br />

Kerosinsteuer einzuführen und<br />

Ausnahmeregeln für die Industrie<br />

bei der Ökosteuer abzuschaffen.<br />

Eine Bundesfinanzpolizei <strong>so</strong>ll<br />

geschaffen, der Steuervollzug verbessert<br />

werden. Das Programm der<br />

Linken sieht mehr Ganztagsschulen<br />

und Kitas vor. Bildung<br />

bleibt öffentlich ohne privaten<br />

oder kommerziellen Einfluss. Die<br />

Linke will in die öffentliche<br />

Daseinsvor<strong>so</strong>rge investieren.<br />

verfügen.<br />

arbeit ausbauen.<br />

Bündnis 90 /<br />

Steuererhöhungen<br />

Die Grünen wollen<br />

lehnt die FDP ab.<br />

den Anteil<br />

Stattdessen <strong>so</strong>ll eine<br />

der Einnahmen<br />

CDU/CSU lehnen Steuererhöhungen<br />

„Steuerbremse“ ein-<br />

aus Umweltsteuern am Gesamtgenssteuer<br />

ab. Es <strong>so</strong>ll keine Vermögeführt<br />

werden. Die FDP will den steueraufkommen erhöhen. Die<br />

geben, die Erbschaftssteuer<br />

„Schuldenberg“ weiter abbauen. Einnahmen der Erbschaftssteuer<br />

nicht erhöht wer-<br />

Die Steuer- und Abgabenlast <strong>so</strong>llen verdoppelt werden. Der<br />

den. Die Union hält an ihrem Ziel <strong>so</strong>ll gesenkt, Beihilfen und Spitzensteuersatz <strong>so</strong>ll auf 45<br />

fest, in der kommenden Wahlperiode<br />

Subventionen <strong>so</strong>llen gekürzt Prozent bei 60 000 Euro, bei 80 000<br />

keine neuen Schulden zu werden. Freibeträge für Kapitaler-<br />

auf 49 Prozent steigen. Eine zeitlich<br />

machen. Die „kalte Progression“ träge will sie erhöhen, die befristete Vermögensabgabe ist<br />

<strong>so</strong>ll abgemildert, das Ehegattensplitting<br />

Erbschaftssteuer <strong>so</strong>ll „aufkom-<br />

geplant. Kapitalerträge <strong>so</strong>llen wie<br />

beibehalten werden. mensneutral“ weiterentwickelt und alle anderen Einkommen besteuert<br />

Betriebsübergänge <strong>so</strong>llen steuerlich vereinfacht, das Ehegattensplitting werden. Die Grünen wollen<br />

nicht zu hoch belastet werden. Das beibehalten werden. Die FDP öffentliche Institutionen stärken<br />

Programm sieht eine dritte Föderalismuskommission<br />

vor, um über<br />

den Länderfinanzausgleich zu beraten.<br />

plant, das BAföG zu „entbürokratisieren“<br />

und elternunabhängig zu<br />

gestalten. „Nachlaufende“ Studi-<br />

<strong>so</strong>wie Kitas und Ganztagsschulen<br />

ausbauen. Ein Studierendenzuschuss<br />

<strong>so</strong>ll für alle eingeführt,<br />

Die Union will die „Bildungsengebühren<br />

<strong>so</strong>llen eingesetzt Studiengebühren abgeschafft<br />

republik <strong>Deutschland</strong>“ fortset- werden.<br />

werden.


LEUCHTTURM<br />

Hässliche Flecken<br />

Der unbefristete Arbeitsvertrag ist längst Geschichte. Leiharbeit und Werkverträge senken die Kosten<br />

der Unternehmen um Milliarden. Und die Politik macht mit<br />

Maria Kniesburges<br />

ver.di-publik<br />

Arbeitgeberpräsident<br />

Dieter<br />

Hundt will sie partout nicht<br />

sehen. Aber es gibt sie, die<br />

großen hässlichen Flecken auf<br />

dem bundesdeutschen Arbeitsmarkt.<br />

Wo dank Lohndumpings<br />

der Niedriglohn grassiert, wo<br />

Minijobs und Teilzeitarbeit<br />

schon die Regel sind, wo der<br />

unbefristete Arbeitsvertrag längst<br />

Geschichte ist. Und wo Leiharbeit<br />

und Scheinwerkvertrag auf<br />

das einträglichste die Per<strong>so</strong>nalkosten<br />

der Unternehmen senken.<br />

1,5 Milliarden Euro pro Jahr<br />

zahlt der Staat an Hilfen für<br />

Beschäftigte allein im Einzelhandel,<br />

deren Lohn zum Leben<br />

nicht reicht. Das hat die<br />

Bundesregierung Ende Mai auf<br />

eine Anfrage der Partei Die<br />

Linke im Bundestag mitgeteilt.<br />

1,5 Milliarden aus Steuergeldern,<br />

quasi als regelmäßig<br />

sprudelnde Subvention für die<br />

notleidenden Handels-Imperien.<br />

Nur ein Beispiel aus der Realität<br />

am bundesdeutschen Arbeitsmarkt.<br />

Für Arbeitgeberpräsident<br />

Hundt alles blanker Unsinn. „In<br />

zahlreichen Kommentaren der<br />

Medien und Gewerkschaft<strong>so</strong>rgane“,<br />

schreibt er, werde „das<br />

Zerrbild einer von Zukunfts<strong>so</strong>rgen<br />

und schlechten Arbeitsbedingungen<br />

geprägten Gesellschaft<br />

gezeichnet.“ Dem hat die<br />

Bundesvereinigung der Deutschen<br />

Arbeitgeberverbände nun<br />

eine Art Basta-Broschüre entgegengesetzt.<br />

Titel: „Die Realität<br />

am deutschen Arbeitsmarkt -<br />

Fakten statt Zerrbilder“. Teilzeitarbeit,<br />

heißt es da, „ist fast<br />

immer aus privaten Gründen<br />

gewollt“. Leiharbeit wird als<br />

„vollwertiges Arbeitsverhältnis“<br />

hochgejubelt, das - versteht sich -<br />

„Beschäftigung schafft“. Und -<br />

Jugend aufgepasst - „Befristungen<br />

erleichtern den Einstieg ins<br />

Berufsleben und münden überwiegend<br />

in unbefristete Beschäftigungsverhältnisse“.<br />

Schleichweg Werkvertrag<br />

Der Scheinwerkvertrag taucht<br />

in dieser schönen heilen<br />

Arbeitswelt, die uns die Bundesvereinigung<br />

der Deutschen Arbeitgeberverbände<br />

da präsentiert,<br />

STEUERPOLITIK<br />

Jetzt läuten die Alarmglocken<br />

Arbeitgeber und ihre Denkfabriken reden die <strong>so</strong>ziale Lage schön<br />

<strong>Weiter</strong> <strong>so</strong> – <strong>Deutschland</strong>?<br />

22<br />

gar nicht erst auf. Obwohl der<br />

Werkvertrag von einer findigen<br />

Unternehmerschaft längst als der<br />

geeignete Schleichweg entdeckt<br />

wurde, auf dem <strong>so</strong>gar noch die<br />

Bedingungen in der Leiharbeit<br />

unterlaufen werden können.<br />

Entdeckt just zu dem Zeitpunkt,<br />

als die Gewerkschaften bessere<br />

Regelungen und Bezahlung für<br />

die Leiharbeit durchsetzen konnten.<br />

Seither beauftragen etwa<br />

Handelsketten, aber längst nicht<br />

nur die, Fremdfirmen mit einem<br />

„Werk“ wie „Regale einräumen“,<br />

und vollbracht wird das „Werk“<br />

von deren Per<strong>so</strong>nal zum<br />

Billiglohn - außerhalb jeder<br />

Tarifgeltung. Realität am bundesdeutschen<br />

Arbeitsmarkt.<br />

Die SPD, Die Linke und die<br />

Grünen haben Gesetzesentwürfe<br />

gegen den Missbrauch von<br />

Werkverträgen vorgelegt. Doch<br />

Schwarz-Gelb hat sie Mitte Juni<br />

im Ausschuss für Arbeit und<br />

Soziales allesamt abgelehnt.<br />

Sozusagen erwartungsgemäß. Es<br />

steht ja nicht weniger als die<br />

unternehmerische Freiheit auf<br />

dem Spiel.<br />

Dierk Hirschel<br />

leitet bei ver.di<br />

den Bereich<br />

Wirtschaftspolitik<br />

Die <strong>so</strong>ziale Frage beherrscht<br />

den Bundestagswahlkampf.<br />

Arbeitende Arme, klamme Familien<br />

und Altersarmut zwingen<br />

die Politik zum Handeln. Selbst<br />

Angela Merkel kündigt inzwischen<br />

milliardenschwere Wohltaten<br />

an. Mehr Sozialstaat gibt es<br />

aber nicht um<strong>so</strong>nst. Und<br />

deswegen droht der bisherigen<br />

Reichenpflege das Aus. Der<br />

Wahltag könnte für Spitzenverdiener,<br />

Vermögende und Erben<br />

zum Zahltag werden. SPD,<br />

Grüne und Linke wollen große<br />

Einkommen und Vermögen<br />

stärker besteuern, um mehr Geld<br />

für Bildung, Infrastruktur und<br />

Soziales zu haben. Nach<br />

aktuellen Umfragen hält die<br />

Mehrheit der Deutschen das für<br />

richtig.<br />

In den Arbeitgeberverbänden<br />

und neoliberalen Denkfabriken<br />

läuten die Alarmglocken. Jetzt<br />

versuchen sie, die Deutungshoheit<br />

zurückzugewinnen. Die<br />

vom Arbeitgeberverband Gesamtmetall<br />

finanzierte „Initiative<br />

Neue Soziale Marktwirtschaft“<br />

(INSM) startete eine große<br />

Medienkampagne. Unter dem<br />

Motto „Ist das gerecht?“ wird der<br />

Gerechtigkeitsbegriff neoliberal<br />

umgedeutet: Umverteilung ist<br />

nicht nötig. Gerecht ist, wenn<br />

alle gleiche Chancen haben,<br />

heißt es da. Unterstützung<br />

kommt vom ebenfalls arbeitgeberfinanzierten<br />

Institut der<br />

Deutschen Wirtschaft (IW). Die<br />

Kölner Ideologiefabrik veröf-


23 <strong>Weiter</strong> <strong>so</strong> – <strong>Deutschland</strong>?<br />

LEUCHTTURM<br />

fentlichte eine Gerechtigkeitsstudie<br />

mit dem überraschenden<br />

Ergebnis: <strong>Deutschland</strong> wird<br />

immer gerechter.<br />

Vor diesem Hintergrund<br />

brandmarken der Bundesverband<br />

der Deutschen Industrie,<br />

die Bundesvereinigung der Deutschen<br />

Arbeitgeberverbände, der<br />

Deutsche Industrie- und Handelskammertag<br />

& Co Reichensteuern<br />

als <strong>so</strong>zial ungerecht und<br />

ökonomisch schädlich. Die oppositionellen<br />

Steuerpläne<br />

schröpfen angeblich die Mittelschicht,<br />

vertreiben die Leistungsträger<br />

und vernichten Arbeitsplätze.<br />

Und das alles nur, damit<br />

der teure Schwächling Staat noch<br />

mehr Geld verschwendet.<br />

Der langfristige Trend zu<br />

mehr Ungleichheit bleibt aber<br />

ungebrochen<br />

Inhaltlich laufen die Angriffe<br />

ins Leere. Zwar ist die Kluft<br />

zwischen Arm und Reich in den<br />

letzten Jahren wegen des<br />

Aufschwungs und guter Tarifabschlüsse<br />

nicht mehr größer<br />

geworden. Der langfristige Trend<br />

zu mehr Ungleichheit bleibt<br />

aber ungebrochen. Während der<br />

Niedriglohnsektor weiter wächst,<br />

kletterten die Geldvermögen auf<br />

ein neues Rekordniveau. Zudem<br />

funktioniert der <strong>so</strong>ziale Ausgleich<br />

über Steuern und Transfers<br />

immer schlechter. Folglich<br />

sinken die Aufstiegschancen und<br />

die Abstiegsrisiken nehmen zu.<br />

Eine Politik, die allein auf<br />

Chancengerechtigkeit setzt, löst<br />

aber das Problem nicht. Der<br />

Gleichheit beim Start entzieht<br />

die wachsende Ungleichheit den<br />

Boden. Aus diesem Grund führt<br />

kein Weg an mehr Verteilungsund<br />

Steuergerechtigkeit vorbei.<br />

Reichensteuern sind gerechte<br />

Steuern. Sie belasten weder<br />

Facharbeiter/innen noch das<br />

kleine Sparbuch oder Omas<br />

Häuschen. Wenn etwa die<br />

grünen Steuerpläne Wirklichkeit<br />

werden, dann wird es für Singles<br />

mit über 70.000 Euro brutto<br />

teurer. Nach dem SPD-Steuerkonzept<br />

werden nur diejenigen<br />

weniger im Geldbeutel haben,<br />

die mehr als 78.000 Euro<br />

verdienen. Der höhere Spitzensteuersatz<br />

trifft <strong>so</strong>mit weniger als<br />

fünf Prozent der Einkommenssteuerpflichtigen.<br />

Ein ähnliches<br />

Bild ergibt sich bei der<br />

Vermögensbesteuerung. Die Oppositionsparteien<br />

wollen Vermögen<br />

oberhalb eines millionenschweren<br />

Freibetrags mit einem<br />

Prozent besteuern. Grüne und<br />

Linke planen darüber hinaus<br />

eine einmalige Vermögensabgabe.<br />

Die geplante Vermögensbesteuerung<br />

träfe weniger als ein<br />

Prozent der Bevölkerung. Gleiches<br />

gilt für höhere Steuern auf<br />

Kapitalerträge und Erbschaften.<br />

Die rot-rot-grünen Steuerpläne<br />

sind alles andere als ein<br />

Verarmungsprogramm für den<br />

Mittelstand. Als Reaktion auf<br />

eine ähnliche Angstkampagne<br />

im Bundestagswahlkampf 1972<br />

titelte Klaus Staeck, seinerzeit<br />

Politkünstler: „Deutsche Arbeiter!<br />

Die SPD will euch eure<br />

Villen im Tessin wegnehmen!“<br />

Auch von einer Reichenjagd<br />

kann keine Rede sein. Im letzten<br />

Jahrzehnt wurden Topverdiener,<br />

Unternehmer, Vermögende und<br />

reiche Erben entlastet. Multimillionäre<br />

haben heute erheblich<br />

mehr Netto vom Brutto. Sie<br />

führen weniger als 30 Prozent<br />

ihres Bruttoeinkommens an den<br />

Fiskus ab. Vor der Jahrtausendwende<br />

war es noch fast die<br />

Hälfte. Die tatsächliche Steuerbelastung<br />

von Unternehmer- und<br />

Kapitaleinkommen liegt aktuell<br />

bei 20 Prozent. Reichensteuern<br />

gefährden weder Wachstum noch<br />

Jobs. Hohe Freibeträge auf<br />

Betriebsvermögen schonen den<br />

Großteil der Unternehmen.<br />

Doch selbst in den besteuerten<br />

Betrieben droht kein Per<strong>so</strong>nalabbau.<br />

Geringere Nettogewinne<br />

drosseln keine Investitionen.<br />

Letztere sind stark abhängig vom<br />

erwarteten Absatz und dem<br />

technischen Fortschritt. So wird<br />

trotz der Steuergeschenke der<br />

Schröder- und Merkel-Regierung<br />

heute weniger investiert als in<br />

den 70er Jahren.<br />

Die Arbeitgeberverbände und<br />

ihre Denkfabriken kämpfen mit<br />

allen Mittel gegen eine umverteilende<br />

Politik. Dafür stellen sie<br />

die Lebenswirklichkeit auf den<br />

Kopf. ver.di wird gemeinsam mit<br />

seinen Bündnispartnern dazu<br />

Gift-Mais aus Brake <strong>so</strong>ll in die USA<br />

„Brake/Bremen/DPA – Der seit<br />

Monaten im Hafen Brake<br />

gelagerte mit dem Schimmelgift<br />

Aflatoxin B 1 verseuchte Mais<br />

aus Serbien <strong>so</strong>ll in die USA<br />

exportiert werden..... Die zuständige<br />

US-Stelle hat bereits<br />

zugestimmt, weil es dort höhere<br />

Grenzwerte gibt. <strong>Weiter</strong>er Giftmais,<br />

der bislang in Bremen<br />

gelagert wird, hat bereits vom<br />

Laves eine Ausfuhrgenehmigung<br />

bekommen. „Wir bedauern diesen<br />

Schritt außerordentlich“,<br />

teilte Niedersachsens Landwirtschaftsminister<br />

Christian Meyer<br />

(Grüne) mit. Er trat dafür ein,<br />

den Mais zu vernichten. Für eine<br />

Ablehnung der Ausfuhr habe es<br />

aber „keinen rechtlichen Ermessensspielraum“<br />

gegeben. Laut<br />

Landwirtschaftsministerium<br />

zeigt Aflatoxin B 1 eine starke<br />

krebserzeugende Wirkung. Meyer<br />

hält den Export daher für<br />

unverantwortlich.“ (NWZ,<br />

11.07.2013)<br />

Nach der NSA-Affäre ist wohl<br />

klar: Genau <strong>so</strong> wenig, wie sich die<br />

USA die Ausspähung ihrer<br />

„Freunde“ nehmen lassen, werden<br />

sie bei dem angestrebten Freihandelabkommen<br />

durchsetzen, dass geklontes,<br />

hormonell behandeltes und/oder<br />

genetisch verändertes, mit Schimmelgift<br />

verseuchtem Mais aufgepäppeltes<br />

Fleisch auf deutschen Tellern<br />

landet.<br />

Frage: Fällt das dann bei unserer<br />

Bundeskanzlerin auch wieder unter<br />

„Neuland“???


LEUCHTTURM<br />

INTERVIEW<br />

„Gerecht geht!“<br />

<strong>Weiter</strong> <strong>so</strong> – <strong>Deutschland</strong>?<br />

24<br />

Detlef Ahting, ver.di-Landesleiter in Niedersachen/Bremen über die ver.di-Forderungen zur Bundestagswahl<br />

Agenda 2010 und Hartz-Gesetze haben auch in Niedersachsen zu gravierenden Einschnitten in der <strong>so</strong>zialen Sicherung<br />

geführt: Prekäre Beschäftigung, ein durchlöcherter Kündigungsschutz und ein Niedriglohnsektor sind entstanden.<br />

„Gerecht geht anders!“, sagt ver.di-Landesleiter Detlef Ahting und formuliert zentrale gewerkschaftliche Forderungen an<br />

die Parteien im Bundestagswahlkampf.<br />

ver.di PUBLIK | Erleben wir<br />

gerade eine Entwürdigung der<br />

Menschen?<br />

Detlef Ahting | Ja, der<br />

Arbeitsmarkt ist <strong>so</strong> tief gespalten<br />

wie noch nie, und die<br />

Arbeitsarmut nimmt stark zu.<br />

Immer mehr Menschen arbeiten<br />

zu immer schlechteren Löhnen<br />

und unter immer schlechteren<br />

Bedingungen. Seit 2005 hat die<br />

Allgemeinheit mehr als 50<br />

Milliarden Euro aufgewendet,<br />

um Hungerlöhne aufzustocken.<br />

Allein in Niedersachsen zahlen<br />

wir jährlich eine Milliarde Euro<br />

an Aufstocker-Leistungen. Das<br />

ist genau die Summe, die die<br />

neue Landesregierung braucht,<br />

um ihr Koalitionsprogramm für<br />

mehr Bildung, neue Kitas,<br />

bessere Gesundheitsleistungen<br />

und die Energiewende umzusetzen.<br />

ver.di PUBLIK | Was müssen die<br />

Parteien beim Thema Arbeit ändern?<br />

Ahting | Wir brauchen eine<br />

Neuordnung auf dem Arbeitsmarkt,<br />

al<strong>so</strong> einen allgemeinen<br />

gesetzlichen Mindestlohn von<br />

mindestens 8,50 Euro, der zügig<br />

auf zehn Euro ansteigen muss.<br />

Leiharbeiter erhalten 40 Prozent<br />

weniger Lohn und haben selten<br />

die gleichen Sozialleistungen.<br />

Deshalb fordern wir: Gleicher<br />

Lohn für gleiche Arbeit am<br />

gleichen Ort! Und Leiharbeit<br />

nur, wenn Betriebs- und<br />

Per<strong>so</strong>nalräte wirksam mitbestimmen<br />

können. Auch Minijobber<br />

müssen <strong>so</strong>fort <strong>so</strong>zialversichert<br />

sein, Lohnfortzahlung im<br />

Krankheitsfall <strong>so</strong>wie Urlaubsgeld<br />

erhalten. Nur gute Arbeit und<br />

sichere Renten schaffen ein<br />

<strong>so</strong>ziales Europa. Der Widerstand<br />

unserer europäischen Kollegen<br />

verdient unsere Solidarität:<br />

Denn wenn die Arbeitskosten in<br />

Spanien oder Griechenland<br />

sinken, dann ist es nur noch eine<br />

Frage der Zeit, bis der<br />

Lohndruck auch hier bei uns<br />

steigt.<br />

ver.di PUBLIK | Bis zur Rente<br />

arbeiten die Deutschen in Europa<br />

am längsten.<br />

Ahting | Und die Jugend<br />

bekommt keine faire Chance auf<br />

eine gute Arbeit, das gehört<br />

zusammen. Die Rente mit 67 ist<br />

ein Programm zur Rentenkürzung.<br />

Darum muss sie weg. Und<br />

wir müssen Erwerbsarmut bekämpfen,<br />

damit wir Altersarmut<br />

eindämmen. Dazu gehört auch<br />

Busse zur Demo am 7. September 2013 in Hannover<br />

Oldenburg-Wilhelmshaven und Ostfriesland-Nördliches Emsland (Auswahl)<br />

Wilhelmshaven, ZOB - 7:00 Uhr<br />

Sande, Twister - 7:15 Uhr<br />

Varel, Alte AOK - 7:30 Uhr<br />

Wittmund, Markt - 7:00 Uhr<br />

Jever, OBI - 7:15 Uhr<br />

Schortens, Gewerbegebiet (Ruma) - 7:25 Uhr<br />

Oldenburg, Weser-Ems-Halle - 7:30 Uhr<br />

Emden, Parkplatz Nordseewerke - 6:15 Uhr<br />

Norden, Marktplatz - 5:45 Uhr<br />

Marienhafe, Alte Molkerei - 6:00 Uhr<br />

Georgsheil, ZOB - 6:15 Uhr<br />

Infos und Kontakt:<br />

http://oldenburg-wilhelmshaven.dgb.de/-/jvi<br />

http://ostfriesland-noerdliches-emsland.dgb.de/-/jhY<br />

ein Sofortprogramm gegen Jugendarbeitslosigkeit<br />

- europaweit.<br />

Mit hunderten von<br />

Milliarden an Steuergeldern und<br />

Bürgschaften wurden die Banken<br />

gerettet, den erwerbslosen Bürgerinnen<br />

und Bürgern hilft<br />

neoliberale Logik nichts - im<br />

Gegenteil. Daher brauchen wir<br />

einen Kurswechsel - für ein<br />

demokratisches und <strong>so</strong>ziales<br />

<strong>Deutschland</strong> und Europa!<br />

ver.di PUBLIK | Und wie <strong>so</strong>ll das<br />

Ganze finanziert werden?<br />

Ahting | Wir wollen den großen<br />

Reichtum stärker besteuern und<br />

fordern eine Millionärsabgabe,<br />

die locker aus dem Vermögen<br />

bezahlt werden kann. Denn der<br />

Fall des FC-Bayern-Managers<br />

Ulli Hoeneß ist ja nur die Spitze<br />

des Eisbergs von insgesamt<br />

130.000 Reichen, die ihr<br />

Vermögen am Fiskus vorbei ins<br />

Ausland geschafft haben. Geld<br />

ist genug da. Es ist nur ungerecht<br />

verteilt. Wir müssen hart gegen<br />

Steuerflucht und Steuerhinterziehung<br />

vorgehen und wollen<br />

die Vermögenssteuer und Vermögensabgabe.<br />

Das sind die<br />

zentralen ver.di-Forderungen an<br />

die Parteien im Bundestagswahlkampf.<br />

Aurich, ZOB - 5:45 Uhr<br />

Hesel, Autobahn Parkplatz - 6:15 Uhr<br />

Leer, DGB Haus - 6:30 Uhr<br />

Leer, Emspark - 6:45 Uhr


25 <strong>Weiter</strong> <strong>so</strong> – <strong>Deutschland</strong>?<br />

LEUCHTTURM<br />

„Bildungsgerechtigkeit - <strong>Deutschland</strong> im<br />

Vergleich“<br />

Gedanken zum Thema. Veranstaltung vom 18.04.2013 im Forum der Ostfriesischen Landschaft<br />

Referenten: H. von Meyer (Leiter der OECD Berlin Centre und H. Funke vom Netzwerk „Allen Kindern<br />

Zukunft geben“)<br />

Zusammenfassend<br />

kommen<br />

beide Referenten zu dem<br />

Fazit, dass die Bildungsgerechtigkeit<br />

in <strong>Deutschland</strong> ein<br />

<strong>so</strong>zialer Skandal ist, weil der<br />

Teufelskreis aus <strong>so</strong>zialer Benachteiligung<br />

und mangelnden Bildungschancen<br />

<strong>so</strong> nicht durchbrochen<br />

werden kann.<br />

„Ach ja!“, könnte man<br />

meinen. Nichts wird unter den<br />

Experten der Bildung offenbar<br />

intensiver diskutiert wie diese<br />

Ungleichbehandlung unserer<br />

Kinder. Nur - mit welchem<br />

Ergebnis? Die einen setzen<br />

unverfroren auf die Dreigliedrigkeit<br />

unseres Schulsystems, das<br />

ihren Vorstellungen gemäß<br />

idealiter den unterschiedlichen<br />

Begabungen entspricht, die<br />

nächsten wollen die Integration,<br />

wieder andere eine Förderung<br />

der Familien. So weit, <strong>so</strong> - gut?<br />

Nun, überall lesen wir,<br />

<strong>Deutschland</strong> zahle zu wenig für<br />

die Bildung, und das bezieht<br />

sich, wenn auch unterschiedlich,<br />

auf alle Bildungsstufen. Aber<br />

reicht ein Mehr an Bildungsausgaben<br />

in einem System, das - im<br />

Vergleich zu wirklichen europäischen<br />

Konkurrenten - hoffnungslos<br />

veraltet ist, weil es<br />

tradierte Verhältnisse weiter und<br />

weiter verfestigt? Wann hat<br />

Bildungspolitik endlich den<br />

Mut, diesem „Muff’ entgegen zu<br />

treten, z. B. durch eine intensive<br />

Frühförderung mit einhergehenden<br />

Forderungen? Und - reicht<br />

es, eine Veränderung im Sinne<br />

der derzeit häufig gebrauchten<br />

Begrifflichkeit „lnklusion“ herbeizuführen?<br />

Schauen wir uns<br />

eine der Absichten dieses<br />

Verfahrens an! So <strong>so</strong>ll den Eltern<br />

- und das ist gut <strong>so</strong>! - das Recht<br />

eingeräumt werden, ihre Kinder<br />

in ein System ihrer Wahl<br />

einzuschulen. Möglicherweise<br />

vorhandene Schwächen <strong>so</strong>llen<br />

dann per Inklusion aufgearbeitet<br />

werden. Ein hehres Ziel.<br />

Schauen wir uns das bitte<br />

genau an! Nach den bisher<br />

bekannten Vorstellungen <strong>so</strong>llen<br />

diese SchülerInnen durch eine<br />

<strong>so</strong>nderpäd. Fachkraft mit 2<br />

Stunden in der Woche gefördert<br />

werden, um nicht frühzeitig<br />

selektiert zu werden. 2 Stunden -<br />

Donnerwetter!<br />

Für mich beinhaltet Bildungsgerechtigkeit<br />

allerdings ganz<br />

erheblich mehr, z. B. durch eine<br />

Intensivierung flächendeckender<br />

fachkompetenter Frühförderung,<br />

z. B. durch eine Differenzierung<br />

ohne schon früh beginnende<br />

Festlegung auf einen Abschluss,<br />

z. B. durch konsequente Hilfestellung<br />

<strong>so</strong>zial benachteiligter<br />

Familien durch zu vernetzende<br />

Organisationen mit entsprechenden<br />

Strategien (z. B.<br />

Der neue Ständestaat<br />

„<strong>Deutschland</strong> nähert sich<br />

einer Drei-Klassen-Gesellschaft:<br />

An der Spitze stehen<br />

Manager mit Millionengehältern,<br />

Freiberufler mit gut<br />

gehenden Kanzleien oder<br />

Büros, erfolgreiche Selbständige.<br />

Es folgt die Masse<br />

gutausgebildeter Angestellter<br />

und Facharbeiter mit<br />

hohen oder durchschnittlichen<br />

Löhnen. Das untere<br />

Drittel der Geringqualifizierten<br />

und Ausgesteuerten<br />

Stadtteilarbeit, deren Erfolge in<br />

Osnabrück Herr Funke anschaulich<br />

erläuterte, Einbeziehung<br />

kommunaler Stellen etc.). Ganz<br />

bestimmt ließe sich hier noch<br />

eine Menge an fundierten<br />

Vorschlägen finden.<br />

Warum nur hören wir dazu<br />

nahezu nichts von den politisch<br />

Verantwortlichen gleich welcher<br />

Parteienzugehörigkeit. Ich höre<br />

nur immer wieder dieses<br />

Kostenargument - und nicht nur<br />

eigentlich kann ich es nicht<br />

mehr hören. Wenn es denn ernst<br />

gemeint ist, dass Kinder unsere<br />

Zukunft sind, dann ist genau<br />

dieses Argument nichtig. Ja sage<br />

ich zu intensiv zu steigernden<br />

Bildungsausgaben, aber bitte in<br />

einem Umfeld, das dieses<br />

Ausgaben-Mehr auch zielführend<br />

verwenden kann, Mit dem<br />

tradierten Bildungssystem geht<br />

das m. E. nicht, und das schließt<br />

Retuschen daran - s. Oberschule<br />

mit ein.<br />

Der Ostfriesischen Landschaft<br />

und der Arbeitsstelle für<br />

Religionspädagogik Ostfriesland<br />

sei Dank ausgesprochen für die<br />

Veranstaltung mit den oben<br />

genannten Referenten, aber wo<br />

bleibt die Re<strong>so</strong>nanz bei den<br />

BildungspolitikerInnen und welche<br />

Konsequenzen werden daraus<br />

gezogen? Oder ist es<br />

einfacher zu fragen, welche<br />

werden nicht daraus gezogen?<br />

aber hat kaum Aussicht auf<br />

Aufstieg.“<br />

Überschrift und Text aus<br />

SPIEGEL 12.08.2013, Serie<br />

zur Bundestagswahl, Teil 2:<br />

Soziale Gerechtigkeit<br />

Catharina<br />

Hinrichs-Blessmann


LEUCHTTURM<br />

MV des KV Wittmund am 16.04.2013<br />

Rolf Meyer und<br />

Klaus-Jürgen<br />

Richter<br />

Nach einem zügigen Abarbeiten<br />

der Tage<strong>so</strong>rdnung und<br />

der fälligen Wahlen, die den<br />

Kreisvorstand im Wesentlichen<br />

in den Ämtern bestätigte (siehe<br />

www.gew-wittmund.de), warf<br />

Stefan Störmer, Vorsitzender des<br />

Bezirks Weser-Ems der GEW aus<br />

Leer, einen präzisen und<br />

nüchternen Blick auf die<br />

bildungspolitische Situation in<br />

Niedersachsen nach der Wahl. Er<br />

bezeichnet es als für die GEW<br />

problematisch, die ihr politisch<br />

nahestehende Koalition aus SPD<br />

und Grünen zu kritisieren. Die<br />

Zusammenarbeit sei sehr positiv.<br />

Eine Reihe von GEW-Forderungen,<br />

deren Erfüllung nahezu<br />

kostenneutral möglich ist wie die<br />

Einführung von vierzügigen, im<br />

Ausnahmefall <strong>so</strong>gar dreizügigen<br />

Gesamtschulen und die Rückkehr<br />

zum G9 werden umgesetzt.<br />

Inzwischen würden <strong>so</strong>gar die<br />

Philologen das G9 favorisieren,<br />

weil Eltern mehrheitlich Schultypen<br />

mit G9 bevorzugen.<br />

Stefan führt aus, dass die<br />

Koalition regionale Schulentwicklungspläne<br />

anstrebt um<br />

„Schule im ländlichen Raum neu<br />

zu denken“. Kostenintensivere<br />

Ziele der Landesregierung sind<br />

- eine Ganztagsschule mit qualifiziertem<br />

Per<strong>so</strong>nal<br />

- eine flächendeckende Schul<strong>so</strong>zialarbeit<br />

- das Absenken der Klassenfrequenzen<br />

- die Abschaffung des Sitzenbleibens<br />

bei optimaler Förderung.<br />

Die Umsetzung aller Reformen<br />

wird von ihrer Finanzierbarkeit<br />

abhängen. Diese wird<br />

erschwert durch die von der<br />

letzten Landesregierung verursachten<br />

Altlasten wie die<br />

Nachzahlungen in die Rentenversicherung<br />

der Honorarkräfte<br />

(ca. 20 Mill.€), die vom<br />

Bundesarbeitsgericht mit Urteil<br />

vom 12.03.13 verfügte Übernahme<br />

der Schulbuchkosten für<br />

Lehrkräfte durch das Land<br />

Niedersachsen, die Abschaffung<br />

der Studiengebühren (120 Mill.)<br />

<strong>so</strong>wie die Tariferhöhung, die<br />

höher als geplant ausgefallen<br />

Stefan Störmer (2. von links) ehrte Jürgen Kramm (40 Jahre Mitglied)(links) und Marga<br />

Kleihauer, Christian Hallensleben, Christel Hallensleben, Wilfried Hess, Sieglinde Janssen (alle<br />

30 Jahre Mitglied)<br />

26<br />

war. In allen Fällen habe die<br />

vorherige schwarz-gelbe Landesregierung<br />

es versäumt, Vor<strong>so</strong>rge<br />

zu treffen und kostenträchtige<br />

Baustellen hinterlassen. Abzuwarten<br />

ist laut Stefan die nächste<br />

Steuerschätzung im Mai. Ihr<br />

wird im Juni eine Haushaltsklausur<br />

folgen, wobei heute schon<br />

abzusehen ist, dass etliche<br />

Projekte nicht zu realisieren sein<br />

werden. So sei es denkbar, dass<br />

die Ganztagsschule nicht flächendeckend<br />

eingeführt werden<br />

kann, oder dass nicht alle frei<br />

werdenden Stellen besetzt werden<br />

können. Auch die anstehende<br />

Inklusion sei nicht ausreichend<br />

durchgeplant und die<br />

Bedingungen und die Kosten<br />

nach wie vor unklar. Laut Stefan<br />

besteht eine Hoffnung in einem<br />

Regierungswechsel auf Bundesebene<br />

verbunden mit einer von<br />

SPD und Grünen angestrebten<br />

Vermögenssteuer, von der auch<br />

die Länder profitieren müssten.<br />

Laut Udo Köneke erscheint die<br />

neue Landesregierung ratlos wie<br />

die alte. Die GEW <strong>so</strong>llte es nicht<br />

sein und z.B. Kernforderungen<br />

zur Inklusion formulieren.<br />

Hauptaspekt: Was wird die<br />

rot-grüne Koalition von ihren<br />

begrüßenswerten Zielvorstellungen<br />

im Bildungsbereich umsetzen<br />

können, nachdem sich über<br />

Jahre nicht nur zäher Mehltau<br />

über Schul- und Hochschulpolitik<br />

gelegt hat, <strong>so</strong>ndern auch<br />

kostenträchtige Verpflichtungen<br />

in die Zukunft verlagert wurden.<br />

Eine bessere Ausstattung des<br />

Landeshaushalts durch den<br />

Bund sei unverzichtbar, um die<br />

selbst gesetzten Ziele erreichen<br />

zu können. Hier müsse die GEW<br />

aufmerksam die Entwicklung in<br />

den nächsten Jahren verfolgen.<br />

Zur diesjährigen Mitgliederversammlung<br />

hatte der Kreisvorstand<br />

ferner Mitglieder mit<br />

„runden“ Jubiläen als Gewerkschaftsmitglied<br />

eingeladen und<br />

für eine Ehrung und ein Präsent<br />

ge<strong>so</strong>rgt. Jürgen Kramm nahm<br />

den Bezirksvorsitzenden in die


27 LEUCHTTURM<br />

Pflicht, die Ehrungen vorzunehmen.<br />

Wilhelm Engelken (2. v. l.) und Elsbeth Degner (r.) wurden für eine 50jährige<br />

Mitgliedschaft geehrt<br />

Einen runden Abschluss der<br />

Versammlung lieferte GEW-<br />

Mitglied Wilhelm Engelken,<br />

indem er zwei seiner plattdeutschen<br />

Schulgeschichten – natürlich<br />

auch „op platt“ – vortrug.<br />

Gespannte Aufmerksamkeit<br />

herrschte im Versammlungsraum<br />

…<br />

… bis die Schlusspointe in<br />

ein freundliches Schmunzeln<br />

überleitete.<br />

Neuer Vorstand im GEW KV Aurich<br />

Auf der Jahreshauptversammlung<br />

im April 2013 gab<br />

Laura Pooth, stellvertretende<br />

Landesvorsitzende, eine erste<br />

grobe Einschätzung zur Bildungspolitik<br />

der neuen Landesregierung:<br />

„Alles was zusätzliche<br />

Finanzmittel benötigt, wird erst<br />

einmal nicht angepackt.“<br />

Dabei drängten die Gewerkschaften<br />

darauf, dass die Landesregierung<br />

über ihre bundespolitischen<br />

Einflussmöglichkeiten<br />

versuche, in der Wirtschafts- und<br />

Steuerpolitik umzusteuern; insbe<strong>so</strong>ndere<br />

die <strong>so</strong>g. „Schuldenbremse“<br />

müsse bekämpft werden<br />

und die Besteuerung großer<br />

Vermögen wieder eingeführt<br />

werden.<br />

Aktuell habe die neue<br />

Landesregierung ein paar positive<br />

bildungspolitische Weichenstellungen<br />

vorgenommen, <strong>so</strong> z.<br />

B. die Abschaffung des Turbo-<br />

Abis an IGSn, die Ermöglichung<br />

der Neugründung auch von<br />

4zügigen IGSn, ...<br />

Laura Pooth betonte, dass<br />

jetzt und in den nächsten Jahren<br />

alle freiwerdenden Stellen wieder<br />

besetzt werden müssten; wenn<br />

diese per<strong>so</strong>nelle Mindestforderung<br />

nicht erfüllt werde, werde<br />

die GEW massiv dagegen<br />

mobilisieren. Darüber hinaus<br />

seien die wichtigsten Themen,<br />

die die GEW als von der neuen<br />

Regierung zu bearbeitende erwarte:<br />

- Inklusive Schule (inhaltliche<br />

und per<strong>so</strong>nelle Fragen),<br />

- Abschaffung der Studienge-<br />

Laura Pooth


LEUCHTTURM<br />

28<br />

Im Herbst 2012 startete der Kreisvorstand Aurich die Mitgliederwerbeaktion<br />

“Wir werden 600!”. Diese Zahl konnte im Februar 2013 erreicht werden!!<br />

Das neue Mitglied Marion Geiken und der werbende Björn Dumkow erhielten<br />

die ausgelobten Preise.<br />

bühren,<br />

- Reform der LE-Ausbildung,<br />

- Reduzierung der Klassengrößen,<br />

- Reduzierung der Unterrichtsverpflichtung<br />

der LE (in<br />

einem ersten Schritt = 25,5<br />

für GHS),<br />

- Fort- und <strong>Weiter</strong>bildung, ...<br />

(Laura Pooth konnte im April ja<br />

nicht ahnen, dass demgegenüber<br />

nun eine Erhöhung der Unterrichtsverpflichtung<br />

für die gymnasialen<br />

Lehrkräfte und eine Abschaffung<br />

der Altersermäßigung durch ROT-<br />

GRÜN auf die Tage<strong>so</strong>rdnung<br />

gesetzt werden.)<br />

Die Diskussion bezog sich<br />

insbe<strong>so</strong>ndere auf folgende Themen:<br />

· Ganztagsschulausstattung und<br />

–struktur<br />

· Abschaffung der Noten zunächst<br />

in der GS<br />

· IGS-Entwicklung in Niedersachsen<br />

· Rückgang der Zahl der<br />

SchülerInnen; wie klein dürfen<br />

Schulen sein, damit noch<br />

ein umfassendes Bildungsangebot<br />

möglich wird?<br />

Auch für die nächsten 2 Jahre<br />

wählte die Jahreshauptversammlung<br />

wieder ein Vorstands-Team,<br />

das seine Aufgaben gemeinsam<br />

und arbeitsteilig bewältigt:<br />

Hans-Gerd de Beer, Nicole<br />

Bones, Melanie Diehl, Ralf<br />

Dittmer, Karl Hoops, Franz<br />

Kampers, Helmut Roscher, Christian<br />

Philipp Storm, Dorothea<br />

Teckemeyer, Annette Weßling-<br />

Brandt.<br />

Oben v.l.: Franz Kampers, Dorothea Teckemeyer, Melanie Diehl, Nicole Bones, Annette Weßling-Brandt,<br />

Hans Hermann Harms<br />

Unten v.l.: Karl Hoops, Christian Philipp Storm, Helmut Roscher, Hans-Gerd de Beer, Ralf Dittmer<br />

Die Übertragung des Tarifabschlusses<br />

auf die BeamtInnen ist<br />

zwar für 2013 veranlasst, aber für<br />

2014 noch nicht „in trockenen<br />

Tüchern“. Weitsichtig beschloss<br />

deshalb die Jahreshauptversammlung<br />

im April folgende<br />

Re<strong>so</strong>lution an die niedersächsische<br />

Landesregierung: „Keine<br />

„Bremer Lösung“ für Niedersachsen:<br />

Die Mitgliederversammlung<br />

der<br />

GEW Kreisverband Aurich<br />

fordert die niedersächsische<br />

Landesregierung<br />

auf, den Tarifabschluss<br />

für die Beschäftigten<br />

im öffentlichen<br />

Dienst der Länder<br />

uneingeschränkt und<br />

ohne Zeitverzögerung<br />

auf die nds. Beamtinnen<br />

und Beamten zu<br />

übertragen.“<br />

Einstimmig wurde<br />

außerdem beschlossen:<br />

„Der Landesvorstand<br />

der GEW Niedersachsen<br />

wird aufgefordert,<br />

sich verstärkt für einen<br />

gesetzlichen Mindestlohn<br />

im Bildungssektor<br />

einzusetzen.“ (Anlass<br />

ist u. a. die prekäre<br />

Beschäftigung von pädagogischen<br />

Mitarbeiter-<br />

Innen an Grundschulen.)


29 LEUCHTTURM<br />

„Kein gutes Signal an Lehrer“<br />

Ausbau der Ganztagsschulen – Chaos bei Inklusion<br />

WITTMUND|<br />

WJA<br />

Veröffentlicht: 14.08.2013 im „Anzeiger für Harlingerland“<br />

Kommt es zu einem Wechsel<br />

in der Landesregierung, geht<br />

damit häufig eine 180-Grad-<br />

Wende in der Bildungspolitik<br />

einher. Doch davon kann in<br />

Niedersachsen keine Rede sein,<br />

plant doch auch rot-grün, die<br />

Ganztagsschulen auszubauen<br />

und den eingeschlagenen Weg<br />

der Inklusion weiterzugehen.<br />

Diese Projekte wurden bereits zu<br />

Zeiten der CDU/FDP-Landesregierung<br />

gestartet und <strong>so</strong>llen nun<br />

in einer veränderten Form<br />

fortgeführt werden. Frei nach<br />

einem SPD-Slogan aus dem<br />

Bundestagswahlkampf 1998:<br />

„Wir wollen nicht alles anders,<br />

aber vieles besser machen.“<br />

So könnte auch das Fazit der<br />

Ausführungen von MdL Ina<br />

Korter, bildungspolitische Sprecherin<br />

der Grünen-Landtagsfraktion,<br />

Dienstagabend in einer<br />

Gesprächsrunde in der „Residenz“<br />

lauten. Eingeladen hatte<br />

der Kreisverband der Wittmunder<br />

Grünen, gekommen waren<br />

etwa 30 Elternvertreter und<br />

Lehrer. Doch gerade die Letztgenannten,<br />

eigentlich klassisches<br />

Wählerklientel von Rot-Grün,<br />

zeigten sich sehr erbost über die<br />

Umsetzung der Inklusion. Laut<br />

den Pädagogen erhielten die<br />

Grundschulen und weiterführenden<br />

Schulen zu wenig <strong>so</strong>nderpädagogische<br />

Förderstunden.<br />

„Al<strong>so</strong> müssen wir uns alleine mit<br />

diesen lernbehinderten Kindern<br />

auseinandersetzen, wofür wir<br />

aber gar nicht ausgebildet sind“,<br />

sagte Reinhard Rommel, Rektor<br />

der Wittmunder Grundschule.<br />

Und die angebotenen Fortbildungen<br />

zur Inklusion seien<br />

wenig hilfreich. Umgekehrt<br />

klagte Matthias Regner als Leiter<br />

der Esenser Förderschule: „Wir<br />

haben nicht ausreichend Lehrer<br />

für uns selbst und <strong>so</strong>llen nun<br />

auch noch Stunden an andere<br />

Schulen abgeben.“<br />

Dem konnte Korter nur<br />

entgegnen, dass es ein Verdienst<br />

von Rot-Grün sei, dass trotz<br />

sinkender Schülerzahlen keine<br />

weiteren Lehrerstellen gestrichen<br />

worden seien. Außerdem kündigte<br />

sie das Ende der<br />

Förderschule „Lernen“ an. Bekanntlich<br />

gab es dort mit Beginn<br />

dieses Schuljahrs keine Einschulungen<br />

mehr, ab 2014 ist dann<br />

auch ein Wechsel in die fünfte<br />

Klasse einer Förderschule Lernen<br />

nicht mehr möglich.<br />

Immerhin verwies Korter auf<br />

eine bessere Finanzausstattung<br />

und einen Ausbau der Ganztagsschulen,<br />

die neue Landesregierung<br />

halte hierfür zusätzlich 350<br />

Millionen Euro bereit. Damit<br />

<strong>so</strong>lle endgültig Schluss sein mit<br />

den prekären Beschäftigungsverhältnissen,<br />

die noch unter<br />

Schwarz-Gelb üblich gewesen<br />

wären. Neu ist auch, dass<br />

gebundene, teil-gebundene und<br />

offene Ganztagsschulen gleichrangig<br />

gefördert werden. In einer<br />

offenen Aussprache wiesen die<br />

Lehrer darauf hin, dass ihr<br />

Schulalltag von immer mehr<br />

Bürokratie bei schwieriger werdenden<br />

Schüler geprägt sei. Jeder<br />

vierte Pädagoge erreiche heute<br />

nicht mehr die reguläre Pensionsgrenze.<br />

Vor diesem Hintergrund<br />

sei das Aussetzen der<br />

Altersermäßigung und das Anheben<br />

der Unterrichtsverpflichtung<br />

für Gymnasiallehrer um<br />

eine Wochenstunde ein Unding.<br />

„Das ist kein gutes Signal an die<br />

Lehrer“, <strong>so</strong> der Rektor der<br />

Esenser Realschule, Peter Sörnsen.<br />

Zu einer ernsten Aussprache trafen sich Elternvertreter und Lehrer mit Ina Korter (rechts),<br />

Bild: Wilko Janssen


LEUCHTTURM<br />

Info-Veranstaltung „Vor<strong>so</strong>rge und<br />

Ver<strong>so</strong>rgung“ überfüllt<br />

Herbert Czekir<br />

Anfang Juni trafen sich mehr<br />

als 100 - vorwiegend aktive -<br />

Kolleginnen und Kollegen zum<br />

Thema „Vor<strong>so</strong>rge und Ver<strong>so</strong>rgung“<br />

in Westerstede und<br />

Bersenbrück. Der ungewöhnlich<br />

große Andrang stellte die<br />

organisierende Fachgruppe Se-<br />

niorInnen vor vielfältige Probleme.<br />

Schon im Vorfeld der<br />

Veranstaltung deutete sich das<br />

Interesse an dem Thema an, als<br />

Anfragen aus ganz Niedersachsen<br />

die Organisatoren überschwemmten.<br />

Als Referentin konnte die<br />

Rechtsschutzsekretärin Heidemarie<br />

Schuldt (ehemals Kralle)<br />

gewonnen werden, die kurze<br />

Einführungen in Themen wie<br />

Arten der Pensionierung, ruhegehaltsfähige<br />

Dienstzeiten, Ver<strong>so</strong>rgungsabschläge,<br />

Hinterbliebenenver<strong>so</strong>rgung<br />

u. a. gab und<br />

dabei die neuesten Gesetze und<br />

Rechtsprechungen vorstellte. Danach<br />

bestimmten die Fragen der<br />

TeilnehmerInnen den Verlauf<br />

der Veranstaltung, <strong>so</strong>dass der<br />

Vormittag wie im Fluge verging.<br />

Die Verschiedenheit und<br />

Komplexität der Fragen machte<br />

allen klar, dass bei unklaren<br />

Situationen unbedingt die<br />

Rechtschutzstelle - inzwischen<br />

mit einer zweiten Kollegin<br />

besetzt - eingeschaltet werden<br />

<strong>so</strong>llte.<br />

30<br />

Vorgestellt wurden zwei neue<br />

Broschüren.<br />

Hilfen gibt zunächst die neue<br />

Broschüre „Die Pension der<br />

Beamtinnen und Beamten in<br />

Niedersachsen“, die vielfältige<br />

Antworten auf die Fragen der<br />

Pensionierung und Ver<strong>so</strong>rgung<br />

gibt.<br />

Hilfen auch für jüngere<br />

Kolleginnen und Kollegen bietet<br />

die druckfrische Broschüre „Vor<strong>so</strong>rge<br />

ist sicherer“. Sie ersetzt die<br />

Broschüre „Hilfen für den<br />

Ernstfall“ und bietet u.a.<br />

Informationen zu Vor<strong>so</strong>rgevollmacht,<br />

Patientenverfügung, Ver<strong>so</strong>rgung<br />

von Hinterbliebenen<br />

und Testament. Checklisten und<br />

Musterschreiben erleichtern dabei<br />

den Einstieg in ein Thema,<br />

das zwar außerordentlich wichtig<br />

ist, aber oftmals verdrängt wird.<br />

Beide Broschüren sind über<br />

alle Gliederungen erhältlich.<br />

Der Nachmittag der Veranstaltung<br />

stand im Zeichen allgemeiner<br />

gewerkschaftlicher Fragen.<br />

Im Zuge sich ständig verschlechternder<br />

Arbeits- und Be<strong>so</strong>ldungsbedingungen,<br />

erhält gewerkschaftliche<br />

Solidarität eine<br />

immer größere<br />

Bedeutung. Den<br />

Teilnehmern war<br />

am Ende sehr<br />

bewusst, dass das<br />

Motto GEW-<br />

Gemeinsam Erfolgreich<br />

Wirken<br />

auch unter einer<br />

rot-grünen Landesregierung<br />

seine<br />

Gültigkeit behält.


31 LEUCHTTURM<br />

Foto: Detlef Kiesé (Anzeiger für Harlingerland)<br />

Die GEW informiert<br />

Kavernen in Etzel – Fluch oder Segen?<br />

Donnerstag, d. 12. September 2013<br />

Kavernen-Informationszentrum Etzel,<br />

Beim Postweg 2<br />

26446 Friedeburg<br />

- Um 16:00 Uhr informiert uns ein IVG-Ansprechpartner ca. eine Stunde in Wort und Bild und beantwortet<br />

Fragen.<br />

- Um 17.15 Uhr machen wir mit einem Bus eine geführte Tour über das Gelände.<br />

- Gegen 18.00 Uhr wird uns in einem Lokal Theo Hinrichs, Friedeburger Lokalpolitiker und leid tragender<br />

„Anrainer“, wichtige Hintergrundinformationen zu dem Themenkomplex aus seinem reichhaltigen<br />

Wissensfundus liefern.<br />

(Bei Interesse könnte man dann auch noch über geplante Ölbohrungen im Watt (Anzeiger v. 2.8.) und das geplante<br />

Fracking im <strong>so</strong>g. „Wittmunder Feld“ (NWZ Jever 25.05.13) sprechen.<br />

ACHTUNG: Nur 25 Plätze verfügbar!<br />

Deshalb umgehend anmelden bei Juergen.Kramm.Wtm@t-online.de<br />

oder unter 04462-6102


LEUCHTTURM<br />

<strong>Weiter</strong> <strong>so</strong> – <strong>Deutschland</strong>?<br />

32<br />

GUTE ARBEIT. SICHERE RENTE.<br />

SOZIALES EUROPA. AKTIVER STAAT.<br />

Für Verteilungsgerechtigkeit bundesweit.<br />

Für einen konsequenten Politikwechsel.<br />

Kommt zur Demo!<br />

7. SEPTEMBER 2013<br />

IN HANNOVER<br />

Busabfahrten s. S. 24<br />

Gute Arbeit statt perspektivloser Jobs<br />

Niedriglöhne und prekäre Jobs nehmen immer mehr zu. Menschen brauchen aber gerechte Löhne und<br />

sichere Arbeit. Wir fordern eine neue Ordnung auf dem Arbeitsmarkt: mehr Rechte für die<br />

Beschäftigten, Tarifverträge und einen flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn nicht unter 8,50<br />

Euro. Gleiches Geld für gleiche Arbeit in der Leiharbeit, <strong>so</strong>zial abgesicherte Beschäftigung statt<br />

Minijobs, Befristungen und Werkverträge <strong>so</strong>wie gleiche Entgelte und Karrierechancen für Männer und<br />

Frauen.<br />

Sichere Rente statt Altersarmut<br />

Die Rente mit 67 bedeutet harte Einschnitte für alle, die es nicht bis zum gesetzlichen Rentenalter<br />

schaffen. Prekäre Jobs führen die Menschen in Altersarmut. Wir fordern Renten, die den<br />

Lebensstandard sichern: durch eine nachhaltige und <strong>so</strong>lidarisch finanzierte Alterssicherung.<br />

Menschen, die das reguläre Rentenalter nicht erreichen können, muss eine Erwerbsminderungsrente<br />

wirksam absichern. Schluss mit den Rentenkürzungen, Schluss mit der Rente mit 67!<br />

Soziales Europa statt Sozialabbau<br />

Radikale Kürzungsprogramme in zahlreichen Ländern der EU <strong>so</strong>rgen für eine Spirale nach unten und<br />

gefährden den <strong>so</strong>zialen Frieden. Das trifft nicht die Verursacher an den Finanzmärkten, <strong>so</strong>ndern die<br />

Opfer der Krise: Beschäftigte, Erwerbslose, Rentnerinnen und Rentner <strong>so</strong>wie die junge Generation.<br />

fordern ein Investitions- und Konjunkturprogramm für ein <strong>so</strong>zial gerechtes, sicheres und demokratisch<br />

legitimiertes Europa.<br />

Aktiver Staat statt Reichtum für wenige<br />

Die Kluft zwischen Arm und Reich wächst. Die Steuerpolitik der letzten Jahre hat die öffentlichen<br />

Haushalte ausgehöhlt. Wir wollen eine gerechte Steuerpolitik, die Finanztransaktionen,<br />

Unternehmensgewinne <strong>so</strong>wie hohe Einkommen und Vermögen stärker heranziehen. Steueroasen<br />

müssen ausgetrocknet, Steuerflucht- und hinterziehung bekämpft werden. Nur <strong>so</strong> entsteht<br />

Verteilungsgerechtigkeit, nur <strong>so</strong> können öffentliche Aufgaben und Investitionen in Bildung, Soziales und<br />

Infrastruktur finanziert werden.

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