leucht123
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Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft<br />
Kreisverbände Aurich, Emden, Jever, Norden, Wilhelmshaven und Wittmund<br />
LEUCHTT<br />
TTURM<br />
Zeitschrift der Bildungsgewerkschaft in Ost-Friesland<br />
Nr. 123<br />
16. November 2015<br />
37. Jhrg.<br />
Inhalt<br />
Käpt’n Blaubär erweitert den Bildungs-Kanon 2<br />
- Warum ich in der GEW geblieben bin und<br />
mich aktiv einbringe - 4<br />
Arbeitszeitstudie läuft weiter! 5<br />
Die Partnerschaft für Demokratie 5<br />
GEW-Landesdelegiertentagung 6<br />
Dolmetscher gesucht! 7<br />
Die Frage ist – wie? 8<br />
Wittmund: LehrerInnen brauchen Hilfe 9<br />
Gegen den Trend der „Antipolitik“ 10<br />
SeniorInnen organisieren sich neu 11<br />
Mahnveranstaltung zum Antikriegstag in Aurich 12<br />
„Veränderungen in der Lehrerschaft“ 14<br />
Kapitulation vor Investoren 16<br />
TTIP - eine Gefahr für die Demokratie? 16<br />
Das Freihandelsabkommen TTIP im Unterricht 17<br />
Gute Bildung kostet 18<br />
„Ehemalige jüdische Schule in Leer“ 19<br />
Reichstes Prozent dürfte rund ein Drittel des<br />
Privatvermögens in Deutschland besitzen 20<br />
Fachgruppe Grundschule und Förderschule 21<br />
Emslandlager 22<br />
Moorsoldatenlied 23<br />
Kita haftet nicht für Blechschäden 23<br />
Wie Biedermann es mit den Brandstiftern hält. 24<br />
40 JAHRE Mitglied unserer GEWerkschaft 25<br />
Anmerkungen zu Bedeutung der Schreibschrift 26<br />
Termine - Schulbezirkspersonalrat - Kurzgerfasst 27<br />
Unterwerfung als Freiheit. 28<br />
Leben im Neoliberalismus. 28<br />
Alter Schwede! 30<br />
„Angela Merkels teurer Irrweg“ 31<br />
Personalräteschulung AUR - NOR 32
LEUCHTTURM<br />
Käpt’n Blaubär erweitert den Bildungs-<br />
Kanon<br />
ein innovativer Sketsch<br />
2<br />
Käpt’n Blaubär und die drei Gummibärchen treten auf.<br />
Heinrich Herlyn<br />
Enkel 1: Mensch Opa, du hast<br />
während deiner Kur ja<br />
mächtig abgenommen!<br />
Enkel 2: Man erkennt dich ja<br />
kaum wieder, Opi!<br />
Enkel 3: Schön, dass du wieder<br />
da bist. So allein mit Hein<br />
Blöd war es stink-langweilig!<br />
Blaubär: Tja, der kann eben nicht<br />
so schöne Geschichten erzählen<br />
wie ich!<br />
Enkel 1: Und bist du nun deine<br />
Hepadingsda, also deine fette<br />
Leber - oder wie das heißt -<br />
losgeworden und darfst nun<br />
Studienrat werden? Das war<br />
doch dein Traumjob.<br />
Blaubär: Jawoll, meine Leber<br />
und ich sind nun rank und<br />
schlank wie’n Zitteraal. Aber<br />
Studienrat will ich nicht mehr<br />
werden.<br />
Enkel 2: Warum denn nicht?<br />
Blaubär: Ja, weil nun doch alle<br />
Gymnasial-Lehrer wieder auf<br />
Klassenfahrt fahren. Die<br />
haben ihren Boykott beendet,<br />
und für mich bleiben keine<br />
Fahrten mehr übrig.<br />
Enkel 3: Und wieso das, Opa?<br />
Blaubär: Das hohe Gericht in<br />
Lüneburg hat die Arbeitszeitverlängerung<br />
an den höheren<br />
Bildungsanstalten für illegal<br />
erklärt. Kriegt ihr denn mal<br />
wieder gar nichts mit?<br />
Enkel 1: Nun reg dich doch<br />
nicht gleich wieder auf, Opa.<br />
Denk an deine Leber!<br />
Enkel 2: Was willst du denn nun<br />
eigentlich machen?<br />
Blaubär: Das ist eine gute Frage.<br />
Und ich habe auch schon eine<br />
gute Antwort.<br />
Enkel 3: Willst du uns etwa<br />
Redaktion Leuchtturm Redaktionsschluss: 8.11.2015<br />
code für: www.gew-wittmund.de<br />
KV V Wittmund<br />
Ronald Wilts Lüdstede 3 26487 Neuschoo Tel. 04975 - 366 Ronald.Wilts@t-online.de<br />
Jürgen Kramm Wangeroogestr. 8 26409 Wittmund Tel. 04462 - 6102 Juergen.Kramm.WTM@t-online.de<br />
KV Jever<br />
Heiner Wegener Kniphauser Weg 7 26441 Jever Tel. 04461 - 73133 heinerwegener@t-online.de<br />
Klaus Blume-WentenJavenloch 5 26434 Wangerland Tel. 04464 - 8150 k.blume-wenten@t-online.de<br />
KV V Auric<br />
urich<br />
www.aurich.GEWweserems.de<br />
Franz Kampers Hinter Eschen 16F 26607 Aurich Tel. 04941 - 6988012 fkampers@ewetel.net<br />
KV Norden<br />
Herbert Czekir Reithammer Weg 29 26529 Osteel Tel. 04934 - 6766 herbert.czekir@ewetel.net<br />
Anette Hillen Im Dullert 30 26524 Hage Tel. 04931 - 7 4474 anette-hillen@web.de<br />
KV Emden<br />
www.GEW-emd.de<br />
Dr. Josef Kaufhold Herm.-Hesse-Str. 4 26721 Emden Tel. 04921 - 45266 JosefKaufhold@web.de<br />
Hans-Gerd de Beer Graf-Edzard-Str. 20 26721 Emden Tel. 04921 - 29778 hans-gerd-de-beer@t-online.de<br />
KV<br />
Wilhelmshav<br />
ilhelmshaven<br />
en<br />
Friedrich Fischer Fedderwarder Str. 124 26388 W’haven Tel.04421-502119 magfish@gmx.de<br />
Wolfgang Niemann-Fuhlbohm Güstrower Str. 3c 26388 W’haven Tel.04421-87117 wolfgang.nif@gmx.de<br />
Impressum: GEW-LEUCHTTURM Nr. 123 / 37. Jahrgang vom 16.11.2015<br />
LehrerInnenzeitung für die Kreisverbände Aurich, Emden, Jever, Norden, Wilhelmshaven, Wittmund<br />
Herausgeber: Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft im DGB/Kreisverband Wittmund<br />
verantwortl.: Ronald Wilts (1. Vors.), Lüdstede 3, 26487 Neuschoo, 04975/366<br />
Internet:<br />
www.geww<br />
.gewweser<br />
eserems.de<br />
ems.de - dort auch Informationen aus den Kreisverbänden<br />
Druck: www.janssendruck.de, Finkenburgstr. 47, 26409 Wittmund
3 LEUCHTTURM<br />
schon wieder mit Hein-Blöd<br />
allein lassen?<br />
Blaubär: So leid es mir tut, ja.<br />
Ich muss schon bald nach<br />
Berlin.<br />
Enkel 1: Nach Berlin?<br />
Blaubär: Ja, da staunt ihr? Ich<br />
soll Staatssekretär bei der<br />
Bundesbildungsministerin,<br />
Frau Wanka, werden.<br />
Enkel 2: Und was sollst du für<br />
diese Frau Wanka machen?<br />
Blaubär: Ich soll den Landesregierungen<br />
neue Schulfächer<br />
schmackhaft machen?<br />
Alle: Neue Schulfächer??????<br />
Blaubär: Da habt ihr richtig<br />
gehört.<br />
Enkel 3: Aber wir haben doch<br />
schon so viele Schulfächer!<br />
Blaubär: Die Zeiten ändern sich<br />
eben und damit auch die<br />
Herausforderungen an solche<br />
kleinen Rotznasen, wie ihr es<br />
seid. Das erste Fach, was neu<br />
dazukommen soll, nennt sich<br />
„Alltagswissen“. Das ist der<br />
persönliche Wunsch von Frau<br />
Wanka.<br />
Enkel 1: Alltagswissen? Was soll<br />
denn das sein?<br />
Blaubär: In dem Fach lernt man<br />
z.B., wie man ohne Mikrowelle<br />
etwas kochen kann.<br />
Enkel 2: Aber Opa, wir machen<br />
doch in der Schule schon<br />
einen Ernährungsführerschein.<br />
Enkel 3: Und da kochen wir<br />
ganz viel ohne Mikrowelle.<br />
Enkel 1: Außerdem haben wir<br />
von dir gelernt, wie man<br />
Labskaus mit Spiegelei<br />
macht.<br />
Blaubär: Das mag ja sein, das ihr<br />
das alles könnt, aber die<br />
meisten Kinder und Jugendlichen<br />
können nun mal nicht<br />
richtig kochen.<br />
Enkel 2: Und was soll es noch<br />
für neue Fächer geben?<br />
Blaubär: Eine ganze Menge: in<br />
Medienkompetenz lernt man<br />
z.B. was über das Internet, in<br />
Wirtschaftskunde kriegt man<br />
erklärt, wie man seine<br />
Privatrente mit Wertpapieren<br />
aufbaut, in Ernährungskunde<br />
wird über ungesunde Lebensmittel<br />
aufgeklärt und im Fach<br />
Benehmen, welches ich für<br />
das wichtigste halte, werden<br />
Höflichkeit, Rücksichtnahme<br />
und Pünktlichkeit eingeübt.<br />
Enkel 3: Findest du uns denn so<br />
unhöflich und rücksichtslos,<br />
Opa?<br />
Blaubär: Nun ja, ihr seid<br />
rühmliche Ausnahmen, denn<br />
schließlich habe ich euch<br />
erzogen.<br />
Enkel 1: Sag mal Opa, wir<br />
haben ja jetzt schon 26<br />
Stunden Unterricht in der<br />
Woche. Wenn es so viele neue<br />
Fächer geben soll, dann<br />
müssen wir doch auch<br />
nachmittags in die Schule<br />
gehen.<br />
Enkel 2: Und jede Menge neue<br />
Lehrer brauchen wir dann ja<br />
wohl auch!<br />
Blaubär: Das ist eben der Irrtum.<br />
Ich habe nämlich mal wieder<br />
die entscheidende Idee gehabt.<br />
Wisst ihr, während so<br />
einer Kur da hat man ja viel<br />
Zeit nachzudenken.<br />
Enkel 3: Wie soll das gehen,<br />
Opa? Fünf neue Fächer, ohne<br />
mehr Unterrichtsstunden?<br />
Blaubär: Ganz einfach! Die<br />
Schulstunde wird von 45<br />
Minuten auf 35 Minuten<br />
gekürzt. Man spart so pro<br />
Schulstunde ganze 10 Minuten.<br />
Bei einer Stundentafel<br />
von z.B. 26 Stunden wird es<br />
so möglich, 7,4 weitere<br />
Stunden extra zu erteilen. Bei<br />
einer Stundentafel von 30<br />
Stunden kommt man sogar<br />
auf 8,5 zusätzliche Stunden.<br />
Enkel 1: Aber fehlt denn die<br />
Zeit nicht in den anderen<br />
Fächern?<br />
Blaubär: Die fehlende Zeit wird<br />
einfach dadurch wettgemacht,<br />
dass die Schüler sich durch<br />
das Fach Benehmen in<br />
Zukunft völlig anders verhalten.<br />
Keiner kommt mehr zu<br />
spät und der Unterricht kann<br />
viel pünktlicher beginnen.<br />
Auch diese ganzen unerfreulichen<br />
Streitschlichtungen zu<br />
Beginn jeder Stunde fallen<br />
weg und alle sind einfach viel<br />
aufmerksamer.<br />
Hein Blöd:Käpt’n, da ist ein Brief<br />
für Sie von irgend so einem<br />
Herrn Wonka.<br />
Enkel 2: Was? Ist das vielleicht<br />
der Willi Wonka von der<br />
Schokoladenfabrik?<br />
Blaubär: Lass mal sehen, Hein<br />
Blöd. Hab ich mir’s doch<br />
gedacht. Der Brief ist nicht<br />
von einem Herrn Wonka,<br />
sondern von der Ministerin,<br />
Frau Wanka, und enthält<br />
bestimmt meine Ernennungsurkunde.<br />
Hein Blöd:Darf ich wieder vorlesen<br />
Käptn‘?<br />
Blaubär: Wegen mir.....<br />
Hein Blöd:Sehr geehrter Käpt’n<br />
Blaubär! Leider muss ich<br />
Ihnen mitteilen, dass die<br />
Kultusministerkonferenz Ihre<br />
Vorschläge bezüglich neuer<br />
Fächer abgelehnt hat. Ich<br />
persönlich bedaure sehr, dass<br />
das Fach Alltagswissen immer<br />
noch nicht in unseren<br />
Bildungs-Kanon aufgenommen<br />
werden kann. Und auch<br />
mein Kollege Thomas de<br />
Maiziere hätte zu gerne das<br />
Fach Internet-Kunde im<br />
neuen Bildungs-Kanon gehabt.<br />
Erst kürzlich konnte ich<br />
wieder beobachten wie meine<br />
Neffen und Nichten versuchten,<br />
Pommes Frites in der<br />
Mikrowelle zuzubereiten.<br />
Nach einer im Mai dieses<br />
Jahres veröffentlichten Umfrage<br />
hätten die Bürger<br />
unseres Landes als neue<br />
Pflichtfächer am liebsten<br />
«Benehmen» (51 %) vor<br />
«Wirtschaft» (48 %), «Gesundheitskunde»<br />
(42 %), «Suchtprävention»<br />
(39 %) oder<br />
«Computerprogrammierung»<br />
(35 %). Dies zeigt, dass<br />
unsere Bevölkerung weitsichtiger<br />
ist als so mancher<br />
Politiker. Aber leider sind die<br />
Zeiten vorbei, da man auf das<br />
Volk gehört hat. Deshalb<br />
muss ich Ihnen bedauerlicherweise<br />
mitteilen, dass ich<br />
keine Verwendung mehr für<br />
sie habe. Vielleicht sollten sie<br />
es doch noch einmal als<br />
Kapitän versuchen. Ich könnte<br />
mich sicherlich bei der<br />
Marine für Sie einsetzen.<br />
Hochachtungsvoll,<br />
Ihre Johanna Wanka
LEUCHTTURM<br />
4<br />
Austrittsgedanken?<br />
- Warum ich in der GEW geblieben bin<br />
und mich aktiv einbringe -<br />
Silke Utnehmer<br />
Silke Utnehmer,<br />
34J., Lehrerin für<br />
Wirtschaft und<br />
Deutsch an den<br />
BBS 1 Aurich<br />
Bitte nehmt gerne<br />
Kontakt zu<br />
mir auf.<br />
E-Mail:<br />
silke.gew.aurich<br />
@gmx.de<br />
M einen Weg in die GEW<br />
fand ich durch eine<br />
Fahrgemeinschaft zur didacta<br />
nach Hannover. Eine Kollegin<br />
berichtete mir, dass es wichtig sei,<br />
organsiert zu sein, nicht nur aus<br />
Gründen einer persönlichen<br />
Rechtssicherheit, sondern auch<br />
aus dem grundsätzlichen Verständnis<br />
heraus, dass gute<br />
Arbeitsbedingungen und gerechte<br />
Entlohnung haben zu wollen, sich<br />
nicht von alleine ergeben. Hierfür<br />
muss eine Gemeinschaft eintreten,<br />
und das ist Hauptaufgabe<br />
einer Gewerkschaft – eine<br />
unabhängige starke Gemeinschaft,<br />
die sich für die Bedingungen<br />
einer Berufsgruppe einsetzt,<br />
so dass am Ende jeder einzelne<br />
davon profitiert.<br />
Das hat mich, damals noch<br />
unorganisiert, im Stillen leicht<br />
beschämt, da ich ja bereits jede<br />
Gehaltserhöhung dankend angenommen<br />
habe, ohne darüber<br />
nachzudenken, aus welchen Gründen<br />
sich diese Gefälligkeit so<br />
zuverlässig einstellt. Ich war<br />
überzeugt, in die GEW einzutreten<br />
und da wir ohnehin auf dem<br />
Weg zur Didacta waren, suchte ich<br />
recht gezielt den GEW Infostand<br />
auf der Messe auf. Die<br />
Kolleginnen und Kollegen des<br />
GEW Info-Stands waren sehr<br />
sympathisch, offen und klar,<br />
sodass ich Teil dieser Gemeinschaft<br />
sein wollte.<br />
Die Zeit verging und die<br />
GEW trat aus meinem Bewusstsein,<br />
zumindest so lange ich keine<br />
Kontoauszüge holte. „Schon ganz<br />
schön teuer...“ , dachte ich<br />
manchmal und ertappte mich<br />
nach 2 Jahren Mitgliedschaft bei<br />
Austrittsgedanken. Da kam eine<br />
Zufriedenheitsbefragung der<br />
GEW in meinen E-Mail Kasten.<br />
„Ob ich gerne aktiver in der GEW<br />
sein möchte?“ Ja gerne, aber ich<br />
erfahre nicht viel über die<br />
Tätigkeiten der GEW. Da antwortete<br />
mir nach der Befragung<br />
plötzlich direkt jemand aus<br />
Hannover! Ich sei herzlich<br />
eingeladen zu dem Seminar<br />
„GEW mitgestalten“. Huch, na<br />
wer A sagt muss auch hingehen.<br />
Jeder der dieses Seminar von<br />
Laura Pooth kennt, kann sich<br />
vorstellen, wie motiviert ich<br />
danach war, aktiv in der GEW<br />
mitzuarbeiten.<br />
Sie stellte den Kontakt zum<br />
KV Auric<br />
urich für mich her, bei dem<br />
ich ganz herzlich aufgenommen<br />
wurde, und ich mich auf jede<br />
nächste Sitzung gefreut habe,<br />
welche bildungspolitischen Themen<br />
aktuell diskutiert werden,<br />
welche Aktivitäten für die<br />
Mitglieder des KV Aurich gerade<br />
anliegen und wer kümmert sich<br />
um was?<br />
Ich hatte jetzt den<br />
Schlüssel<br />
hlüssel, das Angebot der<br />
GEW aktiv zu nutzen und<br />
besuchte die Veranstaltung „Betriebsgruppenarbeit<br />
anschieben“<br />
und tat dieses danach auch an<br />
meiner Schule und ich besuchte<br />
das Seminar „Schulung für<br />
Funktionärinnen“. Hier ergab sich<br />
die Idee, sich für die noch<br />
unbesetzte Projektstelle („... zur<br />
Unterstützung des Generationenwechsels,<br />
der Mitgliedergewinnung<br />
und –bindung“) in Weser-<br />
Ems zu bewerben. Es hat<br />
geklappt, und nun gehört seit dem<br />
1.9.2015 zu meinem Tätigkeitsprofil<br />
u.a. die Erarbeitung,<br />
Organisation und Durchführung<br />
von Veranstaltungen, die auf die<br />
jüngere Generation der angehenden<br />
Pädagoginnen und Pädagogen,<br />
Wissenschaftlerinnen und<br />
Wissenschaftler zugeschnitten<br />
sind.<br />
Meine aktuellen Tätigkeiten<br />
belaufen sich auf eine Etablierung<br />
und Verbesserung einer regelmäßigen<br />
Kommunikation mit den<br />
Mitgliedern insbesondere mit<br />
Eintrittsdatum der letzten 3 Jahre<br />
und einer Analyse der vorhandenen<br />
Infrastruktur „GEW am<br />
Seminar“ und einem daran<br />
anschließenden Ausbau.<br />
Mein Ziel ist es, die<br />
Kontaktkette mit den Mitgliedern<br />
aus dem Bereich, Studium,<br />
Referendariat und Berufseinstieg<br />
zu systematisieren und aktiv zu<br />
pflegen.<br />
Hierbei habe ich bereits von<br />
vielen GEW Mitgliedern, die seit<br />
langer Zeit GEW Berufseinstiegsseminare<br />
organisieren oder die<br />
Arbeit der GEW an den<br />
Studienseminaren und an den<br />
Universitäten vorstellen, viele<br />
hilfreiche Informationen darüber<br />
erhalten, welche Bereiche bereits<br />
gut gepflegt werden. Sie dienen<br />
als Vorbildstrukturen für Bereiche,<br />
die sich noch im Aufbau
5 LEUCHTTURM<br />
befinden.<br />
Damit ich erfahre, welche<br />
Aktivitäten vorhanden sind und/<br />
oder Unterstützung brauchen,<br />
verschaffe ich mir im Rahmen<br />
meiner Projektstelle „Stärkung der<br />
Nachwuchsarbeit“ gerade einen<br />
Überblick und freue mich<br />
jedesmal, wenn sich Kolleginnen<br />
und Kollegen aus dem Bezirk<br />
Arbeitszeitstudie läuft weiter!<br />
Presseberichte im Juli 2015:<br />
Die Opposition im niedersächsischen<br />
Landtag fordert nach<br />
dem OVG-Urteil zur Arbeitszeit<br />
der gymnasialen Lehrkräfte, das<br />
Kultusministerium solle eine<br />
fundierte und umfassende Arbeitszeitstudie<br />
der Lehrkräfte in<br />
Auftrag geben.<br />
What? Sind diese selbsternannten<br />
Bildungspolitiker völlig uninformiert?<br />
– Die Studie der<br />
Sozialwissenschaftler der Uni<br />
Göttingen läuft doch schon<br />
längst! Allerdings finanziert von<br />
der GEW Niedersachsen, – und<br />
nicht nur auf die Gymnasien<br />
beschränkt!<br />
Zum Beispiel: Im Bereich der<br />
GEW Kreisverbände Aurich und<br />
Der Landkreis Aurich gehört<br />
zu den 181 Kommunen, die<br />
im Dezember einen Antrag auf<br />
Förderung im Rahmen dieses<br />
Bundesprogramms gestellt haben.<br />
Im Frühjahr 2015 beginnt der<br />
Aufbau einer „Partnerschaft für<br />
Demokratie“, koordiniert von der<br />
KVHS Norden.<br />
Zustände wie etwa in Nordens<br />
vorpommerscher Partnerstadt Pasewalk,<br />
in der sich die NPD als<br />
Weser Ems mit mir in Verbindung<br />
setzen. Die Mitglieder der GEW<br />
machen viel, doch viele wissen<br />
gar nichts von den Aktivitäten der<br />
anderen.<br />
Heute<br />
weiß ich, was mir die<br />
GEW wert ist und den<br />
Kolleginnen und Kollegen, die<br />
manchmal so wie ich damals<br />
Wittmund nehmen Kolleginnen<br />
und Kollegen von neun Grundschulen<br />
und zwei Förderschulen<br />
an der täglichen Erfassung ihrer<br />
Arbeitszeit teil.<br />
Die GEW dankt allen TeilnehmerInnen<br />
der Studie ganz<br />
herzlich für diese systematische<br />
und akribische Erfassung ihrer<br />
umfangreichen Arbeitstätigkeiten.<br />
Ab April wird ausgewertet, und<br />
dann kommen die Fakten der<br />
hohen Belastung aller Lehrkräfte<br />
auf den Tisch. Zukünftig wird<br />
keine Landesregierung mehr<br />
daran vorbeikommen. Diese<br />
fundierte Studie wird die GEW in<br />
die (schon langjährigen) Verhandlungen<br />
zur Reduzierung der<br />
Arbeitszeit der Lehrkräfte einbringen,<br />
ihre Argumentation und<br />
Verhandlungsposition stärken und<br />
neuen Schwung verleihen. Mal<br />
schauen, zu welchen Arbeitskampfmaßnahmen<br />
die Mitglieder<br />
dann greifen müssen!<br />
Die Partnerschaft für Demokratie<br />
„ganz normale Partei“ etabliert<br />
hat, gibt es im Landkreis Aurich<br />
gewiss nicht. Doch Präventionsarbeit<br />
beginnt schon im Vorfeld,<br />
etwa beim vermeintlich harmlosen<br />
Alltagsrassismus.<br />
Die „Partnerschaft für Demokratie“<br />
im Landkreis Aurich dient<br />
der Vernetzung und dem Ausbau<br />
von bestehenden Integrationsmaßnahmen<br />
– ob von kommunaler<br />
Seite oder durch zivilgesellschaftlich<br />
Engagierte. In<br />
den kommenden Monaten<br />
wird das lokale<br />
Netzwerk eine gemeinsame<br />
Strategie zur Präventions-<br />
und Integrationsarbeit<br />
entwickeln und im<br />
Rahmen der bis 2019<br />
laufenden Förderung<br />
umsetzen. Interkulturelle<br />
Kompetenz steht<br />
dabei genauso im Fokus<br />
zweifelnd auf ihren Kontoauszug<br />
schauen, sage ich: „Ohne<br />
gewerkschaftliche Aktivität stellt<br />
sich keine regelmäßige Absicherung<br />
und Verbesserung in<br />
Gehalts- und Arbeitsbedingungen<br />
ein und die Leistungsfähigkeit<br />
einer Gewerkschaft hängt von<br />
ihrer Mitgliederstärke ab, deshalb<br />
kommt es auf jeden an.“<br />
wie eine Willkommenskultur, die<br />
über das bloße „Aushalten von<br />
Vielfalt“ hinausgeht und an die<br />
pluralistische Tradition Ostfrieslands<br />
anknüpft. Doch vor allem<br />
geht es um Information: Denn<br />
was man kennt, muss man nicht<br />
fürchten, sodass gar nicht erst die<br />
Furcht aufkommt, die schnell in<br />
Ausgrenzung, Hass und Gewalt<br />
umschlägt.<br />
Auf der Internet-Seite erhaltet<br />
ihr Informationen über das<br />
Bundesprogramm und über die<br />
Strukturen sowie die Strategie der<br />
Partnerschaft für Demokratie im<br />
Landkreis Aurich:<br />
http://www.moin-zusammen.de/<br />
U. a. finden sich auch<br />
Anregungen für die aktive<br />
Jugendbildungsarbeit. Wie wär´s<br />
mit einem Antrag deiner Klasse/<br />
deines Kurses auf Förderung aus<br />
dem Aktionsfonds??
LEUCHTTURM<br />
6<br />
Bericht von der<br />
GEW-Landesdelegiertentagung in Osnabrück<br />
Hasso Rosenthal<br />
20. Okt. 2015<br />
GEW-OV Rheiderland<br />
GEW-KV-Leer<br />
GEW-Bez. Weser-Ems<br />
Bei der Landesdelegiertenkonferenz<br />
der GEW war der<br />
Bezirk Weser-Ems mit einer<br />
starken Fraktion vertreten. Diese<br />
Konferenz der gewählten Vertreter<br />
der Bezirksverbände unserer<br />
Gewerkschaft markiert die Wegmarken<br />
auf Landesebene für die<br />
nächsten zwei Jahre. Deshalb<br />
wurde auch der Landesvorstand<br />
neu gewählt. Vorab gab es Kritik<br />
am Landesvorsitzenden Eberhard<br />
Brandt, dem vorgeworfen wurde,<br />
dass er zu oft eigenmächtig<br />
Positionen verkündet habe, die<br />
nicht GEW-Positionen seien.<br />
Zum Beispiel bei den Aktionen<br />
der Gymnasialkollegen gegen die<br />
Arbeitszeitverlängerung, bei kleinen<br />
Schulen oder der Lehrerausbildung.<br />
Dass der alte Vorstand<br />
wiedergewählt wurde, ist auch der<br />
Tatsache geschuldet, dass im<br />
Frühjahr Personalratswahlen anstehen<br />
und ein Konflikt auf<br />
Landesebene den Kolleginnen<br />
und Kollegen in den Schulen<br />
geschadet hätte. So wurde erneut<br />
Eberhard Brandt (mit erheblichen<br />
Kultusministerin Heiligenstadt<br />
Einbußen) Landesvorsitzender<br />
und wurden mit guten Werten<br />
Laura Pooth und Sabine Kiel<br />
stellv. Vorsitzende. Weiterhin<br />
wurden gewählt: Torsten Post<br />
(Schatzmeister), Anne Kilian<br />
(Tarif- und Beamtenpolitik),<br />
Cordula Mielke, Henner Sauerland<br />
(Allg.bild. Schulen), Olaf<br />
Korek (Jugendhilfe, Soziale Arbeit),<br />
Günter Beyer, Rolf Heidenreich,<br />
Stefanie Mallon (Ausbildung,<br />
Fortbildung, Hochschule),<br />
Britta Delique, Detlef Duwe,<br />
Martin Grajetzky (Berufl. Bildung<br />
und Weiterbildung), Rüdiger<br />
Heitefaut (GEW. Bildung, Mitgliederbetreuung,<br />
Werbung), Sabine<br />
Banko-Kubis, Wencke Hlynsdottir<br />
(Frauenpolitik und Gleichstellung).<br />
Bei den Anträgen und ihren<br />
Diskussionen ging es überwiegend<br />
um Praktisches und Grundsätzliches<br />
wie der Einforderung<br />
von besseren Bedingungen im<br />
Bildungsbereich gegenüber der<br />
Kultusministerin Frauke Heiligenstadt.<br />
Da ging es um<br />
Verbesserungen beim Unterricht<br />
mit Flüchtlingen, bessere Mitbestimmung<br />
in der Schule wie die<br />
Rückführung der demokratischen<br />
Funktion der Gesamtkonferenz<br />
(Wertschätzung der Kollegien),<br />
gegen die Zentraltests, für eine<br />
Stefan Störmer<br />
hilfreichere Umsetzung der Inklusion,<br />
bessere Arbeitsbedingungen<br />
in den Grundschulen, den Abbau<br />
von Belastungen, die Wiedereinführung<br />
der Altersermäßigung,<br />
die Herabsetzung der Gesamtstundenzahl,<br />
um Mindeststandards<br />
für Beschäftigte an Hochschulen,<br />
den Ausbau der Pädagogischen<br />
Zentren, eine grundlegende<br />
Verbesserung der Fortbildung,<br />
für GEW-Netzwerke an Hochschulen,<br />
die einphasige praxisgerechtere<br />
Lehrerausbildung, gegen<br />
prekäre Beschäftigung im Bildungsbereich.<br />
Diskutiert wurde<br />
kontrovers und ergebnisorientiert.<br />
Eine peinliche Panne passierte<br />
dem Präsidium, als die Aktion<br />
„Beschwerdewelle der Grundschulen“<br />
ihre Unterschriftenlisten im<br />
Saal Frauke Heiligenstadt überreichen<br />
wollte und das erst im<br />
Nachhinein beim NDR-Interview<br />
vor dem Saal gelang.
7 LEUCHTTURM<br />
Halbzeit bei der Arbeitszeitstudie:<br />
„Ihr macht mit - wir finden das klasse“<br />
Arbeitsplatz eines/r Delegierten<br />
Überreichen der Unterschriftenlisten „Beschwerdewelle der<br />
Grundschulen“ im Saal an Frauke Heiligenstadt<br />
Dolmetscher gesucht!<br />
Verständigung ist eine Frage der Sprache<br />
Mit der Aufnahme eines<br />
Flüchtlingskindes in eine<br />
Klasse werden Elterngespräche<br />
notwendig, die in der Regel<br />
Verständigungsprobleme mit sich<br />
bringen. Oft genug werden<br />
Kinder, die der Sprache mächtig<br />
sind, oder bereits vor Ort<br />
befindliche Verwandtschaft für<br />
das Übersetzen herangezogen.<br />
Das ist sicherlich eine Lösung –<br />
aber, das sei aus der Erfahrung<br />
gesagt, keine gute Lösung.<br />
Wenn es um den Ablauf des<br />
Alltags, den Schulbesuch, das<br />
Mitbringen von Materialien, die<br />
schulische Laufbahn, Verhaltensfragen,<br />
Lernprobleme, Nutzung<br />
der Angebote in Bildung und<br />
Teilhabe und, und, und … geht,<br />
dann muss eine qualifizierte und<br />
vertrauenswürdige Übersetzung<br />
erfolgen.<br />
Das können nur Dolmetscherinnen<br />
oder Dolmetscher leisten,<br />
die amtlich vereidigt sind. Ein<br />
hoher Anspruch. Sicherlich.<br />
Doch von der Wirkung eines<br />
Elterngespräches hängt unter<br />
Umständen der Lernerfolg des<br />
Kindes ab, das sich in einer<br />
Lerngemeinschaft orientieren<br />
Ein Blick ins Plenum<br />
muss. Irrtümer oder verfehlte<br />
Übersetzungen durch Dritte können<br />
fatale Folgen haben. Das darf<br />
nicht sein.<br />
J. Kaufhold<br />
Die Dolmetscher - „Liste“<br />
In der Regel führen die<br />
Amtsgerichte Listen über vereidigte<br />
Dolmetscherinnen und<br />
Dolmetscher. Eine Nachfrage<br />
lohnt sich. Viele Schulträger<br />
haben sich in der Zwischenzeit<br />
auf die Betreuung der ankommenden<br />
Flüchtlinge eingestellt. Auch<br />
sie können Auskunft über Hilfen<br />
geben.<br />
weiter nächste Seite
LEUCHTTURM<br />
Die Kosten<br />
Schulen schrecken die Kosten.<br />
Das ist nun einmal so. Die<br />
Budgets sind knapp und Mittel<br />
daraus müssen sparsam eingesetzt<br />
werden. Doch um ein Beispiel zu<br />
nennen: Eine Übersetzung während<br />
eines Elternabends, der für<br />
eine Sprachgruppe angeboten<br />
wurde, kostete einmalig 60,00<br />
EUR. Eine Investition, die sich in<br />
diesem Fall mehr als gelohnt hat.<br />
Das Modell „Dolmetscherpool<br />
für Emden“ berechnet pro<br />
Übersetzung gerade einmal 15,00<br />
EUR bei maximal 60 Minuten<br />
Gespräch.<br />
Wichtig ist, dass die Schulleitungen<br />
die Schulträger über die<br />
Ausgaben informieren und zusätzliche<br />
Mittel einfordern.<br />
8<br />
Dolmetscherpool für<br />
Emden<br />
Die Stadt Emden bietet Hilfen<br />
über einen Dolmetscherpool an.<br />
Vermittelt werden die Dolmetscher<br />
über das Mehrgenerationenhaus<br />
Kulturbunker Emden. Ansprechpartner<br />
ist Frank Olaf<br />
Becker, Tel.: 04921/585610 oder<br />
per Mail: obecker@emden.de.<br />
Die Anfrage sollte mindestens<br />
zwei Tage vor dem Gespräch<br />
erfolgen und es muss vereinbart<br />
sein, in welcher Sprache die<br />
Übersetzung erfolgen soll und ob<br />
eine Dolmetscherin oder ein<br />
Dolmetscher zum Einsatz kommen<br />
soll. Die Übersetzer sind<br />
unparteiisch und unterliegen der<br />
Schweigepflicht.<br />
Die Frage ist – wie?<br />
Hinweise zu Hilfen, Konzeptionen und Materialien zur Beschulung von Flüchtlingskindern.<br />
J. Kaufhold<br />
Die Zahl der Flüchtlinge steigt<br />
und damit steigt die Zahl<br />
der Kinder und Erwachsenen, die<br />
die deutsche Sprache lernen<br />
müssen. Hilfen werden in dieser<br />
Situation von Pädagoginnen und<br />
Pädagogen, aber auch von<br />
ehrenamtlich tätigen Flüchtingsbegleitungen<br />
teils händeringend<br />
gesucht. Natürlich. Das Erlernen<br />
der deutschen Sprache ist<br />
Voraussetzung für das Ankommen<br />
in gesellschaftlichen Bezügen, sie<br />
soll vermittelt werden – und das<br />
möglichst rasch. Eine zentrale<br />
Aufgabe.<br />
Doch die Frage ist – wie?<br />
Nicht nur Lehrmittelverlage bieten<br />
ein großes Spektrum geeigneter<br />
Materialien - für die Hände<br />
der Unterrichtenden wie für die<br />
der Unterrichteten. Diese Materialien<br />
aber sind, je nach Auswahl,<br />
unter Umständen sehr teuer.<br />
Einfacher ist es, vielleicht vorerst<br />
zwecks Einarbeit, Hilfen aus dem<br />
Internet zu suchen.<br />
Hier eine kleine kommentierte<br />
Auswahl:<br />
< Grundlage des Unterrichts in<br />
Deutsch als Zweitsprache sind die<br />
Rahmenrichtlinien „Deutsch als<br />
Zweitsprache“ (DaZ).<br />
Auf der Seite von NIBIS finden<br />
sich nicht nur diese Rahmenrichtlinien,<br />
sondern auch weitere Links<br />
zu unterschiedlichen Angeboten.<br />
Besonders hervorzuheben sind<br />
hier die Kontaktdaten zu den neu<br />
gegründeten Sprachbildungszentren,<br />
bzw. zum DaZ-Net.<br />
Die Adresse:<br />
http://nibis.ni.schule.de/<br />
nibis.php?menid=1129<br />
< Lehrkräfte, die sich im Bereich<br />
DaZ fortbilden möchten, sollten<br />
vorab die Bedingungen einer<br />
qualifizierten Ausbildung genauer<br />
anschauen. Den Erwerb der<br />
Qualifikation bietet das Goethe<br />
Institut an. Schockierend sind erst<br />
einmal die Kosten der Ausbildung.<br />
Da aber die Schulen für die<br />
Führung einer Sprachlernklasse<br />
eine DaZ-Fachkraft nachweisen<br />
müssen, können sie – nach<br />
Beschluss durch den Schulvorstand<br />
– die Ausbildungskosten<br />
über das Landes-Budget abrechnen.<br />
Das ist für den schulischen<br />
Betrieb natürlich belastend. Es ist<br />
eine Forderung der GEW, diese<br />
Ausbildung grundsätzlich aus<br />
Landesmitteln zu finanzieren.<br />
Die Umsetzung ist in Arbeit.<br />
Die Adresse für die Fortbildung<br />
DaZ:<br />
http://www.goethe.de/lhr/prj/<br />
daz/inf/lkq/deindex.htm<br />
Die Seite des Goethe-Instituts<br />
bietet aber auch weitere Materialien<br />
– unter anderem auch aktuell<br />
auch einen Selbstlernkurs für<br />
Asylbewerber.<br />
< Wer einen Sprachkurs für<br />
erwachsene AsylbewerberInnen,<br />
die gerade angekommen sind,<br />
durchführen möchte, dem helfen<br />
die Materialien „Erstorientierung<br />
und Deutsch Lernen für Asylbewerber“.<br />
Das umfangreiche Papier<br />
gibt gezielte Hilfen zur Bewältigung<br />
des Alltags. Neben einer<br />
didaktisch-methodischen Einführung<br />
werden in thematisch<br />
gebundenen Modulen Grundlagen<br />
vermittelt, die erste Schritte<br />
in die neue Gesellschaft ermöglichen<br />
sollen. Ein Modul behandelt<br />
„Kindergarten und Schule“.<br />
Zu finden unter:<br />
http://www.equal-sepa.de/material/Produkte/material/<br />
Praxishilfen_web.pdf<br />
< Ein kurzer Hinweis zum Ende<br />
dieser sicherlich nicht ganz<br />
vollständigen Liste. Ein besonderer<br />
Tipp zu kindgerechtem<br />
Handout. Der renommierte Verlag<br />
arsEdition bietet im Internet<br />
das Willkomens-ABC an, ein<br />
Bildlexikon, das das Erlernen der<br />
deutschen Sprache erleichtern<br />
soll. Das Lexikon entspricht<br />
vielen ähnlich gearteten Kinderbüchern,<br />
die es auf dem Markt<br />
gibt. Dennoch - allein die<br />
Tatsache, dass es vom Verlag<br />
kostenfrei angeboten wird, verdient<br />
Anerkennung.<br />
Das Lexikon ist zu finden unter:<br />
http://www.willkommensabc.de/
9 LEUCHTTURM<br />
Den Aufbau eines Netzwerkes<br />
für Lehrerinnen und Lehrer,<br />
die Kinder ohne Sprachkenntnisse<br />
und zum Teil ohne Alphabetisierung<br />
unterrichten müssen, hat das<br />
RPZ in Aurich umgesetzt. Der<br />
Arbeitskreis wird von zwei<br />
erfahrenen Lehrerinnen geleitet,<br />
die selbst in Sprachlernklassen<br />
unterrichten.<br />
Katerina Kurth und Yasmin<br />
Trautmann, Lehrerinnen der<br />
Sprachlernklassen an der Grundschule<br />
Grüner Weg in Emden,<br />
geben Einblick in die Materialien<br />
und Methoden des Unterrichts in<br />
Deutsch als Zweitsprache (DaZ).<br />
Im Zentrum steht der Austausch<br />
von Erfahrungen, der in regelmäßigen<br />
Abständen während der<br />
Treffen gepflegt werden soll. Der<br />
Aufbau eines Netzwerkes für<br />
Ostfriesland dient dazu, Materialien<br />
und Methoden zu erproben<br />
und Erkenntnisse<br />
aus dem Schulalltag<br />
anderen zugänglich<br />
zu machen.<br />
Der Arbeitskreis<br />
trifft sich etwa alle<br />
sechs bis acht Wochen<br />
im RPZ,<br />
Fischteichweg 16,<br />
26603 Aurich.<br />
Kontakt<br />
Lehrkräfte, die<br />
Kinder ohne<br />
Deutschkenntnisse unterrichten<br />
müssen und Interesse an einer<br />
Teilnahme haben, können sich bei<br />
Frau Wilms im RPZ unter<br />
willms@ostfriesischelandschaft.de<br />
oder per Anruf jeweils in den<br />
Vormittagsstunden unter 04941<br />
179946 anmelden.<br />
Die bislang festgesetzten<br />
Termine:<br />
26.11.15 und 10.02.16<br />
jeweils von 15:30 - 17:30<br />
Uhr<br />
hr.<br />
Weitere Termine und Ankündigungen<br />
sind im Internet im<br />
Internet zu finden:<br />
www.ostfriesischelandschaft.de/<br />
Bildung/Arbeitskreise<br />
J. Kaufhold<br />
Projekt: Pädagogen unterstützen Flüchtlinge<br />
Wittmund: LehrerInnen brauchen Hilfe<br />
Seit Anfang September unterrichten<br />
und betreuen ca. 20<br />
KollegInnen/Interessierte ehrenamtlich<br />
die Flüchtlinge in der<br />
Behelfsunterkunft Wittmund.<br />
Seit letzter Woche sind 95<br />
weitere Personen in der Unterkunft<br />
Altharlingersiel/Carolinensiel<br />
untergebracht, die auch<br />
beschult werden sollen.<br />
Neun zweistündige Deutsch-<br />
Kurse laufen derzeit in Wittmund,<br />
verteilt über die gesamte<br />
Woche.<br />
Hierbei starteten wir zunächst<br />
aus dem „Nichts“: es gab wenig<br />
Stifte und Papier, zwei Tafeln,<br />
zunächst aber keine Kostenübernahmen<br />
für Kopien, letztendlich<br />
kein Konzept...<br />
Viele Materialien wurden von<br />
Wittmunder Geschäftsleuten und<br />
dem DRK gesponsert, so dass wir<br />
bald mit dem Nötigsten ausgestattet<br />
waren. Unsere eigenen<br />
Unterrichtsmaterialien erlangten<br />
immer mehr Ordnung, die<br />
Flüchtlinge konnten sich eigene<br />
Hefter erstellen.<br />
Zusätzlich fand täglich eine<br />
Kinderbetreuung statt, um allen<br />
Eltern eine Teilnahme am<br />
Deutschunterricht zu ermöglichen.<br />
Auch hier versorgten wir uns<br />
zunächst mit Spielen, Malblöcken<br />
etc. aus dem privaten Fundus.<br />
Angesichts der steigenden<br />
Zahlen der Flüchtlinge und der<br />
Intensivierung der Kurse reichen<br />
nun aber die Spenden und der<br />
gute Wille vieler Geschäftsleute<br />
nicht mehr aus, um die Nachfrage<br />
aller Beteiligter zu decken.<br />
Aus diesem Grund benötigen<br />
wir Ihre Hilfe.<br />
Wer hat Lust – entweder in<br />
Wittmund und/oder in Carolinensiel<br />
Männern, Frauen und<br />
Teens Deutschunterricht zu erteilen?<br />
Wer kann sich um die<br />
kleineren Kinder während dieser<br />
Unterrichtszeit kümmern? Wer<br />
hat Ideen etc. zur Finanzierung<br />
der Unterrichtsmaterialien? Wer<br />
kann auf anderen Wegen helfen?<br />
Sowohl Sach- (Schreibmaterial,<br />
Spiele, Puzzle,...) als auch<br />
Geldspenden werden dringend<br />
benötigt, um den Unterricht<br />
aufrecht zu halten! Die Hefte<br />
„Thannhauser Modell“ für<br />
„Deutsch als Fremdsprache‘ kosten<br />
z.B. pro Stück 6,50 + Porto.<br />
Vielleicht haben Sie als Einzelperson<br />
oder auch als Lehrkraft,<br />
gemeinsam mit Ihren Schülern,<br />
eine Idee, wie Sie uns unterstützen<br />
können (Adventsaktion,<br />
Spendenaktionen, Kuchenverkauf....)?<br />
Jede Aktion hilft! Im Namen<br />
aller beteiligten Helfer und im<br />
Namen der Flüchtlinge sagen wir<br />
recht herzlichen Dank!<br />
******<br />
Sofern Sie Interesse haben,<br />
melden Sie sich bitte schnellstmöglich<br />
bei<br />
Angelika<br />
Scharfenberger<br />
Tel.: 044<br />
4462-6<br />
62-610<br />
101 1 oder<br />
Handy: 017<br />
171 1 3129<br />
129213<br />
13<br />
Mail:<br />
scharfenberger<br />
harfenberger.geli@t-<br />
online.de<br />
Nina Dallinger,<br />
Kristina Siebels,<br />
Christian Ubben,<br />
Angelika Scharfenberger
LEUCHTTURM<br />
10<br />
Es geht um das Problem,<br />
dass bestimmte Politiker die<br />
„Gunst der Massen“ gewinnen<br />
wollen, indem sie mit<br />
plakativen Parolen und den<br />
Rückgriff auf gängige Vorur-<br />
Gegen den Trend der „Antipolitik“<br />
Hasso Rosenthal<br />
Hinterfragen muss man,<br />
warum die Politik in westl.<br />
Demokratien einen schlechten<br />
Ruf hat und ob das gut begründet<br />
ist. Da gibt es Bewegungen wie<br />
Pegida oder AFD in Deutschland,<br />
in Italien Beppos M5S-Bewegung,<br />
da gewinnt die rechtspopulistische<br />
dänische Dansk Folkeparti<br />
Wählerstimmen, da gibt es<br />
in den Niederlanden die aggressiven<br />
Parolen eines Geert Wilders’<br />
mit der Partij voor de Vrijheid, in<br />
Frankreich Marine le Pen mit dem<br />
Front National, UKIP in Großbritannien<br />
und viele vergleichbare<br />
Strömungen in den entwickelten<br />
parlamentarischen Systemen. Da<br />
möchte die italienische M5S-<br />
Bewegung einerseits alle Politiker<br />
davonjagen („devono andare tutti<br />
casa“), will andererseits mit dem<br />
Internet potentiell ständige Mitmachmöglichkeiten<br />
für Bürger<br />
einführen.<br />
Doch ist es klug, die „alte“<br />
repräsentative Demokratie mit<br />
ihren schwer durchschaubaren<br />
Strukturen durch eine unmittelbar<br />
regierende Polis zu ersetzen? Die<br />
„Antipolitik“ ist populistisch<br />
orientiert und wabert zwischen<br />
Themen wie Umweltschutz, Friedenspolitik<br />
und Zwangsabschiebung<br />
von Flüchtlingen mit<br />
fremdenfeindlichen Parolen hin<br />
und her.<br />
Es muss an das alte<br />
Gegenargument bei der Forderung<br />
nach „Volksabstimmungen“<br />
erinnert werden, mit denen die<br />
Todessstrafe oder die Ausgrenzung<br />
von `abweichendem Verhalten´<br />
sanktioniert würde. Ein<br />
Parlament in der repräsentativen<br />
Demokratie filtert, wägt ab, stellt<br />
sich wieder zur Wahl. Und sorgt<br />
dafür, dass im Großen und<br />
Ganzen freiheitliche Grundfor-<br />
teile Stimmung in der Regel<br />
für rechtsgewirkte Politik<br />
machen. „Der Populist kräht<br />
wie der Hahn auf dem Mist!“<br />
Dass das „Volk, der große<br />
Lümmel“ (Heine) leider in<br />
men selbstverständlich bleiben:<br />
Wie Pressefreiheit, Minderheitenschutz,<br />
gesicherte Versorgung,<br />
Arbeitsrecht, Mitbestimmung<br />
usw.<br />
Wir haben keine direkte<br />
Demokratie, außer am Wahltag,<br />
auch weil (nach le Bon und<br />
Ortega y Gasset) Massenherrschaft<br />
Gefahr für Leib, Seele und<br />
Leben eines Teils der Bevölkerung<br />
bedeuten kann.<br />
Die, die ständig die „Kaste“ der<br />
Politiker in der repräsentativen<br />
Demokratie angreifen, machen<br />
sich nicht klar, dass diese<br />
„Methode“ der Wahl, die Autorität<br />
des Parlaments, der Regierung,<br />
der Kontrollmechanismen von<br />
Legislative, Exekutive und Judikative<br />
keine gute Alternative kennt.<br />
Um den guten, alten Churchill<br />
zu Rate zu ziehen: Er benennt das<br />
Problem: Es gäbe mit der<br />
parlamentarischen Demokratie<br />
kein System, das fehleranfälliger,<br />
krisengeschüttelter, korrupter sei,<br />
als andere. Doch mit dem Blick<br />
auf Diktaturen in Ost und West<br />
werde deutlich, dass es für das<br />
Volk kein besseres System gibt.<br />
Gerade weil Kritik, investigativer<br />
Journalismus, Abwählbarkeit und<br />
die Oberaufsicht durch die<br />
unabhängige Justiz Korrektiv<br />
jeder Regierung sei, gäbe es keine<br />
Alternative, auch weil es in so<br />
hohem Maße reparaturfähig sei.<br />
Was guten Journalismus ausmacht<br />
ist die Tatsache, dass er<br />
Alltag dokumentiert, Archiv der<br />
jeweiligen Gegenwart wird und<br />
aufdeckt, den Finger in die Wunde<br />
legt. Zum Beispiel, dass die<br />
„existierenden politischen Systeme<br />
Herrschaftsinstrumente der<br />
Wirtschaftseliten“ (de Saint Victor)<br />
sein können. Und dementsprechend<br />
durch die Presse und<br />
einer denkbaren Mehrheit<br />
(die berühmte schweigende)<br />
immer wieder darauf hereinfällt,<br />
ist eine Gefahr für eine<br />
tolerante, demokratische Gesellschaft.<br />
Deshalb und dagegen<br />
der folgende Text:<br />
die Justiz Andersdenkende gegen<br />
jede Einschüchterung verteidigt<br />
werden. Wie zum Beispiel bei<br />
den fragwürdigen Versuchen,<br />
Journalisten des Geheimnisverrats<br />
(„Landeverrat“) zu bezichtigen.<br />
Ich komme zum Schluss. Nicht<br />
„die Politik“ ist schlecht, im<br />
Gegenteil, sie verdient die<br />
Achtung aller. Die falsche Politik<br />
mancher Akteure, die zum<br />
Beispiel ausgerechnet die verfolgen,<br />
die in Deutschland den NSA-<br />
Skandal aufgedeckt haben, ist zu<br />
kritisieren. Und das galt 1962<br />
(Spiegel-Affaire) ebenso wie 53<br />
Jahre später im Jahr 2015. Die<br />
parlamentarischen Systeme mit<br />
ihrem austarierten Geflecht der<br />
Gesetzgebung, der Gesetzesausübung<br />
und der juristischen und<br />
journalistischen Kontrolle sind<br />
nie perfekt, immer verbesserungswürdig.<br />
Aber sie haben die Kritik,<br />
auch die Selbstkritik systemimmanent<br />
und sind unersetzbar.<br />
Das Gezwitscher bei Twitter,<br />
die „Shitstorm-Attacken“ bei<br />
Facebook können populistische<br />
Strömungen verdeutlichen, können<br />
individuelle Probleme sichtbar<br />
machen, aber sie sind nicht<br />
Volkes Stimme. Es gilt, dies<br />
deutlich zu machen. Die Würdigung<br />
der Twitter-Textlawinen in<br />
eigenen Rubriken in der Tagespresse<br />
bildet sicher keine Urteile<br />
der Bevölkerung ab, allenfalls die<br />
einiger „Nerds“.<br />
Es muss gelingen, Politik<br />
wieder als ehrenhafte Beschäftigung<br />
für die Bürger unseres<br />
Landes bewusst zu machen. Um<br />
den engagierten Nachwuchs in<br />
Parteien und Verbänden zu<br />
bekommen, den wir dringend<br />
brauchen.<br />
Holthusen, 12. August 2015
11 LEUCHTTURM<br />
SeniorInnen organisieren sich neu<br />
Die Vergangenheit:<br />
Es begann vor mehr als 10 Jahren.<br />
Damals versuchten Ubbo Voss<br />
und Herbert Czekir die Fachgruppe<br />
SeniorInnen im Kreisverband<br />
Norden wieder zu beleben. Mit<br />
Erfolg, wie die Geschichte belegt.<br />
Unzählige Veranstaltungen wurden<br />
für die SeniorInnen organisiert,<br />
bei ständig steigenden<br />
Teilnehmerzahlen. Dabei stand<br />
nicht nur das Vergnügen, sondern<br />
auch die gewerkschaftliche Information<br />
im Vordergrund.<br />
Als der langjährige Bezirksund<br />
Landesvorsitzende Erwin<br />
Meyer, Westerstede, aus persönlichen<br />
Gründen sein Amt abgab,<br />
übernahm das Team Voss/Czekir<br />
im Mai 2011 auch die Leitung der<br />
Bezirksfachgruppe der Ruheständler.<br />
Als SeniorInnenvertreter des<br />
Bezirkes in der Landesfachgruppe<br />
waren beide seit Herbst letzten<br />
Jahres gemeinsam als stellvertretende<br />
Landesvorsitzende aktiv.<br />
Pläne, auch gemeinsam die<br />
Leitung der Landesfachgruppe zu<br />
übernehmen, wurden durch den<br />
Tod von Ubbo Voss hinfällig.<br />
Die Gegenwart:<br />
Kreis Norden -<br />
Künftig wird die Fachgruppe<br />
SeniorInnen im Kreisverband<br />
Norden von Gudrun Jakobs und<br />
Susanne Winkler geführt. Beide<br />
waren an den letzten Unternehmungen<br />
bereits beteiligt und<br />
blicken auf eine lange Geschichte<br />
in der GEW und im Kreisvorstand<br />
zurück. Sie werden den Kreis<br />
Norden auch in der Bezirksfachgruppe<br />
SeniorInnen<br />
vertreten.<br />
Bezirk Weser-<br />
Ems -<br />
Auf Bezirksebene<br />
gestaltete sich eine<br />
Nachfolge schwieriger.<br />
Doch hier<br />
zeigte Wirkung,<br />
was das Team<br />
Voss/Czekir bereits<br />
vor Jahren unterstützt<br />
hatte. Neben<br />
den gewählten Vertretern<br />
waren zu<br />
den Bezirkstagungen<br />
immer auch<br />
weitere interessierte<br />
GEW-Mitglieder zugelassen,<br />
die sich ebenfalls in die Arbeit<br />
der Fachgruppe einbringen konnten.<br />
Als Herbert Czekir Anfang<br />
Juli sein Amt als Bezirksvorsitzender<br />
aufgab, um für andere<br />
Aufgaben zur Verfügung zu<br />
stehen, stand nach etlichen<br />
Vorgesprächen ein kompetentes<br />
Team bereit, den Bezirksvorstand<br />
zu übernehmen.<br />
So konnten Günter Gross,<br />
Marienhafe, bisher in verschiedenen<br />
Gremien auf Bezirks- und<br />
Landesebene aktiv,<br />
Der neue Bezirksvorstand der Fachgruppe SeniorInnen<br />
Von links: Dieter Knutz, Ursula Themer, Günter Gross<br />
und Dieter Knutz, Elsfleth,<br />
ehemaliger Bezirksvorsitzender,<br />
für die Arbeit in der Bezirksfachgruppe<br />
der SeniorInnen gewonnen<br />
werden. Das Team wird<br />
vervollständigt von Ursula Themer<br />
aus Emden, die schon<br />
langjähriges Mitglied der Bezirksfachgruppe<br />
war.<br />
Alle drei sichern mit ihrer<br />
Erfahrung und Kompetenz die<br />
erfolgreiche Arbeit der Fachgruppe.<br />
Günter Gross und Ursula<br />
Themer werden den Bezirk in der<br />
Landesfachgruppe vertreten. Damit<br />
wurden die Voraussetzungen<br />
geschaffen, auch auf Landesebene<br />
personelle Veränderungen durchzuführen.<br />
Herbert Czekir,<br />
Land Niedersachsen -<br />
Bereits im letzten Herbst hatte<br />
sich der Landesvorstand der<br />
Fachgruppe SeniorInnen Gedanken<br />
um die Nachfolge der<br />
erkrankten Vorsitzenden Christa<br />
Burbat gemacht und mit der Wahl<br />
eines zweiten Stellvertreters erste<br />
Weichen gestellt.<br />
Mitte Juli wurde Herbert<br />
Czekir nun zum Vorsitzenden der<br />
Landesfachgruppe SeniorInnen<br />
gewählt. Seinem Wunsch, einen<br />
Stellvertreter aus<br />
Weser-Ems zu<br />
wählen, um eine<br />
intensive Teamarbeit<br />
zu ermöglichen,<br />
folgte der<br />
Landesvorstand,<br />
indem er Günter<br />
Gross zum stellvertretenden<br />
Landesvorsitzenden<br />
der<br />
Fachgruppe wählte.<br />
Der neue Landesvorstand der Fachgruppe SeniorInnen<br />
Von links: Herbert Czekir, Günter Gross, Bezirk Weser-Ems
LEUCHTTURM<br />
Mahnveranstaltung zum Antikriegstag in<br />
Aurich<br />
Zum Gedenken der Opfer von<br />
Kriegen fand am 1. September,<br />
dem Antikriegstag, eine<br />
Mahnveranstaltung am Panzergrabendenkmal<br />
in Aurich-Sandhorst<br />
statt. In den letzten Jahren hatte<br />
der DGB jeweils nach Engerhafe<br />
eingeladen zur Gedenkveranstaltung<br />
am ehemaligen Außenlager<br />
des KZ Neuengamme, das bis<br />
1944 dort mit ca. 2000<br />
Gefangenen bestanden hatte. Die<br />
KZ-Häftlinge mussten unter<br />
mörderischen Lebensbedingungen<br />
täglich an der Aushebung<br />
eines Befestigungsgrabens um<br />
Aurich schuften, des sog. Panzergrabens.<br />
Im Jahr 2014 wurde an dieser<br />
Stelle im Eickebusch in Aurich-<br />
Sandhorst ein Mahnmal errichtet,<br />
eine Stahlskulptur in Form eines<br />
riesigen gelben V. Sie stellt einen<br />
Querschnitt durch den Panzergraben<br />
in den Originalabmessungen<br />
dar – oben 4,50 Meter breit, 3<br />
Meter tief. Die gelbe Farbe steht<br />
für die Kreuze, die den<br />
Carl Osterwald<br />
Gefangenen auf die Kleidung<br />
gemalt wurden. Der Entwurf des<br />
Mahnmals stammt von dem<br />
Künstler Herbert Müller.<br />
In einer bewegenden Rede<br />
mahnte Carl Osterwald, sich zu<br />
jeder Zeit um das kostbare Gut<br />
Frieden zu bemühen, denn<br />
Frieden und Solidarität seien<br />
nicht selbstverständlich. Aus<br />
leidvoller Lebenserfahrung wisse<br />
er, dass Menschen verführbar zu<br />
allem Bösen seien. Er verwies auf<br />
die Tafel neben dem Mahnmal,<br />
auf der ein Zitat des Holocaust-<br />
Überlebenden Primo Levi steht:<br />
„Es ist geschehen, und folglich<br />
kann es wieder geschehen.“<br />
In einer weiteren Rede<br />
verknüpfte Oliver Hublitz, Gewerkschaftssekretär<br />
der DGB-<br />
Region-Oldenburg-Ostfriesland,<br />
das Antikriegsthema mit der<br />
derzeitigen Flüchtlingssituation.<br />
Seine Rede ist auf den folgenden<br />
Seiten dokumentiert.<br />
Rede von Oliver Hublitz, Gewerkschaftssekretär<br />
in der DGB-Region<br />
Oldenburg-Ostfriesland, Geschäftsstelle<br />
Leer, zum Antikriegstag 1.9.2015 /<br />
Kundgebung am Panzergraben-<br />
Mahnmal in Aurich:<br />
_<br />
Moin, liebe Kolleginnen und<br />
Kollegen, ich habe lange<br />
überlegt was ich sage und wie ich<br />
es sage. Denn ich habe Wut im<br />
Bauch.<br />
Als 1992 die Flüchtlingsunterkünfte<br />
in Rostock Lichtenhagen<br />
und Hoyerswerda brannten, wurde<br />
nach dem Aufstand der<br />
Anständigen•gerufen und er kam<br />
auch. Aber die Nazis haben<br />
trotzdem gewonnen. Sie haben<br />
etwas geschafft, was ich so nicht<br />
für möglich gehalten hätte. Sie<br />
haben es geschafft, dass das<br />
12<br />
Grundgesetz mit einer Zweidrittelmehrheit<br />
geändert wurde und<br />
sie haben es geschafft, dass damit<br />
Flüchtlinge sich nicht mehr<br />
uneingeschränkt auf das Grundrecht<br />
auf Asyl berufen können.<br />
Und heute? Die Flüchtlingsheime<br />
brennen wieder, die Nazis<br />
oder das Pack marschieren wieder,<br />
und wieder wird von Seiten<br />
einiger Politiker über eine<br />
Verschärfung des Asylrechtes<br />
diskutiert.<br />
Diese und andere Dinge<br />
machen mir Wut im Bauch, und<br />
nach langem Suchen habe ich<br />
einen Text von Christian Dingler<br />
gefunden, der sehr gut meine Wut<br />
im Bauch ausdrückt.<br />
Er heißt:<br />
An Euch besorgte Bürger<br />
An die Heimatschützer, Patrioten,<br />
Biedermänner, Brandstifter,<br />
Kleingeister, Zukurzgekommene,<br />
Verständnisheuchler — ich muss<br />
Euch was sagen.<br />
Es ist Zeit, den Mund<br />
aufzumachen. Haltung zu zeigen.<br />
Denn Ihr, die Lauten, seid in der<br />
Minderheit, aber wir, die Mehrheit,<br />
schweigt. Ich will das nicht<br />
mehr. Wir müssen laut sein. Wir<br />
müssen deutlich zu Euch werden.<br />
Sehr deutlich. Sachliche Argumente<br />
ziehen bei Euch nämlich<br />
nicht. Es gibt eine Menge<br />
hervorragende Artikel, die zeigen,<br />
warum Eure oft gehörten Argumente<br />
falsch sind. Es gibt genug<br />
Artikel, die beschreiben, warum<br />
Zuwanderung nicht nur gut,<br />
sondern auch wichtig ist für<br />
Deutschland. Allein, Ihr wollt sie<br />
nicht glauben. Oder ihr könnt<br />
nicht.<br />
Also anders. Emotionaler.<br />
Diese Haltung:•Die kommen hier<br />
her und nehmen uns was weg. Die<br />
Jobs, die Sozialleistungen, was<br />
auch immer. Bei all Euren<br />
Argumenten scheint ein Motiv<br />
durch — ein Anspruchsdenken. Als<br />
bekämen die etwas, was Euch<br />
zustünde. Lasst mich das ein für<br />
allemal klar stellen:
13 LEUCHTTURM<br />
Euch steht gar nichts zu.<br />
Überhaupt nichts.<br />
Mir übrigens auch nicht. Das<br />
war jetzt übertrieben und nicht<br />
zu kurz gekommen seid, aber die<br />
Schuld der Flüchtlinge ist das<br />
nicht.<br />
Ich weiß nicht, was ich<br />
die anschließend von der NPD<br />
auf ihre Plakate geschrieben<br />
werden können.“<br />
Ich mache da nicht mehr mit.<br />
Ich werde einen Brandstifter einen<br />
Brandstifter nennen. Einen Faschisten<br />
einen Faschisten und<br />
einen Nazi einen Nazi.<br />
Ich werde meinen Nächsten<br />
verteidigen, für ihn aufstehen und<br />
reden. Und ich werde handeln.<br />
Menschlich und emphatisch.<br />
ganz richtig. Es gibt doch ein paar<br />
Dinge, die uns allen zustehen.<br />
Einfach so. Das Recht auf Leben<br />
zum Beispiel. Auf körperliche<br />
Unversehrtheit und das Recht frei<br />
entscheiden zu können, was wir<br />
mit unserem Leben anstellen<br />
wollen.<br />
Diese Rechte, die jeder von uns<br />
hat, nennt man auch Menschenrechte.<br />
Vielleicht habt Ihr ja schon<br />
mal davon gehört. Menschenrechte,<br />
nicht Deutschenrechte. Auch<br />
nicht Christenrechte. Schlicht und<br />
einfach Menschenrechte. Und die<br />
gelten immer und überall.<br />
Für jeden!<br />
Das ist nicht viel. Aber es<br />
reicht. Es reicht, etwas aus sich<br />
und seinem Leben zu machen.<br />
Man bekommt nämlich eine<br />
Chance. Und wenn man diese<br />
Chance ergreift, wenn man dafür<br />
arbeitet, dann bekommt man<br />
irgendwann auch Sachen. Ein<br />
großes Auto. Ein Haus. Ein<br />
Smartphone.<br />
Und genau das geben wir den<br />
Flüchtlingen, die zu uns kommen.<br />
Eine Chance. Und das ist nichts,<br />
was Euch weggenommen wird.<br />
Denn Eure Chance habt Ihr schon<br />
seit Geburt. Es kann sein, dass Ihr<br />
Oliver Hublitz<br />
verabscheuungswürdiger finde.<br />
Die besorgten Bürger oder die<br />
verständnisvollen Politiker.<br />
Und mit verständnisvoll<br />
meine ich ganz explizit auch<br />
die, die ihre Wortwahl nicht<br />
sorgsam wählen. Oder sie<br />
sogar viel zu sorgsam wählen.<br />
Die von einer Flut, von<br />
Problemen, von Asylmissbrauch<br />
sprechen. Von Familien<br />
mit Kindern, die durch<br />
Mitlaufen den Spuk unterstützen.<br />
Ihr differenziert explizit<br />
zwischen den bösen Rassisten,<br />
den Anstiftern und Rattenfängern,<br />
und den verwirrten<br />
Bürgern. Dass es sich hierbei<br />
jedoch ebenso im Kern um<br />
Rassisten handelt, die die<br />
Folgen ihres Handelns<br />
schlicht nicht zu reflektieren<br />
gewillt sind, wird geflissentlich<br />
ausgeblendet. Ihr fischt<br />
am rechten Rand. Oder um es<br />
mit den Worten von Bodo<br />
Ramelow zu sagen: „Wir<br />
sollten alle darauf achten,<br />
dass wir nicht Worte wählen,<br />
aus denen verbale Brandsätze<br />
werden können. Politiker<br />
demokratischer Parteien sollten<br />
keine Sätze verwenden,<br />
Aufforderung: Bitte an alle<br />
Kolleginnen und Kollegen<br />
Die Mahnveranstaltung zum Antikriegstag<br />
wird auch im kommenden<br />
Jahr wieder am Panzergrabendenkmal<br />
in Aurich-Sandhorst stattfinden.<br />
Der DGB bittet die Lehrerinnen<br />
und Lehrer, mit ihren Klassen bzw.<br />
Lerngruppen einen Beitrag zu dieser<br />
Gedenkveranstaltung zu erarbeiten<br />
und am 1.9.2016 dort vorzustellen.<br />
Wer mit Kindern und Jugendlichen<br />
etwas beitragen möchte, wende sich an<br />
Werner Schlender, Vorsitzender des<br />
DGB Kreisverbandes Aurich.<br />
Email: schlender-verdi@ewetel.net<br />
Telefon: 04941 87604
LEUCHTTURM<br />
14<br />
Vor 40 Jahren - heute<br />
„Veränderungen in der Lehrerschaft“<br />
Hasso Rosenthal<br />
1. Medien<br />
Die Kunst des Tafelzeichnens galt<br />
lange als Bedingung für einen<br />
gelungenen Unterricht. Wurden<br />
die Grafiken, Tabellen abgezeichnet,<br />
entstand die Langsamkeit des<br />
Lernprozesses, der im multimedialen<br />
Einsatz der heute gebräuchlichen<br />
Bilderdatenbanken<br />
im Internet, des Streamings von<br />
Filmen verloren zu gehen scheint.<br />
Die Tafel wird verdrängt vom<br />
Whiteboard, vom Beamer.<br />
2. Druckware<br />
Wollte man in den 60er Jahren<br />
etwas vervielfältigen, blieb oft nur<br />
die Durchschrift mit der Blaupause<br />
(blaues „Kohlepapier“), mit<br />
dem man mit Dünndruckpapier<br />
bis zu zehn Kopien handschriftlich<br />
anfertigen konnte (mit der<br />
Tendenz zu Sehnenscheidenentzündungen).<br />
Dann kamen die<br />
ersten, leicht verschmierten, grauen,<br />
glänzenden „Lichtpausen“,<br />
anschließend die Kopierer und<br />
die (Schulassistenten galten als<br />
alkoholgefährdet) Umdrucker, deren<br />
Vervielfältigung mit den<br />
Matrizen immerhin schon (mit<br />
der Rasierklinge) korrigierbar<br />
waren. Dann hielten die teuren<br />
Offsetdrucker Einzug in den<br />
Schulen, bessere Kopiergeräte<br />
und schlussendlich der Laserdrucker,<br />
der sehr schnell relativ<br />
preiswert (sehr relativ) hervorragende<br />
Drucke anfertigt.<br />
3. Einzelarbeitsplätze<br />
Teuer und oft wenig genutzt<br />
wurden die Sprachlabore eingeführt,<br />
die in den 90er Jahren<br />
(beginnend in den 80er Jahren)<br />
von dem rechnergestützten Unterricht<br />
(DOS-Rechner, Windows,<br />
Apple) abgelöst wurden.<br />
4. Lern-Management<br />
Frontalunterricht war früher Standard.<br />
Dann galt die Gruppenarbeit<br />
als Beweis für Fortschritt,<br />
heute gelten Binnendifferenzierung<br />
und individuelle Lernpläne<br />
als erstrebenswert. Bei der<br />
Einführung der Inklusion neben<br />
integrativen Formen in heterogenen<br />
Lerngruppen Vorbedingung<br />
für das Gelingen.<br />
5. Setzungen<br />
Die Richtlinien der 50er Jahre<br />
(Richtlinien für die Volksschulen<br />
des Landes Niedersachsen 1957)<br />
kamen für alle Jahrgänge und alle<br />
Fächer mit 138 Seiten aus. Der<br />
„Muttersprachliche Unterricht“<br />
wurde erschöpfend von Klasse 1 –<br />
9 auf 18 Seiten dargelegt. Das<br />
bedeutete, dass die Lehrerin, der<br />
Lehrer sehr viel Spielraum für die<br />
Erfüllung des Anspruchs der<br />
Allgemeinbildung hatte. Heute<br />
fühlen sich die Kollegien<br />
geknebelt mit Spiralcurricula,<br />
Kernkompetenzkatalogen, Standardsetzungen,<br />
einer ungebremsten<br />
Regulierungswut, die mit<br />
einer 4-stelligen Seitenzahl die<br />
Regale füllt.<br />
6. Gehäuse<br />
Ich selbst ging noch in die<br />
einklassige Volksschule, kam<br />
dann über das Aufbaugymnasium<br />
(Wechsel in Klasse 7) auf die<br />
„Oberschule“ (Nds. Heimschule<br />
Wolfenbüttel). Dann kamen die<br />
Mittelpunktschulen, Schulzentren,<br />
Gesamtschulen, Oberschulen<br />
mit einer bundesweit<br />
verwirrenden Vielzahl von Organisationsformen.<br />
7. Oberstufenreform<br />
Die Universitäten klagen heute<br />
über das stark eingeschränkte<br />
Grundwissen der Studenten. Vor<br />
der Oberstufenreform mussten<br />
wir auf einem naturwissenschaftlichen<br />
Gymnasium auch im<br />
musischen Bereich mehrsprachig<br />
alle Bereiche abdecken. Ich will<br />
nicht behaupten, dass mir das<br />
geschadet hat.<br />
8. Interessenvertretung<br />
Herr M. fragt: „Bist Du<br />
gewerkschaftlich organisiert?“<br />
Herr M antwortet: „Isst Du?“ Eine<br />
noch vor 40 Jahren selbstverständliche<br />
Anekdote. Es war selbstverständlich,<br />
dass Mann oder Frau<br />
sich gewerkschaftlich organisierten.<br />
Im AjLE und in der GEW sich<br />
zu treffen, war selbstverständlich.<br />
Kaum jemand kam auf die Idee,<br />
dass es sinnvoll sein könnte,<br />
allein für seine Rechte zu<br />
kämpfen. Heute ist der Gedankengang<br />
für eine gemeinsame<br />
Interessenvertretung oft verloren<br />
gegangen. Mit zu erwartenden<br />
schlimmen Folgen für die<br />
Beschäftigten.<br />
9. Reformen<br />
Das Wort „Reform“ hat einen
15 LEUCHTTURM<br />
ziemlich schalen Beigeschmack<br />
bekommen. Viele Reformen sind<br />
seit den 80er Jahren „am<br />
lebenden Objekt“ ohne wissenschaftliche<br />
Vorbereitung (wohl<br />
mit pseudowissenschaftlichen<br />
Gutachten wie das legendäre des<br />
Ehepaars Pfeiffer gegen die OS<br />
für Sigmar Gabriel) durchgeführt<br />
worden.<br />
Ob die Rechtschreibreform (mit<br />
der Folge der sinnfremden<br />
Verwirrung), oder Schriftreform<br />
(vor kurzem zeigte die erste<br />
umfassende Untersuchung des<br />
Lehrstuhls für Orthografie in<br />
Hildesheim, dass die alte<br />
lateinische Ausgangsschrift im<br />
Vergleich zu allen Nachfolgern<br />
offensichtlich am Besten für den<br />
Schreiblernprozess geeignet ist),<br />
oder die Ablösung der Richtlinien<br />
durch Curricula (die haben nichts,<br />
wirklich gar nichts mit den<br />
bewährten Kerncurricula von<br />
Klasse 1 -10 z.B. in Dänemark zu<br />
tun).<br />
Kompetenzen ersetzen Lehr- und<br />
Lernziele, obwohl die „alte“ Form<br />
immerhin Facharbeiter und Ingenieure<br />
hat bilden helfen, die<br />
Deutschland zum Produktivitäts-,<br />
Innovations- und Exportweltmeister<br />
haben werden lassen. Früher<br />
hieß es, um kompetent zu werden<br />
(sachkundig) musst Du erst mal<br />
Lernziele erreichen. Heute majorisiert<br />
die Outputorientierung das<br />
Geschehen im Bildungsbereich<br />
mit binnendifferenzierungsfeindlichen<br />
Zentraltests.<br />
Fragt ein Lehrer seine Schüler:<br />
„Was fällt euch zum Wort<br />
`Reform´ ein?“ Antwort im Chor:<br />
„Wenn alles schlechter wird!“<br />
In den 70er und 80er Jahren hatte<br />
ich mehrere Wochenlehrgänge<br />
mitgemacht, die allein den<br />
Änderungen und der Neugestaltung<br />
der Rahmenrichtlinien AWT<br />
galten. Seinerzeit gab es den<br />
Gang: Entwurf von ‘oben´,<br />
Diskussion ‘unten´, Bündelung<br />
der Ergebnisse, befristete Veröffentlichung<br />
des „Entwurfs“,<br />
schlussendlich gab es Richtlinien<br />
für den Bereich Arbeitslehre-<br />
Technik-Hauswirtschaft, die heute<br />
für vorbildlich gelten – darum<br />
wurden sie ja auch abgeschafft.<br />
Kreisverband Aurich<br />
Vorankündigung<br />
Zum Sonntag, 7. Februar 2016, 11.00 Uhr werden die Mitglieder<br />
unseres Kreisverbandes eingeladen zu einer (kurzen)<br />
Mitgliederversammlung mit Neujahrsbrunc<br />
eujahrsbrunch h !
LEUCHTTURM<br />
Kapitulation vor Investoren<br />
Worum es bei TTIP wirklich geht<br />
Von Mechthild<br />
Schrooten<br />
Die Autorin ist<br />
Professorin für<br />
Volkswirtschaftslehre<br />
an<br />
der Hochschule<br />
Bremen<br />
Das geplante TTIP-Abkommen<br />
(Transatlantic Trade<br />
and Investment Partnership)<br />
zwischen der EU und den USA<br />
setzt auf drei Säulen: Freihandel,<br />
Anerkennung von Standards und<br />
Investitionsschutz. Detailinformationen<br />
sind rar. Trotz dieser<br />
Informationsdefizite gibt es wissenschaftliche<br />
Studien, die die<br />
Vorteilhaftigkeit des geplanten<br />
Freihandelsabkommens berechnen.<br />
Die potenzielle Vorteilhaftigkeit<br />
von Freihandel und<br />
Arbeitsteilung ist eine Erkenntnis<br />
aus dem 18. Jahrhundert. Diese<br />
Erkenntnis institutionell zu verankern,<br />
ist die Aufgabe der<br />
Welthandelsorganisation (WTO).<br />
Um die WTO ist es in diesen<br />
Tagen still geworden. Immer<br />
weniger geht es bei aktuellen<br />
Handelsverhandlungen und Verträgen<br />
um echten internationalen<br />
Freihandel - bilaterale Abkom-<br />
16<br />
men beherrschen die Debatten.<br />
Auch beim TTIP geht es nicht um<br />
internationalen Freihandel, sondern<br />
um die Schaffung neuer<br />
Wirtschaftsblöcke. Es ist in<br />
großem Maße ein Anti-Freihandelsabkommen.<br />
Die zweite Säule des TTIP ist<br />
die wechselseitige Anerkennung<br />
von Standards. Der „Chlorhühnchen-<br />
Blick“ verharmlost das<br />
Ausmaß der möglichen Anpassung.<br />
Denn die USA und die EU<br />
sind in weiten Bereichen des<br />
öffentlichen Lebens und der<br />
Daseinsfürsorge höchst unterschiedlich<br />
aufgestellt: In Europa<br />
könnten sich so weitere Liberalisierungsschritte<br />
und marktwirtschaftliche<br />
Elemente durch die<br />
Hintertür des Freihandelsabkommens<br />
durchsetzen lassen. Gesellschaftsordnungen<br />
sind aber keine<br />
standardisierten Fertigprodukte.<br />
Wie weit die staatliche Risikoprävention<br />
in einzelnen Ländern<br />
geht, lässt sich nicht sinnvoll<br />
durch Verträge zwischen Wirtschaftsräumen<br />
festschreiben.<br />
Entscheidend ist aber der<br />
Investitionsschutz. Staatlicher Investitionsschutz<br />
ist das ganze<br />
Gegenteil von Freihandel und<br />
mehr Markt. Daher ist besonders<br />
dann aufzuhorchen, wenn dieser<br />
staatliche Schutz im Gewande<br />
eines Freihandelsabkommens<br />
kommt. Der Investitionsschutz<br />
soll durch ein privates Schiedsgericht<br />
abgesichert werden. Der<br />
Staat kapituliert damit vor den<br />
Auslandsinvestoren. Sinnvolle<br />
Argumente für einen solchen<br />
Investitionsschutz gibt es nicht.<br />
Die Politik hat offenbar nicht<br />
gelernt, dass dem Staat im 21.<br />
Jahrhundert eine komplexere<br />
Rolle zukommt, als die Renditen<br />
des Unternehmenssektors zu<br />
sichern. Zweifel sind angebracht,<br />
ob so Zukunftsfähigkeit aussieht.<br />
TTIP - eine Gefahr für die Demokratie?<br />
Das Freihandelsabkommen gefährdet unsere Souveränität. Ausweg könnte ein<br />
internationaler Gerichtshof sein.<br />
Von Oliver<br />
Strank<br />
0liver Strank<br />
arbeitet als<br />
Rechtsanwalt in<br />
Frankfurt. Er<br />
war UN-Referent<br />
und ist<br />
Experte für Völkerrecht.<br />
Selten war etwas, das es noch<br />
gar nicht gibt, so umstritten.<br />
Für den ehemaligen EU-Kommissionspräsidenten<br />
Barroso ist<br />
TTIP das größte und billigste<br />
Konjunkturprogramm aller Zeiten.<br />
Einerseits. Demonstranten<br />
gegen TTIP skandieren: „TTIP ist<br />
böse“. Andererseits. Bereits die<br />
intransparenten Verhandlungen<br />
zum TTIP werden zu Recht als<br />
undemokratisch empfunden. Ob<br />
das Demokratieprinzip gewahrt<br />
wird, hängt maßgeblich davon ab,<br />
ob TTIP am Ende von<br />
demokratisch legitimierten Volksvertretern<br />
ratifiziert werden muss.<br />
Nur dann kann von jener<br />
ununterbrochenen Legitimationskette<br />
zwischen dem Souverän -<br />
den Bürgern Europas - und ihren<br />
gewählten Vertretern die Rede<br />
sein, die das Demokratieprinzip<br />
zwingend voraussetzt. Außer dem<br />
EU-Parlament muss in Deutschland<br />
auch der Bundestag zustimmen,<br />
da TTIP als sogenanntes<br />
gemischtes Abkommen zu qualifizieren<br />
sein dürfte.<br />
Wie ein Tropfen Pastis<br />
ausreicht, um ein Glas Wasser zu<br />
trüben, machen schon einzelne<br />
Unterpunkte eines Abkommens<br />
das Abkommen als Ganzes von<br />
der Zustimmung aller EU-<br />
Mitgliedsstaaten abhängig. Dieser<br />
Tropfen Pastis dürfte bei TTIP<br />
zumindest das umfassende Investitionsschutzkapitel<br />
sein. Es<br />
beschränkt sich nicht auf reine<br />
Handelsfragen, für welche die<br />
EU-Kommission in der Tat die<br />
ausschließliche Abschlusskompetenz<br />
besitzt, sondern greift allein<br />
aufgrund seiner Tragweite in den<br />
Zuständigkeitsbereich der Mitgliedsstaaten<br />
ein. Bundestag und<br />
Bundesrat - und alle anderen EU-<br />
Mitgliedsstaaten - müssten Ceta<br />
und TTIP daher ratifizieren. Dann<br />
wäre zumindest in diesem Punkt<br />
das Prinzip der repräsentativen<br />
Demokratie gewahrt.<br />
Zwar dürfte TTIP als völkerrechtlicher<br />
Vertrag vor dem<br />
Bundesverfassungsgericht wohl<br />
kaum justiziabel sein. Ein<br />
entsprechendes Zustimmungsgesetz<br />
des Bundestags dagegen<br />
schon. Dass die Karlsruher Richter<br />
die privaten Schiedsgerichte als<br />
verfassungswidrig einstufen, ist<br />
kein unrealistisches Szenario.
17 LEUCHTTURM<br />
Dann müsste TTIP in diesem<br />
Punkt nachverhandelt werden.<br />
Was zum geplanten Investorenschutzkapitel<br />
an dürftigen Informationen<br />
durchgesickert ist,<br />
verheißt nichts Gutes. Privaten<br />
Investoren soll das Recht<br />
eingeräumt werden, Nationalstaaten<br />
unter bestimmten Voraussetzungen<br />
vor privaten Schiedsgerichten<br />
zu verklagen. Derartige<br />
Investor-Staat- Schiedsgerichte<br />
(ISDS) sind nicht neu. Es gibt sie<br />
seit über fünf Jahrzehnten.<br />
Deutschland hat sie zum Schutz<br />
der eigenen Investoren erstmals<br />
im Jahr 1959 in ein bilaterales<br />
Abkommen mit Pakistan hineinverhandelt,<br />
hat sie also gewissermaßen<br />
erfunden. Es gibt Hunderte<br />
bilaterale und multilaterale<br />
Freihandelsabkommen, alle geheim<br />
verhandelt, die meisten mit<br />
Investorenschutz.<br />
Dass es private Schiedsgerichte<br />
seit langem gibt, heißt aber noch<br />
lange nicht, dass es sie zu Recht<br />
gibt. Sein und Sollen können<br />
auseinanderfallen. Führt man sich<br />
die Tragweite des im TTIP<br />
geplanten Investitionsschutzes<br />
vor Augen, so stellt sich erst recht<br />
die Legitimitätsfrage. Solange<br />
sich nur Privatunternehmen gegenseitig<br />
vor privaten Schiedsgerichten<br />
verklagen können, berührt<br />
dies die Demokratie nicht.<br />
Problematisch für die Demokratie<br />
wird die Sache, wenn auf<br />
Beklagtenseite ein Staat steht.<br />
Besonders gefährlich für die<br />
Demokratie ist der im TTIP<br />
angelegte Schutz einer bereits<br />
getätigten Investition vor einer<br />
indirekten Enteignung durch<br />
künftige Gesetzgebung: Für den<br />
Fall, dass ein nationales Parlament<br />
etwa einen gesetzlichen<br />
Mindestlohn beschließt, der<br />
geeignet ist, die Gewinnerwartung<br />
eines Investors zu schmälern, so<br />
ist es nach dem TTIP in seiner<br />
jetzigen Gestalt zumindest denkbar,<br />
dass der betreffende Staat<br />
dem Investor den entgangenen<br />
Gewinn zu ersetzen hat.<br />
Gesetze zugunsten des Gemeinwohls<br />
und zulasten von<br />
Investoren können in Zukunft<br />
verdammt teuer für den Steuerzahler<br />
werden. Und gegen das<br />
entsprechende Urteil kann<br />
Deutschland keinerlei Rechtsmittel<br />
einlegen. Über jedem Bundestag,<br />
der in Zukunft über eine<br />
Gesetzesänderung zum Schutz<br />
des Gemeinwohls verhandelt, das<br />
die Gewinnerwartung von Investoren<br />
zu schmälern geeignet ist,<br />
schwebt das Damoklesschwert<br />
einer drohenden Milliardenklage.<br />
In den USA nennt man diesen<br />
Effekt „regulatory freeze“ - aus<br />
Angst davor, dass bestimmte<br />
Gesetze teuer werden können,<br />
entscheidet sich das Parlament<br />
dazu, sie gar nicht erst zu<br />
verabschieden.<br />
Mit dem Demokratieprinzip<br />
versöhnen ließe sich der Investorenschutz<br />
höchstens, wenn es<br />
gelingt, ein ständiges öffentliches<br />
Schiedsgericht für Streitigkeiten<br />
rund um derartige Freihandelsabkommen<br />
einzurichten - eine Art<br />
„internationaler Handelsgerichtshof“<br />
nach dem Vorbild anderer<br />
supranationaler Gerichtshöfe wie<br />
etwa dem Internationalen Gerichtshof<br />
in Den Haag oder dem<br />
Europäischen Gerichtshof für<br />
Menschenrechte in Straßburg. Ein<br />
solcher Handelsgerichtshof müsste<br />
öffentlich rechtlich institutionalisiert<br />
mit Berufsrichtern besetzt<br />
werden, die demokratisch<br />
legitimiert sind. Er müsste<br />
Rechtsmittel zulassen, damit<br />
seine Entscheidungen überprüfbar<br />
und korrigierbar sind. Und die<br />
Verhandlungen eines solchen<br />
Gerichtshofs müssten vor den<br />
Augen der Öffentlichkeit stattfinden,<br />
damit seine Urteile im<br />
Namen des Volkes gesprochen<br />
werden. Es ist noch nichts<br />
entschieden. Wir Bürger Europas<br />
müssen uns nun die 1600 Seiten<br />
des veröffentlichten Ceta-Abkommens<br />
sehr genau anschauen, um<br />
über eine breite öffentliche<br />
Debatte in den Bundestag hinein<br />
endlich Einfluss auf die endgültigen<br />
Vertragstexte von Ceta und<br />
TTIP zu nehmen. Oder eben<br />
dafür zu kämpfen, dass die<br />
Abkommen platzen.<br />
Unterrichtsmaterial 1:<br />
Das Freihandelsabkommen TTIP im Unterricht<br />
GEW-Unterrichtsmaterial:<br />
Das Freihandelsabkommen TTIP<br />
zwischen der EU und den USA ist<br />
umstritten. Befürworter argumentieren,<br />
TTIP schaffe neue Jobs,<br />
und Verbraucher profitierten von<br />
http://www.gew.de/Das_Freihandelsabkommen_TTIP_im_Unterricht.html<br />
Unterrichtsmaterial 2:<br />
Unterrichtseinheiten der Hans Böckler Stiftung<br />
http://www.boeckler.de/39577.htm<br />
u. a. zu:<br />
günstigeren Preisen. Gegner befürchten,<br />
dass Arbeitnehmerrechte<br />
und Verbraucherschutz auf der<br />
Strecke blieben. Das GEW-<br />
Unterrichtsmaterial beleuchtet<br />
die Argumente ausführlicher, gibt<br />
einen historischen Überblick des<br />
Freihandels und erklärt, was es<br />
mit den umstrittenen Schiedsverfahren<br />
auf sich hat.<br />
Kinderarmut / Gleicher Lohn für gleiche Arbeit / Mindestlohn / Steuern / Minijobs / ...u.v.a.m
LEUCHTTURM<br />
Gute Bildung kostet<br />
ANDREA5<br />
SCHWARZ-<br />
KOPF<br />
Wer über die richtige<br />
Bezahlung für Lehrerinnen<br />
und Lehrer diskutiert, muss<br />
zunächst Ziele für die Bildung in<br />
Deutschland festsetzen. Daran ist<br />
die Politik bisher gescheitert.<br />
Es gibt die erwartbaren<br />
Reaktionen auf den Lehrerstreik.<br />
Gebt den Lehrerinnen und<br />
Lehrern halt ein paar Euro mehr<br />
im Monat, aber schafft endlich<br />
das Beamtentum ab, sagen die<br />
einen. Wieso sollen die mehr<br />
Geld bekommen, die haben doch<br />
wegen der Schulferien so viel<br />
Urlaub, polemisieren die anderen.<br />
Dabei haben vermeintlich<br />
einfache Antworten auf komplexe<br />
Probleme noch nie weitergeholfen.<br />
Bleibt man auf der tariflichen<br />
Ebene, ist der Arbeitskampf der<br />
Pädagogen ein normaler Streit<br />
zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern,<br />
die darüber verhandeln,<br />
wie viel für eine Leistung<br />
gezahlt werden soll. Zunächst<br />
geht es also um eine Handvoll<br />
Euro mehr. Die Länder erinnern<br />
in diesem Zusammenhang an die<br />
belasteten Haushalte und die<br />
steigenden Kosten für die<br />
Altersvorsorge vor allem der<br />
verbeamteten Lehrer, die vermehrt<br />
in Pension gehen. Die Gegenseite<br />
verweist auf die gute Konjunktur,<br />
die den öffentlichen Etats frische<br />
Steuereinnahmen beschert. Diesen<br />
Zwist könnte man auch zu<br />
einer Frage zuspitzen: Wie viel ist<br />
uns eine gute Bildung für unsere<br />
Kinder wert?- Spätestens hier wird<br />
es kompliziert.<br />
Es geht nicht mehr nur um die<br />
Höhe des Gehalts, sondern auch<br />
um Ziele von Bildung. Und<br />
beides ist enger verknüpft, als<br />
mancher denkt. Soll der Nachwuchs<br />
in eine Schule für alle<br />
gehen und ganztägig betreut<br />
werden, damit künftig bei einer<br />
prognostizierten sinkenden Zahl<br />
von Arbeitskräften möglichst<br />
viele Väter und Mütter arbeiten<br />
gehen können? Oder soll in<br />
einem dreigliedrigen Schulsystem<br />
weiter vor allem Wissen vermit-<br />
telt werden? Aus den Antworten<br />
leitet sich das Berufsbild des<br />
Lehrers ab. Daraus resultiert das<br />
Gehalt.<br />
Tatsächlich müssen Lehrer seit<br />
langem täglich ihren Klassen<br />
nicht nur den Satzbau oder<br />
binomische Formeln erklären,<br />
sondern häufig Mängel der<br />
elterlichen Erziehung auffangen.<br />
Darüber wird seit langem geredet,<br />
doch hat sich beispielsweise die<br />
Lehrerausbildung in den vergangenen<br />
Jahrzehnten kaum verändert.<br />
Schule ist auch ein Ort der<br />
Integration. Viele unterschiedliche<br />
Menschen lernen täglich<br />
miteinander, ob mit oder ohne<br />
Migrationshintergrund, ob mit<br />
oder ohne Behinderung. Um<br />
diese Leistungen noch auszubauen<br />
und das Ziel einer Ganztagsschule<br />
für alle zu erfüllen,<br />
müssten wir mehr investieren.<br />
Lehrer müssten etwa mit Sozialarbeitern,<br />
Trainern oder Musikern<br />
den Nachwuchs durch Lern- und<br />
entspannende Phasen im Schulalltag<br />
begleiten.<br />
Über derartige Bildungsziele<br />
wird spätestens seit dem Pisa-<br />
Schock leidenschaftlich gestritten.<br />
Die bisher gezogenen Schlüsse<br />
zeigen: Politiker, Lehrer und<br />
Eltern haben sich bei der<br />
Schulbildung hierzulande auf den<br />
Weg der Veränderung gemacht.<br />
Die Zwischenresultate sind noch<br />
nicht befriedigend. Das hohe Lied<br />
auf Ganztagsschulen etwa hat das<br />
ein oder andere gute Beispiel<br />
hervorgebracht. Mehrheitlich ist<br />
dieses Ziel noch nicht erreicht,<br />
häufig wird es verfehlt. Das böse<br />
Wort der Verwahranstalt macht<br />
die Runde. Mancherorts haben<br />
die Verantwortlichen dieses Ziel<br />
noch nicht mal in Angriff<br />
genommen. Ein Grund für das<br />
ungleiche Tempo sind die<br />
unterschiedlichen politischen Ziele,<br />
die Politiker und Eltern vor<br />
Ort verfolgen. Mütter, die<br />
tagsüber zu Hause sind, erwarten<br />
mehrheitlich anderes von der<br />
Schule als Familien, bei denen<br />
beide Elternteile einen Job haben.<br />
18<br />
Das Problem ist also, dass sich<br />
Deutschland nicht auf ein Ziel für<br />
die Schulbildung einigen kann.<br />
Und das, obwohl die Pisa-Studie<br />
zeigt: In Ländern, die ein<br />
einheitliches Ziel verfolgen, ist<br />
der Lernerfolg größer ais in<br />
Staaten ohne ein solches Ziel -<br />
unabhängig von der Schulform,<br />
zentralistischem oder föderalem<br />
Bildungssystem.<br />
Der Lernerfolg hängt auch<br />
nicht vom Status des Lehrers ab.<br />
Sachsen hat sich wie die anderen<br />
neuen Bundesländer nach der<br />
Wiedervereinigung dafür entschieden,<br />
Lehrer nicht zu<br />
verbeamten, sondern anzustellen.<br />
Das Schulsystem dort ist genauso<br />
leistungsfähig wie das Bayerns,<br />
wo die meisten Lehrer verbeamtet<br />
sind. Der Streit über den Status<br />
sollte aber aus einem anderen<br />
Grund gelöst werden. In den<br />
westlichen Bundesländern führt<br />
die Mischform zu einer Zweiklassengesellschaft<br />
im Lehrerzimmer.<br />
Ein einheitliches Dienstrecht<br />
könnte diese Ungerechtigkeit<br />
beseitigen, alle gleich gutabsichern<br />
und zudem angemessen<br />
entlohnen. Diese Lösung verhindern<br />
aber viele Minister. Sie<br />
scheinen sich an anderen Branchen<br />
zu orientieren, wo die<br />
Anstellungsverhältnisse sich dramatisch<br />
verändert haben. Tendenziell<br />
werden dabei die vermeintlich<br />
hohen Gehälter oder<br />
angebliche Privilegien beseitigt.<br />
Werden diese Probleme nicht<br />
endlich gelöst, wird es auch weiter<br />
zu schulpolitischen Desastern<br />
kommen, wie etwa beim verkürzten<br />
Abitur. Mit viel Aplomb<br />
warben Politiker ftir einen<br />
schnelleren Weg durchs Gymnasium<br />
zum Studium. Inzwischen<br />
entscheiden sich immer mehr<br />
Eltern mit ihren Kindern gegen<br />
GB und für G9. Das Experiment<br />
ist gescheitert. Man hätte es<br />
wissen können. Gemessen daran<br />
und an den grundsätzlichen<br />
Schwierigkeiten wirken ein paar<br />
Euro im Monat zusätzlich wie<br />
eine Kleinigkeit.
19 LEUCHTTURM<br />
Besuch der Gedenkstätte<br />
„Ehemalige jüdische Schule in Leer“<br />
des Arbeitskreis der Senioren des GEW-Kreisverbandes Leer<br />
Der Arbeitskreis Senioren des<br />
Kreisverbandes Leer der<br />
GEW besuchte die ehemalige<br />
jüdische Schule in Leer. Sie legt<br />
Zeugnis ab über die 400 jährige<br />
Geschichte deutscher Bürger<br />
jüdischen Glaubens, die mit<br />
Synagoge, Schule und Lehrerwohnung<br />
ihr kirchliches und bürgerliches<br />
Zentrum hatten. In der Zeit<br />
des deutschen Faschismus wurde<br />
viele dieser Mitbürger in Leer<br />
verfolgt, misshandelt und ermordet,<br />
Nazis eigneten sich deren<br />
Eigentum an (Man nannte so<br />
etwas Arisierung.), die Synagoge<br />
in der Heisfelder Straße in Brand<br />
gesteckt.<br />
Heute haben Bürger der Stadt,<br />
die Stadt selbst und der Landkreis<br />
Leer Gedenkstätten und Tafeln<br />
eingerichtet, die an dieses<br />
schwarze Kapitel der Leeraner<br />
Geschichte erinnern. Susanne<br />
Bracht führte kundig durch die<br />
Ausstellung, in der auch der alte<br />
Klassenraum zu besichtigen ist.<br />
Die Gedenkstätte, in der auch<br />
Zeitzeugenberichte zu erleben<br />
sind, steht besonders auch<br />
Schulen nach Absprache offen.<br />
Hasso Rosenthal<br />
GEW-Kreisverband<br />
Leer<br />
Distelstr. 5<br />
26826 Weener<br />
04951-<br />
912223
LEUCHTTURM<br />
20<br />
11.02.2015 Neue Studie mit Schätzungen zu Superreichen<br />
Reichstes Prozent dürfte rund ein Drittel des<br />
Privatvermögens in Deutschland besitzen<br />
Weitere<br />
Infor-<br />
mationen:<br />
Christian<br />
Westermeier<br />
estermeier,<br />
Markus M.<br />
Grabka:<br />
abka: Große<br />
statistische Unsicherheit<br />
beim<br />
Anteil der Top-<br />
Vermögenden in<br />
Deutschland<br />
(pdf), DIW-Wochenbericht<br />
7/<br />
2015.<br />
Kontakt:<br />
Dr.<br />
Dorothea Voss<br />
Sozialexpertin,<br />
Forschungsförderung<br />
Rainer Jung Leiter<br />
Pressestelle<br />
Die reichsten Haushalte vereinen<br />
höchstwahrscheinlich<br />
einen größeren Anteil am<br />
Gesamtvermögen in Deutschland<br />
auf sich als bislang angenommen.<br />
Allein dem vermögendsten Prozent<br />
kann bis zu einem Drittel<br />
des gesamten privaten Netto-<br />
Vermögens in der Bundesrepublik<br />
zugerechnet werden, und nicht<br />
nur ein Fünftel. Zu diesem<br />
Ergebnis kommt eine von der<br />
Hans-Böckler-Stiftung geförderte<br />
Studie, die versucht, die bislang<br />
eklatanten Datenlücken zu Top-<br />
Vermögen zu verkleinern. Allerdings<br />
ist das Schätzverfahren mit<br />
Unsicherheiten behaftet.<br />
55 Milliardäre und Multimilliardäre<br />
mit deutscher Staatsangehörigkeit<br />
hat das US-Wirtschaftsmagazin<br />
„Forbes“ 2012 gezählt.<br />
2002 standen erst 34 Deutsche<br />
auf der Liste des globalen<br />
Geldadels. In den gängigen<br />
wissenschaftlichen Untersuchungen<br />
zur Verteilung in der<br />
Bundesrepublik kommen diese<br />
Top-Vermögen bisher aber kaum<br />
vor. Der Grund: Da es keine<br />
Vermögensteuer mehr gibt, fehlen<br />
amtliche Daten zum Vermögen<br />
von Superreichen. Die einschlägigen<br />
Studien des Deutschen<br />
Instituts für Wirtschaftsforschung<br />
(DIW) oder der Bundesbank<br />
beruhen wiederum auf groß<br />
angelegten freiwilligen Umfragen.<br />
Die sind zwar für rund 99 Prozent<br />
der Bevölkerung repräsentativ.<br />
Doch der extreme Reichtum ist so<br />
kaum messbar. Denn er konzentriert<br />
sich auf eine sehr kleine<br />
Personengruppe, die von Umfragen<br />
kaum erfasst wird.<br />
– Multimillionäre und<br />
Milliardäre kommen in<br />
gängigen Studien kaum<br />
vor<br />
So besitzt der reichste Haushalt<br />
im vom DIW organisierten<br />
Sozio-oekonomischen Panel<br />
(SOEP) netto, also nach Abzug<br />
von Schulden, „nur“ knapp 50<br />
Millionen Euro. Die Bundesbank-<br />
Studie „Private Haushalte und<br />
ihre Finanzen“ weist für den<br />
wohlhabendsten in ihrer Stichprobe<br />
erfassten Haushalt einen<br />
Nettobesitz von unter 80<br />
Millionen aus. Enorm viel Geld –<br />
aber doch weit entfernt vom<br />
obersten Ende der Vermögenshierarchie,<br />
wo der Besitz mindestens<br />
im dreistelligen Millionenbereich<br />
liegt. „Im Ergebnis<br />
bedeutet dies, dass das wahre<br />
Ausmaß an Vermögensungleichheit<br />
unterschätzt wird, weil ein<br />
wichtiger Teil des Vermögens<br />
schlicht im Dunkeln bleibt“,<br />
erklären Christian Westermeier<br />
und Dr. Markus Grabka vom DIW.<br />
Zumal auch die „einfachen“<br />
Millionäre in den Panels untererfasst<br />
sein dürften. Dabei ließ sich<br />
an der Bundesbank-Untersuchung<br />
und den Studien anderer europäischer<br />
Notenbanken ablesen, dass<br />
die Ungleichheit in Deutschland<br />
schon auf Basis der vorliegenden<br />
lückenhaften Daten größer ist als<br />
in allen anderen Euro-Ländern<br />
außer Österreich.<br />
In einem Böckler-geförderten<br />
Projekt loten die beiden DIW-<br />
Verteilungsforscher Möglichkeiten<br />
aus, die Lücken in der Vermögensstatistik<br />
zu reduzieren. Dazu<br />
wenden sie ein Verfahren an, um<br />
sich dem Besitz von Superreichen<br />
anzunähern. Ausgehend von den<br />
deutschen Milliardären auf der<br />
„Forbes“-Liste lassen sich statistische<br />
Muster zur Verbreitung von<br />
Top-Vermögen ableiten. Ihr Modell<br />
erlaubt auch ergänzende<br />
Schätzungen zu den Vermögen<br />
von Millionären und Multimillionären,<br />
die deutlich häufiger<br />
sind als Milliardäre.<br />
Allerdings ist das Verfahren<br />
mit Unsicherheiten behaftet:<br />
Denn bei stichprobenartigen<br />
nachträglichen Abgleichen der<br />
„Forbes“-Liste mit den Steuerdaten<br />
verstorbener US-Superreicher<br />
erwiesen sich die geschätzten<br />
Vermögen beispielsweise als<br />
tendenziell zu hoch gegriffen.<br />
Westermeier und Grabka variieren<br />
deshalb die Parameter in ihren<br />
Schätzungen systematisch. So<br />
kommen sie auf verschiedene<br />
Szenarien, mit denen sich recht<br />
plausible Ober- und Untergrenzen<br />
für die Vermögen von<br />
Superreichen in Deutschland<br />
ansetzen lassen.<br />
– Gesamtvermögen<br />
könnte um zwei bis drei<br />
Billionen Euro höher sein<br />
Egal, welches Szenario man<br />
wählt, eines wird beim Blick auf<br />
die Daten der Forscher sofort klar:<br />
Wenn die bislang vernachlässigten<br />
Top-Vermögen hinzugeschätzt<br />
werden, steigt das Gesamtvermögen<br />
in Deutschland stark an.<br />
Beispiel 2012: Nach den reinen<br />
SOEP-Daten besaßen die privaten<br />
Haushalte netto knapp 6,3<br />
Billionen Euro. Bezieht man den<br />
geschätzten Besitz der Superreichen<br />
mit ein, sind es mindestens<br />
rund 8,6 Billionen, maximal<br />
sogar etwa 9,3 Billionen Euro.<br />
Der starke Zuwachs belege die<br />
hohe Relevanz sehr hoher<br />
Vermögen für die Vermögensverteilung,<br />
schreiben die Forscher.<br />
– Dem reichsten<br />
Hundertstel dürfte bis zu<br />
einem Drittel aller<br />
Vermögen gehören…<br />
Auch der wirtschaftliche Abstand<br />
zwischen den Reichsten und<br />
dem Gros der Gesellschaft wächst<br />
noch einmal beträchtlich, wenn<br />
die geschätzten Top-Vermögen in<br />
die Analyse einbezogen werden.<br />
Das lässt sich etwa daran ablesen,<br />
wie viel das reichste Hundertstel<br />
vom gesamten Nettovermögen im<br />
Land hält. Zu dieser Gruppe<br />
zählen auf Basis der nicht-
21 LEUCHTTURM<br />
erweiterten SOEP-Daten Haushalte,<br />
die über ein Nettovermögen<br />
von mindestens 1,35<br />
Millionen Euro verfügen. Nach<br />
der Hinzuschätzung steigt diese<br />
Untergrenze noch einmal an –<br />
und gleichzeitig fällt der Anteil<br />
des obersten Prozents am<br />
Gesamtvermögen weitaus größer<br />
aus: Statt 18 Prozent, die das<br />
SOEP ohne Ergänzung für das<br />
Jahr 2012 ausweist, rechnen die<br />
Forscher nun mit 31 bis 34<br />
Prozent je nach gewähltem<br />
Szenario. Damit wächst auch der<br />
Anteil, der auf die wohlhabendsten<br />
zehn Prozent der Haushalte<br />
entfällt: Nach der Zuschätzung<br />
GEW - NORDEN<br />
Nachdem 11 Grundschulen<br />
allein im Altkreis Norden<br />
im Sommer Belastungsanzeigen<br />
auf dem Dienstweg an das<br />
Kultusministerium geschickt hatten,<br />
trafen sich nun GEW<br />
KollegInnen in Norden, um<br />
weitere Aktionen zu diskutieren.<br />
Die GEW-FG Grundschulen<br />
beklagt die steigenden Anforderungen:<br />
Inklusion, Ganztagsschule,<br />
Gesundheitsförderung, Dokumentationspflichten<br />
sind nur<br />
einige Punkte im Katalog der<br />
zunehmenden Anforderungen an<br />
die KollegInnen in den Grundschulen.<br />
Vor allem die Zunahme<br />
von Verhaltens- und Sprachauffälligkeiten<br />
der Kinder belastet alle<br />
KollegInnen sehr.<br />
Viele Kollegien haben diese<br />
Belastungen und die zunehmenden<br />
außerunterrichtlichen Verpflichtungen<br />
in ihren Anzeigen an<br />
die Kultusministerin eindrücklich<br />
beschrieben (mehr als 300<br />
Grundschulen in ganz Niedersachsen)<br />
und stellen berechtigte<br />
Forderungen nach Entlastung.<br />
Auch die Situation der pädagogischen<br />
MitarbeiterInnen, die sich<br />
teilweise weit über den PM-<br />
Erlass hinaus einbringen, steht<br />
damit im engen Zusammenhang.<br />
Die Ausweitung der Aufgaben der<br />
Schulleitungen, gerade an kleinen<br />
Grundschulen, ist ebenfalls gra-<br />
sind es zwischen 63 und 74<br />
Prozent aller Vermögen in<br />
Deutschland – und nicht nur gut<br />
60 Prozent wie nach den reinen<br />
SOEP-Daten.<br />
– … dem obersten<br />
Tausendstel 14 bis 16<br />
Prozent<br />
Wie stark sich die Vermögen<br />
gerade an der Spitze der Pyramide<br />
ballen dürften, macht eine weitere<br />
Rechnung der Forscher deutlich:<br />
Die reichsten 0,1 Prozent der<br />
Haushalte hielten 2007 rund 7<br />
und 2012 etwa 5 Prozent des<br />
gesamten Nettovermögens, wenn<br />
man nach den SOEP-Daten ohne<br />
Erweiterung geht. Dieser Anteil<br />
ist bereits größer als der, den die<br />
weniger wohlhabende Hälfte der<br />
Gesamtbevölkerung besaß. Erwartungsgemäß<br />
steigt der Anteil der<br />
Superreichen aber noch einmal<br />
sprunghaft, wenn bislang vernachlässigte<br />
Top-Vermögen hinzugeschätzt<br />
werden: Auf dieser Basis<br />
kalkulieren Grabka und Westermeier<br />
mit 14 bis 16 Prozent, die<br />
das reichste Tausendstel besitzt.<br />
Und im Zeitverlauf seit 2002 sei<br />
dieser Anteil stabil geblieben.<br />
Finanzmarktkrise und Niedrigzinsphase<br />
scheinen die Top-<br />
Vermögenden also kaum geschädigt<br />
zu haben.<br />
Fachgruppe Grundschule und Förderschule<br />
vierend, die vielen unbesetzten<br />
Schulleitungsstellen sind der<br />
Beweis.<br />
„Die seit über einem Jahr<br />
rollende „Beschwerdewelle“ muss<br />
weiter voran getrieben werden“,<br />
so der allgemeine Tenor während<br />
des GEW-FG-Treffs in Norden.<br />
Ein fortschrittliches und demokratisches<br />
Schulwesen gerade im GS-<br />
Bereich, das den Bedürfnissen<br />
und Lebenswelten heutiger Kinder<br />
und dem neuesten Stand der<br />
Pädagogik entspricht, ist das Ziel.<br />
Einiges wurde schon umgesetzt<br />
(Eingangsstufe, Ganztag, Inklusion<br />
….), jedoch vieles auf Kosten<br />
der KollegInnen durch immer<br />
mehr Aufgaben. Eine Kampfbereitschaft<br />
im GS- und für den GS-<br />
Bereich wurde an diesem<br />
Nachmittag deutlich. Je<br />
mehr mitmachen, desto<br />
größer ist die Chance auf<br />
spürbare Veränderungen.<br />
Unmut wurde geäußert<br />
über das Vorgehen der<br />
Landesschulbehörde, die die<br />
Belastungsanzeigen in Osnabrück<br />
gestoppt hat, obwohl<br />
der Adressat das<br />
Kultusministerium ist.<br />
Schuldezernenten führten<br />
daraufhin Dienstversammlungen<br />
in den Grundschulen<br />
durch.<br />
Einige KollegInnen fühl-<br />
Anette Hillen<br />
ten sich Ernst genommen durch<br />
die Landesschulbehörde, doch<br />
„die zeitliche Belastung“ so eine<br />
Kollegin in der Runde „ist nicht<br />
das hauptsächliche Problem,<br />
sondern die psychische Belastung“.<br />
Die KollegInnen wollen Inklusion,<br />
wollen den Kindern gerecht<br />
werden, daher die Forderung an<br />
den Dienstherrn, die Landesschulbehörde:<br />
– Gebt uns die Ressourcen,<br />
die wir brauchen, um<br />
extreme<br />
Situationen<br />
durchzustehen!!!<br />
– SchulsozialarbeiterInnen<br />
an allen Grundschulen !!!<br />
– Doppelbesetzung in den<br />
Inklusionsklassen !!!<br />
Nächstes Treffen der GEW<br />
EW-Fac<br />
Fach-<br />
gruppe<br />
Grundsc<br />
undschule/<br />
hule/För<br />
ördersc<br />
derschule<br />
1. Dezember 2015, um 16:00 Uhr<br />
hr,<br />
im Mittelhaus, Neuer Weg, Nor<br />
orden<br />
Themen werden sein:<br />
– Wo sind die Belastungsanzeigen geblieben?<br />
– Inklusion<br />
– Flüchtlingskinder in den Grundschulen<br />
u. a. Hilfen zur Sprachförderung
LEUCHTTURM<br />
Emslandlager<br />
H. Rosenthal<br />
Die Geschichte der unter<br />
nationalsozialistischer Herrschaft<br />
errichteten Emslandlager<br />
ist großen Teilen der Bevölkerung,<br />
insbesondere der Jugend, nahezu<br />
unbekannt.<br />
Dabei bietet die Beschäftigung<br />
mit ihr die Möglichkeit, einen<br />
differenzierten Einblick in das<br />
Herrschaftssystem des NS-Staates<br />
zu erhalten.<br />
Die insgesamt 15 Emslandlager<br />
hatten von 1933 bis 1945<br />
wechselnde Funktionen. Sie<br />
dienten den Nationalsozialisten<br />
als<br />
Konzentrationslager (1933-<br />
1936)<br />
Strafgefangenenlager (1934-<br />
1945)<br />
Militärstrafgefangenenlager<br />
(1939-1945)<br />
Kriegsgefangenenlager (1939-<br />
1945)<br />
Außenlager des KZ Neuengamme<br />
(1944/45).<br />
In vielen Orten Norddeutschlands<br />
bestanden außerdem Außenkommandos<br />
der Lager, eben-<br />
so, im Krieg, in Nordnorwegen<br />
und in Westfrankreich.<br />
Die unterschiedlichen Funktionen<br />
spiegeln die fortschreitende<br />
Entwicklung der nationalsozialistischen<br />
Herrschaft wider. Zunächst<br />
zur Ausschaltung und<br />
„Umerziehung“ von tatsächlichen<br />
und vermeintlichen Gegnern des<br />
NS-Regimes, später auch zur<br />
besonders harten Bestrafung von<br />
zivil- und militärgerichtlich Verurteilten<br />
sollten nicht nur die<br />
unmenschlichen Lebensbedingungen<br />
in den Lagern beitragen.<br />
Gleichzeitig wurden die Gefangenen<br />
zu schwerer körperlicher<br />
Arbeit bei der Kultivierung der<br />
emsländischen Moore und, ab<br />
Kriegsbeginn, in kriegswichtigen<br />
Bereichen herangezogen. Die<br />
Emslandlager verkörpern daher<br />
auch ein Stück Regionalund<br />
Wirtschaftsgeschichte.<br />
Insgesamt wurden ca.<br />
80.000 KZ-Häftlinge und<br />
Strafgefangene und zwischen<br />
100.000 und 180.000<br />
Kriegsgefangene in den<br />
Lagern inhaftiert. Bis zu<br />
30.000 Menschen, überwiegend<br />
sowjetische Kriegsgefangene,<br />
kamen in den<br />
Moorlagern um.<br />
Bereits im April erteilte<br />
das Preußische Innenministerium<br />
dem Regierungspräsidenten<br />
in Osnabrück<br />
den Auftrag, im Emsland<br />
für die Unterbringung von<br />
3.000 bis 5.000 Gefangenen<br />
mehrere Lager einzurichten.<br />
Im Sommer<br />
schließlich wurden die<br />
Konzentrationslager Börgermoor,<br />
Esterwegen und<br />
Neusustrum als „Staatliches<br />
Konzentrationslager Papenburg“<br />
fertiggestellt und mit<br />
4.000 Häftlingen belegt,<br />
neben politischen Gegnern<br />
bald auch u.a. Zeugen Jehovas<br />
und sog. ,Sicherungsverwahrte‘.<br />
Die Gefangenen, die sich selbst<br />
,Moorsoldaten‘ nannten, wurden<br />
bei der Kultivierung der emsländischen<br />
Moore zur Zwangsarbeit<br />
herangezogen.<br />
22<br />
Mit der Neuorganisation des<br />
KZ-Systems unter Aufsicht der SS<br />
im Sommer 1934 wurden die<br />
Lager Neusustrum und Börgermoor<br />
als KZ aufgelöst und von<br />
der preußischen Justiz als<br />
Strafgefangenenlager übernommen.<br />
Esterwegen blieb bis zu<br />
seiner „Verlegung“ nach Sachsenhausen<br />
im August/September<br />
1936 als Konzentrationslager<br />
bestehen und wurde ab Januar<br />
1937 als Lager VII ebenfalls<br />
Strafgefangenenlager. Daneben<br />
bestanden die Lager I Börgermoor,<br />
II Aschendorfermoor, III Brual-<br />
Rhede, IV Walchum, V Neusustrum<br />
und VI Oberlangen mit<br />
Platz für zunächst 5.500 Gefangene,<br />
bevor 1938 im mittleren und<br />
südlichen Emsland acht weitere<br />
Strafgefangenenlager errichtet<br />
wurden: Lager VIII Wesuwe, IX<br />
Versen, X Fullen, XI Gross-<br />
Hesepe, XII Dalum, XIII Wietmarschen,<br />
XIV Bathorn und XV<br />
Alexisdorf.<br />
In den Strafgefangenenlagern<br />
wurden bis Kriegsende bis zu<br />
70.000 Menschen inhaftiert,<br />
darunter u.a. Kriminelle (nach<br />
heutigen Rechtsverständnis), Homosexuelle,<br />
politische Gegner,<br />
sog. ,Asoziale‘ und, ab Kriegsbeginn,<br />
zunehmend wehrmachtgerichtlich<br />
verurteilte Soldaten. In<br />
einem Teil des Lagers Esterwegen<br />
und in Börgermoor wurden 1943/<br />
44 außerdem westeuropäische<br />
Widerstandskämpfer, sog. ,Nacht<br />
und Nebel‘-Gefangene, inhaftiert.<br />
Bereits im September 1939<br />
übernahm das Oberkommando<br />
der Wehrmacht die Lager VI und<br />
VIII bis XI und nutzte sie als<br />
Kriegsgefangenenlager für bis<br />
Kriegsende weit über 100.000<br />
Soldaten aus der Sowjetunion,<br />
Frankreich, Belgien, Polen und<br />
Italien. 1944/45 dienten die Lager<br />
Dalum und Versen der SS<br />
kurzzeitig Außenlager des KZ<br />
Neuengamme.<br />
Im April 1945 wurden die<br />
Häftlinge der Emslandlager von<br />
britischen, kanadischen und polnischen<br />
Truppen befreit.
23 LEUCHTTURM<br />
Moorsoldatenlied<br />
von Johann Esser und Wolfgang Langhoff<br />
Melodie von Rudi Goguel<br />
Wohin auch das Auge blicket<br />
Moor und Heide nur ringsum.<br />
Vogelsang uns nicht erquicket,<br />
Eichen stehen kahl und krumm.<br />
Ref.:<br />
Wir sind die Moorsoldaten<br />
und ziehen mit dem Spaten ins Moor<br />
Hier in dieser öden Heide<br />
ist das Lager aufgebaut,<br />
wo wir fern von jeder Freude<br />
hinter Stacheldraht verstaut.<br />
Ref.:<br />
Wir sind die Moorsoldaten<br />
und ziehen mit dem Spaten ins Moor<br />
Morgens ziehen die Kolonnen<br />
in das Moor zur Arbeit hin.<br />
Graben bei dem Brand der Sonnen,<br />
doch zur Heimat steht der Sinn.<br />
Ref.:<br />
Wir sind die Moorsoldaten<br />
und ziehen mit dem Spaten ins Moor<br />
Heimwärts, heimwärts jeder sehnet<br />
nach den Eltern, Weib und Kind.<br />
Manche Brust ein Seufzer dehnet<br />
weil wir hier gefangen sind.<br />
Ref.:<br />
Wir sind die Moorsoldaten<br />
und ziehen mit dem Spaten ins Moor<br />
Auf und nieder gehn die Posten,<br />
keiner, keiner kann hindurch.<br />
Flucht wird nur das Leben kosten,<br />
vierfach ist umzäunt die Burg.<br />
Ref.:<br />
Wir sind die Moorsoldaten<br />
und ziehen mit dem Spaten ins Moor<br />
Doch für uns gibt es kein Klagen,<br />
ewig kann nicht Winter sein.<br />
Einmal werden froh wir sagen:<br />
Heimat, du bist wieder mein.<br />
Dann ziehn wir Moorsoldaten<br />
nicht mehr mit dem Spaten<br />
ins Moor.<br />
Aufsichtpflicht<br />
Kita haftet nicht für Blechschäden<br />
Bewerfen Kitakinder ein geparktes<br />
Auto mit Kieselsteinen,<br />
haftet der Träger der Kindertagesstätte<br />
nicht für entstehende Schäden.<br />
Das Oberlandesgericht Frankfurt/<br />
Main urteilte: Der betroffene<br />
Autobesitzer muss den Lackschaden<br />
auf eigene Kosten ausbessern lassen.<br />
Begründung: Kinder unter sieben<br />
Jahren können zum einen grundsätzlich<br />
nicht belangt werden. Zum<br />
anderen haftet der Träger - hier die<br />
Stadt - in solchen Fällen nur, wenn<br />
Erzieherinnen ihre Aufsichtspflicht<br />
verletzen. Um dieser Pflicht gerecht<br />
zu werden, müssen sie ihre<br />
Schützlinge jedochnicht auf Schritt<br />
und Tritt überwachen. Bei einer<br />
Gruppe von 15 bis 20 Kindern, so<br />
die Richter, sei es gar nicht möglich,<br />
jedes einzelne Kind ununterbrochen<br />
zu kontrollieren. Die beiden<br />
Erzieherinnen waren sofort eingeschritten,<br />
als sie mitbekamen, dass<br />
vier Kinder am Zaun mit Steinen<br />
hantierten. Damit haben sie<br />
genügend aufgepasst, befand das<br />
Gericht und brummte dem Autobesitzer<br />
die Reparaturkosten auf.<br />
Dieser hatte die geltend gemachten<br />
Schäden obendrein nur unzulänglich<br />
dokumentiert (Az. 1 U 76/13).<br />
Unterrichtsmaterialien<br />
der H. Böckler-Stiftung<br />
Böckler Schule<br />
Wir bieten aktuelle Materialien für<br />
den sozioökonomischen Unterricht<br />
in Sekundarstufe I und II: didaktisch<br />
aufbereitete Unterrichtseinheiten,<br />
Themenhefte zu ausgewählten<br />
aktuellen Themen, anschauliche<br />
Grafiken und Artikel zu neuesten<br />
Forschungsergebnissen. Alle Materialien<br />
sind kostenlos verfügbar.<br />
mehr:<br />
http://www.boeckler.de/39577.htm
LEUCHTTURM<br />
Wie Biedermann es mit den Brandstiftern<br />
hält.<br />
Milliardenschwere Beratungsunternehmen sorgen für Einsparungen in Schulen, in<br />
Kindergärten, in allen sozialen Bereichen<br />
oder - Wie eine Stadt nach Beratern ruft, die Steuersäckel leeren wollen.<br />
J. Kaufhold<br />
Je komplizierter ein Vorgang,<br />
desto schwieriger wird es, die<br />
Menschen dafür zu interessieren.<br />
Und das Problem ist so<br />
vielschichtig, dass selbst Wissenschaftler<br />
von kaum durchschaubaren<br />
Strukturen sprechen. Das<br />
System aber kostet den Staat ein<br />
mehrstelliges Millionenvermögen<br />
jährlich und Schulsekretärinnen,<br />
Hausmeistern und vielen anderen,<br />
besonders in sozialen<br />
Berufen, den Job. Voraussetzung<br />
dazu ist, dass jede öffentliche<br />
Einrichtung - von der Kommune<br />
bis hin zum Bund – brav dem<br />
Ruf der Moderne nach „Lean<br />
Administration“, nach „Systemischer<br />
Organisationsentwicklung“<br />
folgt. Worthülsen spielen entscheidende<br />
Rollen, Luftschlösser<br />
allemal. Der Glaube daran sitzt<br />
so tief, dass die Bewunderung der<br />
neuen Kleider des Kaisers im<br />
Märchen eine schwache Vorstellung<br />
dagegen ist. Ehrfürchtiges<br />
Erstarren ist Vorschrift, Unglaube<br />
verwerflich, Erkenntnis strafbar.<br />
Mit diesem Thema setzte sich<br />
Dr. Werner Rügemer in der<br />
Veranstaltung „Die Luft für<br />
Soziale Arbeit wird dünner“ im<br />
Forum der VHS in Emden<br />
auseinander. Rügemer ist Wirtschaftswissenschaftler<br />
und Lehrbeauftragter<br />
der Humanwissenschaftlichen<br />
Fakultät der Universität<br />
Köln. Er hielt den<br />
Kernvortrag: Wirtschaftsprüfer<br />
wie PricewaterhouseCoopers<br />
(PwC) – was machen die<br />
eigentlich?<br />
Eingeladen zur Veranstaltung<br />
hatte der Arbeitskreis Kritische<br />
Soziale Arbeit (AKS), ein<br />
Zusammenschluss von Sozialwissenschaftlern,<br />
die hemmende<br />
oder negative Entwicklungen im<br />
Sozialwesen unserer Gesellschaft<br />
kritisch hinterfragen und Fehlentwicklungen<br />
verhindern wollen.<br />
Zur Veranstaltung wurde auch<br />
geladen - und das lag in der Natur<br />
der Sache - der Kämmerer der<br />
Stadt Emden, Horst Jahnke. Der<br />
Veranstaltungsraum, das sei betont,<br />
war gut besucht, Kommunalpolitiker<br />
der verantwortlichen<br />
Mehrheitsparteien fehlten. Da lag<br />
die Vermutung nahe, dass sie der<br />
Kritik bereits überdrüssig waren,<br />
denn in so mancher Parteiversammlung<br />
und in manchem<br />
Ortsverein hatte es kräftig<br />
gebrodelt.<br />
Der Grund: Die Stadt Emden<br />
hatte im Rahmen der Haushaltskonsolidierung<br />
Ende 2014 ausgerechnet<br />
PwC beauftragt, ein<br />
Gutachten zu erstellen. Schon in<br />
der ersten Presseverlautbarung zu<br />
den möglichen Einsparungen war<br />
zu lesen: „Standards in Kindergärten<br />
oder die Ausstattung von<br />
Schulen mit Sekretärinnen“ (OZ,<br />
5.12.14). Grundsätzlich sei gesagt:<br />
Banale Ansätze, die jede<br />
bekannte Begutachtung bislang<br />
mit sich brachte und bringt.<br />
Warum auch nicht.<br />
Gruppen, die sich wehren<br />
können, kommen eh nicht in<br />
Betracht. Und die Logik ist auch<br />
da: Schulsekretärinnenstunden<br />
einkürzen und Kindergärten enger<br />
berechnen bei gleichzeitig flächendeckender<br />
Einführung der<br />
Ganztagsschule und politisch<br />
gewolltem Ausbau der frühkindlichen<br />
Erziehung. In der Kommunalpolitik<br />
offensichtlich kein<br />
Problem.<br />
Zum Zeitpunkt der Beauftragung<br />
2014 erschienen bereits<br />
Berichte darüber, dass PwC mit<br />
dem Luxemburg-Modell nament-<br />
24<br />
lich genannten Firmen mit<br />
kreativer Finanzgestaltung zur<br />
Seite gestanden hatte. Mit<br />
ausgeklügelten Steuersparmodellen<br />
drückte PwC die Steuerlast<br />
der Großunternehmen zum Teil<br />
auf unglaubliche 0,1 %. Die<br />
Süddeutsche Zeitung berichtete<br />
darüber, welche Praktiken PwC<br />
dabei pflegte - zum Schaden der<br />
Bundesrepublik Deutschland.<br />
Und unter Wikipedia gab es<br />
deutliche Darstellungen dazu, wie<br />
PwC Umsätze generierte. Der<br />
Steuerausfall für die Bundesrepublik<br />
lag Schätzungen zur Folge im<br />
mehrstelligen Millionenbereich.<br />
Einmal zur Kenntnis genommen,<br />
saßen Fragen den KommunalpolitikerInnen<br />
im Genick: Wie<br />
geht PwC mit den Erkenntnissen<br />
aus Emden um? Verlieren wir<br />
wichtige Steuerzahler, wenn PwC<br />
diese gleichzeitig berät? Und –<br />
warum bot die PwC die<br />
Begutachtung so preisgünstig an,<br />
wenn…?<br />
Ein Stochern im Nebel.<br />
Konkrete Antworten dazu gibt es<br />
nicht. Wie auch. Doch Fachleuten<br />
ist klar, der Schaden ist da. Wenn<br />
denn späterhin Einbrüche an<br />
Steuern zu verzeichnen sind,<br />
werden die Zusammenhänge<br />
nicht mehr nachvollziehbar sein.<br />
Der Nebel ist zu dicht.<br />
Und der Nebel ist gewollt. Das<br />
wurde im Vortrag des Werner<br />
Rügemer sehr deutlich. Die<br />
genannten Summen, die von den<br />
Big Four, den größten vier Global-<br />
Playern zu denen PwC gehört, für<br />
Großunternehmen einzusparen<br />
pflegen, liegen nahezu immer in<br />
mehrstelligen Millionenhöhen.<br />
Die Beratungsfirmen gehen in<br />
allen Bereichen nach immer<br />
gleichem Muster vor. Das Muster
25 LEUCHTTURM<br />
ist seit langem gut bekannt. Aber<br />
alle erstarren in Ehrfurcht, sobald<br />
Beratungsergebnisse vorliegen.<br />
Der Glaube an den Erfolg, das<br />
machte Werner Rügemer am<br />
Beispiel Köln und anderen<br />
Kommunen klar, zog blinden<br />
Eifer nach sich. Unterschriften<br />
unter tausendseitigen Verträgen<br />
bedenkenlos geleistet – und - die<br />
Erkenntnis, in eine Falle geraten<br />
zu sein, war und ist tatsächlich<br />
strafbar. Kommunen mussten<br />
zum Teil große Geldbeträge<br />
aufwenden, um aus dem Dilemma<br />
herauszukommen. Im Grunde<br />
doppelt geschädigt. Der Referent<br />
sprach deutliche, zu deutliche<br />
Worte, beleuchtete den, für<br />
politisch bewusst denkende Menschen<br />
offensichtlich kriminellen<br />
Hintergrund.<br />
Ein Fehler.<br />
Horst Jahnke nutzte die offene<br />
Flanke und reagierte erst einmal<br />
hart auf persönlicher Ebene. Der<br />
Referent habe Bezeichnungen<br />
gebraucht, betonte er, die eine<br />
Verpflichtung zur Anzeige bei der<br />
Staatsanwaltschaft nach sich<br />
zögen. Der Referent würde dann<br />
schon feststellen, dass alles<br />
korrekt gelaufen und krimineller<br />
Hintergrund nicht gegeben sei.<br />
Der Kämmerer entschied sich<br />
also für einen Angriff, für ein<br />
Infragestellen des Gegners. Gut.<br />
Das war seine Entscheidung.<br />
Das Argument zeigt aber auch<br />
zugleich die Schwäche des<br />
europäischen Systems. Recht und<br />
Gesetz eröffnen Möglichkeiten,<br />
die jedem normalbürgerlichen<br />
Rechtsempfinden zuwiderlaufen.<br />
Und die EU Gesetzgebung bildet<br />
kein Korrektiv. Europa ist kein<br />
Staatenbund, wie der erfolglose<br />
Finanzminister Griechenlands,<br />
Yanis Varoufakis, in einem ZEIT-<br />
Artikel verbittert feststellte, sondern<br />
lediglich ein Bund souveräner<br />
Staaten. Luxemburg ist ein<br />
souveräner Staat. Gerade diesen<br />
Aspekt weiß Jean Claude Junker<br />
immer wieder deutlich zu<br />
betonen. Die deutsche Strafverfolgung<br />
handelt nicht nach Rechtsempfinden,<br />
sondern nach geltendem<br />
Recht.<br />
Der Angriff des Kämmerers<br />
unterstrich also quasi noch<br />
einmal das Gesagte, doch im<br />
Anschluss gab es Versöhnlicheres.<br />
Der Kämmerer begründete den<br />
Einsatz PwCs, lieferte seinerseits<br />
einsehbare Anlässe für die<br />
Beauftragung - die Notwendigkeit<br />
der Wirtschaftsprüfung zum Beispiel<br />
- , er gab andererseits aber<br />
auch nach. Man habe eben nur<br />
eine Expertenmeinung hören<br />
wollen, Entscheidungen im Rahmen<br />
der Gutachten seinen<br />
schließlich immer noch Angelegenheit<br />
des Rates. Und gerade da<br />
könne gegen Vorschläge entschieden<br />
werden, die nicht sozialverträglich<br />
seien. Also: Nichts wird<br />
so heiß gegessen, wie …<br />
Der Referent versuchte einen<br />
Gegenzug, fragte nach bestehenden<br />
Gesetzen. Dennoch.<br />
Der Schlagabtausch der beiden<br />
Kontrahenten blieb unbefriedigend.<br />
Bis in die letzte Fragerunde<br />
hinein konnte – außer der<br />
Feststellung, wie heftig Steuern<br />
verloren und soziale Belange<br />
gering geschätzt werden - keine<br />
grundlegende Klärung erfolgen.<br />
Eine klare Aussage hätte nur<br />
lauten können: Gesetze, die<br />
dieses System ermöglichen, müssen<br />
geändert werden. Klar. Der<br />
Diskussionsprozess läuft, ob aber<br />
diesem gnadenlosen und gefährlichen<br />
Unsinn ein (Gesetzes-)<br />
Riegel vorgeschoben werden<br />
kann, sei dahingestellt.<br />
Bis dahin halten es alle so, wie<br />
Biedermann es mit seinen<br />
Freunden, den Brandstiftern,<br />
hielt.*<br />
*) Im Drama hält Biedermann zu<br />
seinen Freunden, den Brandstiftern.<br />
Kurz bevor alles in Flammen aufgeht,<br />
tritt der Akademiker, ein Brandstifter,<br />
auf und verliest ein Schriftstück, mit<br />
dem er sich von den Taten der<br />
Brandstifter distanziert. (Max Frisch:<br />
Biedermann und die Brandstifter.<br />
Drama. Erstaufführung 28.09.1958)<br />
40 JAHRE Mitglied unserer GEWerkschaft<br />
Der GEW Kreisverband Aurich<br />
dankt folgenden Kolleginnen<br />
und Kollegen für ihre<br />
langjährige, nämlich 40jährige<br />
Mitgliedschaft in der GEW:<br />
Klaus Brendemühl, Dieter Fröhlich,<br />
Uwe Geipel, Susanne Karg-Alberding,<br />
Heidi Koenig-Gohl, Susanne König,<br />
Erika Kroh-Lammers, Elfi Losch,<br />
Jutta Meyer, Reinhold Mohr, Jürgen<br />
Mühlhausen, Karin Reinken, Berthold<br />
Rogga, Grete Saathoff, Hartmut<br />
Steffen, Helene Steffen.<br />
Der Kreisvorstand nahm dies zum<br />
Anlass, die JubilarInnen zu einem<br />
Essen einzuladen und das<br />
Jubiläum gebührend zu feiern.<br />
Die meisten der Eingeladenen sind schon im Unruhestand; so mussten einige leider wegen<br />
Ortsabwesenheit absagen: Erika Kroh-Lammers, Dieter Fröhlich, Uwe Geipel und Reinhold Mohr konnten<br />
teilnehmen (s. Foto) (Die weiteren Personen auf dem Foto sind die Vorstandsteam-Mitglieder Karl Hoops,<br />
Silke Utnehmer, Nicole Bones, Melanie Diehl und Christian Philipp Storm.)
LEUCHTTURM<br />
26<br />
Anmerkungen zu Bedeutung der Schreibschrift<br />
Hasso Rosenthal<br />
(Quelle: Gegen<br />
die Abschaffung<br />
der Schreibschrift;<br />
Hamburg;<br />
22. 6. 2014;<br />
Die Welt)<br />
s. auch<br />
LT Nr. 119<br />
Viele Schulpolitiker deuten<br />
das Erlernen der Schreibschrift<br />
als überkommenen Bildungsbalast<br />
aus dem 19. Jahrhundert.<br />
Eigentlich würde man<br />
Schülerinnen und Lehrerinnen<br />
gern entlasten, um Raum für<br />
andere Lerninhalte zu schaffen.<br />
So gibt es in Thüringen seit 2010<br />
vorgeschrieben nur noch die<br />
Druckschrift, in Hamburg seit<br />
2011. In der Schweiz oder in<br />
Finnland will man das Schreiben<br />
mit der Hand komplett abschaffen.<br />
Man diskutiert die komplette<br />
Umstellung des Lese-Schreib-<br />
Lehrgangs auf Tablets. In den<br />
Niederlanden gibt es etliche<br />
„Steve-Jobs-Schulen“, in denen<br />
Schülerinnen nur noch mit<br />
Tablets (i-Pods) arbeiten.<br />
Prof. Ursula Bredel (Uni<br />
Hildesheim – Lehrstuhl Orthografie-Didaktik)<br />
kritisiert, dass<br />
hier (wieder einmal) eine Reform<br />
praktiziert werde, ohne begleitendes<br />
Pilotprojekt. „Die Auswirkung<br />
(der Abschaffung der Schreibschrift)<br />
kann man nicht durch<br />
kurzfristige Beobachtungen feststellen.<br />
So werde () das<br />
Experiment ohne fundierte<br />
Kenntnisse des Prozesses (der<br />
Entwicklung der Sprach- und<br />
Rechtschreibkompetenz) am lebenden<br />
Subjekt durchgeführt.“ Sie<br />
betont als Vertreterin der Orthografiedidaktik,<br />
dass Handschreiben<br />
ein „kosmotischer Prozess“<br />
sei, bei dem nicht einzelne<br />
Buchstaben isoliert verschriftlicht<br />
würden, sondern Buchstabenfolgen,<br />
die sprachlichen Einheiten<br />
entsprechen (überwiegend Silben<br />
und Morpheme). Die Schrift<br />
besteht aus Zeichen zur Wiedergabe<br />
der Sprache, die intellektuell<br />
bedeutsam wirken. „Verbundene<br />
Schriften ermöglichen Schülern<br />
sprachliche Einheiten als verbundene<br />
zu lernen.“ Bredel kritisiert,<br />
dass das Fehlen der Schreibschrift<br />
beim Schreibprozess kaum untersucht<br />
sei. Sie hebt jedoch hervor,<br />
dass der bisherige Forschungsstand<br />
die lateinische Ausgangsschrift<br />
und die Schulausgangsschrift<br />
als lernfreundlichste Schriften<br />
bezeichnet werden können.<br />
Kommunikationsfähigkeit ist<br />
die Summe aller Fähigkeiten des<br />
Menschen, sich verbal oder<br />
schriftlich zueinander zu verhalten<br />
(Watzlawick). Die digitale<br />
Kommunikation kann ein erhebliches<br />
Defizit an Fähigkeiten zur<br />
mitmenschlichen Kommunikation<br />
bedeuten, da die komplexe<br />
und vielseitige Form des wirklichen<br />
Umgangs miteinander (face<br />
to face) unterentwickelt bleibt.<br />
Nur die analoge Kommunikation<br />
(Sprechen und handschriftliche<br />
Dialoge) bieten das semantische<br />
Potential (Watzlawick) der Empathie<br />
und der Verständigung<br />
(Allegorese).<br />
„Haus“ ist ein einfaches Wort.<br />
Aber beim Lesen oder Handschreiben<br />
dieses Wortes explodiert<br />
im Gehirn ein wahres<br />
Feuerwerk. Millionen winzige<br />
Stromimpulse rasen durch die<br />
Nervenbahnen. Sie aktivieren alte<br />
Erinnerungen und stimulieren<br />
Gefühle. In diesem Moment ist<br />
aus einem Wort mehr geworden<br />
als vier Buchstaben. Der Schreiber,<br />
Leser hat ein Bild vor Augen.<br />
Es gibt nach Morris vier<br />
Gebrauchsweisen der Sprache:<br />
informativ, bewertend, Handlung<br />
provozierend, systembildend<br />
(ordnend). Es gibt den alten<br />
Leitsatz „mit der Hand in den<br />
Kopf“.<br />
Zwei Forscher der Princeton<br />
University untersuchten in Experimenten,<br />
wie gut Probanden die<br />
Inhalte von Vorträgen wiedergeben<br />
konnten, je nachdem ob sie<br />
Notizen mit der Hand oder mit<br />
dem Computer verfasst hatten.<br />
Dabei zeigte sich: Bei reinen<br />
Wissensabfragen nach harten<br />
Fakten schnitten beide Gruppen<br />
ähnlich gut ab. Weitergehende<br />
Verständnisfragen jedoch konnte<br />
die Handschrift-Fraktion deutlich<br />
besser beantworten als diejenigen,<br />
die an der Tastatur gesessen<br />
hatten.<br />
Schreiben und Lesen, miteinander<br />
reden, Piktogramme austauschen<br />
können in viele Bestandteile<br />
zerlegt und untersucht werden.<br />
Die Lehre der Funktionsweise der<br />
Dialoge, der Debatten (Soziolinguistik<br />
mit der „Ethnographie des<br />
Sprechens und Schreibens“ in<br />
einer bestimmten Gesellschaft)<br />
zeigt die typischen sinngebenden<br />
Sprach-, Bild- und Kommunikationsmuster.<br />
Dabei ist bisher die<br />
handschriftliche Aneignung der<br />
Sprache mit ihren Funktionen<br />
wichtiger Bestandteil der „Aneignung<br />
der Deutung der Welt“.<br />
Beim handschriftlichen Notieren<br />
entsteht eine innere, wörtliche<br />
Rede, die unsere Sprachkompetenz<br />
(Denotat und Konnotat)<br />
weiterentwickelt. Mit der Sprache<br />
und ihrer Aneignung schaffen wir<br />
ein geordnetes Weltbild (Adam
27 LEUCHTTURM<br />
Schaff). Dabei ist die genuineigene<br />
Handschrift Teil dieses<br />
Aneignungsprozesses. Indem ich<br />
verbunden Buchstaben zu Worten,<br />
Sätzen und Texten gestalte,<br />
schaffe ich auch meinen Sinn für<br />
das Verständnis meiner Welt.<br />
Wenn ich diese Kompetenz<br />
entwickelt habe, kann ich auch<br />
sinnentnehmend Lesen. Das<br />
Gehirn kann noch mehr. Es passt<br />
Lesetempo und Intensität an den<br />
Text an. Neben dem Sinn der<br />
Wörter erkennt es auch deren<br />
grammatikalische Bedeutung.<br />
Wie die einzelnen Gehirnregionen<br />
dabei zusammenarbeiten, ist<br />
noch unklar. „Wir wissen, dass fast<br />
die Hälfte der Hirnoberfläche am<br />
Lesen beteiligt ist“, sagt Fischer.<br />
Das Gedächtnis spielt dabei eine<br />
zentrale Rolle. Das Kurzzeitgedächtnis<br />
speichert Informationen<br />
vom Textanfang, die später mit<br />
neuen Inhalten verknüpft werden.<br />
Das Langzeitgedächtnis stellt<br />
Bilder und Gefühle bereit. Ohne<br />
das Langzeitgedächtnis würde der<br />
Leser keinen Text verstehen. Er<br />
könnte sich nicht einmal daran<br />
erinnern, was ein Haus ist. Dabei<br />
ist „Haus“ so ein einfaches Wort.<br />
»Lesen kann das Auge nicht. Wir<br />
sehen mit dem Gehirn. «<br />
(Neurologe Burkhart Fischer,<br />
Universität Freiburg)<br />
Viele Schulpolitiker deuten<br />
das Erlernen der Schreibschrift als<br />
überkommenen Bildungsbalast<br />
aus dem 19. Jahrhundert. Das 19.<br />
Jahrhundert war das Jahrhundert<br />
der Aufklärung und der Entwicklung<br />
der Allgemeinbildung. Es<br />
gibt seit 150 Jahren gute<br />
Erfahrungen mit der Enkulturation<br />
mittels der Handschrift.<br />
Natürlich ist es mühselig,<br />
Schriftsprache zu lernen. Erst<br />
Recht, seitdem haptische Grundfertigkeiten<br />
über die explosionsartige<br />
Nutzung von Tastatur und<br />
Bildschirm signifikant zurückgebildet<br />
werden. Doch: Die<br />
teilweise handwerkliche Aneignung<br />
unserer sprachlichen Fähigkeiten<br />
bleibt aktuell wichtig.<br />
Termine für die Herbstschulung 2015<br />
Liebe Kolleginnen und Kollegen,<br />
auch dieses Jahr finden wieder<br />
unsere Herbstschulungen für<br />
Personalräte in den unterschiedlichen<br />
Kreisverbänden statt. In der<br />
unterliegenden Tabelle geht<br />
hervor, an welchem Tag die<br />
Herbstschulung stattfindet mit<br />
dem dazugehörigen Referenten.<br />
Weitere Infos erhaltet Ihr bei<br />
eurem Kreisverband.<br />
Untergliederung Datum Referentin/Referent<br />
KV Emden Do, 12.11.2015 Elisabeth Schramm<br />
KV Wittmund Di, 17.11.2015 Enno Emken<br />
KV Wilhelmshaven Di, 17.11.2015 Astrid Müller<br />
KV Jever Do, 19.11.2015 Melanie Esters<br />
KV Leer Do, 19.11.2015 Enno Emken<br />
BBS Nordkreis Di, 24.11.2015 Frederick Schnittker<br />
KV Varel Do, 03.12.2015 Margret Kohake<br />
KV Norden / Aurich Do, 03.12.2015 E. Emken/S. Störmer<br />
Gymnasien (Nord) OL Do, 25.02.2016 Sabine Nolte<br />
Informationen aus dem Schulbezirkspersonalrat:<br />
In unregelmäßigen Abständen veröffentlichen die Mitglieder der GEW Fraktion im<br />
Schulbezirkspersonalrat<br />
Die Mitglieder des Schulbezirkspersonalrats sind montags<br />
und mittwochs in der Zeit von 9.00 bis 15.00 Uhr unter der<br />
Osnabrücker Nummer in der Landesschulbehörde zu<br />
erreichen. Am Freitag sind die Vorsitzende und ihre<br />
Stellvertreterinnen in der Zeit von 8.30 bis 12.00 Uhr im<br />
Osnabrücker Büro. Außerhalb der Zeiten kann man die<br />
Mitglieder des Schulbezirkspersonalrats unter der privaten<br />
Dienstnummer erreichen.<br />
http://gewweserems.de/team/personalrat<br />
Eine gute und aktive Personalratsarbeit ist nur möglich,<br />
wenn die Akteure bestens informiert werden. Die GEW im<br />
Bezirk Weser-Ems hat aus diesem Grunde eine Art<br />
„Wissensspeicher“ für Personalräte ins Netz gestellt. Diese<br />
Seite, die sich an GEW Personalrät*Innen wendet,<br />
beinhaltet auch den alten Ordner „Arbeitsplatz Schule“.<br />
http://gewweserems.de/personalrat<br />
kurzgefasst<br />
Schulbezirkspersonalrat aktuelle Informationen in Form einer kleiner Broschüre,<br />
die als Mail verschickt wird. Auch als Download unter www.gew<br />
.gew-wittmund.de<br />
Die pdf Datei wird für GEW Mitglieder des Bezirks bei Erscheinen kostenfrei an Personalräte verschickt.
LEUCHTTURM<br />
Unterwerfung als Freiheit.<br />
Leben im Neoliberalismus.<br />
Ein Buch von Ed Patrick Schreiner im PapyRossa Verlag<br />
Quelle: BLZ,<br />
Zeitung der<br />
GEW Bremen,<br />
7/8-2015<br />
Die 1970er Jahre gelten mit<br />
dem Zusammenbruch des<br />
Systems fester Wechselkurse<br />
(Bretton Woods-System) im Jahr<br />
1973, der Weltwirtschaftskrise<br />
1974/75 und der damit erfolgenden<br />
Rückkehr der Massenarbeitslosigkeit<br />
als ökonomischer Wendepunkt<br />
der Nachkriegszeit. Wurde<br />
bis dahin der Wohlfahrtsstaat<br />
ausgebaut und auf eine aktive<br />
Konjunktursteuerung gesetzt, so<br />
gerieten sozialstaatliche Regulierungen<br />
nun zunehmend unter<br />
Druck: Staatliche Tätigkeit wurde<br />
als grundlegend ineffizient gegenüber<br />
Marktprozessen bewertet,<br />
und vermeintlich zu hohe Löhne<br />
galten fortan als Bremse für<br />
Investitionen. Die internationalen<br />
Finanzmärkte wurden mit dem<br />
Versprechen einer so erreichbaren<br />
optimalen Kapitalallokation –<br />
das heißt: Kapitel fließt ohne<br />
Schranken in seine besten<br />
Verwendungsmöglichkeiten und<br />
schafft so ein größtmögliches<br />
Wachstum – dereguliert. Diese<br />
wirtschaftspolitische Neuorientierung<br />
wird als Wendung hin zum<br />
Neoliberalismus bezeichnet.<br />
Der Neoliberalismus ist dabei<br />
mehr als eine wirtschaftspolitische<br />
Orientierung: Er versteht<br />
sich auch als gesellschaftspolitische<br />
Ideologie, deren Ziel die<br />
Durchsetzung marktwirtschaftlicher<br />
Ordnungsprinzipien in Alltag<br />
und Gesellschaft war und ist.<br />
Das Buch Unterwerfung als<br />
Freiheit. Leben im Neoliberalismus<br />
von Patrick Schreiner setzt<br />
sich kritisch mit den Mechanismen<br />
dieser Verankerung neoliberaler<br />
Ideologien im Bewusstsein<br />
der Menschen auseinander. Der<br />
Autor wirft mithin keine ökonomische<br />
Fragestellung auf – etwa<br />
die Frage, welche neoliberalen<br />
Ideen und Vorstellungen die<br />
Wirtschaftspolitik dominieren<br />
und welche ökonomischen Folgen<br />
sie haben. Seine Fragestellung ist<br />
vielmehr eine politikwissenschaftlich-soziologische:<br />
Wie werden<br />
die Menschen zu neoliberalen<br />
Subjekten – „zu Menschen<br />
also, die etwa marktkonform,<br />
wettbewerbsfähig, selbstdiszipliniert,<br />
anpassungsbereit, flexibel,<br />
egoistisch, aktiv und unternehmerisch<br />
sind, sein wollen oder sein<br />
sollen; zu Menschen, für die<br />
Selbstthematisierung, Selbstoptimierung<br />
und Selbstdarstellung<br />
eine selbstverständliche und<br />
alltägliche Freude sind oder<br />
zumindest sein sollen“ (S. 32).<br />
Konkret widmet sich Schreiner<br />
kritisch den alltäglichen und auf<br />
den ersten Blick oft unpolitischen<br />
Mechanismen, durch die neoliberales<br />
Denken und Handeln als<br />
angemessen und alternativlos<br />
erscheint: Stark durchdrungen<br />
durch den Neoliberalismus ist<br />
28<br />
etwa der Bildungsbereich (S. 33<br />
ff.). So trete die Frage, was Wissen<br />
in einer demokratisch verfassten<br />
Gesellschaft bedeutet, in den<br />
Hintergrund, während Kompetenzen<br />
zur flexiblen Wissensaneignung<br />
immer wichtiger werden.<br />
Naturwissenschaftliches und technisches<br />
Wissen genießt gesellschaftlich<br />
einen Vorrang gegenüber<br />
geistes- und sozialwissenschaftlichem.<br />
In die Bildungspolitik<br />
selbst haben Marktprinzipien<br />
Einzug gehalten, was insbesondere<br />
für die Hochschulbildung gilt:<br />
Die Lernenden werden als<br />
Konsumentinnen und Konsumenten<br />
von Bildungsdienstleistungen<br />
verstanden. Lernen wird<br />
so zur „Arbeit an sich selbst,<br />
Gestalten eines eigenen Profils an<br />
Kompetenzen und Fertigkeiten,<br />
mit denen die Bedürfnisse von<br />
Unternehmen bzw. ‚Märkten‘<br />
befriedigt werden.“ (S. 39) In<br />
diesem Zusammenhang zeigt<br />
Schreiner auch den neoliberalen<br />
Gehalt der Aussage „Bildungspolitik<br />
ist die bessere Sozialpolitik“<br />
auf: Diese Einschätzung beruht<br />
bekanntlich auf der Aussage, dass<br />
gut ausgebildete Menschen höhere<br />
Gehälter beziehen und weniger<br />
von Arbeitslosigkeit betroffen<br />
sind. Diese Argumentation ist<br />
aber nicht schlüssig: So werden<br />
viele Menschen trotz guter<br />
Ausbildung schlecht bezahlt, und<br />
bestimmte soziale Gruppen wie<br />
Menschen mit Behinderung werden<br />
am Arbeitsmarkt systematisch<br />
ausgegrenzt. Gleichwohl<br />
lässt sich die soziale Frage auf<br />
diese Weise individualisieren:<br />
Wer seine Bildungschancen nicht<br />
nutzt, erscheint als selbst schuld<br />
an der eigenen Situation.<br />
In seiner unmittelbarsten Form<br />
wird neoliberales Denken von<br />
Ratgeber- und Management-<br />
Literatur vermittelt – die Kernbotschaft<br />
lautet: „Jeder und jede kann
29 LEUCHTTURM<br />
‚es schaffen‘, … solange man nur<br />
an sich und den eigenen Erfolg<br />
glaube, motiviert sei und Leistung<br />
bringe“ (S. 48). Gesellschaftliche<br />
Verhältnisse und Rahmenbedingungen<br />
werden ausgeblendet,<br />
genauso wie die Tatsache, dass<br />
Anstrengungen und Bemühungen<br />
nicht automatisch und immer<br />
zum Erfolg führen.<br />
Auch für Seifenopern, Sport,<br />
Castingshows und einiges mehr<br />
kann Schreiner Anknüpfungspunkte<br />
neoliberalen Denkens<br />
aufzeigen. Immer geht es darum,<br />
Menschen der Erwartung auszusetzen,<br />
„sich permanent selbst zu<br />
thematisieren, darzustellen und<br />
zu vermarkten. Sie sollen sich als<br />
aktiv und attraktiv, als flexibel<br />
und anpassungsfähig, als unternehmerisch<br />
und wettbewerbsfähig<br />
erweisen. Diesem Zweck sollen<br />
wiederum Bildung und sportliche<br />
Fitness, Soziale Netzwerke und<br />
Konsum, Ratgeberliteratur und<br />
Esoterik gleichermaßen dienen“<br />
(S. 105).<br />
Patrick Schreiner, der beim<br />
DGB in Niedersachsen/Bremen/<br />
Sachsen-Anhalt arbeitet, einen<br />
lesenswerten<br />
Blog<br />
(www.annotazioni.de) betreibt<br />
und unter anderem regelmäßig<br />
auf den NachDenkSeiten schreibt,<br />
hat ein ausgesprochen interessantes<br />
Buch verfasst: Unterwerfung<br />
als Freiheit zeigt, wie weit die<br />
neoliberale Ideologie mittlerweile<br />
in Alltag und Gesellschaft<br />
vorgedrungen ist und in welchem<br />
Umfang neoliberales Denken<br />
jenseits ökonomischer Debatten<br />
gesellschaftlich verankert und<br />
handlungsleitend wirkt. Deutlich<br />
wird dadurch, dass eine Auseinandersetzung<br />
mit neoliberalen<br />
Politikkonzepten auch jenseits<br />
von ökonomischen Theorien und<br />
Wirtschaftspolitik geführt werden<br />
muss.<br />
Wer sich kritisch mit dem<br />
Neoliberalismus auseinandersetzen<br />
will, kommt an diesem Buch,<br />
das ausgesprochen gut und leicht<br />
lesbar geschrieben ist, nicht<br />
vorbei. Es ist die beste Grundlage,<br />
um die nach wie vor ungebrochene<br />
Hegemonie des Neoliberalismus<br />
zu verstehen.<br />
„Früher an Später denken“<br />
Mit dieser Broschüre bietet die GEW<br />
Niedersachsen Hilfen für die<br />
Bereiche Wohnen und Pflege.<br />
Die Broschüre wendet sich ausdrücklich<br />
auch an jüngere Mitglieder.<br />
Denn beide Themen können für jeden<br />
jederzeit aktuell werden!<br />
Ist man nicht selbst von Handicaps<br />
betroffen, sind es vielleicht (ältere)<br />
Angehörige.<br />
Neben einer ausführlichen Darstellung<br />
der aktuellen Pflegegesetzgebung mit<br />
ihren verschiedenen Möglichkeiten, wird<br />
auf die entsprechenden Beihilfeverordnungen<br />
hingewiesen.<br />
„Handbuch Lernziel Gleichwertigkeit“<br />
Das Handbuch‚Lernziel<br />
Gleic<br />
leichw<br />
hwertigkeit<br />
stellt<br />
den Präventionsansatz von Schule<br />
ohne Rassismus – Schule mit<br />
Courage vor und erklärt, wie<br />
Diskriminierungheute funktioniert.<br />
Es richtet sich nicht nur an<br />
die Courage-Schulen, sondern an<br />
alle Schulen der Sekundarstufe<br />
und an Einrichtungen der<br />
politischen Bildung. Es unterstützt<br />
Jugendliche, PädagogInnen<br />
und SozialarbeiterInnen bei<br />
ihrem Engagement für Vielfalt<br />
und gegen Diskriminierung und<br />
Gewalt.<br />
Das Handbuch gibt Antworten<br />
auf Fragen wie: Wo findet in der<br />
Schule die Konfrontation mit<br />
Anzahl Stk. à 14,95 EUR = Gesamtpreis<br />
Lieferung und Rechnung an:<br />
Name, Vorname<br />
Schule / Institution<br />
Straße<br />
PLZ, Wohnort<br />
Telefon / Fax / E-Mail Ort, Datum Unterschrift<br />
Die angegebene Adresse ist eine: ? Schule / Institution ?<br />
Privatadresse<br />
Per Post: Die Bundeskoordination von<br />
Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage,<br />
Ahornstr. 5, 10787 Berlin<br />
Per Fax:<br />
030 / 21 45 86 20<br />
Per<br />
E-Mail:<br />
schule@aktioncourage.org<br />
Themen wie Mobbing, Rassismus,<br />
Flucht & Asyl, Antisemitismus,<br />
Antiziganismus Altersdiskriminierung,<br />
Muslimenfeindlichkeit,<br />
Salafismus und Genderfragen<br />
statt? Wie und in welcher<br />
Form können SchülerInnen die<br />
Initiative dazu ergreifen und<br />
mitmachen, mitgestalten und<br />
mitbestimmen? Neue und bewährte<br />
Methoden der Menschenrechtserziehung<br />
werden anhand<br />
praktischer Beispiele dargestellt.<br />
Und es finden sich zahlreiche<br />
Tipps, wie sich die Aktiven<br />
schulübergreifend vernetzen und<br />
qualifizieren können.<br />
Das Handbuch kostet regulär pro<br />
Exemplar 19,95 Euro.•<br />
Herausgeber: Die<br />
Bundeskoordination<br />
von<br />
Schule ohne Rassismus<br />
– Schule<br />
mit Courage.<br />
Loseblattsammlung<br />
im DIN<br />
A4-Ordner,<br />
Vierfarbdruck.<br />
ca. 218 Seiten,<br />
ca. 200 farbige<br />
Abbildungen.<br />
Die Bezahlung<br />
erfolgt per Rechnung.<br />
Bei Bestellungen bis zum 31. Dezember 2015 erhalten Sie einen Sonder-<br />
preis.<br />
14,95 EUR = 218 Seiten, 200 farbige Abbildungen.
LEUCHTTURM<br />
30<br />
AG Jugendliteratur & Medien der GEW (AJuM)<br />
Alter Schwede!<br />
Lars Ruppel nutzt zehn Redensarten, um überraschende Geschichten und/oder Einsichten zu vermitteln,<br />
die er in gereimter Form schreibt, in Versen und Strophen und lang, wie es sonst nur<br />
Balladen sind – oder eben »Poetry-Slam«. Man hört den Text praktisch beim eigenen Lesen und<br />
kann dann auch mit ‚unreinen‘ Reimen sehr gut leben. Hervorragend zum Vorlesen in kleiner Runde!<br />
Lars Ruppel:<br />
Holger, die Waldfee<br />
Berlin: Satyr (Buch 2014, CD 2015)<br />
Buch: ISBN 978-3-944035-37-6; 96 S<br />
CD: ISBN 978-3-944045-49-963 min *<br />
je 10,90 • * ab 12 Jahre<br />
Lars Ruppel ist Deutscher<br />
Meister im Poetry Slam 2014<br />
und eine wahrhaft gebündelte<br />
Energie auf der Bühne. Hier<br />
macht er aus elf Redensarten<br />
Balladen, die sich bezüglich der<br />
Dramatik und den Reimen vor<br />
denen der deutschen Klassik nicht<br />
verstecken muss.<br />
»Schmidts Katze«, »Mein lieber<br />
Herr Gesangsverein«, »Donnerlittchen«<br />
sind einige der Titel, aus<br />
denen Lars Ruppel seine Geschichten<br />
spinnt. Er erzählt in<br />
Versen, vier Verse in einer<br />
Strophe, 20 bis über 40 Strophen<br />
in jeder Geschichte. Jede bewegt<br />
sich am Rand des Absurden,<br />
Vorurteile werden nicht nur<br />
aufgenommen, sondern sogar<br />
überhöht und damit als solche<br />
entlarvt.<br />
Aber nicht das ist das Motiv für<br />
den Autor, er lebt die deutsche<br />
Sprache, er liebt die deutsche<br />
Sprache. Und er weiß sie zu<br />
nutzen: »Aus dem Haus des alten<br />
Schweden / tritt eben jener so wie<br />
jeden / Tag zur Tür hinaus und<br />
steht, / bis hinter ihm die Tür<br />
zugeht, / ...« beginnt der Prolog zu<br />
»Alter Schwede«. Wer’s noch nicht<br />
wusste: Jeder schwedische Junge<br />
erhält an seinem dreizehnten<br />
Geburtstag eine Axt, mit der er<br />
eine Fichte im Wald schlägt.<br />
Wozu, was macht er so genial?<br />
Ein Regal! Man ahnt schon:<br />
Schweden, Holz, Regal. Da gibt<br />
es ein bekanntes Möbelhaus, aus<br />
dem man sich Einzelteile zum<br />
selbst Zusammenschrauben besorgen<br />
kann. Warum immer<br />
wieder irgendwelche Teile fehlen,<br />
wird uns nun dank Lars Ruppel<br />
klar: Das liegt an der Fee!<br />
Genaueres? CD anhören oder<br />
Buch lesen!<br />
Er erzählt seine Geschichten in<br />
strenger Gedichtform, wobei er<br />
ein Reimschema (a-b-c-c-b) einhält,<br />
andererseits aber auch »sehr«<br />
zu »yeah« gesellt, hier also<br />
weniger streng ist. Auch nutzt er<br />
einen Wechsel des Reimschemas,<br />
um eine Erzählposition deutlich<br />
zu machen: In »Holger, der<br />
Waldfee« wird mit dem Auftritt<br />
der Titelperson von a-b-c-b zu a-<br />
a-b-b gewechselt, was zu erheblich<br />
mehr Nähe führt. Und, um<br />
die Äußerlichkeiten damit zu<br />
verlassen, es gibt jeweils sehr<br />
viele (der zumeist vierzeiligen)<br />
Strophen. Im Titelgedicht sind es<br />
29, in »Nicht schlecht, Herr<br />
Specht« sogar 42.<br />
Wenn es sich nur um<br />
Erzählfreude handelte, dann<br />
würde sich das Nachlesen bereits<br />
lohnen, aber der Autor hat<br />
darüber hinaus wirklich noch<br />
etwas mitzuteilen. Er personifiziert<br />
die Redensarten (aus<br />
»Holladi« wird »Holger, die ...«,<br />
aus »Voll karacho« wird »Volker<br />
Racho«) und kann damit konkret<br />
werden.<br />
Wer Lars Ruppel schon einmal<br />
auf der Bühne erlebte (alternativ:<br />
Video-Portal im Internet), weiß,<br />
dass er sein Publikum mit den<br />
ersten Worten »in der Hand« hat<br />
und es ihm gern folgt, wohin er<br />
auch gehen mag. Umgekehrt<br />
treibt das Publikum den Akteur<br />
zu neuen Leistungen. Beim<br />
Einsprechen im Studio fehlt<br />
dieser Teil, sodass der Hörgenuss<br />
einseitig bleibt, ist aber dennoch<br />
(sehr) empfehlenswert.<br />
P.S. Im gleichen Verlag ist 2014<br />
auch »Die Poetry Slam Fibel«<br />
erschienen (Paperback, 287 Seiten,<br />
14,90 •).<br />
Zwei Rezension (zu Buch und<br />
CD) stehen im Internet unter<br />
www.ajum.de<br />
(Datenbank)<br />
Ulrich H. BASELAU * Osterstr. 30 *<br />
26409 Wittmund * Ulrich ad<br />
Baselau.de
31 LEUCHTTURM<br />
Wirtschaftskunde kurz und knackig – und über den Lohn kräftiger Lohnsteigerungen:<br />
„Angela Merkels teurer Irrweg“<br />
Krise. Der Euro ist schwach,<br />
die Arbeitslosigkeit hoch,<br />
Zinsen und Wachstum liegen<br />
nahe null. Europas Wirtschaft<br />
stürzt ab, weil es Deutschland<br />
zum Vorbild nimmt.<br />
Glaubt man 95 Prozent aller<br />
Kommentare zur Lage in<br />
Europa, dann gibt es ein paar<br />
tausend Dinge, die in diesem<br />
Europa gerade schiefgehen.<br />
Von der Korruption in Griechenland<br />
über die Bürokratie<br />
in Frankreich und die laxe<br />
Steuerdisziplin in Italien bis<br />
zur Unfähigkeit eines großen<br />
Landes, seinen Hauptstadtflugplatz<br />
zu bauen: Die Liste<br />
institutionellen Versagens<br />
scheint unendlich lang zu sein.<br />
Wer Europa retten will, muss<br />
Zeus, Herkules und Sisyphus<br />
zugleich sein.<br />
Das aber ist grandioser<br />
Unsinn! Es gibt einen einzigen<br />
Vorgang, mit dem man alle<br />
scheinbar unerklärlichen Phänomene<br />
ohne Weiteres erklären<br />
kann. Europa versucht,<br />
unter der geistigen Führung<br />
Berlins, seine Probleme exakt<br />
auf die gleiche Weise zu lösen<br />
wie Deutschland. Die deutsche<br />
Lösung hieß, man mag es so<br />
oft drehen und wenden, wie<br />
man will: Lohnsenkung.<br />
Die Logik der Lohnsenkung<br />
zwischen Ländern ist genau<br />
die gleiche wie zwischen<br />
Unternehmen. Ein Unternehmen<br />
allein kann damit seine<br />
Lage verbessern. Das ist das<br />
ganze Geheimnis der deutschen<br />
Agendapolitik vom Beginn<br />
des Jahrhunderts. Senken<br />
aber alle Firmen die Löhne<br />
zugleich, geht es schief. Senkt<br />
nur ein Unternehmen die<br />
Löhne, bleibt seine eigene<br />
Nachfrage intakt, denn die<br />
Nachfrage der eigenen Arbeitnehmer,<br />
deren Einkommen<br />
gesunken ist, spielt in der<br />
Regel keine entscheidende<br />
Rolle. Senken jedoch alle<br />
Unternehmen die Löhne, sinkt<br />
bei allen Unternehmen sofort<br />
die Nachfrage, weil ja alle<br />
Arbeitnehmer unmittelbar mit<br />
einer Einschränkung ihrer<br />
Ausgaben reagieren.<br />
Alle Unternehmen versuchen<br />
daraufhin ihre Lage<br />
dadurch zu verbessern, dass sie<br />
die Preise senken. Das gelingt<br />
natürlich nicht, aber die Preise<br />
beginnen insgesamt zu sinken,<br />
man nennt das dann Deflation.<br />
Das verbessert die Einkommenssituation<br />
der Arbeitnehmer<br />
zwar wieder ein wenig,<br />
aber doch nicht so stark, dass<br />
die Unternehmen das alte<br />
Niveau der Nachfrage wieder<br />
zurückgewinnen können. Sie<br />
entlassen daher Arbeitskräfte.<br />
Weil die Preise sinken, das<br />
Wachstum versiegt und die<br />
Arbeitslosigkeit steigt, senkt<br />
die Zentralbank die Zinsen so<br />
weit, wie es nur irgendwie<br />
geht.<br />
Sind sie bei null, geht es<br />
nicht mehr weiter. Nun hofft<br />
die Lohnsenkungsregion darauf,<br />
dass im Rest der Welt die<br />
Löhne nicht auch sinken und<br />
ihre eigene Währung nicht<br />
aufgewertet wird. Weil man<br />
woanders zunächst die Löhne<br />
nicht gesenkt hat und die<br />
europäische Notenbank die<br />
Zinsen auf null gebracht hat,<br />
sinkt sogar der Wert der<br />
eigenen Währung für einige<br />
Zeit, sodass die Löhne,<br />
gerechnet in internationaler<br />
Währung, richtig stark abnehmen.<br />
Wenn das nicht der<br />
Durchbruch ist! Jetzt ist ganz<br />
Europa endlich da, wo die<br />
Deutschen waren, als ihre<br />
Erfolgsgeschichte begann.<br />
Es gewinnt immer nur<br />
einer<br />
Jetzt müssen wir nur noch<br />
fest die Daumen drücken, dass<br />
die anderen nicht so schnell<br />
merken, wie die Europäer sie<br />
mit niedrigen Löhnen an die<br />
Wand drängen. Die anderen<br />
müssen jetzt nämlich zehn<br />
Jahre aushalten, dass die<br />
Europäer ihnen Marktanteile<br />
und Arbeitsplätze abjagen, ja,<br />
dass die Europäer ihre Arbeitslosigkeit<br />
exportieren. Sie müssen<br />
immer höhere Leistungsbilanzdefizite<br />
machen, sich<br />
immer mehr bei uns verschulden,<br />
damit wir endlich<br />
wachsen können. Da passt es<br />
gut, dass wir mit ihnen<br />
Freihandelsabkommen aushandeln,<br />
wo sie unterschreiben,<br />
dass sie nichts tun werden<br />
gegen die überlegenen europäischen<br />
Unternehmen mit<br />
ihren niedrigen Löhnen.<br />
Es gewinnt immer der eine,<br />
was der andere verliert, so war<br />
es schon immer auf der Welt.<br />
Früher führte man Kriege, um<br />
anderen ihre Schätze abzujagen,<br />
oder man setzte die<br />
eigene Flotte ein, um die<br />
„Handelswege“ zu sichern. Das<br />
nannte man Merkantilismus:<br />
Nur das macht reich, was ich<br />
anderen abgejagt habe. Heute<br />
geht man subtiler vor. Im<br />
Merkelantismus erklärt man<br />
den anderen, dass sie sich<br />
verschulden sollen, weil das,<br />
bei niedrigen Zinsen zumal,<br />
einfach das Beste für sie ist.<br />
Man weiß doch, dass Amerikaner<br />
ohnehin nicht gerne sparen<br />
und Asiaten gerne einmal die<br />
Welt sehen möchten. Also<br />
produzieren die Deutschen<br />
und bald alle Europäer alles<br />
Wichtige für die anderen,<br />
damit die sich mal einen<br />
schönen Lenz machen können.<br />
Und die Schulden der<br />
anderen? Darüber wollen wir<br />
jetzt nicht reden, gerade jetzt<br />
nicht, wo wir doch eine so<br />
tolle Lösung für alle Probleme<br />
Europas gefunden haben.“<br />
Heiner Flassbeck<br />
in der Wochenzeitung<br />
FREITAG,<br />
Ausgabe Nr.13<br />
im Jahr 2015,<br />
vom 25.3.2015
LEUCHTTURM<br />
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