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leucht123

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Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft<br />

Kreisverbände Aurich, Emden, Jever, Norden, Wilhelmshaven und Wittmund<br />

LEUCHTT<br />

TTURM<br />

Zeitschrift der Bildungsgewerkschaft in Ost-Friesland<br />

Nr. 123<br />

16. November 2015<br />

37. Jhrg.<br />

Inhalt<br />

Käpt’n Blaubär erweitert den Bildungs-Kanon 2<br />

- Warum ich in der GEW geblieben bin und<br />

mich aktiv einbringe - 4<br />

Arbeitszeitstudie läuft weiter! 5<br />

Die Partnerschaft für Demokratie 5<br />

GEW-Landesdelegiertentagung 6<br />

Dolmetscher gesucht! 7<br />

Die Frage ist – wie? 8<br />

Wittmund: LehrerInnen brauchen Hilfe 9<br />

Gegen den Trend der „Antipolitik“ 10<br />

SeniorInnen organisieren sich neu 11<br />

Mahnveranstaltung zum Antikriegstag in Aurich 12<br />

„Veränderungen in der Lehrerschaft“ 14<br />

Kapitulation vor Investoren 16<br />

TTIP - eine Gefahr für die Demokratie? 16<br />

Das Freihandelsabkommen TTIP im Unterricht 17<br />

Gute Bildung kostet 18<br />

„Ehemalige jüdische Schule in Leer“ 19<br />

Reichstes Prozent dürfte rund ein Drittel des<br />

Privatvermögens in Deutschland besitzen 20<br />

Fachgruppe Grundschule und Förderschule 21<br />

Emslandlager 22<br />

Moorsoldatenlied 23<br />

Kita haftet nicht für Blechschäden 23<br />

Wie Biedermann es mit den Brandstiftern hält. 24<br />

40 JAHRE Mitglied unserer GEWerkschaft 25<br />

Anmerkungen zu Bedeutung der Schreibschrift 26<br />

Termine - Schulbezirkspersonalrat - Kurzgerfasst 27<br />

Unterwerfung als Freiheit. 28<br />

Leben im Neoliberalismus. 28<br />

Alter Schwede! 30<br />

„Angela Merkels teurer Irrweg“ 31<br />

Personalräteschulung AUR - NOR 32


LEUCHTTURM<br />

Käpt’n Blaubär erweitert den Bildungs-<br />

Kanon<br />

ein innovativer Sketsch<br />

2<br />

Käpt’n Blaubär und die drei Gummibärchen treten auf.<br />

Heinrich Herlyn<br />

Enkel 1: Mensch Opa, du hast<br />

während deiner Kur ja<br />

mächtig abgenommen!<br />

Enkel 2: Man erkennt dich ja<br />

kaum wieder, Opi!<br />

Enkel 3: Schön, dass du wieder<br />

da bist. So allein mit Hein<br />

Blöd war es stink-langweilig!<br />

Blaubär: Tja, der kann eben nicht<br />

so schöne Geschichten erzählen<br />

wie ich!<br />

Enkel 1: Und bist du nun deine<br />

Hepadingsda, also deine fette<br />

Leber - oder wie das heißt -<br />

losgeworden und darfst nun<br />

Studienrat werden? Das war<br />

doch dein Traumjob.<br />

Blaubär: Jawoll, meine Leber<br />

und ich sind nun rank und<br />

schlank wie’n Zitteraal. Aber<br />

Studienrat will ich nicht mehr<br />

werden.<br />

Enkel 2: Warum denn nicht?<br />

Blaubär: Ja, weil nun doch alle<br />

Gymnasial-Lehrer wieder auf<br />

Klassenfahrt fahren. Die<br />

haben ihren Boykott beendet,<br />

und für mich bleiben keine<br />

Fahrten mehr übrig.<br />

Enkel 3: Und wieso das, Opa?<br />

Blaubär: Das hohe Gericht in<br />

Lüneburg hat die Arbeitszeitverlängerung<br />

an den höheren<br />

Bildungsanstalten für illegal<br />

erklärt. Kriegt ihr denn mal<br />

wieder gar nichts mit?<br />

Enkel 1: Nun reg dich doch<br />

nicht gleich wieder auf, Opa.<br />

Denk an deine Leber!<br />

Enkel 2: Was willst du denn nun<br />

eigentlich machen?<br />

Blaubär: Das ist eine gute Frage.<br />

Und ich habe auch schon eine<br />

gute Antwort.<br />

Enkel 3: Willst du uns etwa<br />

Redaktion Leuchtturm Redaktionsschluss: 8.11.2015<br />

code für: www.gew-wittmund.de<br />

KV V Wittmund<br />

Ronald Wilts Lüdstede 3 26487 Neuschoo Tel. 04975 - 366 Ronald.Wilts@t-online.de<br />

Jürgen Kramm Wangeroogestr. 8 26409 Wittmund Tel. 04462 - 6102 Juergen.Kramm.WTM@t-online.de<br />

KV Jever<br />

Heiner Wegener Kniphauser Weg 7 26441 Jever Tel. 04461 - 73133 heinerwegener@t-online.de<br />

Klaus Blume-WentenJavenloch 5 26434 Wangerland Tel. 04464 - 8150 k.blume-wenten@t-online.de<br />

KV V Auric<br />

urich<br />

www.aurich.GEWweserems.de<br />

Franz Kampers Hinter Eschen 16F 26607 Aurich Tel. 04941 - 6988012 fkampers@ewetel.net<br />

KV Norden<br />

Herbert Czekir Reithammer Weg 29 26529 Osteel Tel. 04934 - 6766 herbert.czekir@ewetel.net<br />

Anette Hillen Im Dullert 30 26524 Hage Tel. 04931 - 7 4474 anette-hillen@web.de<br />

KV Emden<br />

www.GEW-emd.de<br />

Dr. Josef Kaufhold Herm.-Hesse-Str. 4 26721 Emden Tel. 04921 - 45266 JosefKaufhold@web.de<br />

Hans-Gerd de Beer Graf-Edzard-Str. 20 26721 Emden Tel. 04921 - 29778 hans-gerd-de-beer@t-online.de<br />

KV<br />

Wilhelmshav<br />

ilhelmshaven<br />

en<br />

Friedrich Fischer Fedderwarder Str. 124 26388 W’haven Tel.04421-502119 magfish@gmx.de<br />

Wolfgang Niemann-Fuhlbohm Güstrower Str. 3c 26388 W’haven Tel.04421-87117 wolfgang.nif@gmx.de<br />

Impressum: GEW-LEUCHTTURM Nr. 123 / 37. Jahrgang vom 16.11.2015<br />

LehrerInnenzeitung für die Kreisverbände Aurich, Emden, Jever, Norden, Wilhelmshaven, Wittmund<br />

Herausgeber: Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft im DGB/Kreisverband Wittmund<br />

verantwortl.: Ronald Wilts (1. Vors.), Lüdstede 3, 26487 Neuschoo, 04975/366<br />

Internet:<br />

www.geww<br />

.gewweser<br />

eserems.de<br />

ems.de - dort auch Informationen aus den Kreisverbänden<br />

Druck: www.janssendruck.de, Finkenburgstr. 47, 26409 Wittmund


3 LEUCHTTURM<br />

schon wieder mit Hein-Blöd<br />

allein lassen?<br />

Blaubär: So leid es mir tut, ja.<br />

Ich muss schon bald nach<br />

Berlin.<br />

Enkel 1: Nach Berlin?<br />

Blaubär: Ja, da staunt ihr? Ich<br />

soll Staatssekretär bei der<br />

Bundesbildungsministerin,<br />

Frau Wanka, werden.<br />

Enkel 2: Und was sollst du für<br />

diese Frau Wanka machen?<br />

Blaubär: Ich soll den Landesregierungen<br />

neue Schulfächer<br />

schmackhaft machen?<br />

Alle: Neue Schulfächer??????<br />

Blaubär: Da habt ihr richtig<br />

gehört.<br />

Enkel 3: Aber wir haben doch<br />

schon so viele Schulfächer!<br />

Blaubär: Die Zeiten ändern sich<br />

eben und damit auch die<br />

Herausforderungen an solche<br />

kleinen Rotznasen, wie ihr es<br />

seid. Das erste Fach, was neu<br />

dazukommen soll, nennt sich<br />

„Alltagswissen“. Das ist der<br />

persönliche Wunsch von Frau<br />

Wanka.<br />

Enkel 1: Alltagswissen? Was soll<br />

denn das sein?<br />

Blaubär: In dem Fach lernt man<br />

z.B., wie man ohne Mikrowelle<br />

etwas kochen kann.<br />

Enkel 2: Aber Opa, wir machen<br />

doch in der Schule schon<br />

einen Ernährungsführerschein.<br />

Enkel 3: Und da kochen wir<br />

ganz viel ohne Mikrowelle.<br />

Enkel 1: Außerdem haben wir<br />

von dir gelernt, wie man<br />

Labskaus mit Spiegelei<br />

macht.<br />

Blaubär: Das mag ja sein, das ihr<br />

das alles könnt, aber die<br />

meisten Kinder und Jugendlichen<br />

können nun mal nicht<br />

richtig kochen.<br />

Enkel 2: Und was soll es noch<br />

für neue Fächer geben?<br />

Blaubär: Eine ganze Menge: in<br />

Medienkompetenz lernt man<br />

z.B. was über das Internet, in<br />

Wirtschaftskunde kriegt man<br />

erklärt, wie man seine<br />

Privatrente mit Wertpapieren<br />

aufbaut, in Ernährungskunde<br />

wird über ungesunde Lebensmittel<br />

aufgeklärt und im Fach<br />

Benehmen, welches ich für<br />

das wichtigste halte, werden<br />

Höflichkeit, Rücksichtnahme<br />

und Pünktlichkeit eingeübt.<br />

Enkel 3: Findest du uns denn so<br />

unhöflich und rücksichtslos,<br />

Opa?<br />

Blaubär: Nun ja, ihr seid<br />

rühmliche Ausnahmen, denn<br />

schließlich habe ich euch<br />

erzogen.<br />

Enkel 1: Sag mal Opa, wir<br />

haben ja jetzt schon 26<br />

Stunden Unterricht in der<br />

Woche. Wenn es so viele neue<br />

Fächer geben soll, dann<br />

müssen wir doch auch<br />

nachmittags in die Schule<br />

gehen.<br />

Enkel 2: Und jede Menge neue<br />

Lehrer brauchen wir dann ja<br />

wohl auch!<br />

Blaubär: Das ist eben der Irrtum.<br />

Ich habe nämlich mal wieder<br />

die entscheidende Idee gehabt.<br />

Wisst ihr, während so<br />

einer Kur da hat man ja viel<br />

Zeit nachzudenken.<br />

Enkel 3: Wie soll das gehen,<br />

Opa? Fünf neue Fächer, ohne<br />

mehr Unterrichtsstunden?<br />

Blaubär: Ganz einfach! Die<br />

Schulstunde wird von 45<br />

Minuten auf 35 Minuten<br />

gekürzt. Man spart so pro<br />

Schulstunde ganze 10 Minuten.<br />

Bei einer Stundentafel<br />

von z.B. 26 Stunden wird es<br />

so möglich, 7,4 weitere<br />

Stunden extra zu erteilen. Bei<br />

einer Stundentafel von 30<br />

Stunden kommt man sogar<br />

auf 8,5 zusätzliche Stunden.<br />

Enkel 1: Aber fehlt denn die<br />

Zeit nicht in den anderen<br />

Fächern?<br />

Blaubär: Die fehlende Zeit wird<br />

einfach dadurch wettgemacht,<br />

dass die Schüler sich durch<br />

das Fach Benehmen in<br />

Zukunft völlig anders verhalten.<br />

Keiner kommt mehr zu<br />

spät und der Unterricht kann<br />

viel pünktlicher beginnen.<br />

Auch diese ganzen unerfreulichen<br />

Streitschlichtungen zu<br />

Beginn jeder Stunde fallen<br />

weg und alle sind einfach viel<br />

aufmerksamer.<br />

Hein Blöd:Käpt’n, da ist ein Brief<br />

für Sie von irgend so einem<br />

Herrn Wonka.<br />

Enkel 2: Was? Ist das vielleicht<br />

der Willi Wonka von der<br />

Schokoladenfabrik?<br />

Blaubär: Lass mal sehen, Hein<br />

Blöd. Hab ich mir’s doch<br />

gedacht. Der Brief ist nicht<br />

von einem Herrn Wonka,<br />

sondern von der Ministerin,<br />

Frau Wanka, und enthält<br />

bestimmt meine Ernennungsurkunde.<br />

Hein Blöd:Darf ich wieder vorlesen<br />

Käptn‘?<br />

Blaubär: Wegen mir.....<br />

Hein Blöd:Sehr geehrter Käpt’n<br />

Blaubär! Leider muss ich<br />

Ihnen mitteilen, dass die<br />

Kultusministerkonferenz Ihre<br />

Vorschläge bezüglich neuer<br />

Fächer abgelehnt hat. Ich<br />

persönlich bedaure sehr, dass<br />

das Fach Alltagswissen immer<br />

noch nicht in unseren<br />

Bildungs-Kanon aufgenommen<br />

werden kann. Und auch<br />

mein Kollege Thomas de<br />

Maiziere hätte zu gerne das<br />

Fach Internet-Kunde im<br />

neuen Bildungs-Kanon gehabt.<br />

Erst kürzlich konnte ich<br />

wieder beobachten wie meine<br />

Neffen und Nichten versuchten,<br />

Pommes Frites in der<br />

Mikrowelle zuzubereiten.<br />

Nach einer im Mai dieses<br />

Jahres veröffentlichten Umfrage<br />

hätten die Bürger<br />

unseres Landes als neue<br />

Pflichtfächer am liebsten<br />

«Benehmen» (51 %) vor<br />

«Wirtschaft» (48 %), «Gesundheitskunde»<br />

(42 %), «Suchtprävention»<br />

(39 %) oder<br />

«Computerprogrammierung»<br />

(35 %). Dies zeigt, dass<br />

unsere Bevölkerung weitsichtiger<br />

ist als so mancher<br />

Politiker. Aber leider sind die<br />

Zeiten vorbei, da man auf das<br />

Volk gehört hat. Deshalb<br />

muss ich Ihnen bedauerlicherweise<br />

mitteilen, dass ich<br />

keine Verwendung mehr für<br />

sie habe. Vielleicht sollten sie<br />

es doch noch einmal als<br />

Kapitän versuchen. Ich könnte<br />

mich sicherlich bei der<br />

Marine für Sie einsetzen.<br />

Hochachtungsvoll,<br />

Ihre Johanna Wanka


LEUCHTTURM<br />

4<br />

Austrittsgedanken?<br />

- Warum ich in der GEW geblieben bin<br />

und mich aktiv einbringe -<br />

Silke Utnehmer<br />

Silke Utnehmer,<br />

34J., Lehrerin für<br />

Wirtschaft und<br />

Deutsch an den<br />

BBS 1 Aurich<br />

Bitte nehmt gerne<br />

Kontakt zu<br />

mir auf.<br />

E-Mail:<br />

silke.gew.aurich<br />

@gmx.de<br />

M einen Weg in die GEW<br />

fand ich durch eine<br />

Fahrgemeinschaft zur didacta<br />

nach Hannover. Eine Kollegin<br />

berichtete mir, dass es wichtig sei,<br />

organsiert zu sein, nicht nur aus<br />

Gründen einer persönlichen<br />

Rechtssicherheit, sondern auch<br />

aus dem grundsätzlichen Verständnis<br />

heraus, dass gute<br />

Arbeitsbedingungen und gerechte<br />

Entlohnung haben zu wollen, sich<br />

nicht von alleine ergeben. Hierfür<br />

muss eine Gemeinschaft eintreten,<br />

und das ist Hauptaufgabe<br />

einer Gewerkschaft – eine<br />

unabhängige starke Gemeinschaft,<br />

die sich für die Bedingungen<br />

einer Berufsgruppe einsetzt,<br />

so dass am Ende jeder einzelne<br />

davon profitiert.<br />

Das hat mich, damals noch<br />

unorganisiert, im Stillen leicht<br />

beschämt, da ich ja bereits jede<br />

Gehaltserhöhung dankend angenommen<br />

habe, ohne darüber<br />

nachzudenken, aus welchen Gründen<br />

sich diese Gefälligkeit so<br />

zuverlässig einstellt. Ich war<br />

überzeugt, in die GEW einzutreten<br />

und da wir ohnehin auf dem<br />

Weg zur Didacta waren, suchte ich<br />

recht gezielt den GEW Infostand<br />

auf der Messe auf. Die<br />

Kolleginnen und Kollegen des<br />

GEW Info-Stands waren sehr<br />

sympathisch, offen und klar,<br />

sodass ich Teil dieser Gemeinschaft<br />

sein wollte.<br />

Die Zeit verging und die<br />

GEW trat aus meinem Bewusstsein,<br />

zumindest so lange ich keine<br />

Kontoauszüge holte. „Schon ganz<br />

schön teuer...“ , dachte ich<br />

manchmal und ertappte mich<br />

nach 2 Jahren Mitgliedschaft bei<br />

Austrittsgedanken. Da kam eine<br />

Zufriedenheitsbefragung der<br />

GEW in meinen E-Mail Kasten.<br />

„Ob ich gerne aktiver in der GEW<br />

sein möchte?“ Ja gerne, aber ich<br />

erfahre nicht viel über die<br />

Tätigkeiten der GEW. Da antwortete<br />

mir nach der Befragung<br />

plötzlich direkt jemand aus<br />

Hannover! Ich sei herzlich<br />

eingeladen zu dem Seminar<br />

„GEW mitgestalten“. Huch, na<br />

wer A sagt muss auch hingehen.<br />

Jeder der dieses Seminar von<br />

Laura Pooth kennt, kann sich<br />

vorstellen, wie motiviert ich<br />

danach war, aktiv in der GEW<br />

mitzuarbeiten.<br />

Sie stellte den Kontakt zum<br />

KV Auric<br />

urich für mich her, bei dem<br />

ich ganz herzlich aufgenommen<br />

wurde, und ich mich auf jede<br />

nächste Sitzung gefreut habe,<br />

welche bildungspolitischen Themen<br />

aktuell diskutiert werden,<br />

welche Aktivitäten für die<br />

Mitglieder des KV Aurich gerade<br />

anliegen und wer kümmert sich<br />

um was?<br />

Ich hatte jetzt den<br />

Schlüssel<br />

hlüssel, das Angebot der<br />

GEW aktiv zu nutzen und<br />

besuchte die Veranstaltung „Betriebsgruppenarbeit<br />

anschieben“<br />

und tat dieses danach auch an<br />

meiner Schule und ich besuchte<br />

das Seminar „Schulung für<br />

Funktionärinnen“. Hier ergab sich<br />

die Idee, sich für die noch<br />

unbesetzte Projektstelle („... zur<br />

Unterstützung des Generationenwechsels,<br />

der Mitgliedergewinnung<br />

und –bindung“) in Weser-<br />

Ems zu bewerben. Es hat<br />

geklappt, und nun gehört seit dem<br />

1.9.2015 zu meinem Tätigkeitsprofil<br />

u.a. die Erarbeitung,<br />

Organisation und Durchführung<br />

von Veranstaltungen, die auf die<br />

jüngere Generation der angehenden<br />

Pädagoginnen und Pädagogen,<br />

Wissenschaftlerinnen und<br />

Wissenschaftler zugeschnitten<br />

sind.<br />

Meine aktuellen Tätigkeiten<br />

belaufen sich auf eine Etablierung<br />

und Verbesserung einer regelmäßigen<br />

Kommunikation mit den<br />

Mitgliedern insbesondere mit<br />

Eintrittsdatum der letzten 3 Jahre<br />

und einer Analyse der vorhandenen<br />

Infrastruktur „GEW am<br />

Seminar“ und einem daran<br />

anschließenden Ausbau.<br />

Mein Ziel ist es, die<br />

Kontaktkette mit den Mitgliedern<br />

aus dem Bereich, Studium,<br />

Referendariat und Berufseinstieg<br />

zu systematisieren und aktiv zu<br />

pflegen.<br />

Hierbei habe ich bereits von<br />

vielen GEW Mitgliedern, die seit<br />

langer Zeit GEW Berufseinstiegsseminare<br />

organisieren oder die<br />

Arbeit der GEW an den<br />

Studienseminaren und an den<br />

Universitäten vorstellen, viele<br />

hilfreiche Informationen darüber<br />

erhalten, welche Bereiche bereits<br />

gut gepflegt werden. Sie dienen<br />

als Vorbildstrukturen für Bereiche,<br />

die sich noch im Aufbau


5 LEUCHTTURM<br />

befinden.<br />

Damit ich erfahre, welche<br />

Aktivitäten vorhanden sind und/<br />

oder Unterstützung brauchen,<br />

verschaffe ich mir im Rahmen<br />

meiner Projektstelle „Stärkung der<br />

Nachwuchsarbeit“ gerade einen<br />

Überblick und freue mich<br />

jedesmal, wenn sich Kolleginnen<br />

und Kollegen aus dem Bezirk<br />

Arbeitszeitstudie läuft weiter!<br />

Presseberichte im Juli 2015:<br />

Die Opposition im niedersächsischen<br />

Landtag fordert nach<br />

dem OVG-Urteil zur Arbeitszeit<br />

der gymnasialen Lehrkräfte, das<br />

Kultusministerium solle eine<br />

fundierte und umfassende Arbeitszeitstudie<br />

der Lehrkräfte in<br />

Auftrag geben.<br />

What? Sind diese selbsternannten<br />

Bildungspolitiker völlig uninformiert?<br />

– Die Studie der<br />

Sozialwissenschaftler der Uni<br />

Göttingen läuft doch schon<br />

längst! Allerdings finanziert von<br />

der GEW Niedersachsen, – und<br />

nicht nur auf die Gymnasien<br />

beschränkt!<br />

Zum Beispiel: Im Bereich der<br />

GEW Kreisverbände Aurich und<br />

Der Landkreis Aurich gehört<br />

zu den 181 Kommunen, die<br />

im Dezember einen Antrag auf<br />

Förderung im Rahmen dieses<br />

Bundesprogramms gestellt haben.<br />

Im Frühjahr 2015 beginnt der<br />

Aufbau einer „Partnerschaft für<br />

Demokratie“, koordiniert von der<br />

KVHS Norden.<br />

Zustände wie etwa in Nordens<br />

vorpommerscher Partnerstadt Pasewalk,<br />

in der sich die NPD als<br />

Weser Ems mit mir in Verbindung<br />

setzen. Die Mitglieder der GEW<br />

machen viel, doch viele wissen<br />

gar nichts von den Aktivitäten der<br />

anderen.<br />

Heute<br />

weiß ich, was mir die<br />

GEW wert ist und den<br />

Kolleginnen und Kollegen, die<br />

manchmal so wie ich damals<br />

Wittmund nehmen Kolleginnen<br />

und Kollegen von neun Grundschulen<br />

und zwei Förderschulen<br />

an der täglichen Erfassung ihrer<br />

Arbeitszeit teil.<br />

Die GEW dankt allen TeilnehmerInnen<br />

der Studie ganz<br />

herzlich für diese systematische<br />

und akribische Erfassung ihrer<br />

umfangreichen Arbeitstätigkeiten.<br />

Ab April wird ausgewertet, und<br />

dann kommen die Fakten der<br />

hohen Belastung aller Lehrkräfte<br />

auf den Tisch. Zukünftig wird<br />

keine Landesregierung mehr<br />

daran vorbeikommen. Diese<br />

fundierte Studie wird die GEW in<br />

die (schon langjährigen) Verhandlungen<br />

zur Reduzierung der<br />

Arbeitszeit der Lehrkräfte einbringen,<br />

ihre Argumentation und<br />

Verhandlungsposition stärken und<br />

neuen Schwung verleihen. Mal<br />

schauen, zu welchen Arbeitskampfmaßnahmen<br />

die Mitglieder<br />

dann greifen müssen!<br />

Die Partnerschaft für Demokratie<br />

„ganz normale Partei“ etabliert<br />

hat, gibt es im Landkreis Aurich<br />

gewiss nicht. Doch Präventionsarbeit<br />

beginnt schon im Vorfeld,<br />

etwa beim vermeintlich harmlosen<br />

Alltagsrassismus.<br />

Die „Partnerschaft für Demokratie“<br />

im Landkreis Aurich dient<br />

der Vernetzung und dem Ausbau<br />

von bestehenden Integrationsmaßnahmen<br />

– ob von kommunaler<br />

Seite oder durch zivilgesellschaftlich<br />

Engagierte. In<br />

den kommenden Monaten<br />

wird das lokale<br />

Netzwerk eine gemeinsame<br />

Strategie zur Präventions-<br />

und Integrationsarbeit<br />

entwickeln und im<br />

Rahmen der bis 2019<br />

laufenden Förderung<br />

umsetzen. Interkulturelle<br />

Kompetenz steht<br />

dabei genauso im Fokus<br />

zweifelnd auf ihren Kontoauszug<br />

schauen, sage ich: „Ohne<br />

gewerkschaftliche Aktivität stellt<br />

sich keine regelmäßige Absicherung<br />

und Verbesserung in<br />

Gehalts- und Arbeitsbedingungen<br />

ein und die Leistungsfähigkeit<br />

einer Gewerkschaft hängt von<br />

ihrer Mitgliederstärke ab, deshalb<br />

kommt es auf jeden an.“<br />

wie eine Willkommenskultur, die<br />

über das bloße „Aushalten von<br />

Vielfalt“ hinausgeht und an die<br />

pluralistische Tradition Ostfrieslands<br />

anknüpft. Doch vor allem<br />

geht es um Information: Denn<br />

was man kennt, muss man nicht<br />

fürchten, sodass gar nicht erst die<br />

Furcht aufkommt, die schnell in<br />

Ausgrenzung, Hass und Gewalt<br />

umschlägt.<br />

Auf der Internet-Seite erhaltet<br />

ihr Informationen über das<br />

Bundesprogramm und über die<br />

Strukturen sowie die Strategie der<br />

Partnerschaft für Demokratie im<br />

Landkreis Aurich:<br />

http://www.moin-zusammen.de/<br />

U. a. finden sich auch<br />

Anregungen für die aktive<br />

Jugendbildungsarbeit. Wie wär´s<br />

mit einem Antrag deiner Klasse/<br />

deines Kurses auf Förderung aus<br />

dem Aktionsfonds??


LEUCHTTURM<br />

6<br />

Bericht von der<br />

GEW-Landesdelegiertentagung in Osnabrück<br />

Hasso Rosenthal<br />

20. Okt. 2015<br />

GEW-OV Rheiderland<br />

GEW-KV-Leer<br />

GEW-Bez. Weser-Ems<br />

Bei der Landesdelegiertenkonferenz<br />

der GEW war der<br />

Bezirk Weser-Ems mit einer<br />

starken Fraktion vertreten. Diese<br />

Konferenz der gewählten Vertreter<br />

der Bezirksverbände unserer<br />

Gewerkschaft markiert die Wegmarken<br />

auf Landesebene für die<br />

nächsten zwei Jahre. Deshalb<br />

wurde auch der Landesvorstand<br />

neu gewählt. Vorab gab es Kritik<br />

am Landesvorsitzenden Eberhard<br />

Brandt, dem vorgeworfen wurde,<br />

dass er zu oft eigenmächtig<br />

Positionen verkündet habe, die<br />

nicht GEW-Positionen seien.<br />

Zum Beispiel bei den Aktionen<br />

der Gymnasialkollegen gegen die<br />

Arbeitszeitverlängerung, bei kleinen<br />

Schulen oder der Lehrerausbildung.<br />

Dass der alte Vorstand<br />

wiedergewählt wurde, ist auch der<br />

Tatsache geschuldet, dass im<br />

Frühjahr Personalratswahlen anstehen<br />

und ein Konflikt auf<br />

Landesebene den Kolleginnen<br />

und Kollegen in den Schulen<br />

geschadet hätte. So wurde erneut<br />

Eberhard Brandt (mit erheblichen<br />

Kultusministerin Heiligenstadt<br />

Einbußen) Landesvorsitzender<br />

und wurden mit guten Werten<br />

Laura Pooth und Sabine Kiel<br />

stellv. Vorsitzende. Weiterhin<br />

wurden gewählt: Torsten Post<br />

(Schatzmeister), Anne Kilian<br />

(Tarif- und Beamtenpolitik),<br />

Cordula Mielke, Henner Sauerland<br />

(Allg.bild. Schulen), Olaf<br />

Korek (Jugendhilfe, Soziale Arbeit),<br />

Günter Beyer, Rolf Heidenreich,<br />

Stefanie Mallon (Ausbildung,<br />

Fortbildung, Hochschule),<br />

Britta Delique, Detlef Duwe,<br />

Martin Grajetzky (Berufl. Bildung<br />

und Weiterbildung), Rüdiger<br />

Heitefaut (GEW. Bildung, Mitgliederbetreuung,<br />

Werbung), Sabine<br />

Banko-Kubis, Wencke Hlynsdottir<br />

(Frauenpolitik und Gleichstellung).<br />

Bei den Anträgen und ihren<br />

Diskussionen ging es überwiegend<br />

um Praktisches und Grundsätzliches<br />

wie der Einforderung<br />

von besseren Bedingungen im<br />

Bildungsbereich gegenüber der<br />

Kultusministerin Frauke Heiligenstadt.<br />

Da ging es um<br />

Verbesserungen beim Unterricht<br />

mit Flüchtlingen, bessere Mitbestimmung<br />

in der Schule wie die<br />

Rückführung der demokratischen<br />

Funktion der Gesamtkonferenz<br />

(Wertschätzung der Kollegien),<br />

gegen die Zentraltests, für eine<br />

Stefan Störmer<br />

hilfreichere Umsetzung der Inklusion,<br />

bessere Arbeitsbedingungen<br />

in den Grundschulen, den Abbau<br />

von Belastungen, die Wiedereinführung<br />

der Altersermäßigung,<br />

die Herabsetzung der Gesamtstundenzahl,<br />

um Mindeststandards<br />

für Beschäftigte an Hochschulen,<br />

den Ausbau der Pädagogischen<br />

Zentren, eine grundlegende<br />

Verbesserung der Fortbildung,<br />

für GEW-Netzwerke an Hochschulen,<br />

die einphasige praxisgerechtere<br />

Lehrerausbildung, gegen<br />

prekäre Beschäftigung im Bildungsbereich.<br />

Diskutiert wurde<br />

kontrovers und ergebnisorientiert.<br />

Eine peinliche Panne passierte<br />

dem Präsidium, als die Aktion<br />

„Beschwerdewelle der Grundschulen“<br />

ihre Unterschriftenlisten im<br />

Saal Frauke Heiligenstadt überreichen<br />

wollte und das erst im<br />

Nachhinein beim NDR-Interview<br />

vor dem Saal gelang.


7 LEUCHTTURM<br />

Halbzeit bei der Arbeitszeitstudie:<br />

„Ihr macht mit - wir finden das klasse“<br />

Arbeitsplatz eines/r Delegierten<br />

Überreichen der Unterschriftenlisten „Beschwerdewelle der<br />

Grundschulen“ im Saal an Frauke Heiligenstadt<br />

Dolmetscher gesucht!<br />

Verständigung ist eine Frage der Sprache<br />

Mit der Aufnahme eines<br />

Flüchtlingskindes in eine<br />

Klasse werden Elterngespräche<br />

notwendig, die in der Regel<br />

Verständigungsprobleme mit sich<br />

bringen. Oft genug werden<br />

Kinder, die der Sprache mächtig<br />

sind, oder bereits vor Ort<br />

befindliche Verwandtschaft für<br />

das Übersetzen herangezogen.<br />

Das ist sicherlich eine Lösung –<br />

aber, das sei aus der Erfahrung<br />

gesagt, keine gute Lösung.<br />

Wenn es um den Ablauf des<br />

Alltags, den Schulbesuch, das<br />

Mitbringen von Materialien, die<br />

schulische Laufbahn, Verhaltensfragen,<br />

Lernprobleme, Nutzung<br />

der Angebote in Bildung und<br />

Teilhabe und, und, und … geht,<br />

dann muss eine qualifizierte und<br />

vertrauenswürdige Übersetzung<br />

erfolgen.<br />

Das können nur Dolmetscherinnen<br />

oder Dolmetscher leisten,<br />

die amtlich vereidigt sind. Ein<br />

hoher Anspruch. Sicherlich.<br />

Doch von der Wirkung eines<br />

Elterngespräches hängt unter<br />

Umständen der Lernerfolg des<br />

Kindes ab, das sich in einer<br />

Lerngemeinschaft orientieren<br />

Ein Blick ins Plenum<br />

muss. Irrtümer oder verfehlte<br />

Übersetzungen durch Dritte können<br />

fatale Folgen haben. Das darf<br />

nicht sein.<br />

J. Kaufhold<br />

Die Dolmetscher - „Liste“<br />

In der Regel führen die<br />

Amtsgerichte Listen über vereidigte<br />

Dolmetscherinnen und<br />

Dolmetscher. Eine Nachfrage<br />

lohnt sich. Viele Schulträger<br />

haben sich in der Zwischenzeit<br />

auf die Betreuung der ankommenden<br />

Flüchtlinge eingestellt. Auch<br />

sie können Auskunft über Hilfen<br />

geben.<br />

weiter nächste Seite


LEUCHTTURM<br />

Die Kosten<br />

Schulen schrecken die Kosten.<br />

Das ist nun einmal so. Die<br />

Budgets sind knapp und Mittel<br />

daraus müssen sparsam eingesetzt<br />

werden. Doch um ein Beispiel zu<br />

nennen: Eine Übersetzung während<br />

eines Elternabends, der für<br />

eine Sprachgruppe angeboten<br />

wurde, kostete einmalig 60,00<br />

EUR. Eine Investition, die sich in<br />

diesem Fall mehr als gelohnt hat.<br />

Das Modell „Dolmetscherpool<br />

für Emden“ berechnet pro<br />

Übersetzung gerade einmal 15,00<br />

EUR bei maximal 60 Minuten<br />

Gespräch.<br />

Wichtig ist, dass die Schulleitungen<br />

die Schulträger über die<br />

Ausgaben informieren und zusätzliche<br />

Mittel einfordern.<br />

8<br />

Dolmetscherpool für<br />

Emden<br />

Die Stadt Emden bietet Hilfen<br />

über einen Dolmetscherpool an.<br />

Vermittelt werden die Dolmetscher<br />

über das Mehrgenerationenhaus<br />

Kulturbunker Emden. Ansprechpartner<br />

ist Frank Olaf<br />

Becker, Tel.: 04921/585610 oder<br />

per Mail: obecker@emden.de.<br />

Die Anfrage sollte mindestens<br />

zwei Tage vor dem Gespräch<br />

erfolgen und es muss vereinbart<br />

sein, in welcher Sprache die<br />

Übersetzung erfolgen soll und ob<br />

eine Dolmetscherin oder ein<br />

Dolmetscher zum Einsatz kommen<br />

soll. Die Übersetzer sind<br />

unparteiisch und unterliegen der<br />

Schweigepflicht.<br />

Die Frage ist – wie?<br />

Hinweise zu Hilfen, Konzeptionen und Materialien zur Beschulung von Flüchtlingskindern.<br />

J. Kaufhold<br />

Die Zahl der Flüchtlinge steigt<br />

und damit steigt die Zahl<br />

der Kinder und Erwachsenen, die<br />

die deutsche Sprache lernen<br />

müssen. Hilfen werden in dieser<br />

Situation von Pädagoginnen und<br />

Pädagogen, aber auch von<br />

ehrenamtlich tätigen Flüchtingsbegleitungen<br />

teils händeringend<br />

gesucht. Natürlich. Das Erlernen<br />

der deutschen Sprache ist<br />

Voraussetzung für das Ankommen<br />

in gesellschaftlichen Bezügen, sie<br />

soll vermittelt werden – und das<br />

möglichst rasch. Eine zentrale<br />

Aufgabe.<br />

Doch die Frage ist – wie?<br />

Nicht nur Lehrmittelverlage bieten<br />

ein großes Spektrum geeigneter<br />

Materialien - für die Hände<br />

der Unterrichtenden wie für die<br />

der Unterrichteten. Diese Materialien<br />

aber sind, je nach Auswahl,<br />

unter Umständen sehr teuer.<br />

Einfacher ist es, vielleicht vorerst<br />

zwecks Einarbeit, Hilfen aus dem<br />

Internet zu suchen.<br />

Hier eine kleine kommentierte<br />

Auswahl:<br />

< Grundlage des Unterrichts in<br />

Deutsch als Zweitsprache sind die<br />

Rahmenrichtlinien „Deutsch als<br />

Zweitsprache“ (DaZ).<br />

Auf der Seite von NIBIS finden<br />

sich nicht nur diese Rahmenrichtlinien,<br />

sondern auch weitere Links<br />

zu unterschiedlichen Angeboten.<br />

Besonders hervorzuheben sind<br />

hier die Kontaktdaten zu den neu<br />

gegründeten Sprachbildungszentren,<br />

bzw. zum DaZ-Net.<br />

Die Adresse:<br />

http://nibis.ni.schule.de/<br />

nibis.php?menid=1129<br />

< Lehrkräfte, die sich im Bereich<br />

DaZ fortbilden möchten, sollten<br />

vorab die Bedingungen einer<br />

qualifizierten Ausbildung genauer<br />

anschauen. Den Erwerb der<br />

Qualifikation bietet das Goethe<br />

Institut an. Schockierend sind erst<br />

einmal die Kosten der Ausbildung.<br />

Da aber die Schulen für die<br />

Führung einer Sprachlernklasse<br />

eine DaZ-Fachkraft nachweisen<br />

müssen, können sie – nach<br />

Beschluss durch den Schulvorstand<br />

– die Ausbildungskosten<br />

über das Landes-Budget abrechnen.<br />

Das ist für den schulischen<br />

Betrieb natürlich belastend. Es ist<br />

eine Forderung der GEW, diese<br />

Ausbildung grundsätzlich aus<br />

Landesmitteln zu finanzieren.<br />

Die Umsetzung ist in Arbeit.<br />

Die Adresse für die Fortbildung<br />

DaZ:<br />

http://www.goethe.de/lhr/prj/<br />

daz/inf/lkq/deindex.htm<br />

Die Seite des Goethe-Instituts<br />

bietet aber auch weitere Materialien<br />

– unter anderem auch aktuell<br />

auch einen Selbstlernkurs für<br />

Asylbewerber.<br />

< Wer einen Sprachkurs für<br />

erwachsene AsylbewerberInnen,<br />

die gerade angekommen sind,<br />

durchführen möchte, dem helfen<br />

die Materialien „Erstorientierung<br />

und Deutsch Lernen für Asylbewerber“.<br />

Das umfangreiche Papier<br />

gibt gezielte Hilfen zur Bewältigung<br />

des Alltags. Neben einer<br />

didaktisch-methodischen Einführung<br />

werden in thematisch<br />

gebundenen Modulen Grundlagen<br />

vermittelt, die erste Schritte<br />

in die neue Gesellschaft ermöglichen<br />

sollen. Ein Modul behandelt<br />

„Kindergarten und Schule“.<br />

Zu finden unter:<br />

http://www.equal-sepa.de/material/Produkte/material/<br />

Praxishilfen_web.pdf<br />

< Ein kurzer Hinweis zum Ende<br />

dieser sicherlich nicht ganz<br />

vollständigen Liste. Ein besonderer<br />

Tipp zu kindgerechtem<br />

Handout. Der renommierte Verlag<br />

arsEdition bietet im Internet<br />

das Willkomens-ABC an, ein<br />

Bildlexikon, das das Erlernen der<br />

deutschen Sprache erleichtern<br />

soll. Das Lexikon entspricht<br />

vielen ähnlich gearteten Kinderbüchern,<br />

die es auf dem Markt<br />

gibt. Dennoch - allein die<br />

Tatsache, dass es vom Verlag<br />

kostenfrei angeboten wird, verdient<br />

Anerkennung.<br />

Das Lexikon ist zu finden unter:<br />

http://www.willkommensabc.de/


9 LEUCHTTURM<br />

Den Aufbau eines Netzwerkes<br />

für Lehrerinnen und Lehrer,<br />

die Kinder ohne Sprachkenntnisse<br />

und zum Teil ohne Alphabetisierung<br />

unterrichten müssen, hat das<br />

RPZ in Aurich umgesetzt. Der<br />

Arbeitskreis wird von zwei<br />

erfahrenen Lehrerinnen geleitet,<br />

die selbst in Sprachlernklassen<br />

unterrichten.<br />

Katerina Kurth und Yasmin<br />

Trautmann, Lehrerinnen der<br />

Sprachlernklassen an der Grundschule<br />

Grüner Weg in Emden,<br />

geben Einblick in die Materialien<br />

und Methoden des Unterrichts in<br />

Deutsch als Zweitsprache (DaZ).<br />

Im Zentrum steht der Austausch<br />

von Erfahrungen, der in regelmäßigen<br />

Abständen während der<br />

Treffen gepflegt werden soll. Der<br />

Aufbau eines Netzwerkes für<br />

Ostfriesland dient dazu, Materialien<br />

und Methoden zu erproben<br />

und Erkenntnisse<br />

aus dem Schulalltag<br />

anderen zugänglich<br />

zu machen.<br />

Der Arbeitskreis<br />

trifft sich etwa alle<br />

sechs bis acht Wochen<br />

im RPZ,<br />

Fischteichweg 16,<br />

26603 Aurich.<br />

Kontakt<br />

Lehrkräfte, die<br />

Kinder ohne<br />

Deutschkenntnisse unterrichten<br />

müssen und Interesse an einer<br />

Teilnahme haben, können sich bei<br />

Frau Wilms im RPZ unter<br />

willms@ostfriesischelandschaft.de<br />

oder per Anruf jeweils in den<br />

Vormittagsstunden unter 04941<br />

179946 anmelden.<br />

Die bislang festgesetzten<br />

Termine:<br />

26.11.15 und 10.02.16<br />

jeweils von 15:30 - 17:30<br />

Uhr<br />

hr.<br />

Weitere Termine und Ankündigungen<br />

sind im Internet im<br />

Internet zu finden:<br />

www.ostfriesischelandschaft.de/<br />

Bildung/Arbeitskreise<br />

J. Kaufhold<br />

Projekt: Pädagogen unterstützen Flüchtlinge<br />

Wittmund: LehrerInnen brauchen Hilfe<br />

Seit Anfang September unterrichten<br />

und betreuen ca. 20<br />

KollegInnen/Interessierte ehrenamtlich<br />

die Flüchtlinge in der<br />

Behelfsunterkunft Wittmund.<br />

Seit letzter Woche sind 95<br />

weitere Personen in der Unterkunft<br />

Altharlingersiel/Carolinensiel<br />

untergebracht, die auch<br />

beschult werden sollen.<br />

Neun zweistündige Deutsch-<br />

Kurse laufen derzeit in Wittmund,<br />

verteilt über die gesamte<br />

Woche.<br />

Hierbei starteten wir zunächst<br />

aus dem „Nichts“: es gab wenig<br />

Stifte und Papier, zwei Tafeln,<br />

zunächst aber keine Kostenübernahmen<br />

für Kopien, letztendlich<br />

kein Konzept...<br />

Viele Materialien wurden von<br />

Wittmunder Geschäftsleuten und<br />

dem DRK gesponsert, so dass wir<br />

bald mit dem Nötigsten ausgestattet<br />

waren. Unsere eigenen<br />

Unterrichtsmaterialien erlangten<br />

immer mehr Ordnung, die<br />

Flüchtlinge konnten sich eigene<br />

Hefter erstellen.<br />

Zusätzlich fand täglich eine<br />

Kinderbetreuung statt, um allen<br />

Eltern eine Teilnahme am<br />

Deutschunterricht zu ermöglichen.<br />

Auch hier versorgten wir uns<br />

zunächst mit Spielen, Malblöcken<br />

etc. aus dem privaten Fundus.<br />

Angesichts der steigenden<br />

Zahlen der Flüchtlinge und der<br />

Intensivierung der Kurse reichen<br />

nun aber die Spenden und der<br />

gute Wille vieler Geschäftsleute<br />

nicht mehr aus, um die Nachfrage<br />

aller Beteiligter zu decken.<br />

Aus diesem Grund benötigen<br />

wir Ihre Hilfe.<br />

Wer hat Lust – entweder in<br />

Wittmund und/oder in Carolinensiel<br />

Männern, Frauen und<br />

Teens Deutschunterricht zu erteilen?<br />

Wer kann sich um die<br />

kleineren Kinder während dieser<br />

Unterrichtszeit kümmern? Wer<br />

hat Ideen etc. zur Finanzierung<br />

der Unterrichtsmaterialien? Wer<br />

kann auf anderen Wegen helfen?<br />

Sowohl Sach- (Schreibmaterial,<br />

Spiele, Puzzle,...) als auch<br />

Geldspenden werden dringend<br />

benötigt, um den Unterricht<br />

aufrecht zu halten! Die Hefte<br />

„Thannhauser Modell“ für<br />

„Deutsch als Fremdsprache‘ kosten<br />

z.B. pro Stück 6,50 + Porto.<br />

Vielleicht haben Sie als Einzelperson<br />

oder auch als Lehrkraft,<br />

gemeinsam mit Ihren Schülern,<br />

eine Idee, wie Sie uns unterstützen<br />

können (Adventsaktion,<br />

Spendenaktionen, Kuchenverkauf....)?<br />

Jede Aktion hilft! Im Namen<br />

aller beteiligten Helfer und im<br />

Namen der Flüchtlinge sagen wir<br />

recht herzlichen Dank!<br />

******<br />

Sofern Sie Interesse haben,<br />

melden Sie sich bitte schnellstmöglich<br />

bei<br />

Angelika<br />

Scharfenberger<br />

Tel.: 044<br />

4462-6<br />

62-610<br />

101 1 oder<br />

Handy: 017<br />

171 1 3129<br />

129213<br />

13<br />

Mail:<br />

scharfenberger<br />

harfenberger.geli@t-<br />

online.de<br />

Nina Dallinger,<br />

Kristina Siebels,<br />

Christian Ubben,<br />

Angelika Scharfenberger


LEUCHTTURM<br />

10<br />

Es geht um das Problem,<br />

dass bestimmte Politiker die<br />

„Gunst der Massen“ gewinnen<br />

wollen, indem sie mit<br />

plakativen Parolen und den<br />

Rückgriff auf gängige Vorur-<br />

Gegen den Trend der „Antipolitik“<br />

Hasso Rosenthal<br />

Hinterfragen muss man,<br />

warum die Politik in westl.<br />

Demokratien einen schlechten<br />

Ruf hat und ob das gut begründet<br />

ist. Da gibt es Bewegungen wie<br />

Pegida oder AFD in Deutschland,<br />

in Italien Beppos M5S-Bewegung,<br />

da gewinnt die rechtspopulistische<br />

dänische Dansk Folkeparti<br />

Wählerstimmen, da gibt es<br />

in den Niederlanden die aggressiven<br />

Parolen eines Geert Wilders’<br />

mit der Partij voor de Vrijheid, in<br />

Frankreich Marine le Pen mit dem<br />

Front National, UKIP in Großbritannien<br />

und viele vergleichbare<br />

Strömungen in den entwickelten<br />

parlamentarischen Systemen. Da<br />

möchte die italienische M5S-<br />

Bewegung einerseits alle Politiker<br />

davonjagen („devono andare tutti<br />

casa“), will andererseits mit dem<br />

Internet potentiell ständige Mitmachmöglichkeiten<br />

für Bürger<br />

einführen.<br />

Doch ist es klug, die „alte“<br />

repräsentative Demokratie mit<br />

ihren schwer durchschaubaren<br />

Strukturen durch eine unmittelbar<br />

regierende Polis zu ersetzen? Die<br />

„Antipolitik“ ist populistisch<br />

orientiert und wabert zwischen<br />

Themen wie Umweltschutz, Friedenspolitik<br />

und Zwangsabschiebung<br />

von Flüchtlingen mit<br />

fremdenfeindlichen Parolen hin<br />

und her.<br />

Es muss an das alte<br />

Gegenargument bei der Forderung<br />

nach „Volksabstimmungen“<br />

erinnert werden, mit denen die<br />

Todessstrafe oder die Ausgrenzung<br />

von `abweichendem Verhalten´<br />

sanktioniert würde. Ein<br />

Parlament in der repräsentativen<br />

Demokratie filtert, wägt ab, stellt<br />

sich wieder zur Wahl. Und sorgt<br />

dafür, dass im Großen und<br />

Ganzen freiheitliche Grundfor-<br />

teile Stimmung in der Regel<br />

für rechtsgewirkte Politik<br />

machen. „Der Populist kräht<br />

wie der Hahn auf dem Mist!“<br />

Dass das „Volk, der große<br />

Lümmel“ (Heine) leider in<br />

men selbstverständlich bleiben:<br />

Wie Pressefreiheit, Minderheitenschutz,<br />

gesicherte Versorgung,<br />

Arbeitsrecht, Mitbestimmung<br />

usw.<br />

Wir haben keine direkte<br />

Demokratie, außer am Wahltag,<br />

auch weil (nach le Bon und<br />

Ortega y Gasset) Massenherrschaft<br />

Gefahr für Leib, Seele und<br />

Leben eines Teils der Bevölkerung<br />

bedeuten kann.<br />

Die, die ständig die „Kaste“ der<br />

Politiker in der repräsentativen<br />

Demokratie angreifen, machen<br />

sich nicht klar, dass diese<br />

„Methode“ der Wahl, die Autorität<br />

des Parlaments, der Regierung,<br />

der Kontrollmechanismen von<br />

Legislative, Exekutive und Judikative<br />

keine gute Alternative kennt.<br />

Um den guten, alten Churchill<br />

zu Rate zu ziehen: Er benennt das<br />

Problem: Es gäbe mit der<br />

parlamentarischen Demokratie<br />

kein System, das fehleranfälliger,<br />

krisengeschüttelter, korrupter sei,<br />

als andere. Doch mit dem Blick<br />

auf Diktaturen in Ost und West<br />

werde deutlich, dass es für das<br />

Volk kein besseres System gibt.<br />

Gerade weil Kritik, investigativer<br />

Journalismus, Abwählbarkeit und<br />

die Oberaufsicht durch die<br />

unabhängige Justiz Korrektiv<br />

jeder Regierung sei, gäbe es keine<br />

Alternative, auch weil es in so<br />

hohem Maße reparaturfähig sei.<br />

Was guten Journalismus ausmacht<br />

ist die Tatsache, dass er<br />

Alltag dokumentiert, Archiv der<br />

jeweiligen Gegenwart wird und<br />

aufdeckt, den Finger in die Wunde<br />

legt. Zum Beispiel, dass die<br />

„existierenden politischen Systeme<br />

Herrschaftsinstrumente der<br />

Wirtschaftseliten“ (de Saint Victor)<br />

sein können. Und dementsprechend<br />

durch die Presse und<br />

einer denkbaren Mehrheit<br />

(die berühmte schweigende)<br />

immer wieder darauf hereinfällt,<br />

ist eine Gefahr für eine<br />

tolerante, demokratische Gesellschaft.<br />

Deshalb und dagegen<br />

der folgende Text:<br />

die Justiz Andersdenkende gegen<br />

jede Einschüchterung verteidigt<br />

werden. Wie zum Beispiel bei<br />

den fragwürdigen Versuchen,<br />

Journalisten des Geheimnisverrats<br />

(„Landeverrat“) zu bezichtigen.<br />

Ich komme zum Schluss. Nicht<br />

„die Politik“ ist schlecht, im<br />

Gegenteil, sie verdient die<br />

Achtung aller. Die falsche Politik<br />

mancher Akteure, die zum<br />

Beispiel ausgerechnet die verfolgen,<br />

die in Deutschland den NSA-<br />

Skandal aufgedeckt haben, ist zu<br />

kritisieren. Und das galt 1962<br />

(Spiegel-Affaire) ebenso wie 53<br />

Jahre später im Jahr 2015. Die<br />

parlamentarischen Systeme mit<br />

ihrem austarierten Geflecht der<br />

Gesetzgebung, der Gesetzesausübung<br />

und der juristischen und<br />

journalistischen Kontrolle sind<br />

nie perfekt, immer verbesserungswürdig.<br />

Aber sie haben die Kritik,<br />

auch die Selbstkritik systemimmanent<br />

und sind unersetzbar.<br />

Das Gezwitscher bei Twitter,<br />

die „Shitstorm-Attacken“ bei<br />

Facebook können populistische<br />

Strömungen verdeutlichen, können<br />

individuelle Probleme sichtbar<br />

machen, aber sie sind nicht<br />

Volkes Stimme. Es gilt, dies<br />

deutlich zu machen. Die Würdigung<br />

der Twitter-Textlawinen in<br />

eigenen Rubriken in der Tagespresse<br />

bildet sicher keine Urteile<br />

der Bevölkerung ab, allenfalls die<br />

einiger „Nerds“.<br />

Es muss gelingen, Politik<br />

wieder als ehrenhafte Beschäftigung<br />

für die Bürger unseres<br />

Landes bewusst zu machen. Um<br />

den engagierten Nachwuchs in<br />

Parteien und Verbänden zu<br />

bekommen, den wir dringend<br />

brauchen.<br />

Holthusen, 12. August 2015


11 LEUCHTTURM<br />

SeniorInnen organisieren sich neu<br />

Die Vergangenheit:<br />

Es begann vor mehr als 10 Jahren.<br />

Damals versuchten Ubbo Voss<br />

und Herbert Czekir die Fachgruppe<br />

SeniorInnen im Kreisverband<br />

Norden wieder zu beleben. Mit<br />

Erfolg, wie die Geschichte belegt.<br />

Unzählige Veranstaltungen wurden<br />

für die SeniorInnen organisiert,<br />

bei ständig steigenden<br />

Teilnehmerzahlen. Dabei stand<br />

nicht nur das Vergnügen, sondern<br />

auch die gewerkschaftliche Information<br />

im Vordergrund.<br />

Als der langjährige Bezirksund<br />

Landesvorsitzende Erwin<br />

Meyer, Westerstede, aus persönlichen<br />

Gründen sein Amt abgab,<br />

übernahm das Team Voss/Czekir<br />

im Mai 2011 auch die Leitung der<br />

Bezirksfachgruppe der Ruheständler.<br />

Als SeniorInnenvertreter des<br />

Bezirkes in der Landesfachgruppe<br />

waren beide seit Herbst letzten<br />

Jahres gemeinsam als stellvertretende<br />

Landesvorsitzende aktiv.<br />

Pläne, auch gemeinsam die<br />

Leitung der Landesfachgruppe zu<br />

übernehmen, wurden durch den<br />

Tod von Ubbo Voss hinfällig.<br />

Die Gegenwart:<br />

Kreis Norden -<br />

Künftig wird die Fachgruppe<br />

SeniorInnen im Kreisverband<br />

Norden von Gudrun Jakobs und<br />

Susanne Winkler geführt. Beide<br />

waren an den letzten Unternehmungen<br />

bereits beteiligt und<br />

blicken auf eine lange Geschichte<br />

in der GEW und im Kreisvorstand<br />

zurück. Sie werden den Kreis<br />

Norden auch in der Bezirksfachgruppe<br />

SeniorInnen<br />

vertreten.<br />

Bezirk Weser-<br />

Ems -<br />

Auf Bezirksebene<br />

gestaltete sich eine<br />

Nachfolge schwieriger.<br />

Doch hier<br />

zeigte Wirkung,<br />

was das Team<br />

Voss/Czekir bereits<br />

vor Jahren unterstützt<br />

hatte. Neben<br />

den gewählten Vertretern<br />

waren zu<br />

den Bezirkstagungen<br />

immer auch<br />

weitere interessierte<br />

GEW-Mitglieder zugelassen,<br />

die sich ebenfalls in die Arbeit<br />

der Fachgruppe einbringen konnten.<br />

Als Herbert Czekir Anfang<br />

Juli sein Amt als Bezirksvorsitzender<br />

aufgab, um für andere<br />

Aufgaben zur Verfügung zu<br />

stehen, stand nach etlichen<br />

Vorgesprächen ein kompetentes<br />

Team bereit, den Bezirksvorstand<br />

zu übernehmen.<br />

So konnten Günter Gross,<br />

Marienhafe, bisher in verschiedenen<br />

Gremien auf Bezirks- und<br />

Landesebene aktiv,<br />

Der neue Bezirksvorstand der Fachgruppe SeniorInnen<br />

Von links: Dieter Knutz, Ursula Themer, Günter Gross<br />

und Dieter Knutz, Elsfleth,<br />

ehemaliger Bezirksvorsitzender,<br />

für die Arbeit in der Bezirksfachgruppe<br />

der SeniorInnen gewonnen<br />

werden. Das Team wird<br />

vervollständigt von Ursula Themer<br />

aus Emden, die schon<br />

langjähriges Mitglied der Bezirksfachgruppe<br />

war.<br />

Alle drei sichern mit ihrer<br />

Erfahrung und Kompetenz die<br />

erfolgreiche Arbeit der Fachgruppe.<br />

Günter Gross und Ursula<br />

Themer werden den Bezirk in der<br />

Landesfachgruppe vertreten. Damit<br />

wurden die Voraussetzungen<br />

geschaffen, auch auf Landesebene<br />

personelle Veränderungen durchzuführen.<br />

Herbert Czekir,<br />

Land Niedersachsen -<br />

Bereits im letzten Herbst hatte<br />

sich der Landesvorstand der<br />

Fachgruppe SeniorInnen Gedanken<br />

um die Nachfolge der<br />

erkrankten Vorsitzenden Christa<br />

Burbat gemacht und mit der Wahl<br />

eines zweiten Stellvertreters erste<br />

Weichen gestellt.<br />

Mitte Juli wurde Herbert<br />

Czekir nun zum Vorsitzenden der<br />

Landesfachgruppe SeniorInnen<br />

gewählt. Seinem Wunsch, einen<br />

Stellvertreter aus<br />

Weser-Ems zu<br />

wählen, um eine<br />

intensive Teamarbeit<br />

zu ermöglichen,<br />

folgte der<br />

Landesvorstand,<br />

indem er Günter<br />

Gross zum stellvertretenden<br />

Landesvorsitzenden<br />

der<br />

Fachgruppe wählte.<br />

Der neue Landesvorstand der Fachgruppe SeniorInnen<br />

Von links: Herbert Czekir, Günter Gross, Bezirk Weser-Ems


LEUCHTTURM<br />

Mahnveranstaltung zum Antikriegstag in<br />

Aurich<br />

Zum Gedenken der Opfer von<br />

Kriegen fand am 1. September,<br />

dem Antikriegstag, eine<br />

Mahnveranstaltung am Panzergrabendenkmal<br />

in Aurich-Sandhorst<br />

statt. In den letzten Jahren hatte<br />

der DGB jeweils nach Engerhafe<br />

eingeladen zur Gedenkveranstaltung<br />

am ehemaligen Außenlager<br />

des KZ Neuengamme, das bis<br />

1944 dort mit ca. 2000<br />

Gefangenen bestanden hatte. Die<br />

KZ-Häftlinge mussten unter<br />

mörderischen Lebensbedingungen<br />

täglich an der Aushebung<br />

eines Befestigungsgrabens um<br />

Aurich schuften, des sog. Panzergrabens.<br />

Im Jahr 2014 wurde an dieser<br />

Stelle im Eickebusch in Aurich-<br />

Sandhorst ein Mahnmal errichtet,<br />

eine Stahlskulptur in Form eines<br />

riesigen gelben V. Sie stellt einen<br />

Querschnitt durch den Panzergraben<br />

in den Originalabmessungen<br />

dar – oben 4,50 Meter breit, 3<br />

Meter tief. Die gelbe Farbe steht<br />

für die Kreuze, die den<br />

Carl Osterwald<br />

Gefangenen auf die Kleidung<br />

gemalt wurden. Der Entwurf des<br />

Mahnmals stammt von dem<br />

Künstler Herbert Müller.<br />

In einer bewegenden Rede<br />

mahnte Carl Osterwald, sich zu<br />

jeder Zeit um das kostbare Gut<br />

Frieden zu bemühen, denn<br />

Frieden und Solidarität seien<br />

nicht selbstverständlich. Aus<br />

leidvoller Lebenserfahrung wisse<br />

er, dass Menschen verführbar zu<br />

allem Bösen seien. Er verwies auf<br />

die Tafel neben dem Mahnmal,<br />

auf der ein Zitat des Holocaust-<br />

Überlebenden Primo Levi steht:<br />

„Es ist geschehen, und folglich<br />

kann es wieder geschehen.“<br />

In einer weiteren Rede<br />

verknüpfte Oliver Hublitz, Gewerkschaftssekretär<br />

der DGB-<br />

Region-Oldenburg-Ostfriesland,<br />

das Antikriegsthema mit der<br />

derzeitigen Flüchtlingssituation.<br />

Seine Rede ist auf den folgenden<br />

Seiten dokumentiert.<br />

Rede von Oliver Hublitz, Gewerkschaftssekretär<br />

in der DGB-Region<br />

Oldenburg-Ostfriesland, Geschäftsstelle<br />

Leer, zum Antikriegstag 1.9.2015 /<br />

Kundgebung am Panzergraben-<br />

Mahnmal in Aurich:<br />

_<br />

Moin, liebe Kolleginnen und<br />

Kollegen, ich habe lange<br />

überlegt was ich sage und wie ich<br />

es sage. Denn ich habe Wut im<br />

Bauch.<br />

Als 1992 die Flüchtlingsunterkünfte<br />

in Rostock Lichtenhagen<br />

und Hoyerswerda brannten, wurde<br />

nach dem Aufstand der<br />

Anständigen•gerufen und er kam<br />

auch. Aber die Nazis haben<br />

trotzdem gewonnen. Sie haben<br />

etwas geschafft, was ich so nicht<br />

für möglich gehalten hätte. Sie<br />

haben es geschafft, dass das<br />

12<br />

Grundgesetz mit einer Zweidrittelmehrheit<br />

geändert wurde und<br />

sie haben es geschafft, dass damit<br />

Flüchtlinge sich nicht mehr<br />

uneingeschränkt auf das Grundrecht<br />

auf Asyl berufen können.<br />

Und heute? Die Flüchtlingsheime<br />

brennen wieder, die Nazis<br />

oder das Pack marschieren wieder,<br />

und wieder wird von Seiten<br />

einiger Politiker über eine<br />

Verschärfung des Asylrechtes<br />

diskutiert.<br />

Diese und andere Dinge<br />

machen mir Wut im Bauch, und<br />

nach langem Suchen habe ich<br />

einen Text von Christian Dingler<br />

gefunden, der sehr gut meine Wut<br />

im Bauch ausdrückt.<br />

Er heißt:<br />

An Euch besorgte Bürger<br />

An die Heimatschützer, Patrioten,<br />

Biedermänner, Brandstifter,<br />

Kleingeister, Zukurzgekommene,<br />

Verständnisheuchler — ich muss<br />

Euch was sagen.<br />

Es ist Zeit, den Mund<br />

aufzumachen. Haltung zu zeigen.<br />

Denn Ihr, die Lauten, seid in der<br />

Minderheit, aber wir, die Mehrheit,<br />

schweigt. Ich will das nicht<br />

mehr. Wir müssen laut sein. Wir<br />

müssen deutlich zu Euch werden.<br />

Sehr deutlich. Sachliche Argumente<br />

ziehen bei Euch nämlich<br />

nicht. Es gibt eine Menge<br />

hervorragende Artikel, die zeigen,<br />

warum Eure oft gehörten Argumente<br />

falsch sind. Es gibt genug<br />

Artikel, die beschreiben, warum<br />

Zuwanderung nicht nur gut,<br />

sondern auch wichtig ist für<br />

Deutschland. Allein, Ihr wollt sie<br />

nicht glauben. Oder ihr könnt<br />

nicht.<br />

Also anders. Emotionaler.<br />

Diese Haltung:•Die kommen hier<br />

her und nehmen uns was weg. Die<br />

Jobs, die Sozialleistungen, was<br />

auch immer. Bei all Euren<br />

Argumenten scheint ein Motiv<br />

durch — ein Anspruchsdenken. Als<br />

bekämen die etwas, was Euch<br />

zustünde. Lasst mich das ein für<br />

allemal klar stellen:


13 LEUCHTTURM<br />

Euch steht gar nichts zu.<br />

Überhaupt nichts.<br />

Mir übrigens auch nicht. Das<br />

war jetzt übertrieben und nicht<br />

zu kurz gekommen seid, aber die<br />

Schuld der Flüchtlinge ist das<br />

nicht.<br />

Ich weiß nicht, was ich<br />

die anschließend von der NPD<br />

auf ihre Plakate geschrieben<br />

werden können.“<br />

Ich mache da nicht mehr mit.<br />

Ich werde einen Brandstifter einen<br />

Brandstifter nennen. Einen Faschisten<br />

einen Faschisten und<br />

einen Nazi einen Nazi.<br />

Ich werde meinen Nächsten<br />

verteidigen, für ihn aufstehen und<br />

reden. Und ich werde handeln.<br />

Menschlich und emphatisch.<br />

ganz richtig. Es gibt doch ein paar<br />

Dinge, die uns allen zustehen.<br />

Einfach so. Das Recht auf Leben<br />

zum Beispiel. Auf körperliche<br />

Unversehrtheit und das Recht frei<br />

entscheiden zu können, was wir<br />

mit unserem Leben anstellen<br />

wollen.<br />

Diese Rechte, die jeder von uns<br />

hat, nennt man auch Menschenrechte.<br />

Vielleicht habt Ihr ja schon<br />

mal davon gehört. Menschenrechte,<br />

nicht Deutschenrechte. Auch<br />

nicht Christenrechte. Schlicht und<br />

einfach Menschenrechte. Und die<br />

gelten immer und überall.<br />

Für jeden!<br />

Das ist nicht viel. Aber es<br />

reicht. Es reicht, etwas aus sich<br />

und seinem Leben zu machen.<br />

Man bekommt nämlich eine<br />

Chance. Und wenn man diese<br />

Chance ergreift, wenn man dafür<br />

arbeitet, dann bekommt man<br />

irgendwann auch Sachen. Ein<br />

großes Auto. Ein Haus. Ein<br />

Smartphone.<br />

Und genau das geben wir den<br />

Flüchtlingen, die zu uns kommen.<br />

Eine Chance. Und das ist nichts,<br />

was Euch weggenommen wird.<br />

Denn Eure Chance habt Ihr schon<br />

seit Geburt. Es kann sein, dass Ihr<br />

Oliver Hublitz<br />

verabscheuungswürdiger finde.<br />

Die besorgten Bürger oder die<br />

verständnisvollen Politiker.<br />

Und mit verständnisvoll<br />

meine ich ganz explizit auch<br />

die, die ihre Wortwahl nicht<br />

sorgsam wählen. Oder sie<br />

sogar viel zu sorgsam wählen.<br />

Die von einer Flut, von<br />

Problemen, von Asylmissbrauch<br />

sprechen. Von Familien<br />

mit Kindern, die durch<br />

Mitlaufen den Spuk unterstützen.<br />

Ihr differenziert explizit<br />

zwischen den bösen Rassisten,<br />

den Anstiftern und Rattenfängern,<br />

und den verwirrten<br />

Bürgern. Dass es sich hierbei<br />

jedoch ebenso im Kern um<br />

Rassisten handelt, die die<br />

Folgen ihres Handelns<br />

schlicht nicht zu reflektieren<br />

gewillt sind, wird geflissentlich<br />

ausgeblendet. Ihr fischt<br />

am rechten Rand. Oder um es<br />

mit den Worten von Bodo<br />

Ramelow zu sagen: „Wir<br />

sollten alle darauf achten,<br />

dass wir nicht Worte wählen,<br />

aus denen verbale Brandsätze<br />

werden können. Politiker<br />

demokratischer Parteien sollten<br />

keine Sätze verwenden,<br />

Aufforderung: Bitte an alle<br />

Kolleginnen und Kollegen<br />

Die Mahnveranstaltung zum Antikriegstag<br />

wird auch im kommenden<br />

Jahr wieder am Panzergrabendenkmal<br />

in Aurich-Sandhorst stattfinden.<br />

Der DGB bittet die Lehrerinnen<br />

und Lehrer, mit ihren Klassen bzw.<br />

Lerngruppen einen Beitrag zu dieser<br />

Gedenkveranstaltung zu erarbeiten<br />

und am 1.9.2016 dort vorzustellen.<br />

Wer mit Kindern und Jugendlichen<br />

etwas beitragen möchte, wende sich an<br />

Werner Schlender, Vorsitzender des<br />

DGB Kreisverbandes Aurich.<br />

Email: schlender-verdi@ewetel.net<br />

Telefon: 04941 87604


LEUCHTTURM<br />

14<br />

Vor 40 Jahren - heute<br />

„Veränderungen in der Lehrerschaft“<br />

Hasso Rosenthal<br />

1. Medien<br />

Die Kunst des Tafelzeichnens galt<br />

lange als Bedingung für einen<br />

gelungenen Unterricht. Wurden<br />

die Grafiken, Tabellen abgezeichnet,<br />

entstand die Langsamkeit des<br />

Lernprozesses, der im multimedialen<br />

Einsatz der heute gebräuchlichen<br />

Bilderdatenbanken<br />

im Internet, des Streamings von<br />

Filmen verloren zu gehen scheint.<br />

Die Tafel wird verdrängt vom<br />

Whiteboard, vom Beamer.<br />

2. Druckware<br />

Wollte man in den 60er Jahren<br />

etwas vervielfältigen, blieb oft nur<br />

die Durchschrift mit der Blaupause<br />

(blaues „Kohlepapier“), mit<br />

dem man mit Dünndruckpapier<br />

bis zu zehn Kopien handschriftlich<br />

anfertigen konnte (mit der<br />

Tendenz zu Sehnenscheidenentzündungen).<br />

Dann kamen die<br />

ersten, leicht verschmierten, grauen,<br />

glänzenden „Lichtpausen“,<br />

anschließend die Kopierer und<br />

die (Schulassistenten galten als<br />

alkoholgefährdet) Umdrucker, deren<br />

Vervielfältigung mit den<br />

Matrizen immerhin schon (mit<br />

der Rasierklinge) korrigierbar<br />

waren. Dann hielten die teuren<br />

Offsetdrucker Einzug in den<br />

Schulen, bessere Kopiergeräte<br />

und schlussendlich der Laserdrucker,<br />

der sehr schnell relativ<br />

preiswert (sehr relativ) hervorragende<br />

Drucke anfertigt.<br />

3. Einzelarbeitsplätze<br />

Teuer und oft wenig genutzt<br />

wurden die Sprachlabore eingeführt,<br />

die in den 90er Jahren<br />

(beginnend in den 80er Jahren)<br />

von dem rechnergestützten Unterricht<br />

(DOS-Rechner, Windows,<br />

Apple) abgelöst wurden.<br />

4. Lern-Management<br />

Frontalunterricht war früher Standard.<br />

Dann galt die Gruppenarbeit<br />

als Beweis für Fortschritt,<br />

heute gelten Binnendifferenzierung<br />

und individuelle Lernpläne<br />

als erstrebenswert. Bei der<br />

Einführung der Inklusion neben<br />

integrativen Formen in heterogenen<br />

Lerngruppen Vorbedingung<br />

für das Gelingen.<br />

5. Setzungen<br />

Die Richtlinien der 50er Jahre<br />

(Richtlinien für die Volksschulen<br />

des Landes Niedersachsen 1957)<br />

kamen für alle Jahrgänge und alle<br />

Fächer mit 138 Seiten aus. Der<br />

„Muttersprachliche Unterricht“<br />

wurde erschöpfend von Klasse 1 –<br />

9 auf 18 Seiten dargelegt. Das<br />

bedeutete, dass die Lehrerin, der<br />

Lehrer sehr viel Spielraum für die<br />

Erfüllung des Anspruchs der<br />

Allgemeinbildung hatte. Heute<br />

fühlen sich die Kollegien<br />

geknebelt mit Spiralcurricula,<br />

Kernkompetenzkatalogen, Standardsetzungen,<br />

einer ungebremsten<br />

Regulierungswut, die mit<br />

einer 4-stelligen Seitenzahl die<br />

Regale füllt.<br />

6. Gehäuse<br />

Ich selbst ging noch in die<br />

einklassige Volksschule, kam<br />

dann über das Aufbaugymnasium<br />

(Wechsel in Klasse 7) auf die<br />

„Oberschule“ (Nds. Heimschule<br />

Wolfenbüttel). Dann kamen die<br />

Mittelpunktschulen, Schulzentren,<br />

Gesamtschulen, Oberschulen<br />

mit einer bundesweit<br />

verwirrenden Vielzahl von Organisationsformen.<br />

7. Oberstufenreform<br />

Die Universitäten klagen heute<br />

über das stark eingeschränkte<br />

Grundwissen der Studenten. Vor<br />

der Oberstufenreform mussten<br />

wir auf einem naturwissenschaftlichen<br />

Gymnasium auch im<br />

musischen Bereich mehrsprachig<br />

alle Bereiche abdecken. Ich will<br />

nicht behaupten, dass mir das<br />

geschadet hat.<br />

8. Interessenvertretung<br />

Herr M. fragt: „Bist Du<br />

gewerkschaftlich organisiert?“<br />

Herr M antwortet: „Isst Du?“ Eine<br />

noch vor 40 Jahren selbstverständliche<br />

Anekdote. Es war selbstverständlich,<br />

dass Mann oder Frau<br />

sich gewerkschaftlich organisierten.<br />

Im AjLE und in der GEW sich<br />

zu treffen, war selbstverständlich.<br />

Kaum jemand kam auf die Idee,<br />

dass es sinnvoll sein könnte,<br />

allein für seine Rechte zu<br />

kämpfen. Heute ist der Gedankengang<br />

für eine gemeinsame<br />

Interessenvertretung oft verloren<br />

gegangen. Mit zu erwartenden<br />

schlimmen Folgen für die<br />

Beschäftigten.<br />

9. Reformen<br />

Das Wort „Reform“ hat einen


15 LEUCHTTURM<br />

ziemlich schalen Beigeschmack<br />

bekommen. Viele Reformen sind<br />

seit den 80er Jahren „am<br />

lebenden Objekt“ ohne wissenschaftliche<br />

Vorbereitung (wohl<br />

mit pseudowissenschaftlichen<br />

Gutachten wie das legendäre des<br />

Ehepaars Pfeiffer gegen die OS<br />

für Sigmar Gabriel) durchgeführt<br />

worden.<br />

Ob die Rechtschreibreform (mit<br />

der Folge der sinnfremden<br />

Verwirrung), oder Schriftreform<br />

(vor kurzem zeigte die erste<br />

umfassende Untersuchung des<br />

Lehrstuhls für Orthografie in<br />

Hildesheim, dass die alte<br />

lateinische Ausgangsschrift im<br />

Vergleich zu allen Nachfolgern<br />

offensichtlich am Besten für den<br />

Schreiblernprozess geeignet ist),<br />

oder die Ablösung der Richtlinien<br />

durch Curricula (die haben nichts,<br />

wirklich gar nichts mit den<br />

bewährten Kerncurricula von<br />

Klasse 1 -10 z.B. in Dänemark zu<br />

tun).<br />

Kompetenzen ersetzen Lehr- und<br />

Lernziele, obwohl die „alte“ Form<br />

immerhin Facharbeiter und Ingenieure<br />

hat bilden helfen, die<br />

Deutschland zum Produktivitäts-,<br />

Innovations- und Exportweltmeister<br />

haben werden lassen. Früher<br />

hieß es, um kompetent zu werden<br />

(sachkundig) musst Du erst mal<br />

Lernziele erreichen. Heute majorisiert<br />

die Outputorientierung das<br />

Geschehen im Bildungsbereich<br />

mit binnendifferenzierungsfeindlichen<br />

Zentraltests.<br />

Fragt ein Lehrer seine Schüler:<br />

„Was fällt euch zum Wort<br />

`Reform´ ein?“ Antwort im Chor:<br />

„Wenn alles schlechter wird!“<br />

In den 70er und 80er Jahren hatte<br />

ich mehrere Wochenlehrgänge<br />

mitgemacht, die allein den<br />

Änderungen und der Neugestaltung<br />

der Rahmenrichtlinien AWT<br />

galten. Seinerzeit gab es den<br />

Gang: Entwurf von ‘oben´,<br />

Diskussion ‘unten´, Bündelung<br />

der Ergebnisse, befristete Veröffentlichung<br />

des „Entwurfs“,<br />

schlussendlich gab es Richtlinien<br />

für den Bereich Arbeitslehre-<br />

Technik-Hauswirtschaft, die heute<br />

für vorbildlich gelten – darum<br />

wurden sie ja auch abgeschafft.<br />

Kreisverband Aurich<br />

Vorankündigung<br />

Zum Sonntag, 7. Februar 2016, 11.00 Uhr werden die Mitglieder<br />

unseres Kreisverbandes eingeladen zu einer (kurzen)<br />

Mitgliederversammlung mit Neujahrsbrunc<br />

eujahrsbrunch h !


LEUCHTTURM<br />

Kapitulation vor Investoren<br />

Worum es bei TTIP wirklich geht<br />

Von Mechthild<br />

Schrooten<br />

Die Autorin ist<br />

Professorin für<br />

Volkswirtschaftslehre<br />

an<br />

der Hochschule<br />

Bremen<br />

Das geplante TTIP-Abkommen<br />

(Transatlantic Trade<br />

and Investment Partnership)<br />

zwischen der EU und den USA<br />

setzt auf drei Säulen: Freihandel,<br />

Anerkennung von Standards und<br />

Investitionsschutz. Detailinformationen<br />

sind rar. Trotz dieser<br />

Informationsdefizite gibt es wissenschaftliche<br />

Studien, die die<br />

Vorteilhaftigkeit des geplanten<br />

Freihandelsabkommens berechnen.<br />

Die potenzielle Vorteilhaftigkeit<br />

von Freihandel und<br />

Arbeitsteilung ist eine Erkenntnis<br />

aus dem 18. Jahrhundert. Diese<br />

Erkenntnis institutionell zu verankern,<br />

ist die Aufgabe der<br />

Welthandelsorganisation (WTO).<br />

Um die WTO ist es in diesen<br />

Tagen still geworden. Immer<br />

weniger geht es bei aktuellen<br />

Handelsverhandlungen und Verträgen<br />

um echten internationalen<br />

Freihandel - bilaterale Abkom-<br />

16<br />

men beherrschen die Debatten.<br />

Auch beim TTIP geht es nicht um<br />

internationalen Freihandel, sondern<br />

um die Schaffung neuer<br />

Wirtschaftsblöcke. Es ist in<br />

großem Maße ein Anti-Freihandelsabkommen.<br />

Die zweite Säule des TTIP ist<br />

die wechselseitige Anerkennung<br />

von Standards. Der „Chlorhühnchen-<br />

Blick“ verharmlost das<br />

Ausmaß der möglichen Anpassung.<br />

Denn die USA und die EU<br />

sind in weiten Bereichen des<br />

öffentlichen Lebens und der<br />

Daseinsfürsorge höchst unterschiedlich<br />

aufgestellt: In Europa<br />

könnten sich so weitere Liberalisierungsschritte<br />

und marktwirtschaftliche<br />

Elemente durch die<br />

Hintertür des Freihandelsabkommens<br />

durchsetzen lassen. Gesellschaftsordnungen<br />

sind aber keine<br />

standardisierten Fertigprodukte.<br />

Wie weit die staatliche Risikoprävention<br />

in einzelnen Ländern<br />

geht, lässt sich nicht sinnvoll<br />

durch Verträge zwischen Wirtschaftsräumen<br />

festschreiben.<br />

Entscheidend ist aber der<br />

Investitionsschutz. Staatlicher Investitionsschutz<br />

ist das ganze<br />

Gegenteil von Freihandel und<br />

mehr Markt. Daher ist besonders<br />

dann aufzuhorchen, wenn dieser<br />

staatliche Schutz im Gewande<br />

eines Freihandelsabkommens<br />

kommt. Der Investitionsschutz<br />

soll durch ein privates Schiedsgericht<br />

abgesichert werden. Der<br />

Staat kapituliert damit vor den<br />

Auslandsinvestoren. Sinnvolle<br />

Argumente für einen solchen<br />

Investitionsschutz gibt es nicht.<br />

Die Politik hat offenbar nicht<br />

gelernt, dass dem Staat im 21.<br />

Jahrhundert eine komplexere<br />

Rolle zukommt, als die Renditen<br />

des Unternehmenssektors zu<br />

sichern. Zweifel sind angebracht,<br />

ob so Zukunftsfähigkeit aussieht.<br />

TTIP - eine Gefahr für die Demokratie?<br />

Das Freihandelsabkommen gefährdet unsere Souveränität. Ausweg könnte ein<br />

internationaler Gerichtshof sein.<br />

Von Oliver<br />

Strank<br />

0liver Strank<br />

arbeitet als<br />

Rechtsanwalt in<br />

Frankfurt. Er<br />

war UN-Referent<br />

und ist<br />

Experte für Völkerrecht.<br />

Selten war etwas, das es noch<br />

gar nicht gibt, so umstritten.<br />

Für den ehemaligen EU-Kommissionspräsidenten<br />

Barroso ist<br />

TTIP das größte und billigste<br />

Konjunkturprogramm aller Zeiten.<br />

Einerseits. Demonstranten<br />

gegen TTIP skandieren: „TTIP ist<br />

böse“. Andererseits. Bereits die<br />

intransparenten Verhandlungen<br />

zum TTIP werden zu Recht als<br />

undemokratisch empfunden. Ob<br />

das Demokratieprinzip gewahrt<br />

wird, hängt maßgeblich davon ab,<br />

ob TTIP am Ende von<br />

demokratisch legitimierten Volksvertretern<br />

ratifiziert werden muss.<br />

Nur dann kann von jener<br />

ununterbrochenen Legitimationskette<br />

zwischen dem Souverän -<br />

den Bürgern Europas - und ihren<br />

gewählten Vertretern die Rede<br />

sein, die das Demokratieprinzip<br />

zwingend voraussetzt. Außer dem<br />

EU-Parlament muss in Deutschland<br />

auch der Bundestag zustimmen,<br />

da TTIP als sogenanntes<br />

gemischtes Abkommen zu qualifizieren<br />

sein dürfte.<br />

Wie ein Tropfen Pastis<br />

ausreicht, um ein Glas Wasser zu<br />

trüben, machen schon einzelne<br />

Unterpunkte eines Abkommens<br />

das Abkommen als Ganzes von<br />

der Zustimmung aller EU-<br />

Mitgliedsstaaten abhängig. Dieser<br />

Tropfen Pastis dürfte bei TTIP<br />

zumindest das umfassende Investitionsschutzkapitel<br />

sein. Es<br />

beschränkt sich nicht auf reine<br />

Handelsfragen, für welche die<br />

EU-Kommission in der Tat die<br />

ausschließliche Abschlusskompetenz<br />

besitzt, sondern greift allein<br />

aufgrund seiner Tragweite in den<br />

Zuständigkeitsbereich der Mitgliedsstaaten<br />

ein. Bundestag und<br />

Bundesrat - und alle anderen EU-<br />

Mitgliedsstaaten - müssten Ceta<br />

und TTIP daher ratifizieren. Dann<br />

wäre zumindest in diesem Punkt<br />

das Prinzip der repräsentativen<br />

Demokratie gewahrt.<br />

Zwar dürfte TTIP als völkerrechtlicher<br />

Vertrag vor dem<br />

Bundesverfassungsgericht wohl<br />

kaum justiziabel sein. Ein<br />

entsprechendes Zustimmungsgesetz<br />

des Bundestags dagegen<br />

schon. Dass die Karlsruher Richter<br />

die privaten Schiedsgerichte als<br />

verfassungswidrig einstufen, ist<br />

kein unrealistisches Szenario.


17 LEUCHTTURM<br />

Dann müsste TTIP in diesem<br />

Punkt nachverhandelt werden.<br />

Was zum geplanten Investorenschutzkapitel<br />

an dürftigen Informationen<br />

durchgesickert ist,<br />

verheißt nichts Gutes. Privaten<br />

Investoren soll das Recht<br />

eingeräumt werden, Nationalstaaten<br />

unter bestimmten Voraussetzungen<br />

vor privaten Schiedsgerichten<br />

zu verklagen. Derartige<br />

Investor-Staat- Schiedsgerichte<br />

(ISDS) sind nicht neu. Es gibt sie<br />

seit über fünf Jahrzehnten.<br />

Deutschland hat sie zum Schutz<br />

der eigenen Investoren erstmals<br />

im Jahr 1959 in ein bilaterales<br />

Abkommen mit Pakistan hineinverhandelt,<br />

hat sie also gewissermaßen<br />

erfunden. Es gibt Hunderte<br />

bilaterale und multilaterale<br />

Freihandelsabkommen, alle geheim<br />

verhandelt, die meisten mit<br />

Investorenschutz.<br />

Dass es private Schiedsgerichte<br />

seit langem gibt, heißt aber noch<br />

lange nicht, dass es sie zu Recht<br />

gibt. Sein und Sollen können<br />

auseinanderfallen. Führt man sich<br />

die Tragweite des im TTIP<br />

geplanten Investitionsschutzes<br />

vor Augen, so stellt sich erst recht<br />

die Legitimitätsfrage. Solange<br />

sich nur Privatunternehmen gegenseitig<br />

vor privaten Schiedsgerichten<br />

verklagen können, berührt<br />

dies die Demokratie nicht.<br />

Problematisch für die Demokratie<br />

wird die Sache, wenn auf<br />

Beklagtenseite ein Staat steht.<br />

Besonders gefährlich für die<br />

Demokratie ist der im TTIP<br />

angelegte Schutz einer bereits<br />

getätigten Investition vor einer<br />

indirekten Enteignung durch<br />

künftige Gesetzgebung: Für den<br />

Fall, dass ein nationales Parlament<br />

etwa einen gesetzlichen<br />

Mindestlohn beschließt, der<br />

geeignet ist, die Gewinnerwartung<br />

eines Investors zu schmälern, so<br />

ist es nach dem TTIP in seiner<br />

jetzigen Gestalt zumindest denkbar,<br />

dass der betreffende Staat<br />

dem Investor den entgangenen<br />

Gewinn zu ersetzen hat.<br />

Gesetze zugunsten des Gemeinwohls<br />

und zulasten von<br />

Investoren können in Zukunft<br />

verdammt teuer für den Steuerzahler<br />

werden. Und gegen das<br />

entsprechende Urteil kann<br />

Deutschland keinerlei Rechtsmittel<br />

einlegen. Über jedem Bundestag,<br />

der in Zukunft über eine<br />

Gesetzesänderung zum Schutz<br />

des Gemeinwohls verhandelt, das<br />

die Gewinnerwartung von Investoren<br />

zu schmälern geeignet ist,<br />

schwebt das Damoklesschwert<br />

einer drohenden Milliardenklage.<br />

In den USA nennt man diesen<br />

Effekt „regulatory freeze“ - aus<br />

Angst davor, dass bestimmte<br />

Gesetze teuer werden können,<br />

entscheidet sich das Parlament<br />

dazu, sie gar nicht erst zu<br />

verabschieden.<br />

Mit dem Demokratieprinzip<br />

versöhnen ließe sich der Investorenschutz<br />

höchstens, wenn es<br />

gelingt, ein ständiges öffentliches<br />

Schiedsgericht für Streitigkeiten<br />

rund um derartige Freihandelsabkommen<br />

einzurichten - eine Art<br />

„internationaler Handelsgerichtshof“<br />

nach dem Vorbild anderer<br />

supranationaler Gerichtshöfe wie<br />

etwa dem Internationalen Gerichtshof<br />

in Den Haag oder dem<br />

Europäischen Gerichtshof für<br />

Menschenrechte in Straßburg. Ein<br />

solcher Handelsgerichtshof müsste<br />

öffentlich rechtlich institutionalisiert<br />

mit Berufsrichtern besetzt<br />

werden, die demokratisch<br />

legitimiert sind. Er müsste<br />

Rechtsmittel zulassen, damit<br />

seine Entscheidungen überprüfbar<br />

und korrigierbar sind. Und die<br />

Verhandlungen eines solchen<br />

Gerichtshofs müssten vor den<br />

Augen der Öffentlichkeit stattfinden,<br />

damit seine Urteile im<br />

Namen des Volkes gesprochen<br />

werden. Es ist noch nichts<br />

entschieden. Wir Bürger Europas<br />

müssen uns nun die 1600 Seiten<br />

des veröffentlichten Ceta-Abkommens<br />

sehr genau anschauen, um<br />

über eine breite öffentliche<br />

Debatte in den Bundestag hinein<br />

endlich Einfluss auf die endgültigen<br />

Vertragstexte von Ceta und<br />

TTIP zu nehmen. Oder eben<br />

dafür zu kämpfen, dass die<br />

Abkommen platzen.<br />

Unterrichtsmaterial 1:<br />

Das Freihandelsabkommen TTIP im Unterricht<br />

GEW-Unterrichtsmaterial:<br />

Das Freihandelsabkommen TTIP<br />

zwischen der EU und den USA ist<br />

umstritten. Befürworter argumentieren,<br />

TTIP schaffe neue Jobs,<br />

und Verbraucher profitierten von<br />

http://www.gew.de/Das_Freihandelsabkommen_TTIP_im_Unterricht.html<br />

Unterrichtsmaterial 2:<br />

Unterrichtseinheiten der Hans Böckler Stiftung<br />

http://www.boeckler.de/39577.htm<br />

u. a. zu:<br />

günstigeren Preisen. Gegner befürchten,<br />

dass Arbeitnehmerrechte<br />

und Verbraucherschutz auf der<br />

Strecke blieben. Das GEW-<br />

Unterrichtsmaterial beleuchtet<br />

die Argumente ausführlicher, gibt<br />

einen historischen Überblick des<br />

Freihandels und erklärt, was es<br />

mit den umstrittenen Schiedsverfahren<br />

auf sich hat.<br />

Kinderarmut / Gleicher Lohn für gleiche Arbeit / Mindestlohn / Steuern / Minijobs / ...u.v.a.m


LEUCHTTURM<br />

Gute Bildung kostet<br />

ANDREA5<br />

SCHWARZ-<br />

KOPF<br />

Wer über die richtige<br />

Bezahlung für Lehrerinnen<br />

und Lehrer diskutiert, muss<br />

zunächst Ziele für die Bildung in<br />

Deutschland festsetzen. Daran ist<br />

die Politik bisher gescheitert.<br />

Es gibt die erwartbaren<br />

Reaktionen auf den Lehrerstreik.<br />

Gebt den Lehrerinnen und<br />

Lehrern halt ein paar Euro mehr<br />

im Monat, aber schafft endlich<br />

das Beamtentum ab, sagen die<br />

einen. Wieso sollen die mehr<br />

Geld bekommen, die haben doch<br />

wegen der Schulferien so viel<br />

Urlaub, polemisieren die anderen.<br />

Dabei haben vermeintlich<br />

einfache Antworten auf komplexe<br />

Probleme noch nie weitergeholfen.<br />

Bleibt man auf der tariflichen<br />

Ebene, ist der Arbeitskampf der<br />

Pädagogen ein normaler Streit<br />

zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern,<br />

die darüber verhandeln,<br />

wie viel für eine Leistung<br />

gezahlt werden soll. Zunächst<br />

geht es also um eine Handvoll<br />

Euro mehr. Die Länder erinnern<br />

in diesem Zusammenhang an die<br />

belasteten Haushalte und die<br />

steigenden Kosten für die<br />

Altersvorsorge vor allem der<br />

verbeamteten Lehrer, die vermehrt<br />

in Pension gehen. Die Gegenseite<br />

verweist auf die gute Konjunktur,<br />

die den öffentlichen Etats frische<br />

Steuereinnahmen beschert. Diesen<br />

Zwist könnte man auch zu<br />

einer Frage zuspitzen: Wie viel ist<br />

uns eine gute Bildung für unsere<br />

Kinder wert?- Spätestens hier wird<br />

es kompliziert.<br />

Es geht nicht mehr nur um die<br />

Höhe des Gehalts, sondern auch<br />

um Ziele von Bildung. Und<br />

beides ist enger verknüpft, als<br />

mancher denkt. Soll der Nachwuchs<br />

in eine Schule für alle<br />

gehen und ganztägig betreut<br />

werden, damit künftig bei einer<br />

prognostizierten sinkenden Zahl<br />

von Arbeitskräften möglichst<br />

viele Väter und Mütter arbeiten<br />

gehen können? Oder soll in<br />

einem dreigliedrigen Schulsystem<br />

weiter vor allem Wissen vermit-<br />

telt werden? Aus den Antworten<br />

leitet sich das Berufsbild des<br />

Lehrers ab. Daraus resultiert das<br />

Gehalt.<br />

Tatsächlich müssen Lehrer seit<br />

langem täglich ihren Klassen<br />

nicht nur den Satzbau oder<br />

binomische Formeln erklären,<br />

sondern häufig Mängel der<br />

elterlichen Erziehung auffangen.<br />

Darüber wird seit langem geredet,<br />

doch hat sich beispielsweise die<br />

Lehrerausbildung in den vergangenen<br />

Jahrzehnten kaum verändert.<br />

Schule ist auch ein Ort der<br />

Integration. Viele unterschiedliche<br />

Menschen lernen täglich<br />

miteinander, ob mit oder ohne<br />

Migrationshintergrund, ob mit<br />

oder ohne Behinderung. Um<br />

diese Leistungen noch auszubauen<br />

und das Ziel einer Ganztagsschule<br />

für alle zu erfüllen,<br />

müssten wir mehr investieren.<br />

Lehrer müssten etwa mit Sozialarbeitern,<br />

Trainern oder Musikern<br />

den Nachwuchs durch Lern- und<br />

entspannende Phasen im Schulalltag<br />

begleiten.<br />

Über derartige Bildungsziele<br />

wird spätestens seit dem Pisa-<br />

Schock leidenschaftlich gestritten.<br />

Die bisher gezogenen Schlüsse<br />

zeigen: Politiker, Lehrer und<br />

Eltern haben sich bei der<br />

Schulbildung hierzulande auf den<br />

Weg der Veränderung gemacht.<br />

Die Zwischenresultate sind noch<br />

nicht befriedigend. Das hohe Lied<br />

auf Ganztagsschulen etwa hat das<br />

ein oder andere gute Beispiel<br />

hervorgebracht. Mehrheitlich ist<br />

dieses Ziel noch nicht erreicht,<br />

häufig wird es verfehlt. Das böse<br />

Wort der Verwahranstalt macht<br />

die Runde. Mancherorts haben<br />

die Verantwortlichen dieses Ziel<br />

noch nicht mal in Angriff<br />

genommen. Ein Grund für das<br />

ungleiche Tempo sind die<br />

unterschiedlichen politischen Ziele,<br />

die Politiker und Eltern vor<br />

Ort verfolgen. Mütter, die<br />

tagsüber zu Hause sind, erwarten<br />

mehrheitlich anderes von der<br />

Schule als Familien, bei denen<br />

beide Elternteile einen Job haben.<br />

18<br />

Das Problem ist also, dass sich<br />

Deutschland nicht auf ein Ziel für<br />

die Schulbildung einigen kann.<br />

Und das, obwohl die Pisa-Studie<br />

zeigt: In Ländern, die ein<br />

einheitliches Ziel verfolgen, ist<br />

der Lernerfolg größer ais in<br />

Staaten ohne ein solches Ziel -<br />

unabhängig von der Schulform,<br />

zentralistischem oder föderalem<br />

Bildungssystem.<br />

Der Lernerfolg hängt auch<br />

nicht vom Status des Lehrers ab.<br />

Sachsen hat sich wie die anderen<br />

neuen Bundesländer nach der<br />

Wiedervereinigung dafür entschieden,<br />

Lehrer nicht zu<br />

verbeamten, sondern anzustellen.<br />

Das Schulsystem dort ist genauso<br />

leistungsfähig wie das Bayerns,<br />

wo die meisten Lehrer verbeamtet<br />

sind. Der Streit über den Status<br />

sollte aber aus einem anderen<br />

Grund gelöst werden. In den<br />

westlichen Bundesländern führt<br />

die Mischform zu einer Zweiklassengesellschaft<br />

im Lehrerzimmer.<br />

Ein einheitliches Dienstrecht<br />

könnte diese Ungerechtigkeit<br />

beseitigen, alle gleich gutabsichern<br />

und zudem angemessen<br />

entlohnen. Diese Lösung verhindern<br />

aber viele Minister. Sie<br />

scheinen sich an anderen Branchen<br />

zu orientieren, wo die<br />

Anstellungsverhältnisse sich dramatisch<br />

verändert haben. Tendenziell<br />

werden dabei die vermeintlich<br />

hohen Gehälter oder<br />

angebliche Privilegien beseitigt.<br />

Werden diese Probleme nicht<br />

endlich gelöst, wird es auch weiter<br />

zu schulpolitischen Desastern<br />

kommen, wie etwa beim verkürzten<br />

Abitur. Mit viel Aplomb<br />

warben Politiker ftir einen<br />

schnelleren Weg durchs Gymnasium<br />

zum Studium. Inzwischen<br />

entscheiden sich immer mehr<br />

Eltern mit ihren Kindern gegen<br />

GB und für G9. Das Experiment<br />

ist gescheitert. Man hätte es<br />

wissen können. Gemessen daran<br />

und an den grundsätzlichen<br />

Schwierigkeiten wirken ein paar<br />

Euro im Monat zusätzlich wie<br />

eine Kleinigkeit.


19 LEUCHTTURM<br />

Besuch der Gedenkstätte<br />

„Ehemalige jüdische Schule in Leer“<br />

des Arbeitskreis der Senioren des GEW-Kreisverbandes Leer<br />

Der Arbeitskreis Senioren des<br />

Kreisverbandes Leer der<br />

GEW besuchte die ehemalige<br />

jüdische Schule in Leer. Sie legt<br />

Zeugnis ab über die 400 jährige<br />

Geschichte deutscher Bürger<br />

jüdischen Glaubens, die mit<br />

Synagoge, Schule und Lehrerwohnung<br />

ihr kirchliches und bürgerliches<br />

Zentrum hatten. In der Zeit<br />

des deutschen Faschismus wurde<br />

viele dieser Mitbürger in Leer<br />

verfolgt, misshandelt und ermordet,<br />

Nazis eigneten sich deren<br />

Eigentum an (Man nannte so<br />

etwas Arisierung.), die Synagoge<br />

in der Heisfelder Straße in Brand<br />

gesteckt.<br />

Heute haben Bürger der Stadt,<br />

die Stadt selbst und der Landkreis<br />

Leer Gedenkstätten und Tafeln<br />

eingerichtet, die an dieses<br />

schwarze Kapitel der Leeraner<br />

Geschichte erinnern. Susanne<br />

Bracht führte kundig durch die<br />

Ausstellung, in der auch der alte<br />

Klassenraum zu besichtigen ist.<br />

Die Gedenkstätte, in der auch<br />

Zeitzeugenberichte zu erleben<br />

sind, steht besonders auch<br />

Schulen nach Absprache offen.<br />

Hasso Rosenthal<br />

GEW-Kreisverband<br />

Leer<br />

Distelstr. 5<br />

26826 Weener<br />

04951-<br />

912223


LEUCHTTURM<br />

20<br />

11.02.2015 Neue Studie mit Schätzungen zu Superreichen<br />

Reichstes Prozent dürfte rund ein Drittel des<br />

Privatvermögens in Deutschland besitzen<br />

Weitere<br />

Infor-<br />

mationen:<br />

Christian<br />

Westermeier<br />

estermeier,<br />

Markus M.<br />

Grabka:<br />

abka: Große<br />

statistische Unsicherheit<br />

beim<br />

Anteil der Top-<br />

Vermögenden in<br />

Deutschland<br />

(pdf), DIW-Wochenbericht<br />

7/<br />

2015.<br />

Kontakt:<br />

Dr.<br />

Dorothea Voss<br />

Sozialexpertin,<br />

Forschungsförderung<br />

Rainer Jung Leiter<br />

Pressestelle<br />

Die reichsten Haushalte vereinen<br />

höchstwahrscheinlich<br />

einen größeren Anteil am<br />

Gesamtvermögen in Deutschland<br />

auf sich als bislang angenommen.<br />

Allein dem vermögendsten Prozent<br />

kann bis zu einem Drittel<br />

des gesamten privaten Netto-<br />

Vermögens in der Bundesrepublik<br />

zugerechnet werden, und nicht<br />

nur ein Fünftel. Zu diesem<br />

Ergebnis kommt eine von der<br />

Hans-Böckler-Stiftung geförderte<br />

Studie, die versucht, die bislang<br />

eklatanten Datenlücken zu Top-<br />

Vermögen zu verkleinern. Allerdings<br />

ist das Schätzverfahren mit<br />

Unsicherheiten behaftet.<br />

55 Milliardäre und Multimilliardäre<br />

mit deutscher Staatsangehörigkeit<br />

hat das US-Wirtschaftsmagazin<br />

„Forbes“ 2012 gezählt.<br />

2002 standen erst 34 Deutsche<br />

auf der Liste des globalen<br />

Geldadels. In den gängigen<br />

wissenschaftlichen Untersuchungen<br />

zur Verteilung in der<br />

Bundesrepublik kommen diese<br />

Top-Vermögen bisher aber kaum<br />

vor. Der Grund: Da es keine<br />

Vermögensteuer mehr gibt, fehlen<br />

amtliche Daten zum Vermögen<br />

von Superreichen. Die einschlägigen<br />

Studien des Deutschen<br />

Instituts für Wirtschaftsforschung<br />

(DIW) oder der Bundesbank<br />

beruhen wiederum auf groß<br />

angelegten freiwilligen Umfragen.<br />

Die sind zwar für rund 99 Prozent<br />

der Bevölkerung repräsentativ.<br />

Doch der extreme Reichtum ist so<br />

kaum messbar. Denn er konzentriert<br />

sich auf eine sehr kleine<br />

Personengruppe, die von Umfragen<br />

kaum erfasst wird.<br />

– Multimillionäre und<br />

Milliardäre kommen in<br />

gängigen Studien kaum<br />

vor<br />

So besitzt der reichste Haushalt<br />

im vom DIW organisierten<br />

Sozio-oekonomischen Panel<br />

(SOEP) netto, also nach Abzug<br />

von Schulden, „nur“ knapp 50<br />

Millionen Euro. Die Bundesbank-<br />

Studie „Private Haushalte und<br />

ihre Finanzen“ weist für den<br />

wohlhabendsten in ihrer Stichprobe<br />

erfassten Haushalt einen<br />

Nettobesitz von unter 80<br />

Millionen aus. Enorm viel Geld –<br />

aber doch weit entfernt vom<br />

obersten Ende der Vermögenshierarchie,<br />

wo der Besitz mindestens<br />

im dreistelligen Millionenbereich<br />

liegt. „Im Ergebnis<br />

bedeutet dies, dass das wahre<br />

Ausmaß an Vermögensungleichheit<br />

unterschätzt wird, weil ein<br />

wichtiger Teil des Vermögens<br />

schlicht im Dunkeln bleibt“,<br />

erklären Christian Westermeier<br />

und Dr. Markus Grabka vom DIW.<br />

Zumal auch die „einfachen“<br />

Millionäre in den Panels untererfasst<br />

sein dürften. Dabei ließ sich<br />

an der Bundesbank-Untersuchung<br />

und den Studien anderer europäischer<br />

Notenbanken ablesen, dass<br />

die Ungleichheit in Deutschland<br />

schon auf Basis der vorliegenden<br />

lückenhaften Daten größer ist als<br />

in allen anderen Euro-Ländern<br />

außer Österreich.<br />

In einem Böckler-geförderten<br />

Projekt loten die beiden DIW-<br />

Verteilungsforscher Möglichkeiten<br />

aus, die Lücken in der Vermögensstatistik<br />

zu reduzieren. Dazu<br />

wenden sie ein Verfahren an, um<br />

sich dem Besitz von Superreichen<br />

anzunähern. Ausgehend von den<br />

deutschen Milliardären auf der<br />

„Forbes“-Liste lassen sich statistische<br />

Muster zur Verbreitung von<br />

Top-Vermögen ableiten. Ihr Modell<br />

erlaubt auch ergänzende<br />

Schätzungen zu den Vermögen<br />

von Millionären und Multimillionären,<br />

die deutlich häufiger<br />

sind als Milliardäre.<br />

Allerdings ist das Verfahren<br />

mit Unsicherheiten behaftet:<br />

Denn bei stichprobenartigen<br />

nachträglichen Abgleichen der<br />

„Forbes“-Liste mit den Steuerdaten<br />

verstorbener US-Superreicher<br />

erwiesen sich die geschätzten<br />

Vermögen beispielsweise als<br />

tendenziell zu hoch gegriffen.<br />

Westermeier und Grabka variieren<br />

deshalb die Parameter in ihren<br />

Schätzungen systematisch. So<br />

kommen sie auf verschiedene<br />

Szenarien, mit denen sich recht<br />

plausible Ober- und Untergrenzen<br />

für die Vermögen von<br />

Superreichen in Deutschland<br />

ansetzen lassen.<br />

– Gesamtvermögen<br />

könnte um zwei bis drei<br />

Billionen Euro höher sein<br />

Egal, welches Szenario man<br />

wählt, eines wird beim Blick auf<br />

die Daten der Forscher sofort klar:<br />

Wenn die bislang vernachlässigten<br />

Top-Vermögen hinzugeschätzt<br />

werden, steigt das Gesamtvermögen<br />

in Deutschland stark an.<br />

Beispiel 2012: Nach den reinen<br />

SOEP-Daten besaßen die privaten<br />

Haushalte netto knapp 6,3<br />

Billionen Euro. Bezieht man den<br />

geschätzten Besitz der Superreichen<br />

mit ein, sind es mindestens<br />

rund 8,6 Billionen, maximal<br />

sogar etwa 9,3 Billionen Euro.<br />

Der starke Zuwachs belege die<br />

hohe Relevanz sehr hoher<br />

Vermögen für die Vermögensverteilung,<br />

schreiben die Forscher.<br />

– Dem reichsten<br />

Hundertstel dürfte bis zu<br />

einem Drittel aller<br />

Vermögen gehören…<br />

Auch der wirtschaftliche Abstand<br />

zwischen den Reichsten und<br />

dem Gros der Gesellschaft wächst<br />

noch einmal beträchtlich, wenn<br />

die geschätzten Top-Vermögen in<br />

die Analyse einbezogen werden.<br />

Das lässt sich etwa daran ablesen,<br />

wie viel das reichste Hundertstel<br />

vom gesamten Nettovermögen im<br />

Land hält. Zu dieser Gruppe<br />

zählen auf Basis der nicht-


21 LEUCHTTURM<br />

erweiterten SOEP-Daten Haushalte,<br />

die über ein Nettovermögen<br />

von mindestens 1,35<br />

Millionen Euro verfügen. Nach<br />

der Hinzuschätzung steigt diese<br />

Untergrenze noch einmal an –<br />

und gleichzeitig fällt der Anteil<br />

des obersten Prozents am<br />

Gesamtvermögen weitaus größer<br />

aus: Statt 18 Prozent, die das<br />

SOEP ohne Ergänzung für das<br />

Jahr 2012 ausweist, rechnen die<br />

Forscher nun mit 31 bis 34<br />

Prozent je nach gewähltem<br />

Szenario. Damit wächst auch der<br />

Anteil, der auf die wohlhabendsten<br />

zehn Prozent der Haushalte<br />

entfällt: Nach der Zuschätzung<br />

GEW - NORDEN<br />

Nachdem 11 Grundschulen<br />

allein im Altkreis Norden<br />

im Sommer Belastungsanzeigen<br />

auf dem Dienstweg an das<br />

Kultusministerium geschickt hatten,<br />

trafen sich nun GEW<br />

KollegInnen in Norden, um<br />

weitere Aktionen zu diskutieren.<br />

Die GEW-FG Grundschulen<br />

beklagt die steigenden Anforderungen:<br />

Inklusion, Ganztagsschule,<br />

Gesundheitsförderung, Dokumentationspflichten<br />

sind nur<br />

einige Punkte im Katalog der<br />

zunehmenden Anforderungen an<br />

die KollegInnen in den Grundschulen.<br />

Vor allem die Zunahme<br />

von Verhaltens- und Sprachauffälligkeiten<br />

der Kinder belastet alle<br />

KollegInnen sehr.<br />

Viele Kollegien haben diese<br />

Belastungen und die zunehmenden<br />

außerunterrichtlichen Verpflichtungen<br />

in ihren Anzeigen an<br />

die Kultusministerin eindrücklich<br />

beschrieben (mehr als 300<br />

Grundschulen in ganz Niedersachsen)<br />

und stellen berechtigte<br />

Forderungen nach Entlastung.<br />

Auch die Situation der pädagogischen<br />

MitarbeiterInnen, die sich<br />

teilweise weit über den PM-<br />

Erlass hinaus einbringen, steht<br />

damit im engen Zusammenhang.<br />

Die Ausweitung der Aufgaben der<br />

Schulleitungen, gerade an kleinen<br />

Grundschulen, ist ebenfalls gra-<br />

sind es zwischen 63 und 74<br />

Prozent aller Vermögen in<br />

Deutschland – und nicht nur gut<br />

60 Prozent wie nach den reinen<br />

SOEP-Daten.<br />

– … dem obersten<br />

Tausendstel 14 bis 16<br />

Prozent<br />

Wie stark sich die Vermögen<br />

gerade an der Spitze der Pyramide<br />

ballen dürften, macht eine weitere<br />

Rechnung der Forscher deutlich:<br />

Die reichsten 0,1 Prozent der<br />

Haushalte hielten 2007 rund 7<br />

und 2012 etwa 5 Prozent des<br />

gesamten Nettovermögens, wenn<br />

man nach den SOEP-Daten ohne<br />

Erweiterung geht. Dieser Anteil<br />

ist bereits größer als der, den die<br />

weniger wohlhabende Hälfte der<br />

Gesamtbevölkerung besaß. Erwartungsgemäß<br />

steigt der Anteil der<br />

Superreichen aber noch einmal<br />

sprunghaft, wenn bislang vernachlässigte<br />

Top-Vermögen hinzugeschätzt<br />

werden: Auf dieser Basis<br />

kalkulieren Grabka und Westermeier<br />

mit 14 bis 16 Prozent, die<br />

das reichste Tausendstel besitzt.<br />

Und im Zeitverlauf seit 2002 sei<br />

dieser Anteil stabil geblieben.<br />

Finanzmarktkrise und Niedrigzinsphase<br />

scheinen die Top-<br />

Vermögenden also kaum geschädigt<br />

zu haben.<br />

Fachgruppe Grundschule und Förderschule<br />

vierend, die vielen unbesetzten<br />

Schulleitungsstellen sind der<br />

Beweis.<br />

„Die seit über einem Jahr<br />

rollende „Beschwerdewelle“ muss<br />

weiter voran getrieben werden“,<br />

so der allgemeine Tenor während<br />

des GEW-FG-Treffs in Norden.<br />

Ein fortschrittliches und demokratisches<br />

Schulwesen gerade im GS-<br />

Bereich, das den Bedürfnissen<br />

und Lebenswelten heutiger Kinder<br />

und dem neuesten Stand der<br />

Pädagogik entspricht, ist das Ziel.<br />

Einiges wurde schon umgesetzt<br />

(Eingangsstufe, Ganztag, Inklusion<br />

….), jedoch vieles auf Kosten<br />

der KollegInnen durch immer<br />

mehr Aufgaben. Eine Kampfbereitschaft<br />

im GS- und für den GS-<br />

Bereich wurde an diesem<br />

Nachmittag deutlich. Je<br />

mehr mitmachen, desto<br />

größer ist die Chance auf<br />

spürbare Veränderungen.<br />

Unmut wurde geäußert<br />

über das Vorgehen der<br />

Landesschulbehörde, die die<br />

Belastungsanzeigen in Osnabrück<br />

gestoppt hat, obwohl<br />

der Adressat das<br />

Kultusministerium ist.<br />

Schuldezernenten führten<br />

daraufhin Dienstversammlungen<br />

in den Grundschulen<br />

durch.<br />

Einige KollegInnen fühl-<br />

Anette Hillen<br />

ten sich Ernst genommen durch<br />

die Landesschulbehörde, doch<br />

„die zeitliche Belastung“ so eine<br />

Kollegin in der Runde „ist nicht<br />

das hauptsächliche Problem,<br />

sondern die psychische Belastung“.<br />

Die KollegInnen wollen Inklusion,<br />

wollen den Kindern gerecht<br />

werden, daher die Forderung an<br />

den Dienstherrn, die Landesschulbehörde:<br />

– Gebt uns die Ressourcen,<br />

die wir brauchen, um<br />

extreme<br />

Situationen<br />

durchzustehen!!!<br />

– SchulsozialarbeiterInnen<br />

an allen Grundschulen !!!<br />

– Doppelbesetzung in den<br />

Inklusionsklassen !!!<br />

Nächstes Treffen der GEW<br />

EW-Fac<br />

Fach-<br />

gruppe<br />

Grundsc<br />

undschule/<br />

hule/För<br />

ördersc<br />

derschule<br />

1. Dezember 2015, um 16:00 Uhr<br />

hr,<br />

im Mittelhaus, Neuer Weg, Nor<br />

orden<br />

Themen werden sein:<br />

– Wo sind die Belastungsanzeigen geblieben?<br />

– Inklusion<br />

– Flüchtlingskinder in den Grundschulen<br />

u. a. Hilfen zur Sprachförderung


LEUCHTTURM<br />

Emslandlager<br />

H. Rosenthal<br />

Die Geschichte der unter<br />

nationalsozialistischer Herrschaft<br />

errichteten Emslandlager<br />

ist großen Teilen der Bevölkerung,<br />

insbesondere der Jugend, nahezu<br />

unbekannt.<br />

Dabei bietet die Beschäftigung<br />

mit ihr die Möglichkeit, einen<br />

differenzierten Einblick in das<br />

Herrschaftssystem des NS-Staates<br />

zu erhalten.<br />

Die insgesamt 15 Emslandlager<br />

hatten von 1933 bis 1945<br />

wechselnde Funktionen. Sie<br />

dienten den Nationalsozialisten<br />

als<br />

Konzentrationslager (1933-<br />

1936)<br />

Strafgefangenenlager (1934-<br />

1945)<br />

Militärstrafgefangenenlager<br />

(1939-1945)<br />

Kriegsgefangenenlager (1939-<br />

1945)<br />

Außenlager des KZ Neuengamme<br />

(1944/45).<br />

In vielen Orten Norddeutschlands<br />

bestanden außerdem Außenkommandos<br />

der Lager, eben-<br />

so, im Krieg, in Nordnorwegen<br />

und in Westfrankreich.<br />

Die unterschiedlichen Funktionen<br />

spiegeln die fortschreitende<br />

Entwicklung der nationalsozialistischen<br />

Herrschaft wider. Zunächst<br />

zur Ausschaltung und<br />

„Umerziehung“ von tatsächlichen<br />

und vermeintlichen Gegnern des<br />

NS-Regimes, später auch zur<br />

besonders harten Bestrafung von<br />

zivil- und militärgerichtlich Verurteilten<br />

sollten nicht nur die<br />

unmenschlichen Lebensbedingungen<br />

in den Lagern beitragen.<br />

Gleichzeitig wurden die Gefangenen<br />

zu schwerer körperlicher<br />

Arbeit bei der Kultivierung der<br />

emsländischen Moore und, ab<br />

Kriegsbeginn, in kriegswichtigen<br />

Bereichen herangezogen. Die<br />

Emslandlager verkörpern daher<br />

auch ein Stück Regionalund<br />

Wirtschaftsgeschichte.<br />

Insgesamt wurden ca.<br />

80.000 KZ-Häftlinge und<br />

Strafgefangene und zwischen<br />

100.000 und 180.000<br />

Kriegsgefangene in den<br />

Lagern inhaftiert. Bis zu<br />

30.000 Menschen, überwiegend<br />

sowjetische Kriegsgefangene,<br />

kamen in den<br />

Moorlagern um.<br />

Bereits im April erteilte<br />

das Preußische Innenministerium<br />

dem Regierungspräsidenten<br />

in Osnabrück<br />

den Auftrag, im Emsland<br />

für die Unterbringung von<br />

3.000 bis 5.000 Gefangenen<br />

mehrere Lager einzurichten.<br />

Im Sommer<br />

schließlich wurden die<br />

Konzentrationslager Börgermoor,<br />

Esterwegen und<br />

Neusustrum als „Staatliches<br />

Konzentrationslager Papenburg“<br />

fertiggestellt und mit<br />

4.000 Häftlingen belegt,<br />

neben politischen Gegnern<br />

bald auch u.a. Zeugen Jehovas<br />

und sog. ,Sicherungsverwahrte‘.<br />

Die Gefangenen, die sich selbst<br />

,Moorsoldaten‘ nannten, wurden<br />

bei der Kultivierung der emsländischen<br />

Moore zur Zwangsarbeit<br />

herangezogen.<br />

22<br />

Mit der Neuorganisation des<br />

KZ-Systems unter Aufsicht der SS<br />

im Sommer 1934 wurden die<br />

Lager Neusustrum und Börgermoor<br />

als KZ aufgelöst und von<br />

der preußischen Justiz als<br />

Strafgefangenenlager übernommen.<br />

Esterwegen blieb bis zu<br />

seiner „Verlegung“ nach Sachsenhausen<br />

im August/September<br />

1936 als Konzentrationslager<br />

bestehen und wurde ab Januar<br />

1937 als Lager VII ebenfalls<br />

Strafgefangenenlager. Daneben<br />

bestanden die Lager I Börgermoor,<br />

II Aschendorfermoor, III Brual-<br />

Rhede, IV Walchum, V Neusustrum<br />

und VI Oberlangen mit<br />

Platz für zunächst 5.500 Gefangene,<br />

bevor 1938 im mittleren und<br />

südlichen Emsland acht weitere<br />

Strafgefangenenlager errichtet<br />

wurden: Lager VIII Wesuwe, IX<br />

Versen, X Fullen, XI Gross-<br />

Hesepe, XII Dalum, XIII Wietmarschen,<br />

XIV Bathorn und XV<br />

Alexisdorf.<br />

In den Strafgefangenenlagern<br />

wurden bis Kriegsende bis zu<br />

70.000 Menschen inhaftiert,<br />

darunter u.a. Kriminelle (nach<br />

heutigen Rechtsverständnis), Homosexuelle,<br />

politische Gegner,<br />

sog. ,Asoziale‘ und, ab Kriegsbeginn,<br />

zunehmend wehrmachtgerichtlich<br />

verurteilte Soldaten. In<br />

einem Teil des Lagers Esterwegen<br />

und in Börgermoor wurden 1943/<br />

44 außerdem westeuropäische<br />

Widerstandskämpfer, sog. ,Nacht<br />

und Nebel‘-Gefangene, inhaftiert.<br />

Bereits im September 1939<br />

übernahm das Oberkommando<br />

der Wehrmacht die Lager VI und<br />

VIII bis XI und nutzte sie als<br />

Kriegsgefangenenlager für bis<br />

Kriegsende weit über 100.000<br />

Soldaten aus der Sowjetunion,<br />

Frankreich, Belgien, Polen und<br />

Italien. 1944/45 dienten die Lager<br />

Dalum und Versen der SS<br />

kurzzeitig Außenlager des KZ<br />

Neuengamme.<br />

Im April 1945 wurden die<br />

Häftlinge der Emslandlager von<br />

britischen, kanadischen und polnischen<br />

Truppen befreit.


23 LEUCHTTURM<br />

Moorsoldatenlied<br />

von Johann Esser und Wolfgang Langhoff<br />

Melodie von Rudi Goguel<br />

Wohin auch das Auge blicket<br />

Moor und Heide nur ringsum.<br />

Vogelsang uns nicht erquicket,<br />

Eichen stehen kahl und krumm.<br />

Ref.:<br />

Wir sind die Moorsoldaten<br />

und ziehen mit dem Spaten ins Moor<br />

Hier in dieser öden Heide<br />

ist das Lager aufgebaut,<br />

wo wir fern von jeder Freude<br />

hinter Stacheldraht verstaut.<br />

Ref.:<br />

Wir sind die Moorsoldaten<br />

und ziehen mit dem Spaten ins Moor<br />

Morgens ziehen die Kolonnen<br />

in das Moor zur Arbeit hin.<br />

Graben bei dem Brand der Sonnen,<br />

doch zur Heimat steht der Sinn.<br />

Ref.:<br />

Wir sind die Moorsoldaten<br />

und ziehen mit dem Spaten ins Moor<br />

Heimwärts, heimwärts jeder sehnet<br />

nach den Eltern, Weib und Kind.<br />

Manche Brust ein Seufzer dehnet<br />

weil wir hier gefangen sind.<br />

Ref.:<br />

Wir sind die Moorsoldaten<br />

und ziehen mit dem Spaten ins Moor<br />

Auf und nieder gehn die Posten,<br />

keiner, keiner kann hindurch.<br />

Flucht wird nur das Leben kosten,<br />

vierfach ist umzäunt die Burg.<br />

Ref.:<br />

Wir sind die Moorsoldaten<br />

und ziehen mit dem Spaten ins Moor<br />

Doch für uns gibt es kein Klagen,<br />

ewig kann nicht Winter sein.<br />

Einmal werden froh wir sagen:<br />

Heimat, du bist wieder mein.<br />

Dann ziehn wir Moorsoldaten<br />

nicht mehr mit dem Spaten<br />

ins Moor.<br />

Aufsichtpflicht<br />

Kita haftet nicht für Blechschäden<br />

Bewerfen Kitakinder ein geparktes<br />

Auto mit Kieselsteinen,<br />

haftet der Träger der Kindertagesstätte<br />

nicht für entstehende Schäden.<br />

Das Oberlandesgericht Frankfurt/<br />

Main urteilte: Der betroffene<br />

Autobesitzer muss den Lackschaden<br />

auf eigene Kosten ausbessern lassen.<br />

Begründung: Kinder unter sieben<br />

Jahren können zum einen grundsätzlich<br />

nicht belangt werden. Zum<br />

anderen haftet der Träger - hier die<br />

Stadt - in solchen Fällen nur, wenn<br />

Erzieherinnen ihre Aufsichtspflicht<br />

verletzen. Um dieser Pflicht gerecht<br />

zu werden, müssen sie ihre<br />

Schützlinge jedochnicht auf Schritt<br />

und Tritt überwachen. Bei einer<br />

Gruppe von 15 bis 20 Kindern, so<br />

die Richter, sei es gar nicht möglich,<br />

jedes einzelne Kind ununterbrochen<br />

zu kontrollieren. Die beiden<br />

Erzieherinnen waren sofort eingeschritten,<br />

als sie mitbekamen, dass<br />

vier Kinder am Zaun mit Steinen<br />

hantierten. Damit haben sie<br />

genügend aufgepasst, befand das<br />

Gericht und brummte dem Autobesitzer<br />

die Reparaturkosten auf.<br />

Dieser hatte die geltend gemachten<br />

Schäden obendrein nur unzulänglich<br />

dokumentiert (Az. 1 U 76/13).<br />

Unterrichtsmaterialien<br />

der H. Böckler-Stiftung<br />

Böckler Schule<br />

Wir bieten aktuelle Materialien für<br />

den sozioökonomischen Unterricht<br />

in Sekundarstufe I und II: didaktisch<br />

aufbereitete Unterrichtseinheiten,<br />

Themenhefte zu ausgewählten<br />

aktuellen Themen, anschauliche<br />

Grafiken und Artikel zu neuesten<br />

Forschungsergebnissen. Alle Materialien<br />

sind kostenlos verfügbar.<br />

mehr:<br />

http://www.boeckler.de/39577.htm


LEUCHTTURM<br />

Wie Biedermann es mit den Brandstiftern<br />

hält.<br />

Milliardenschwere Beratungsunternehmen sorgen für Einsparungen in Schulen, in<br />

Kindergärten, in allen sozialen Bereichen<br />

oder - Wie eine Stadt nach Beratern ruft, die Steuersäckel leeren wollen.<br />

J. Kaufhold<br />

Je komplizierter ein Vorgang,<br />

desto schwieriger wird es, die<br />

Menschen dafür zu interessieren.<br />

Und das Problem ist so<br />

vielschichtig, dass selbst Wissenschaftler<br />

von kaum durchschaubaren<br />

Strukturen sprechen. Das<br />

System aber kostet den Staat ein<br />

mehrstelliges Millionenvermögen<br />

jährlich und Schulsekretärinnen,<br />

Hausmeistern und vielen anderen,<br />

besonders in sozialen<br />

Berufen, den Job. Voraussetzung<br />

dazu ist, dass jede öffentliche<br />

Einrichtung - von der Kommune<br />

bis hin zum Bund – brav dem<br />

Ruf der Moderne nach „Lean<br />

Administration“, nach „Systemischer<br />

Organisationsentwicklung“<br />

folgt. Worthülsen spielen entscheidende<br />

Rollen, Luftschlösser<br />

allemal. Der Glaube daran sitzt<br />

so tief, dass die Bewunderung der<br />

neuen Kleider des Kaisers im<br />

Märchen eine schwache Vorstellung<br />

dagegen ist. Ehrfürchtiges<br />

Erstarren ist Vorschrift, Unglaube<br />

verwerflich, Erkenntnis strafbar.<br />

Mit diesem Thema setzte sich<br />

Dr. Werner Rügemer in der<br />

Veranstaltung „Die Luft für<br />

Soziale Arbeit wird dünner“ im<br />

Forum der VHS in Emden<br />

auseinander. Rügemer ist Wirtschaftswissenschaftler<br />

und Lehrbeauftragter<br />

der Humanwissenschaftlichen<br />

Fakultät der Universität<br />

Köln. Er hielt den<br />

Kernvortrag: Wirtschaftsprüfer<br />

wie PricewaterhouseCoopers<br />

(PwC) – was machen die<br />

eigentlich?<br />

Eingeladen zur Veranstaltung<br />

hatte der Arbeitskreis Kritische<br />

Soziale Arbeit (AKS), ein<br />

Zusammenschluss von Sozialwissenschaftlern,<br />

die hemmende<br />

oder negative Entwicklungen im<br />

Sozialwesen unserer Gesellschaft<br />

kritisch hinterfragen und Fehlentwicklungen<br />

verhindern wollen.<br />

Zur Veranstaltung wurde auch<br />

geladen - und das lag in der Natur<br />

der Sache - der Kämmerer der<br />

Stadt Emden, Horst Jahnke. Der<br />

Veranstaltungsraum, das sei betont,<br />

war gut besucht, Kommunalpolitiker<br />

der verantwortlichen<br />

Mehrheitsparteien fehlten. Da lag<br />

die Vermutung nahe, dass sie der<br />

Kritik bereits überdrüssig waren,<br />

denn in so mancher Parteiversammlung<br />

und in manchem<br />

Ortsverein hatte es kräftig<br />

gebrodelt.<br />

Der Grund: Die Stadt Emden<br />

hatte im Rahmen der Haushaltskonsolidierung<br />

Ende 2014 ausgerechnet<br />

PwC beauftragt, ein<br />

Gutachten zu erstellen. Schon in<br />

der ersten Presseverlautbarung zu<br />

den möglichen Einsparungen war<br />

zu lesen: „Standards in Kindergärten<br />

oder die Ausstattung von<br />

Schulen mit Sekretärinnen“ (OZ,<br />

5.12.14). Grundsätzlich sei gesagt:<br />

Banale Ansätze, die jede<br />

bekannte Begutachtung bislang<br />

mit sich brachte und bringt.<br />

Warum auch nicht.<br />

Gruppen, die sich wehren<br />

können, kommen eh nicht in<br />

Betracht. Und die Logik ist auch<br />

da: Schulsekretärinnenstunden<br />

einkürzen und Kindergärten enger<br />

berechnen bei gleichzeitig flächendeckender<br />

Einführung der<br />

Ganztagsschule und politisch<br />

gewolltem Ausbau der frühkindlichen<br />

Erziehung. In der Kommunalpolitik<br />

offensichtlich kein<br />

Problem.<br />

Zum Zeitpunkt der Beauftragung<br />

2014 erschienen bereits<br />

Berichte darüber, dass PwC mit<br />

dem Luxemburg-Modell nament-<br />

24<br />

lich genannten Firmen mit<br />

kreativer Finanzgestaltung zur<br />

Seite gestanden hatte. Mit<br />

ausgeklügelten Steuersparmodellen<br />

drückte PwC die Steuerlast<br />

der Großunternehmen zum Teil<br />

auf unglaubliche 0,1 %. Die<br />

Süddeutsche Zeitung berichtete<br />

darüber, welche Praktiken PwC<br />

dabei pflegte - zum Schaden der<br />

Bundesrepublik Deutschland.<br />

Und unter Wikipedia gab es<br />

deutliche Darstellungen dazu, wie<br />

PwC Umsätze generierte. Der<br />

Steuerausfall für die Bundesrepublik<br />

lag Schätzungen zur Folge im<br />

mehrstelligen Millionenbereich.<br />

Einmal zur Kenntnis genommen,<br />

saßen Fragen den KommunalpolitikerInnen<br />

im Genick: Wie<br />

geht PwC mit den Erkenntnissen<br />

aus Emden um? Verlieren wir<br />

wichtige Steuerzahler, wenn PwC<br />

diese gleichzeitig berät? Und –<br />

warum bot die PwC die<br />

Begutachtung so preisgünstig an,<br />

wenn…?<br />

Ein Stochern im Nebel.<br />

Konkrete Antworten dazu gibt es<br />

nicht. Wie auch. Doch Fachleuten<br />

ist klar, der Schaden ist da. Wenn<br />

denn späterhin Einbrüche an<br />

Steuern zu verzeichnen sind,<br />

werden die Zusammenhänge<br />

nicht mehr nachvollziehbar sein.<br />

Der Nebel ist zu dicht.<br />

Und der Nebel ist gewollt. Das<br />

wurde im Vortrag des Werner<br />

Rügemer sehr deutlich. Die<br />

genannten Summen, die von den<br />

Big Four, den größten vier Global-<br />

Playern zu denen PwC gehört, für<br />

Großunternehmen einzusparen<br />

pflegen, liegen nahezu immer in<br />

mehrstelligen Millionenhöhen.<br />

Die Beratungsfirmen gehen in<br />

allen Bereichen nach immer<br />

gleichem Muster vor. Das Muster


25 LEUCHTTURM<br />

ist seit langem gut bekannt. Aber<br />

alle erstarren in Ehrfurcht, sobald<br />

Beratungsergebnisse vorliegen.<br />

Der Glaube an den Erfolg, das<br />

machte Werner Rügemer am<br />

Beispiel Köln und anderen<br />

Kommunen klar, zog blinden<br />

Eifer nach sich. Unterschriften<br />

unter tausendseitigen Verträgen<br />

bedenkenlos geleistet – und - die<br />

Erkenntnis, in eine Falle geraten<br />

zu sein, war und ist tatsächlich<br />

strafbar. Kommunen mussten<br />

zum Teil große Geldbeträge<br />

aufwenden, um aus dem Dilemma<br />

herauszukommen. Im Grunde<br />

doppelt geschädigt. Der Referent<br />

sprach deutliche, zu deutliche<br />

Worte, beleuchtete den, für<br />

politisch bewusst denkende Menschen<br />

offensichtlich kriminellen<br />

Hintergrund.<br />

Ein Fehler.<br />

Horst Jahnke nutzte die offene<br />

Flanke und reagierte erst einmal<br />

hart auf persönlicher Ebene. Der<br />

Referent habe Bezeichnungen<br />

gebraucht, betonte er, die eine<br />

Verpflichtung zur Anzeige bei der<br />

Staatsanwaltschaft nach sich<br />

zögen. Der Referent würde dann<br />

schon feststellen, dass alles<br />

korrekt gelaufen und krimineller<br />

Hintergrund nicht gegeben sei.<br />

Der Kämmerer entschied sich<br />

also für einen Angriff, für ein<br />

Infragestellen des Gegners. Gut.<br />

Das war seine Entscheidung.<br />

Das Argument zeigt aber auch<br />

zugleich die Schwäche des<br />

europäischen Systems. Recht und<br />

Gesetz eröffnen Möglichkeiten,<br />

die jedem normalbürgerlichen<br />

Rechtsempfinden zuwiderlaufen.<br />

Und die EU Gesetzgebung bildet<br />

kein Korrektiv. Europa ist kein<br />

Staatenbund, wie der erfolglose<br />

Finanzminister Griechenlands,<br />

Yanis Varoufakis, in einem ZEIT-<br />

Artikel verbittert feststellte, sondern<br />

lediglich ein Bund souveräner<br />

Staaten. Luxemburg ist ein<br />

souveräner Staat. Gerade diesen<br />

Aspekt weiß Jean Claude Junker<br />

immer wieder deutlich zu<br />

betonen. Die deutsche Strafverfolgung<br />

handelt nicht nach Rechtsempfinden,<br />

sondern nach geltendem<br />

Recht.<br />

Der Angriff des Kämmerers<br />

unterstrich also quasi noch<br />

einmal das Gesagte, doch im<br />

Anschluss gab es Versöhnlicheres.<br />

Der Kämmerer begründete den<br />

Einsatz PwCs, lieferte seinerseits<br />

einsehbare Anlässe für die<br />

Beauftragung - die Notwendigkeit<br />

der Wirtschaftsprüfung zum Beispiel<br />

- , er gab andererseits aber<br />

auch nach. Man habe eben nur<br />

eine Expertenmeinung hören<br />

wollen, Entscheidungen im Rahmen<br />

der Gutachten seinen<br />

schließlich immer noch Angelegenheit<br />

des Rates. Und gerade da<br />

könne gegen Vorschläge entschieden<br />

werden, die nicht sozialverträglich<br />

seien. Also: Nichts wird<br />

so heiß gegessen, wie …<br />

Der Referent versuchte einen<br />

Gegenzug, fragte nach bestehenden<br />

Gesetzen. Dennoch.<br />

Der Schlagabtausch der beiden<br />

Kontrahenten blieb unbefriedigend.<br />

Bis in die letzte Fragerunde<br />

hinein konnte – außer der<br />

Feststellung, wie heftig Steuern<br />

verloren und soziale Belange<br />

gering geschätzt werden - keine<br />

grundlegende Klärung erfolgen.<br />

Eine klare Aussage hätte nur<br />

lauten können: Gesetze, die<br />

dieses System ermöglichen, müssen<br />

geändert werden. Klar. Der<br />

Diskussionsprozess läuft, ob aber<br />

diesem gnadenlosen und gefährlichen<br />

Unsinn ein (Gesetzes-)<br />

Riegel vorgeschoben werden<br />

kann, sei dahingestellt.<br />

Bis dahin halten es alle so, wie<br />

Biedermann es mit seinen<br />

Freunden, den Brandstiftern,<br />

hielt.*<br />

*) Im Drama hält Biedermann zu<br />

seinen Freunden, den Brandstiftern.<br />

Kurz bevor alles in Flammen aufgeht,<br />

tritt der Akademiker, ein Brandstifter,<br />

auf und verliest ein Schriftstück, mit<br />

dem er sich von den Taten der<br />

Brandstifter distanziert. (Max Frisch:<br />

Biedermann und die Brandstifter.<br />

Drama. Erstaufführung 28.09.1958)<br />

40 JAHRE Mitglied unserer GEWerkschaft<br />

Der GEW Kreisverband Aurich<br />

dankt folgenden Kolleginnen<br />

und Kollegen für ihre<br />

langjährige, nämlich 40jährige<br />

Mitgliedschaft in der GEW:<br />

Klaus Brendemühl, Dieter Fröhlich,<br />

Uwe Geipel, Susanne Karg-Alberding,<br />

Heidi Koenig-Gohl, Susanne König,<br />

Erika Kroh-Lammers, Elfi Losch,<br />

Jutta Meyer, Reinhold Mohr, Jürgen<br />

Mühlhausen, Karin Reinken, Berthold<br />

Rogga, Grete Saathoff, Hartmut<br />

Steffen, Helene Steffen.<br />

Der Kreisvorstand nahm dies zum<br />

Anlass, die JubilarInnen zu einem<br />

Essen einzuladen und das<br />

Jubiläum gebührend zu feiern.<br />

Die meisten der Eingeladenen sind schon im Unruhestand; so mussten einige leider wegen<br />

Ortsabwesenheit absagen: Erika Kroh-Lammers, Dieter Fröhlich, Uwe Geipel und Reinhold Mohr konnten<br />

teilnehmen (s. Foto) (Die weiteren Personen auf dem Foto sind die Vorstandsteam-Mitglieder Karl Hoops,<br />

Silke Utnehmer, Nicole Bones, Melanie Diehl und Christian Philipp Storm.)


LEUCHTTURM<br />

26<br />

Anmerkungen zu Bedeutung der Schreibschrift<br />

Hasso Rosenthal<br />

(Quelle: Gegen<br />

die Abschaffung<br />

der Schreibschrift;<br />

Hamburg;<br />

22. 6. 2014;<br />

Die Welt)<br />

s. auch<br />

LT Nr. 119<br />

Viele Schulpolitiker deuten<br />

das Erlernen der Schreibschrift<br />

als überkommenen Bildungsbalast<br />

aus dem 19. Jahrhundert.<br />

Eigentlich würde man<br />

Schülerinnen und Lehrerinnen<br />

gern entlasten, um Raum für<br />

andere Lerninhalte zu schaffen.<br />

So gibt es in Thüringen seit 2010<br />

vorgeschrieben nur noch die<br />

Druckschrift, in Hamburg seit<br />

2011. In der Schweiz oder in<br />

Finnland will man das Schreiben<br />

mit der Hand komplett abschaffen.<br />

Man diskutiert die komplette<br />

Umstellung des Lese-Schreib-<br />

Lehrgangs auf Tablets. In den<br />

Niederlanden gibt es etliche<br />

„Steve-Jobs-Schulen“, in denen<br />

Schülerinnen nur noch mit<br />

Tablets (i-Pods) arbeiten.<br />

Prof. Ursula Bredel (Uni<br />

Hildesheim – Lehrstuhl Orthografie-Didaktik)<br />

kritisiert, dass<br />

hier (wieder einmal) eine Reform<br />

praktiziert werde, ohne begleitendes<br />

Pilotprojekt. „Die Auswirkung<br />

(der Abschaffung der Schreibschrift)<br />

kann man nicht durch<br />

kurzfristige Beobachtungen feststellen.<br />

So werde () das<br />

Experiment ohne fundierte<br />

Kenntnisse des Prozesses (der<br />

Entwicklung der Sprach- und<br />

Rechtschreibkompetenz) am lebenden<br />

Subjekt durchgeführt.“ Sie<br />

betont als Vertreterin der Orthografiedidaktik,<br />

dass Handschreiben<br />

ein „kosmotischer Prozess“<br />

sei, bei dem nicht einzelne<br />

Buchstaben isoliert verschriftlicht<br />

würden, sondern Buchstabenfolgen,<br />

die sprachlichen Einheiten<br />

entsprechen (überwiegend Silben<br />

und Morpheme). Die Schrift<br />

besteht aus Zeichen zur Wiedergabe<br />

der Sprache, die intellektuell<br />

bedeutsam wirken. „Verbundene<br />

Schriften ermöglichen Schülern<br />

sprachliche Einheiten als verbundene<br />

zu lernen.“ Bredel kritisiert,<br />

dass das Fehlen der Schreibschrift<br />

beim Schreibprozess kaum untersucht<br />

sei. Sie hebt jedoch hervor,<br />

dass der bisherige Forschungsstand<br />

die lateinische Ausgangsschrift<br />

und die Schulausgangsschrift<br />

als lernfreundlichste Schriften<br />

bezeichnet werden können.<br />

Kommunikationsfähigkeit ist<br />

die Summe aller Fähigkeiten des<br />

Menschen, sich verbal oder<br />

schriftlich zueinander zu verhalten<br />

(Watzlawick). Die digitale<br />

Kommunikation kann ein erhebliches<br />

Defizit an Fähigkeiten zur<br />

mitmenschlichen Kommunikation<br />

bedeuten, da die komplexe<br />

und vielseitige Form des wirklichen<br />

Umgangs miteinander (face<br />

to face) unterentwickelt bleibt.<br />

Nur die analoge Kommunikation<br />

(Sprechen und handschriftliche<br />

Dialoge) bieten das semantische<br />

Potential (Watzlawick) der Empathie<br />

und der Verständigung<br />

(Allegorese).<br />

„Haus“ ist ein einfaches Wort.<br />

Aber beim Lesen oder Handschreiben<br />

dieses Wortes explodiert<br />

im Gehirn ein wahres<br />

Feuerwerk. Millionen winzige<br />

Stromimpulse rasen durch die<br />

Nervenbahnen. Sie aktivieren alte<br />

Erinnerungen und stimulieren<br />

Gefühle. In diesem Moment ist<br />

aus einem Wort mehr geworden<br />

als vier Buchstaben. Der Schreiber,<br />

Leser hat ein Bild vor Augen.<br />

Es gibt nach Morris vier<br />

Gebrauchsweisen der Sprache:<br />

informativ, bewertend, Handlung<br />

provozierend, systembildend<br />

(ordnend). Es gibt den alten<br />

Leitsatz „mit der Hand in den<br />

Kopf“.<br />

Zwei Forscher der Princeton<br />

University untersuchten in Experimenten,<br />

wie gut Probanden die<br />

Inhalte von Vorträgen wiedergeben<br />

konnten, je nachdem ob sie<br />

Notizen mit der Hand oder mit<br />

dem Computer verfasst hatten.<br />

Dabei zeigte sich: Bei reinen<br />

Wissensabfragen nach harten<br />

Fakten schnitten beide Gruppen<br />

ähnlich gut ab. Weitergehende<br />

Verständnisfragen jedoch konnte<br />

die Handschrift-Fraktion deutlich<br />

besser beantworten als diejenigen,<br />

die an der Tastatur gesessen<br />

hatten.<br />

Schreiben und Lesen, miteinander<br />

reden, Piktogramme austauschen<br />

können in viele Bestandteile<br />

zerlegt und untersucht werden.<br />

Die Lehre der Funktionsweise der<br />

Dialoge, der Debatten (Soziolinguistik<br />

mit der „Ethnographie des<br />

Sprechens und Schreibens“ in<br />

einer bestimmten Gesellschaft)<br />

zeigt die typischen sinngebenden<br />

Sprach-, Bild- und Kommunikationsmuster.<br />

Dabei ist bisher die<br />

handschriftliche Aneignung der<br />

Sprache mit ihren Funktionen<br />

wichtiger Bestandteil der „Aneignung<br />

der Deutung der Welt“.<br />

Beim handschriftlichen Notieren<br />

entsteht eine innere, wörtliche<br />

Rede, die unsere Sprachkompetenz<br />

(Denotat und Konnotat)<br />

weiterentwickelt. Mit der Sprache<br />

und ihrer Aneignung schaffen wir<br />

ein geordnetes Weltbild (Adam


27 LEUCHTTURM<br />

Schaff). Dabei ist die genuineigene<br />

Handschrift Teil dieses<br />

Aneignungsprozesses. Indem ich<br />

verbunden Buchstaben zu Worten,<br />

Sätzen und Texten gestalte,<br />

schaffe ich auch meinen Sinn für<br />

das Verständnis meiner Welt.<br />

Wenn ich diese Kompetenz<br />

entwickelt habe, kann ich auch<br />

sinnentnehmend Lesen. Das<br />

Gehirn kann noch mehr. Es passt<br />

Lesetempo und Intensität an den<br />

Text an. Neben dem Sinn der<br />

Wörter erkennt es auch deren<br />

grammatikalische Bedeutung.<br />

Wie die einzelnen Gehirnregionen<br />

dabei zusammenarbeiten, ist<br />

noch unklar. „Wir wissen, dass fast<br />

die Hälfte der Hirnoberfläche am<br />

Lesen beteiligt ist“, sagt Fischer.<br />

Das Gedächtnis spielt dabei eine<br />

zentrale Rolle. Das Kurzzeitgedächtnis<br />

speichert Informationen<br />

vom Textanfang, die später mit<br />

neuen Inhalten verknüpft werden.<br />

Das Langzeitgedächtnis stellt<br />

Bilder und Gefühle bereit. Ohne<br />

das Langzeitgedächtnis würde der<br />

Leser keinen Text verstehen. Er<br />

könnte sich nicht einmal daran<br />

erinnern, was ein Haus ist. Dabei<br />

ist „Haus“ so ein einfaches Wort.<br />

»Lesen kann das Auge nicht. Wir<br />

sehen mit dem Gehirn. «<br />

(Neurologe Burkhart Fischer,<br />

Universität Freiburg)<br />

Viele Schulpolitiker deuten<br />

das Erlernen der Schreibschrift als<br />

überkommenen Bildungsbalast<br />

aus dem 19. Jahrhundert. Das 19.<br />

Jahrhundert war das Jahrhundert<br />

der Aufklärung und der Entwicklung<br />

der Allgemeinbildung. Es<br />

gibt seit 150 Jahren gute<br />

Erfahrungen mit der Enkulturation<br />

mittels der Handschrift.<br />

Natürlich ist es mühselig,<br />

Schriftsprache zu lernen. Erst<br />

Recht, seitdem haptische Grundfertigkeiten<br />

über die explosionsartige<br />

Nutzung von Tastatur und<br />

Bildschirm signifikant zurückgebildet<br />

werden. Doch: Die<br />

teilweise handwerkliche Aneignung<br />

unserer sprachlichen Fähigkeiten<br />

bleibt aktuell wichtig.<br />

Termine für die Herbstschulung 2015<br />

Liebe Kolleginnen und Kollegen,<br />

auch dieses Jahr finden wieder<br />

unsere Herbstschulungen für<br />

Personalräte in den unterschiedlichen<br />

Kreisverbänden statt. In der<br />

unterliegenden Tabelle geht<br />

hervor, an welchem Tag die<br />

Herbstschulung stattfindet mit<br />

dem dazugehörigen Referenten.<br />

Weitere Infos erhaltet Ihr bei<br />

eurem Kreisverband.<br />

Untergliederung Datum Referentin/Referent<br />

KV Emden Do, 12.11.2015 Elisabeth Schramm<br />

KV Wittmund Di, 17.11.2015 Enno Emken<br />

KV Wilhelmshaven Di, 17.11.2015 Astrid Müller<br />

KV Jever Do, 19.11.2015 Melanie Esters<br />

KV Leer Do, 19.11.2015 Enno Emken<br />

BBS Nordkreis Di, 24.11.2015 Frederick Schnittker<br />

KV Varel Do, 03.12.2015 Margret Kohake<br />

KV Norden / Aurich Do, 03.12.2015 E. Emken/S. Störmer<br />

Gymnasien (Nord) OL Do, 25.02.2016 Sabine Nolte<br />

Informationen aus dem Schulbezirkspersonalrat:<br />

In unregelmäßigen Abständen veröffentlichen die Mitglieder der GEW Fraktion im<br />

Schulbezirkspersonalrat<br />

Die Mitglieder des Schulbezirkspersonalrats sind montags<br />

und mittwochs in der Zeit von 9.00 bis 15.00 Uhr unter der<br />

Osnabrücker Nummer in der Landesschulbehörde zu<br />

erreichen. Am Freitag sind die Vorsitzende und ihre<br />

Stellvertreterinnen in der Zeit von 8.30 bis 12.00 Uhr im<br />

Osnabrücker Büro. Außerhalb der Zeiten kann man die<br />

Mitglieder des Schulbezirkspersonalrats unter der privaten<br />

Dienstnummer erreichen.<br />

http://gewweserems.de/team/personalrat<br />

Eine gute und aktive Personalratsarbeit ist nur möglich,<br />

wenn die Akteure bestens informiert werden. Die GEW im<br />

Bezirk Weser-Ems hat aus diesem Grunde eine Art<br />

„Wissensspeicher“ für Personalräte ins Netz gestellt. Diese<br />

Seite, die sich an GEW Personalrät*Innen wendet,<br />

beinhaltet auch den alten Ordner „Arbeitsplatz Schule“.<br />

http://gewweserems.de/personalrat<br />

kurzgefasst<br />

Schulbezirkspersonalrat aktuelle Informationen in Form einer kleiner Broschüre,<br />

die als Mail verschickt wird. Auch als Download unter www.gew<br />

.gew-wittmund.de<br />

Die pdf Datei wird für GEW Mitglieder des Bezirks bei Erscheinen kostenfrei an Personalräte verschickt.


LEUCHTTURM<br />

Unterwerfung als Freiheit.<br />

Leben im Neoliberalismus.<br />

Ein Buch von Ed Patrick Schreiner im PapyRossa Verlag<br />

Quelle: BLZ,<br />

Zeitung der<br />

GEW Bremen,<br />

7/8-2015<br />

Die 1970er Jahre gelten mit<br />

dem Zusammenbruch des<br />

Systems fester Wechselkurse<br />

(Bretton Woods-System) im Jahr<br />

1973, der Weltwirtschaftskrise<br />

1974/75 und der damit erfolgenden<br />

Rückkehr der Massenarbeitslosigkeit<br />

als ökonomischer Wendepunkt<br />

der Nachkriegszeit. Wurde<br />

bis dahin der Wohlfahrtsstaat<br />

ausgebaut und auf eine aktive<br />

Konjunktursteuerung gesetzt, so<br />

gerieten sozialstaatliche Regulierungen<br />

nun zunehmend unter<br />

Druck: Staatliche Tätigkeit wurde<br />

als grundlegend ineffizient gegenüber<br />

Marktprozessen bewertet,<br />

und vermeintlich zu hohe Löhne<br />

galten fortan als Bremse für<br />

Investitionen. Die internationalen<br />

Finanzmärkte wurden mit dem<br />

Versprechen einer so erreichbaren<br />

optimalen Kapitalallokation –<br />

das heißt: Kapitel fließt ohne<br />

Schranken in seine besten<br />

Verwendungsmöglichkeiten und<br />

schafft so ein größtmögliches<br />

Wachstum – dereguliert. Diese<br />

wirtschaftspolitische Neuorientierung<br />

wird als Wendung hin zum<br />

Neoliberalismus bezeichnet.<br />

Der Neoliberalismus ist dabei<br />

mehr als eine wirtschaftspolitische<br />

Orientierung: Er versteht<br />

sich auch als gesellschaftspolitische<br />

Ideologie, deren Ziel die<br />

Durchsetzung marktwirtschaftlicher<br />

Ordnungsprinzipien in Alltag<br />

und Gesellschaft war und ist.<br />

Das Buch Unterwerfung als<br />

Freiheit. Leben im Neoliberalismus<br />

von Patrick Schreiner setzt<br />

sich kritisch mit den Mechanismen<br />

dieser Verankerung neoliberaler<br />

Ideologien im Bewusstsein<br />

der Menschen auseinander. Der<br />

Autor wirft mithin keine ökonomische<br />

Fragestellung auf – etwa<br />

die Frage, welche neoliberalen<br />

Ideen und Vorstellungen die<br />

Wirtschaftspolitik dominieren<br />

und welche ökonomischen Folgen<br />

sie haben. Seine Fragestellung ist<br />

vielmehr eine politikwissenschaftlich-soziologische:<br />

Wie werden<br />

die Menschen zu neoliberalen<br />

Subjekten – „zu Menschen<br />

also, die etwa marktkonform,<br />

wettbewerbsfähig, selbstdiszipliniert,<br />

anpassungsbereit, flexibel,<br />

egoistisch, aktiv und unternehmerisch<br />

sind, sein wollen oder sein<br />

sollen; zu Menschen, für die<br />

Selbstthematisierung, Selbstoptimierung<br />

und Selbstdarstellung<br />

eine selbstverständliche und<br />

alltägliche Freude sind oder<br />

zumindest sein sollen“ (S. 32).<br />

Konkret widmet sich Schreiner<br />

kritisch den alltäglichen und auf<br />

den ersten Blick oft unpolitischen<br />

Mechanismen, durch die neoliberales<br />

Denken und Handeln als<br />

angemessen und alternativlos<br />

erscheint: Stark durchdrungen<br />

durch den Neoliberalismus ist<br />

28<br />

etwa der Bildungsbereich (S. 33<br />

ff.). So trete die Frage, was Wissen<br />

in einer demokratisch verfassten<br />

Gesellschaft bedeutet, in den<br />

Hintergrund, während Kompetenzen<br />

zur flexiblen Wissensaneignung<br />

immer wichtiger werden.<br />

Naturwissenschaftliches und technisches<br />

Wissen genießt gesellschaftlich<br />

einen Vorrang gegenüber<br />

geistes- und sozialwissenschaftlichem.<br />

In die Bildungspolitik<br />

selbst haben Marktprinzipien<br />

Einzug gehalten, was insbesondere<br />

für die Hochschulbildung gilt:<br />

Die Lernenden werden als<br />

Konsumentinnen und Konsumenten<br />

von Bildungsdienstleistungen<br />

verstanden. Lernen wird<br />

so zur „Arbeit an sich selbst,<br />

Gestalten eines eigenen Profils an<br />

Kompetenzen und Fertigkeiten,<br />

mit denen die Bedürfnisse von<br />

Unternehmen bzw. ‚Märkten‘<br />

befriedigt werden.“ (S. 39) In<br />

diesem Zusammenhang zeigt<br />

Schreiner auch den neoliberalen<br />

Gehalt der Aussage „Bildungspolitik<br />

ist die bessere Sozialpolitik“<br />

auf: Diese Einschätzung beruht<br />

bekanntlich auf der Aussage, dass<br />

gut ausgebildete Menschen höhere<br />

Gehälter beziehen und weniger<br />

von Arbeitslosigkeit betroffen<br />

sind. Diese Argumentation ist<br />

aber nicht schlüssig: So werden<br />

viele Menschen trotz guter<br />

Ausbildung schlecht bezahlt, und<br />

bestimmte soziale Gruppen wie<br />

Menschen mit Behinderung werden<br />

am Arbeitsmarkt systematisch<br />

ausgegrenzt. Gleichwohl<br />

lässt sich die soziale Frage auf<br />

diese Weise individualisieren:<br />

Wer seine Bildungschancen nicht<br />

nutzt, erscheint als selbst schuld<br />

an der eigenen Situation.<br />

In seiner unmittelbarsten Form<br />

wird neoliberales Denken von<br />

Ratgeber- und Management-<br />

Literatur vermittelt – die Kernbotschaft<br />

lautet: „Jeder und jede kann


29 LEUCHTTURM<br />

‚es schaffen‘, … solange man nur<br />

an sich und den eigenen Erfolg<br />

glaube, motiviert sei und Leistung<br />

bringe“ (S. 48). Gesellschaftliche<br />

Verhältnisse und Rahmenbedingungen<br />

werden ausgeblendet,<br />

genauso wie die Tatsache, dass<br />

Anstrengungen und Bemühungen<br />

nicht automatisch und immer<br />

zum Erfolg führen.<br />

Auch für Seifenopern, Sport,<br />

Castingshows und einiges mehr<br />

kann Schreiner Anknüpfungspunkte<br />

neoliberalen Denkens<br />

aufzeigen. Immer geht es darum,<br />

Menschen der Erwartung auszusetzen,<br />

„sich permanent selbst zu<br />

thematisieren, darzustellen und<br />

zu vermarkten. Sie sollen sich als<br />

aktiv und attraktiv, als flexibel<br />

und anpassungsfähig, als unternehmerisch<br />

und wettbewerbsfähig<br />

erweisen. Diesem Zweck sollen<br />

wiederum Bildung und sportliche<br />

Fitness, Soziale Netzwerke und<br />

Konsum, Ratgeberliteratur und<br />

Esoterik gleichermaßen dienen“<br />

(S. 105).<br />

Patrick Schreiner, der beim<br />

DGB in Niedersachsen/Bremen/<br />

Sachsen-Anhalt arbeitet, einen<br />

lesenswerten<br />

Blog<br />

(www.annotazioni.de) betreibt<br />

und unter anderem regelmäßig<br />

auf den NachDenkSeiten schreibt,<br />

hat ein ausgesprochen interessantes<br />

Buch verfasst: Unterwerfung<br />

als Freiheit zeigt, wie weit die<br />

neoliberale Ideologie mittlerweile<br />

in Alltag und Gesellschaft<br />

vorgedrungen ist und in welchem<br />

Umfang neoliberales Denken<br />

jenseits ökonomischer Debatten<br />

gesellschaftlich verankert und<br />

handlungsleitend wirkt. Deutlich<br />

wird dadurch, dass eine Auseinandersetzung<br />

mit neoliberalen<br />

Politikkonzepten auch jenseits<br />

von ökonomischen Theorien und<br />

Wirtschaftspolitik geführt werden<br />

muss.<br />

Wer sich kritisch mit dem<br />

Neoliberalismus auseinandersetzen<br />

will, kommt an diesem Buch,<br />

das ausgesprochen gut und leicht<br />

lesbar geschrieben ist, nicht<br />

vorbei. Es ist die beste Grundlage,<br />

um die nach wie vor ungebrochene<br />

Hegemonie des Neoliberalismus<br />

zu verstehen.<br />

„Früher an Später denken“<br />

Mit dieser Broschüre bietet die GEW<br />

Niedersachsen Hilfen für die<br />

Bereiche Wohnen und Pflege.<br />

Die Broschüre wendet sich ausdrücklich<br />

auch an jüngere Mitglieder.<br />

Denn beide Themen können für jeden<br />

jederzeit aktuell werden!<br />

Ist man nicht selbst von Handicaps<br />

betroffen, sind es vielleicht (ältere)<br />

Angehörige.<br />

Neben einer ausführlichen Darstellung<br />

der aktuellen Pflegegesetzgebung mit<br />

ihren verschiedenen Möglichkeiten, wird<br />

auf die entsprechenden Beihilfeverordnungen<br />

hingewiesen.<br />

„Handbuch Lernziel Gleichwertigkeit“<br />

Das Handbuch‚Lernziel<br />

Gleic<br />

leichw<br />

hwertigkeit<br />

stellt<br />

den Präventionsansatz von Schule<br />

ohne Rassismus – Schule mit<br />

Courage vor und erklärt, wie<br />

Diskriminierungheute funktioniert.<br />

Es richtet sich nicht nur an<br />

die Courage-Schulen, sondern an<br />

alle Schulen der Sekundarstufe<br />

und an Einrichtungen der<br />

politischen Bildung. Es unterstützt<br />

Jugendliche, PädagogInnen<br />

und SozialarbeiterInnen bei<br />

ihrem Engagement für Vielfalt<br />

und gegen Diskriminierung und<br />

Gewalt.<br />

Das Handbuch gibt Antworten<br />

auf Fragen wie: Wo findet in der<br />

Schule die Konfrontation mit<br />

Anzahl Stk. à 14,95 EUR = Gesamtpreis<br />

Lieferung und Rechnung an:<br />

Name, Vorname<br />

Schule / Institution<br />

Straße<br />

PLZ, Wohnort<br />

Telefon / Fax / E-Mail Ort, Datum Unterschrift<br />

Die angegebene Adresse ist eine: ? Schule / Institution ?<br />

Privatadresse<br />

Per Post: Die Bundeskoordination von<br />

Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage,<br />

Ahornstr. 5, 10787 Berlin<br />

Per Fax:<br />

030 / 21 45 86 20<br />

Per<br />

E-Mail:<br />

schule@aktioncourage.org<br />

Themen wie Mobbing, Rassismus,<br />

Flucht & Asyl, Antisemitismus,<br />

Antiziganismus Altersdiskriminierung,<br />

Muslimenfeindlichkeit,<br />

Salafismus und Genderfragen<br />

statt? Wie und in welcher<br />

Form können SchülerInnen die<br />

Initiative dazu ergreifen und<br />

mitmachen, mitgestalten und<br />

mitbestimmen? Neue und bewährte<br />

Methoden der Menschenrechtserziehung<br />

werden anhand<br />

praktischer Beispiele dargestellt.<br />

Und es finden sich zahlreiche<br />

Tipps, wie sich die Aktiven<br />

schulübergreifend vernetzen und<br />

qualifizieren können.<br />

Das Handbuch kostet regulär pro<br />

Exemplar 19,95 Euro.•<br />

Herausgeber: Die<br />

Bundeskoordination<br />

von<br />

Schule ohne Rassismus<br />

– Schule<br />

mit Courage.<br />

Loseblattsammlung<br />

im DIN<br />

A4-Ordner,<br />

Vierfarbdruck.<br />

ca. 218 Seiten,<br />

ca. 200 farbige<br />

Abbildungen.<br />

Die Bezahlung<br />

erfolgt per Rechnung.<br />

Bei Bestellungen bis zum 31. Dezember 2015 erhalten Sie einen Sonder-<br />

preis.<br />

14,95 EUR = 218 Seiten, 200 farbige Abbildungen.


LEUCHTTURM<br />

30<br />

AG Jugendliteratur & Medien der GEW (AJuM)<br />

Alter Schwede!<br />

Lars Ruppel nutzt zehn Redensarten, um überraschende Geschichten und/oder Einsichten zu vermitteln,<br />

die er in gereimter Form schreibt, in Versen und Strophen und lang, wie es sonst nur<br />

Balladen sind – oder eben »Poetry-Slam«. Man hört den Text praktisch beim eigenen Lesen und<br />

kann dann auch mit ‚unreinen‘ Reimen sehr gut leben. Hervorragend zum Vorlesen in kleiner Runde!<br />

Lars Ruppel:<br />

Holger, die Waldfee<br />

Berlin: Satyr (Buch 2014, CD 2015)<br />

Buch: ISBN 978-3-944035-37-6; 96 S<br />

CD: ISBN 978-3-944045-49-963 min *<br />

je 10,90 • * ab 12 Jahre<br />

Lars Ruppel ist Deutscher<br />

Meister im Poetry Slam 2014<br />

und eine wahrhaft gebündelte<br />

Energie auf der Bühne. Hier<br />

macht er aus elf Redensarten<br />

Balladen, die sich bezüglich der<br />

Dramatik und den Reimen vor<br />

denen der deutschen Klassik nicht<br />

verstecken muss.<br />

»Schmidts Katze«, »Mein lieber<br />

Herr Gesangsverein«, »Donnerlittchen«<br />

sind einige der Titel, aus<br />

denen Lars Ruppel seine Geschichten<br />

spinnt. Er erzählt in<br />

Versen, vier Verse in einer<br />

Strophe, 20 bis über 40 Strophen<br />

in jeder Geschichte. Jede bewegt<br />

sich am Rand des Absurden,<br />

Vorurteile werden nicht nur<br />

aufgenommen, sondern sogar<br />

überhöht und damit als solche<br />

entlarvt.<br />

Aber nicht das ist das Motiv für<br />

den Autor, er lebt die deutsche<br />

Sprache, er liebt die deutsche<br />

Sprache. Und er weiß sie zu<br />

nutzen: »Aus dem Haus des alten<br />

Schweden / tritt eben jener so wie<br />

jeden / Tag zur Tür hinaus und<br />

steht, / bis hinter ihm die Tür<br />

zugeht, / ...« beginnt der Prolog zu<br />

»Alter Schwede«. Wer’s noch nicht<br />

wusste: Jeder schwedische Junge<br />

erhält an seinem dreizehnten<br />

Geburtstag eine Axt, mit der er<br />

eine Fichte im Wald schlägt.<br />

Wozu, was macht er so genial?<br />

Ein Regal! Man ahnt schon:<br />

Schweden, Holz, Regal. Da gibt<br />

es ein bekanntes Möbelhaus, aus<br />

dem man sich Einzelteile zum<br />

selbst Zusammenschrauben besorgen<br />

kann. Warum immer<br />

wieder irgendwelche Teile fehlen,<br />

wird uns nun dank Lars Ruppel<br />

klar: Das liegt an der Fee!<br />

Genaueres? CD anhören oder<br />

Buch lesen!<br />

Er erzählt seine Geschichten in<br />

strenger Gedichtform, wobei er<br />

ein Reimschema (a-b-c-c-b) einhält,<br />

andererseits aber auch »sehr«<br />

zu »yeah« gesellt, hier also<br />

weniger streng ist. Auch nutzt er<br />

einen Wechsel des Reimschemas,<br />

um eine Erzählposition deutlich<br />

zu machen: In »Holger, der<br />

Waldfee« wird mit dem Auftritt<br />

der Titelperson von a-b-c-b zu a-<br />

a-b-b gewechselt, was zu erheblich<br />

mehr Nähe führt. Und, um<br />

die Äußerlichkeiten damit zu<br />

verlassen, es gibt jeweils sehr<br />

viele (der zumeist vierzeiligen)<br />

Strophen. Im Titelgedicht sind es<br />

29, in »Nicht schlecht, Herr<br />

Specht« sogar 42.<br />

Wenn es sich nur um<br />

Erzählfreude handelte, dann<br />

würde sich das Nachlesen bereits<br />

lohnen, aber der Autor hat<br />

darüber hinaus wirklich noch<br />

etwas mitzuteilen. Er personifiziert<br />

die Redensarten (aus<br />

»Holladi« wird »Holger, die ...«,<br />

aus »Voll karacho« wird »Volker<br />

Racho«) und kann damit konkret<br />

werden.<br />

Wer Lars Ruppel schon einmal<br />

auf der Bühne erlebte (alternativ:<br />

Video-Portal im Internet), weiß,<br />

dass er sein Publikum mit den<br />

ersten Worten »in der Hand« hat<br />

und es ihm gern folgt, wohin er<br />

auch gehen mag. Umgekehrt<br />

treibt das Publikum den Akteur<br />

zu neuen Leistungen. Beim<br />

Einsprechen im Studio fehlt<br />

dieser Teil, sodass der Hörgenuss<br />

einseitig bleibt, ist aber dennoch<br />

(sehr) empfehlenswert.<br />

P.S. Im gleichen Verlag ist 2014<br />

auch »Die Poetry Slam Fibel«<br />

erschienen (Paperback, 287 Seiten,<br />

14,90 •).<br />

Zwei Rezension (zu Buch und<br />

CD) stehen im Internet unter<br />

www.ajum.de<br />

(Datenbank)<br />

Ulrich H. BASELAU * Osterstr. 30 *<br />

26409 Wittmund * Ulrich ad<br />

Baselau.de


31 LEUCHTTURM<br />

Wirtschaftskunde kurz und knackig – und über den Lohn kräftiger Lohnsteigerungen:<br />

„Angela Merkels teurer Irrweg“<br />

Krise. Der Euro ist schwach,<br />

die Arbeitslosigkeit hoch,<br />

Zinsen und Wachstum liegen<br />

nahe null. Europas Wirtschaft<br />

stürzt ab, weil es Deutschland<br />

zum Vorbild nimmt.<br />

Glaubt man 95 Prozent aller<br />

Kommentare zur Lage in<br />

Europa, dann gibt es ein paar<br />

tausend Dinge, die in diesem<br />

Europa gerade schiefgehen.<br />

Von der Korruption in Griechenland<br />

über die Bürokratie<br />

in Frankreich und die laxe<br />

Steuerdisziplin in Italien bis<br />

zur Unfähigkeit eines großen<br />

Landes, seinen Hauptstadtflugplatz<br />

zu bauen: Die Liste<br />

institutionellen Versagens<br />

scheint unendlich lang zu sein.<br />

Wer Europa retten will, muss<br />

Zeus, Herkules und Sisyphus<br />

zugleich sein.<br />

Das aber ist grandioser<br />

Unsinn! Es gibt einen einzigen<br />

Vorgang, mit dem man alle<br />

scheinbar unerklärlichen Phänomene<br />

ohne Weiteres erklären<br />

kann. Europa versucht,<br />

unter der geistigen Führung<br />

Berlins, seine Probleme exakt<br />

auf die gleiche Weise zu lösen<br />

wie Deutschland. Die deutsche<br />

Lösung hieß, man mag es so<br />

oft drehen und wenden, wie<br />

man will: Lohnsenkung.<br />

Die Logik der Lohnsenkung<br />

zwischen Ländern ist genau<br />

die gleiche wie zwischen<br />

Unternehmen. Ein Unternehmen<br />

allein kann damit seine<br />

Lage verbessern. Das ist das<br />

ganze Geheimnis der deutschen<br />

Agendapolitik vom Beginn<br />

des Jahrhunderts. Senken<br />

aber alle Firmen die Löhne<br />

zugleich, geht es schief. Senkt<br />

nur ein Unternehmen die<br />

Löhne, bleibt seine eigene<br />

Nachfrage intakt, denn die<br />

Nachfrage der eigenen Arbeitnehmer,<br />

deren Einkommen<br />

gesunken ist, spielt in der<br />

Regel keine entscheidende<br />

Rolle. Senken jedoch alle<br />

Unternehmen die Löhne, sinkt<br />

bei allen Unternehmen sofort<br />

die Nachfrage, weil ja alle<br />

Arbeitnehmer unmittelbar mit<br />

einer Einschränkung ihrer<br />

Ausgaben reagieren.<br />

Alle Unternehmen versuchen<br />

daraufhin ihre Lage<br />

dadurch zu verbessern, dass sie<br />

die Preise senken. Das gelingt<br />

natürlich nicht, aber die Preise<br />

beginnen insgesamt zu sinken,<br />

man nennt das dann Deflation.<br />

Das verbessert die Einkommenssituation<br />

der Arbeitnehmer<br />

zwar wieder ein wenig,<br />

aber doch nicht so stark, dass<br />

die Unternehmen das alte<br />

Niveau der Nachfrage wieder<br />

zurückgewinnen können. Sie<br />

entlassen daher Arbeitskräfte.<br />

Weil die Preise sinken, das<br />

Wachstum versiegt und die<br />

Arbeitslosigkeit steigt, senkt<br />

die Zentralbank die Zinsen so<br />

weit, wie es nur irgendwie<br />

geht.<br />

Sind sie bei null, geht es<br />

nicht mehr weiter. Nun hofft<br />

die Lohnsenkungsregion darauf,<br />

dass im Rest der Welt die<br />

Löhne nicht auch sinken und<br />

ihre eigene Währung nicht<br />

aufgewertet wird. Weil man<br />

woanders zunächst die Löhne<br />

nicht gesenkt hat und die<br />

europäische Notenbank die<br />

Zinsen auf null gebracht hat,<br />

sinkt sogar der Wert der<br />

eigenen Währung für einige<br />

Zeit, sodass die Löhne,<br />

gerechnet in internationaler<br />

Währung, richtig stark abnehmen.<br />

Wenn das nicht der<br />

Durchbruch ist! Jetzt ist ganz<br />

Europa endlich da, wo die<br />

Deutschen waren, als ihre<br />

Erfolgsgeschichte begann.<br />

Es gewinnt immer nur<br />

einer<br />

Jetzt müssen wir nur noch<br />

fest die Daumen drücken, dass<br />

die anderen nicht so schnell<br />

merken, wie die Europäer sie<br />

mit niedrigen Löhnen an die<br />

Wand drängen. Die anderen<br />

müssen jetzt nämlich zehn<br />

Jahre aushalten, dass die<br />

Europäer ihnen Marktanteile<br />

und Arbeitsplätze abjagen, ja,<br />

dass die Europäer ihre Arbeitslosigkeit<br />

exportieren. Sie müssen<br />

immer höhere Leistungsbilanzdefizite<br />

machen, sich<br />

immer mehr bei uns verschulden,<br />

damit wir endlich<br />

wachsen können. Da passt es<br />

gut, dass wir mit ihnen<br />

Freihandelsabkommen aushandeln,<br />

wo sie unterschreiben,<br />

dass sie nichts tun werden<br />

gegen die überlegenen europäischen<br />

Unternehmen mit<br />

ihren niedrigen Löhnen.<br />

Es gewinnt immer der eine,<br />

was der andere verliert, so war<br />

es schon immer auf der Welt.<br />

Früher führte man Kriege, um<br />

anderen ihre Schätze abzujagen,<br />

oder man setzte die<br />

eigene Flotte ein, um die<br />

„Handelswege“ zu sichern. Das<br />

nannte man Merkantilismus:<br />

Nur das macht reich, was ich<br />

anderen abgejagt habe. Heute<br />

geht man subtiler vor. Im<br />

Merkelantismus erklärt man<br />

den anderen, dass sie sich<br />

verschulden sollen, weil das,<br />

bei niedrigen Zinsen zumal,<br />

einfach das Beste für sie ist.<br />

Man weiß doch, dass Amerikaner<br />

ohnehin nicht gerne sparen<br />

und Asiaten gerne einmal die<br />

Welt sehen möchten. Also<br />

produzieren die Deutschen<br />

und bald alle Europäer alles<br />

Wichtige für die anderen,<br />

damit die sich mal einen<br />

schönen Lenz machen können.<br />

Und die Schulden der<br />

anderen? Darüber wollen wir<br />

jetzt nicht reden, gerade jetzt<br />

nicht, wo wir doch eine so<br />

tolle Lösung für alle Probleme<br />

Europas gefunden haben.“<br />

Heiner Flassbeck<br />

in der Wochenzeitung<br />

FREITAG,<br />

Ausgabe Nr.13<br />

im Jahr 2015,<br />

vom 25.3.2015


LEUCHTTURM<br />

32

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