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LEUCHTTURM<br />
Wie Biedermann es mit den Brandstiftern<br />
hält.<br />
Milliardenschwere Beratungsunternehmen sorgen für Einsparungen in Schulen, in<br />
Kindergärten, in allen sozialen Bereichen<br />
oder - Wie eine Stadt nach Beratern ruft, die Steuersäckel leeren wollen.<br />
J. Kaufhold<br />
Je komplizierter ein Vorgang,<br />
desto schwieriger wird es, die<br />
Menschen dafür zu interessieren.<br />
Und das Problem ist so<br />
vielschichtig, dass selbst Wissenschaftler<br />
von kaum durchschaubaren<br />
Strukturen sprechen. Das<br />
System aber kostet den Staat ein<br />
mehrstelliges Millionenvermögen<br />
jährlich und Schulsekretärinnen,<br />
Hausmeistern und vielen anderen,<br />
besonders in sozialen<br />
Berufen, den Job. Voraussetzung<br />
dazu ist, dass jede öffentliche<br />
Einrichtung - von der Kommune<br />
bis hin zum Bund – brav dem<br />
Ruf der Moderne nach „Lean<br />
Administration“, nach „Systemischer<br />
Organisationsentwicklung“<br />
folgt. Worthülsen spielen entscheidende<br />
Rollen, Luftschlösser<br />
allemal. Der Glaube daran sitzt<br />
so tief, dass die Bewunderung der<br />
neuen Kleider des Kaisers im<br />
Märchen eine schwache Vorstellung<br />
dagegen ist. Ehrfürchtiges<br />
Erstarren ist Vorschrift, Unglaube<br />
verwerflich, Erkenntnis strafbar.<br />
Mit diesem Thema setzte sich<br />
Dr. Werner Rügemer in der<br />
Veranstaltung „Die Luft für<br />
Soziale Arbeit wird dünner“ im<br />
Forum der VHS in Emden<br />
auseinander. Rügemer ist Wirtschaftswissenschaftler<br />
und Lehrbeauftragter<br />
der Humanwissenschaftlichen<br />
Fakultät der Universität<br />
Köln. Er hielt den<br />
Kernvortrag: Wirtschaftsprüfer<br />
wie PricewaterhouseCoopers<br />
(PwC) – was machen die<br />
eigentlich?<br />
Eingeladen zur Veranstaltung<br />
hatte der Arbeitskreis Kritische<br />
Soziale Arbeit (AKS), ein<br />
Zusammenschluss von Sozialwissenschaftlern,<br />
die hemmende<br />
oder negative Entwicklungen im<br />
Sozialwesen unserer Gesellschaft<br />
kritisch hinterfragen und Fehlentwicklungen<br />
verhindern wollen.<br />
Zur Veranstaltung wurde auch<br />
geladen - und das lag in der Natur<br />
der Sache - der Kämmerer der<br />
Stadt Emden, Horst Jahnke. Der<br />
Veranstaltungsraum, das sei betont,<br />
war gut besucht, Kommunalpolitiker<br />
der verantwortlichen<br />
Mehrheitsparteien fehlten. Da lag<br />
die Vermutung nahe, dass sie der<br />
Kritik bereits überdrüssig waren,<br />
denn in so mancher Parteiversammlung<br />
und in manchem<br />
Ortsverein hatte es kräftig<br />
gebrodelt.<br />
Der Grund: Die Stadt Emden<br />
hatte im Rahmen der Haushaltskonsolidierung<br />
Ende 2014 ausgerechnet<br />
PwC beauftragt, ein<br />
Gutachten zu erstellen. Schon in<br />
der ersten Presseverlautbarung zu<br />
den möglichen Einsparungen war<br />
zu lesen: „Standards in Kindergärten<br />
oder die Ausstattung von<br />
Schulen mit Sekretärinnen“ (OZ,<br />
5.12.14). Grundsätzlich sei gesagt:<br />
Banale Ansätze, die jede<br />
bekannte Begutachtung bislang<br />
mit sich brachte und bringt.<br />
Warum auch nicht.<br />
Gruppen, die sich wehren<br />
können, kommen eh nicht in<br />
Betracht. Und die Logik ist auch<br />
da: Schulsekretärinnenstunden<br />
einkürzen und Kindergärten enger<br />
berechnen bei gleichzeitig flächendeckender<br />
Einführung der<br />
Ganztagsschule und politisch<br />
gewolltem Ausbau der frühkindlichen<br />
Erziehung. In der Kommunalpolitik<br />
offensichtlich kein<br />
Problem.<br />
Zum Zeitpunkt der Beauftragung<br />
2014 erschienen bereits<br />
Berichte darüber, dass PwC mit<br />
dem Luxemburg-Modell nament-<br />
24<br />
lich genannten Firmen mit<br />
kreativer Finanzgestaltung zur<br />
Seite gestanden hatte. Mit<br />
ausgeklügelten Steuersparmodellen<br />
drückte PwC die Steuerlast<br />
der Großunternehmen zum Teil<br />
auf unglaubliche 0,1 %. Die<br />
Süddeutsche Zeitung berichtete<br />
darüber, welche Praktiken PwC<br />
dabei pflegte - zum Schaden der<br />
Bundesrepublik Deutschland.<br />
Und unter Wikipedia gab es<br />
deutliche Darstellungen dazu, wie<br />
PwC Umsätze generierte. Der<br />
Steuerausfall für die Bundesrepublik<br />
lag Schätzungen zur Folge im<br />
mehrstelligen Millionenbereich.<br />
Einmal zur Kenntnis genommen,<br />
saßen Fragen den KommunalpolitikerInnen<br />
im Genick: Wie<br />
geht PwC mit den Erkenntnissen<br />
aus Emden um? Verlieren wir<br />
wichtige Steuerzahler, wenn PwC<br />
diese gleichzeitig berät? Und –<br />
warum bot die PwC die<br />
Begutachtung so preisgünstig an,<br />
wenn…?<br />
Ein Stochern im Nebel.<br />
Konkrete Antworten dazu gibt es<br />
nicht. Wie auch. Doch Fachleuten<br />
ist klar, der Schaden ist da. Wenn<br />
denn späterhin Einbrüche an<br />
Steuern zu verzeichnen sind,<br />
werden die Zusammenhänge<br />
nicht mehr nachvollziehbar sein.<br />
Der Nebel ist zu dicht.<br />
Und der Nebel ist gewollt. Das<br />
wurde im Vortrag des Werner<br />
Rügemer sehr deutlich. Die<br />
genannten Summen, die von den<br />
Big Four, den größten vier Global-<br />
Playern zu denen PwC gehört, für<br />
Großunternehmen einzusparen<br />
pflegen, liegen nahezu immer in<br />
mehrstelligen Millionenhöhen.<br />
Die Beratungsfirmen gehen in<br />
allen Bereichen nach immer<br />
gleichem Muster vor. Das Muster