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LEUCHTTURM<br />

14<br />

Vor 40 Jahren - heute<br />

„Veränderungen in der Lehrerschaft“<br />

Hasso Rosenthal<br />

1. Medien<br />

Die Kunst des Tafelzeichnens galt<br />

lange als Bedingung für einen<br />

gelungenen Unterricht. Wurden<br />

die Grafiken, Tabellen abgezeichnet,<br />

entstand die Langsamkeit des<br />

Lernprozesses, der im multimedialen<br />

Einsatz der heute gebräuchlichen<br />

Bilderdatenbanken<br />

im Internet, des Streamings von<br />

Filmen verloren zu gehen scheint.<br />

Die Tafel wird verdrängt vom<br />

Whiteboard, vom Beamer.<br />

2. Druckware<br />

Wollte man in den 60er Jahren<br />

etwas vervielfältigen, blieb oft nur<br />

die Durchschrift mit der Blaupause<br />

(blaues „Kohlepapier“), mit<br />

dem man mit Dünndruckpapier<br />

bis zu zehn Kopien handschriftlich<br />

anfertigen konnte (mit der<br />

Tendenz zu Sehnenscheidenentzündungen).<br />

Dann kamen die<br />

ersten, leicht verschmierten, grauen,<br />

glänzenden „Lichtpausen“,<br />

anschließend die Kopierer und<br />

die (Schulassistenten galten als<br />

alkoholgefährdet) Umdrucker, deren<br />

Vervielfältigung mit den<br />

Matrizen immerhin schon (mit<br />

der Rasierklinge) korrigierbar<br />

waren. Dann hielten die teuren<br />

Offsetdrucker Einzug in den<br />

Schulen, bessere Kopiergeräte<br />

und schlussendlich der Laserdrucker,<br />

der sehr schnell relativ<br />

preiswert (sehr relativ) hervorragende<br />

Drucke anfertigt.<br />

3. Einzelarbeitsplätze<br />

Teuer und oft wenig genutzt<br />

wurden die Sprachlabore eingeführt,<br />

die in den 90er Jahren<br />

(beginnend in den 80er Jahren)<br />

von dem rechnergestützten Unterricht<br />

(DOS-Rechner, Windows,<br />

Apple) abgelöst wurden.<br />

4. Lern-Management<br />

Frontalunterricht war früher Standard.<br />

Dann galt die Gruppenarbeit<br />

als Beweis für Fortschritt,<br />

heute gelten Binnendifferenzierung<br />

und individuelle Lernpläne<br />

als erstrebenswert. Bei der<br />

Einführung der Inklusion neben<br />

integrativen Formen in heterogenen<br />

Lerngruppen Vorbedingung<br />

für das Gelingen.<br />

5. Setzungen<br />

Die Richtlinien der 50er Jahre<br />

(Richtlinien für die Volksschulen<br />

des Landes Niedersachsen 1957)<br />

kamen für alle Jahrgänge und alle<br />

Fächer mit 138 Seiten aus. Der<br />

„Muttersprachliche Unterricht“<br />

wurde erschöpfend von Klasse 1 –<br />

9 auf 18 Seiten dargelegt. Das<br />

bedeutete, dass die Lehrerin, der<br />

Lehrer sehr viel Spielraum für die<br />

Erfüllung des Anspruchs der<br />

Allgemeinbildung hatte. Heute<br />

fühlen sich die Kollegien<br />

geknebelt mit Spiralcurricula,<br />

Kernkompetenzkatalogen, Standardsetzungen,<br />

einer ungebremsten<br />

Regulierungswut, die mit<br />

einer 4-stelligen Seitenzahl die<br />

Regale füllt.<br />

6. Gehäuse<br />

Ich selbst ging noch in die<br />

einklassige Volksschule, kam<br />

dann über das Aufbaugymnasium<br />

(Wechsel in Klasse 7) auf die<br />

„Oberschule“ (Nds. Heimschule<br />

Wolfenbüttel). Dann kamen die<br />

Mittelpunktschulen, Schulzentren,<br />

Gesamtschulen, Oberschulen<br />

mit einer bundesweit<br />

verwirrenden Vielzahl von Organisationsformen.<br />

7. Oberstufenreform<br />

Die Universitäten klagen heute<br />

über das stark eingeschränkte<br />

Grundwissen der Studenten. Vor<br />

der Oberstufenreform mussten<br />

wir auf einem naturwissenschaftlichen<br />

Gymnasium auch im<br />

musischen Bereich mehrsprachig<br />

alle Bereiche abdecken. Ich will<br />

nicht behaupten, dass mir das<br />

geschadet hat.<br />

8. Interessenvertretung<br />

Herr M. fragt: „Bist Du<br />

gewerkschaftlich organisiert?“<br />

Herr M antwortet: „Isst Du?“ Eine<br />

noch vor 40 Jahren selbstverständliche<br />

Anekdote. Es war selbstverständlich,<br />

dass Mann oder Frau<br />

sich gewerkschaftlich organisierten.<br />

Im AjLE und in der GEW sich<br />

zu treffen, war selbstverständlich.<br />

Kaum jemand kam auf die Idee,<br />

dass es sinnvoll sein könnte,<br />

allein für seine Rechte zu<br />

kämpfen. Heute ist der Gedankengang<br />

für eine gemeinsame<br />

Interessenvertretung oft verloren<br />

gegangen. Mit zu erwartenden<br />

schlimmen Folgen für die<br />

Beschäftigten.<br />

9. Reformen<br />

Das Wort „Reform“ hat einen

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