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LEUCHTTURM<br />

30<br />

AG Jugendliteratur & Medien der GEW (AJuM)<br />

Alter Schwede!<br />

Lars Ruppel nutzt zehn Redensarten, um überraschende Geschichten und/oder Einsichten zu vermitteln,<br />

die er in gereimter Form schreibt, in Versen und Strophen und lang, wie es sonst nur<br />

Balladen sind – oder eben »Poetry-Slam«. Man hört den Text praktisch beim eigenen Lesen und<br />

kann dann auch mit ‚unreinen‘ Reimen sehr gut leben. Hervorragend zum Vorlesen in kleiner Runde!<br />

Lars Ruppel:<br />

Holger, die Waldfee<br />

Berlin: Satyr (Buch 2014, CD 2015)<br />

Buch: ISBN 978-3-944035-37-6; 96 S<br />

CD: ISBN 978-3-944045-49-963 min *<br />

je 10,90 • * ab 12 Jahre<br />

Lars Ruppel ist Deutscher<br />

Meister im Poetry Slam 2014<br />

und eine wahrhaft gebündelte<br />

Energie auf der Bühne. Hier<br />

macht er aus elf Redensarten<br />

Balladen, die sich bezüglich der<br />

Dramatik und den Reimen vor<br />

denen der deutschen Klassik nicht<br />

verstecken muss.<br />

»Schmidts Katze«, »Mein lieber<br />

Herr Gesangsverein«, »Donnerlittchen«<br />

sind einige der Titel, aus<br />

denen Lars Ruppel seine Geschichten<br />

spinnt. Er erzählt in<br />

Versen, vier Verse in einer<br />

Strophe, 20 bis über 40 Strophen<br />

in jeder Geschichte. Jede bewegt<br />

sich am Rand des Absurden,<br />

Vorurteile werden nicht nur<br />

aufgenommen, sondern sogar<br />

überhöht und damit als solche<br />

entlarvt.<br />

Aber nicht das ist das Motiv für<br />

den Autor, er lebt die deutsche<br />

Sprache, er liebt die deutsche<br />

Sprache. Und er weiß sie zu<br />

nutzen: »Aus dem Haus des alten<br />

Schweden / tritt eben jener so wie<br />

jeden / Tag zur Tür hinaus und<br />

steht, / bis hinter ihm die Tür<br />

zugeht, / ...« beginnt der Prolog zu<br />

»Alter Schwede«. Wer’s noch nicht<br />

wusste: Jeder schwedische Junge<br />

erhält an seinem dreizehnten<br />

Geburtstag eine Axt, mit der er<br />

eine Fichte im Wald schlägt.<br />

Wozu, was macht er so genial?<br />

Ein Regal! Man ahnt schon:<br />

Schweden, Holz, Regal. Da gibt<br />

es ein bekanntes Möbelhaus, aus<br />

dem man sich Einzelteile zum<br />

selbst Zusammenschrauben besorgen<br />

kann. Warum immer<br />

wieder irgendwelche Teile fehlen,<br />

wird uns nun dank Lars Ruppel<br />

klar: Das liegt an der Fee!<br />

Genaueres? CD anhören oder<br />

Buch lesen!<br />

Er erzählt seine Geschichten in<br />

strenger Gedichtform, wobei er<br />

ein Reimschema (a-b-c-c-b) einhält,<br />

andererseits aber auch »sehr«<br />

zu »yeah« gesellt, hier also<br />

weniger streng ist. Auch nutzt er<br />

einen Wechsel des Reimschemas,<br />

um eine Erzählposition deutlich<br />

zu machen: In »Holger, der<br />

Waldfee« wird mit dem Auftritt<br />

der Titelperson von a-b-c-b zu a-<br />

a-b-b gewechselt, was zu erheblich<br />

mehr Nähe führt. Und, um<br />

die Äußerlichkeiten damit zu<br />

verlassen, es gibt jeweils sehr<br />

viele (der zumeist vierzeiligen)<br />

Strophen. Im Titelgedicht sind es<br />

29, in »Nicht schlecht, Herr<br />

Specht« sogar 42.<br />

Wenn es sich nur um<br />

Erzählfreude handelte, dann<br />

würde sich das Nachlesen bereits<br />

lohnen, aber der Autor hat<br />

darüber hinaus wirklich noch<br />

etwas mitzuteilen. Er personifiziert<br />

die Redensarten (aus<br />

»Holladi« wird »Holger, die ...«,<br />

aus »Voll karacho« wird »Volker<br />

Racho«) und kann damit konkret<br />

werden.<br />

Wer Lars Ruppel schon einmal<br />

auf der Bühne erlebte (alternativ:<br />

Video-Portal im Internet), weiß,<br />

dass er sein Publikum mit den<br />

ersten Worten »in der Hand« hat<br />

und es ihm gern folgt, wohin er<br />

auch gehen mag. Umgekehrt<br />

treibt das Publikum den Akteur<br />

zu neuen Leistungen. Beim<br />

Einsprechen im Studio fehlt<br />

dieser Teil, sodass der Hörgenuss<br />

einseitig bleibt, ist aber dennoch<br />

(sehr) empfehlenswert.<br />

P.S. Im gleichen Verlag ist 2014<br />

auch »Die Poetry Slam Fibel«<br />

erschienen (Paperback, 287 Seiten,<br />

14,90 •).<br />

Zwei Rezension (zu Buch und<br />

CD) stehen im Internet unter<br />

www.ajum.de<br />

(Datenbank)<br />

Ulrich H. BASELAU * Osterstr. 30 *<br />

26409 Wittmund * Ulrich ad<br />

Baselau.de

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