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Die Zeitschrift für stud. iur. - Iurratio

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Praxis<br />

Von Anfang Juni bis Anfang September 2007 absolvierte ich meine Wahlsta-<br />

tion des Referendariats bei der Deutschen Gesellschaft <strong>für</strong> Technische Zu-<br />

sammenarbeit (GTZ) GmbH in Accra, der Hauptstadt Ghanas, im Rahmen<br />

des Programms „Verbesserung der öffentlichen Finanzen“ (Good Financial<br />

Governance). Ziel des auf 13 Jahre angelegten Programms ist es, die ghanai-<br />

sche Regierung bei Steuer- und Haushaltsfragen zu unterstützen.<br />

DAS LAND<br />

Ghana gilt aus deutscher Sicht als Musterland Afrikas, sowohl was die politi-<br />

sche Stabilität als auch das Wirtschaftswachstum angeht. Das Land liegt in<br />

Westafrika am Golf von Guinea, der sogenannten Gold Küste. Im Osten<br />

grenzt es an Togo, im Norden an Burkina Faso und im Westen an die Elfen-<br />

beinküste. Ghana hat gut 23 Millionen Einwohner. Flächenmäßig entspricht<br />

es ungefähr der Größe der alten Bundesrepublik. Seit dem Jahr 1957 ist Ghana<br />

politisch unabhängig. Zuvor war es englische Kolonie. Amtssprache ist wei-<br />

terhin Englisch. Accra, eine direkt am Meer gelegene pulsierende Millionen-<br />

stadt, ist zugleich die größte Stadt des Landes. Staatlich organisiert ist Ghana<br />

als Präsidialrepublik. <strong>Die</strong> letzten Wahlen im Januar 2009, die mit einem Re-<br />

gierungswechsel verbunden waren, hat das Land friedlich überstanden. <strong>Die</strong><br />

Ghanaer sehen sich als friedliches und freundliches Volk, das stolz auf die po-<br />

litische Stabilität und das friedliche Zusammenleben der verschiedenen<br />

Volksgruppen ist. In Ghana besteht uneingeschränkte Pressefreiheit, was an<br />

der Zeitungs- und Meinungsvielfalt auch gut sichtbar wird. <strong>Die</strong>se Freiheit<br />

schätzen die Ghanaer sehr und machen rege davon Gebrauch. <strong>Die</strong> Infrastruk-<br />

tur Ghanas ist <strong>für</strong> afrikanische Verhältnisse gut. Das Land versorgt sich zu<br />

80 % mit Strom aus dem Wasserkraftwerk des Akosombo-Staudamms. Der<br />

angrenzende Volta-Stausee ist einer der größten Stauseen der Welt. Ghana<br />

verfügt über diverse Rohstoffe, wie Gold und Erdöl. Wichtigstes <strong>für</strong> den Ex-<br />

port bestimmtes landwirtschaftliches Produkt ist Kakao.<br />

DIE GTZ<br />

Das Geschäft der GTZ ist die internationale Zusammenarbeit <strong>für</strong> nachhaltige<br />

Entwicklung. Dabei ist die GTZ weltweit aktiv. Sie unterstützt komplexe Ent-<br />

wicklungs- und Veränderungsprozesse in Transformations- und Entwick-<br />

lungsländern. Ziel ist es die Lebensbedingungen und Perspektiven der Men-<br />

schen nachhaltig zu verbessern. <strong>Die</strong> GTZ ist ausführendes Organ im Rahmen<br />

der Technischen Zusammenarbeit der Bundesrepublik Deutschland. Sie<br />

übernimmt Aufträge des Bundesministeriums <strong>für</strong> wirtschaftliche Zusam-<br />

menarbeit und Entwicklung (BMZ) und anderer in- und ausländischer Stel-<br />

len zur Prüfung und Durchführung von Vorhaben der Technischen Zusam-<br />

menarbeit. Ghana ist Partnerland der deutschen und internationalen Ent-<br />

wicklungszusammenarbeit. Seit 1983 ist die GTZ mit einem Büro in Accra<br />

vertreten. Ihre Arbeit ist in die ghanaische Strategie zur Armutsbekämpfung<br />

eingebetet. Beabsichtigt ist, ein nachhaltiges, gerecht verteiltes Wirtschafts-<br />

wachstum und eine beschleunigte Armutsminderung in einem demokrati-<br />

schen Umfeld zu verwirklichen.<br />

DAS PROGRAMM<br />

Da das System öffentlicher Finanzen in Ghana nicht den Anforderungen gu-<br />

ter Regierungsführung entsprochen hat, ist es Ziel des Programms eine nach-<br />

Wahlstation bei der GTZ in Ghana<br />

Florian Lauscher* (Düsseldorf)<br />

<strong>Iurratio</strong><br />

Ausgabe 3 + 4 / 2009<br />

haltige Verbesserung zu unterstützen. Es handelt sich um ein Langzeitpro-<br />

gramm, das eine Laufzeit von September 2003 bis August 2015 hat. Auftrag-<br />

geber ist das BMZ. Das Programm besteht aus mehreren Teilbereichen. Im<br />

Rahmen der Steuerpolitik und Steuerverwaltung berät das Programm das<br />

ghanaische Finanzministerium bei der Einrichtung und strategischen Aus-<br />

richtung einer steuerpolitischen Grundsatzabteilung. Ziel ist es, die Steuer-<br />

einnahmen zu erhöhen. Zu diesem Zweck unterstützt das Programm auch die<br />

oberste ghanaische Steuerbehörde, die Verwaltung leistungsfähiger, transpa-<br />

renter und bürgernäher zu machen. Dementsprechend sollen die Verfahren<br />

in der Einkommensteuerverwaltung durch den Einsatz von IT-Systemen be-<br />

schleunigt werden. Daneben werden Ansätze verfolgt, die Steuermoral der<br />

Bürger zu verbessern. Ein weiterer Schwerpunkt des Programms ist, bei<br />

Staatseinnahmen aus dem Rohstoffsektor, eine gewisse Transparenz zu schaf-<br />

fen. Aus diesem Grund unterstützt es die Regierung bei der Umsetzung der<br />

Prinzipien und Richtlinien der internationalen Initiative <strong>für</strong> Transparenz in<br />

der Rohstoffwirtschaft (EITI-Initiative) bei deren Ziel, den Einnahmenfluss<br />

aus dem Rohstoffsektor lückenlos zu erfassen. Außerdem soll gewährleistet<br />

werden, dass ein Teil der Einnahmen der unmittelbar betroffenen Zivilbevöl-<br />

kerung zugutekommt, die oft stark durch den Rohstoffabbau beeinträchtigt<br />

wird. Das Programm setzt nicht nur bei der Einnahmenseite, sondern auch<br />

der Ausgabenseite an. Ein weiterer Schwerpunkt ist deswegen, die ghanaische<br />

Regierung bei der Reform des Haushalts- und Finanzwesens zu beraten.<br />

Wichtige von den Reformen betroffene Teilbereiche sind die öffentliche Haus-<br />

haltsplanung, der öffentliche Haushaltsvollzug, die öffentliche Rechenschafts-<br />

legung sowie das öffentliche Beschaffungswesen.<br />

DER ARBEITSALLTAG<br />

Das Büro, in dem das Programm untergebracht war, befand sich in einem der<br />

wenigen Hochhäuser in Accra. Wir haben in einem jungen ghanaisch-deut-<br />

schen Team aus Ökonomen, Soziologen, Informatikern und Juristen zusam-<br />

mengearbeitet. <strong>Die</strong>se Vielfalt in einem internationalen Team gewährleistete<br />

einen regen konstruktiven Dialog und Meinungsaustausch, der mitunter sehr<br />

unterhaltsam war. Zu meinen Kernarbeitsgebieten gehörte die rechtliche<br />

Würdigung sowohl steuerrechtlicher Sachverhalte in Ghana als auch interner<br />

Vertragsentwürfe bezüglich Kooperationsabkommen. Daneben bereitete ich<br />

den Besuch einer deutschen Expertengruppe vor und begleitete diese. <strong>Die</strong> Ex-<br />

pertengruppe war zur Unterstützung des Aufbaus der steuerpolitischen<br />

Grundsatzabteilung im ghanaischen Finanzministerium vor Ort. Außerdem<br />

war ich in die Zusammenarbeit mit der ghanaischen Sonderstaatsanwalt-<br />

schaft <strong>für</strong> Wirtschaftskriminalität (Serios Fraud Office) involviert. Im Rah-<br />

men dieser Zusammenarbeit haben wir untersucht, ob das ghanaische Recht<br />

eine Gewinnabschöpfung bei Wirtschaftsstraftaten ermöglicht, wenn ja, wie<br />

diese ausgestaltet ist und wie sie in der Praxis umgesetzt wird. Daneben war<br />

ich in die tägliche Projektarbeit eingebunden.<br />

<strong>Die</strong> Arbeit im Programm war sehr abwechslungsreich und spannend. Auch<br />

wenn drei Monate sehr kurz sind, erhielt ich doch einen ganz guten Eindruck<br />

über die Arbeit in einem Programm/Projekt der GTZ.<br />

Zusätzlich zum Referendargehalt zahlte die GTZ eine Aufwandsentschädi-<br />

gung von fünfhundert Euro im Monat und eine Reisekostenpauschale.<br />

* Florian Lauscher, Assessor, ist Wissenschaftlicher Mitarbeiter in<br />

der Düsseldorfer Kanzlei Glade Michel Wirtz.<br />

DAS LEBEN<br />

Das Leben in Ghana unterscheidet sich sehr vom Leben in Deutschland. Ich<br />

brauchte eine gewisse Zeit um die völlig neuen Eindrücke zu verarbeiten und<br />

mich an die so andere Umgebung zu gewöhnen. Das Leben in Ghana spielt<br />

sich überwiegend auf der Straße ab. <strong>Die</strong> vielen Menschen, die einem dort be-<br />

gegnen sind sehr offen, nett und gastfreundlich. Geprägt ist das Leben der<br />

Ghanaer vor allem durch das schöne Wetter, die Musik und die verschiedenen<br />

Religionen. <strong>Die</strong> Betreuung durch die GTZ war sehr gut. So hatten Kollegen<br />

sich um eine Unterkunft <strong>für</strong> mich gekümmert und mich nach meiner An-<br />

kunft am Flughafen abgeholt. Bei der Unterkunft handelte es sich um ein mö-<br />

bliertes Wohngemeinschaftshaus in Osu, einem der lebendigsten Viertel Ac-<br />

cras. In diesem „Obruni-Compound“, wie es von den Einheimischen genannt<br />

wurde, wohnten insgesamt bis zu 25 Europäer und Amerikaner. <strong>Die</strong> meisten<br />

arbeiteten <strong>für</strong> Regierungs- oder Nicht-Regierungsorganisationen. Zwar sind<br />

die Lebenshaltungskosten in Ghana günstiger als in Deutschland, aber nicht<br />

wesentlich. Ghana hat einen hohen Freizeitwert. Es gibt traumhafte Strände<br />

und beeindruckende Sehenswürdigkeiten, die einen Besuch wert sind. Dem-<br />

entsprechend sind wir an den Wochenenden viel gereist, was auch problem-<br />

los möglich ist. Da<strong>für</strong> haben wir bevorzugt die sogenannten Tro-Tros benutzt.<br />

Dabei handelt es sich um alte Kleinbusse in denen je nach Größe zwischen 15<br />

und 40 Personen Platz finden. Wenn auch nicht ganz ungefährlich ist es doch<br />

die günstigste Variante im Land zu reisen. Da auch die meisten Ghanaer die-<br />

ses Fortbewegungsmittel nutzen, bietet es eine gute Gelegenheit mit ihnen in<br />

Kontakt zu kommen. An zentralen Orten in Accra gibt es sogenannte Tro-Tro-<br />

Stationen. Von hieraus brechen regelmäßig Kleinbusse ins ganze Land auf. In<br />

Bezug auf die Kriminalitätsrate unterscheidet sich Accra nicht wesentlich von<br />

A. EINLEITUNG<br />

Praktikumsbericht: Großkanzlei Lovells<br />

cand. <strong>iur</strong> Tobias Gutowski (Universität Bremen)<br />

Im Rahmen meines juristischen Pflichtpraktikums verbrachte ich in der Zeit<br />

von Februar bis April 2009 insgesamt 6 1⁄2 Wochen bei der internationalen<br />

Rechtsanwaltssozietät Lovells in Hamburg. Im Vorfeld des universitären Schwer-<br />

punkt<strong>stud</strong>iums „Europäisches Wirtschaftsrecht“, wollte ich die Chance nutzen,<br />

die tägliche Arbeit der Rechtsanwälte in einer Großkanzlei kennenzulernen.<br />

B. DIE KANZLEI<br />

Lovells gehört mit über 3000 Mitarbeitern an 27 Standorten rund um den<br />

Globus zu den größten Rechtsanwaltskanzleien weltweit. Regelmäßige hohe<br />

Platzierungen in den Rankings der Karrierezeitschrift AZUR/JUVE belegen,<br />

dass Lovells auf den Gebieten des nationalen und internationalen Wirtschafts-<br />

rechts mit zu den führenden Sozietäten zählt. In Deutschland ist die Kanzlei<br />

mit über 300 Anwälten in Düsseldorf, Frankfurt am Main, Hamburg und<br />

München vertreten. <strong>Die</strong> Beratungsschwerpunkte richten sich hierbei jeweils<br />

nach dem lokalen Bedarf. An den einzelnen Standorten existieren sogenannte<br />

„Praxis Groups“ <strong>für</strong> die verschiedenen Rechtsbereiche, z.B. im Arbeitsrecht,<br />

Gesellschaftsrecht/M&A (Corporate), Immobilienrecht, Kartellrecht oder<br />

auch Steuerrecht. Einen besonderen Schwerpunkt hat das Hamburger Büro<br />

im Bereich des Gewerblichen Rechtsschutzes gesetzt.<br />

<strong>Iurratio</strong><br />

Ausgabe 3 + 4 / 2009<br />

C. DIE BEWERBUNG<br />

Praxis<br />

einer mitteleuropäischen Großstadt. Wie dort kann man sich in den meisten<br />

Stadtvierteln frei bewegen. <strong>Die</strong> Stadt zeichnet sich durch ein ausgeprägtes, ab-<br />

wechslungsreiches Nachtleben aus. <strong>Die</strong> Ghanaer halten sich <strong>für</strong> die Biertrin-<br />

kernation schlechthin. Recht gibt ihnen die Vielfalt an ghanaischen Biersorten.<br />

Allerdings ist das Leben nicht ganz unbeschwerlich. <strong>Die</strong> hohe Luftfeuchtigkeit,<br />

die enorme Hitze und die Abgase können einem zu schaffen machen. Außer-<br />

dem kann es zu Engpässen in der Strom- und Wasserversorgung kommen.<br />

DIE VORBEREITUNG<br />

Für einen Aufenthalt in Westafrika sollte man berücksichtigen, dass zahlrei-<br />

che Impfungen empfohlen werden. Für Ghana ist eine Gelbfieberimpfung<br />

zwingend erforderlich, ohne sie wird eine Einreise nicht gestattet. Da manche<br />

Impfungen über einen längeren Zeitraum erfolgen, sollte man früh genug<br />

damit beginnen. Außerdem sollte man eine Malariaprophylaxe in Betracht<br />

ziehen, da Ghana Malariagebiet ist. Des Weiteren ist <strong>für</strong> die Einreise ein<br />

Visum erforderlich, das bei der ghanaischen Botschaft zeitnah beantragt wer-<br />

den muss.<br />

DAS FAZIT<br />

Es waren drei spannende, wunderbare Monate in einem friedlichen und poli-<br />

tisch stabilen afrikanischen Land. Ich hatte Gelegenheit, einen mir bis dahin<br />

völlig fremden Teil der Welt zu entdecken. In dieser Zeit habe ich viele nette<br />

Menschen aus Ghana, Europa und Nordamerika kennengelernt. Außerdem<br />

ermöglichte mir die Arbeit bei der GTZ, einen ersten kurzen, aber guten Ein-<br />

blick in die staatliche Entwicklungszusammenarbeit zu erhalten.<br />

<strong>Die</strong> Bewerbung <strong>für</strong> ein Praktikum ist an allen vier deutschen Standorten<br />

ganzjährig möglich. Feste Bewerbungstermine oder –fristen gibt es nicht.<br />

Aufgrund der Arbeitsplanung empfiehlt es sich , seine Bewerbung drei bis vier<br />

Monate vor dem gewünschten Praktikumsbeginn per Post oder per E-Mail<br />

einzureichen. Neben Anschreiben und Lebenslauf sollte sie alle relevanten<br />

Zeugnisse beinhalten. Formelle Voraussetzungen sind, dass der oder die Be-<br />

werbende mindestens das fünfte Fachsemester aufgenommen und die ent-<br />

sprechenden Prüfungsleistungen erfolgreich absolviert hat. <strong>Die</strong>s ist von Be-<br />

deutung, um in den Praxisgruppen sinnvoll mitarbeiten zu können und ernst-<br />

haft in die Arbeit mit eingebunden zu werden. Das Praktikum sollte mindes-<br />

tens sechs Wochen dauern.<br />

Im Oktober 2008 hatte ich mich per E-Mail beworben und bekam innerhalb<br />

von wenigen Tagen eine Nachricht vom zuständigen Anwalt <strong>für</strong> die Einstel-<br />

lung von Referendaren, wissenschaftlichen Mitarbeitern und Praktikanten.<br />

Das darauffolgende Bewerbungsgespräch war eine lockere Unterhaltung, wel-<br />

che vorrangig dem Kennenlernen diente. Es ging nicht darum, in fachlicher<br />

Hinsicht zu überzeugen. Am Ende wurde ich gefragt, in welchem Bereich ich<br />

gerne eingesetzt werden würde und nannte mit Arbeitsrecht und Gesell-<br />

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