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auch durch einen „Overload” an Vulgärem<br />

in Zusammenhang mit Luxus zustande<br />

kommt. Zu Recht finden es die Menschen<br />

unanständig, wie die Oligarchen in<br />

Russland oder die Neureichen in china<br />

ihren Reichtum zur Schau stellen. Das<br />

wird noch dadurch unterstützt, dass sich<br />

Luxusartikel auch in gewissen Milieus<br />

– genauer gesagt in der Prostitution und<br />

Zuhälterei – durchgesetzt haben. Oder in<br />

der Rapper-Kultur, wo dicke Goldketten und<br />

hochkarätige Diamanten gerne zur Schau<br />

gestellt werden.<br />

? haben diese milieus den Begriff<br />

„luxus“ eigentlich beschädigt?<br />

! Nein. In Amerika, wo diese Milieus<br />

ja sehr stark auf sich aufmerksam machen,<br />

gibt es eine neue Begrifflichkeit dafür.<br />

Da gilt so etwas als „Bling-Bling“. Dieses<br />

Wort zeigt sehr schön die Inhaltslosigkeit<br />

derartiger Protzerei. Solch spielerische<br />

Begrifflichkeit gibt es bei uns im Deutschen<br />

noch nicht. Der deutsche Ausdruck<br />

„protzen“ hat ja schon von der Lautmalerei<br />

her etwas Aggressives an sich.<br />

? welche vorteile für die<br />

wirtschaft hat die Beschäftigung mit<br />

dem luxus?<br />

? Wolfgang Reitzle, früher Vorstand<br />

bei BMW und dann bei Jaguar, hat sich als<br />

einziger Industriekapitän die Frage nach<br />

dem Luxus gestellt und darüber sogar<br />

ein Buch mit dem Titel „Luxus schafft<br />

Wohlstand“ geschrieben. Seine Aussage<br />

darin lautet: Luxus ist Innovationsmotor<br />

und braucht Forschung und Entwicklung.<br />

Denn nur so findet man das bessere<br />

Produkt. Eines seiner Beispiele dafür ist<br />

das Navigationssystem, das ursprünglich<br />

mit großem Aufwand für sehr luxuriöse<br />

Limousinen entwickelt wurde und heute bei<br />

ALDI im Angebot ist. Das ist der „Trickle-<br />

Down-Effekt“ von solchen Innovationen,<br />

die letztendlich für viele Konsumenten<br />

verfügbar werden.<br />

? haben Sie eine ahnung, wie viele<br />

arbeitsplätze in deutschland mit der<br />

herstellung von luxusprodukten zu tun<br />

haben?<br />

! Wir arbeiten gerade daran, das<br />

herauszufinden. Dabei hängt diese Zahl<br />

von der Definition ab, wen wir zu den<br />

Luxusproduzenten rechnen: Teile der<br />

Uhren- und Schmuckindustrie gehören mit<br />

Sicherheit dazu. Aber welche Segmente<br />

in der Textil- und Modeindustrie mit<br />

ihren 4ooooo Arbeitsplätzen? Wo ziehen<br />

wir die Grenze zwischen Premium und<br />

Luxus? Produzieren Unternehmen, die<br />

Design, Funktionalität und Materialität im<br />

Sinne der „Best of category“ verdichten,<br />

ebenfalls Luxusprodukte? Und wie sieht<br />

es mit denjenigen Unternehmen aus, die<br />

es schaffen, ein Produkt emotional so<br />

aufzuladen, dass der Verbraucher einen<br />

psychologischen Nutzen hat und schon<br />

beim Kauf weiß, dass er dafür einen<br />

Mehrpreis bezahlt?<br />

Daran können Sie sehen, dass da eine<br />

ganze Menge deutscher Arbeitsplätze im<br />

Gespräch sind. Und das finde ich auch<br />

richtig. Denn ich bin sehr dafür, nicht so<br />

zu tun, als ob es sich bei Luxusprodukten<br />

um ein kleines, nettes Nischchen handeln<br />

würde, bei dem nur ein paar hundert<br />

Männlein als fleißige Maßschuster,<br />

Sattelmacher oder Edeltäschner in ihren<br />

Werkstätten Maßgeschneidertes für eine<br />

völlig abgehobene Klientel mit dem Munde<br />

dengeln.<br />

Man muss auch unterscheiden,<br />

ob man den Begriff „Luxus” für die<br />

Gesellschaft definieren möchte – oder ob<br />

ein Unternehmen eines seiner Produkte zu<br />

einem Luxusprodukt stilisieren möchte.<br />

Ein Beispiel für Letzteres: Ich habe hier<br />

auf dem Tisch dieses Wasser aus Osttirol:<br />

„Urleiten“. Das sprudelt seit vielen hundert

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