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Ansätzen aus und gibt ihnen Stipendien, die<br />

es ihnen ermöglichen, sich Vollzeit, ohne<br />

Existenzangst, auf ihre Arbeit zu konzentrieren.<br />

Außerdem bekommen sie die Netzwerke,<br />

die sie brauchen, um sich weitere<br />

Unterstützung heranzuholen: Wir verbinden<br />

sie mit anderen Social Entrepreneurs, sie<br />

erhalten Rat und Tat von Unternehmern<br />

und Verbindungen zur Wissenschaft und<br />

Wirtschaft. Soziale Innovationen zu finden<br />

und die Menschen zu fördern – das war und<br />

ist der Kern unserer Arbeit.<br />

? nennen Sie mir ein Beispiel.<br />

! Einer der ersten Sozialunternehmer,<br />

die ich traf, war Rodrigo Baggio aus<br />

Brasilien. Sein Ziel ist es, Zugang zum<br />

Internet und zu Informationstechnologien<br />

auch für Arme verfügbar zu machen. Anfang<br />

der 90er Jahre arbeitete er mit Kindern<br />

in zwei Slums in Rio de Janeiro – neben<br />

seinem Beruf, in dem er Geld für sich und<br />

seine Familie verdiente. Ashoka hat Rodrigo<br />

ermöglicht, sich Vollzeit auf sein Projekt zu<br />

konzentrieren, es zu systematisieren und<br />

auszubauen und nachhaltig zu machen.<br />

Heute ist seine Organisation cDI (center<br />

for Digital Inclusion) auf drei Kontinenten<br />

vertreten und hat mehr als 800000 Kindern<br />

und Benachteiligten geholfen. Sie meistern<br />

computer und Internet, können Lesen<br />

und Schreiben, sind in der Ausbildung<br />

oder haben ihr eigenes Unternehmen<br />

gegründet. Und Rodrigo kümmert sich nun<br />

ganz um die weitere Expansion von cDI.<br />

Er hat viele Preise gewonnen, spricht an<br />

renommierten Universitäten, auf dem World<br />

Economic Forum… So könnte ich Ihnen<br />

jetzt jede Menge Geschichten erzählen.<br />

Diesen Sprung, den Rodrigo gemacht hat,<br />

den will Ashoka erzeugen. Damit neue<br />

Lösungsmuster möglichst viele Menschen<br />

erreichen.<br />

? Sie erwähnten maria montessori,<br />

die zeitlich mit henry ford gelebt hat. da<br />

wäre es sicherlich auch sehr spannend<br />

gewesen, wenn man die beiden<br />

zusammengebracht hätte, um zu sehen,<br />

was sich daraus für ihre arbeit ergeben<br />

hätte. Bauen Sie bei ashoka solche<br />

interdisziplinären Brücken?<br />

der „GloBalizer“<br />

! Sehr schön, dass Sie das ansprechen.<br />

Wir haben eine Initiative, die sich<br />

„Globalizer“ nennt und die darauf abzielt,<br />

die besten Skalierungsstrategien für soziale<br />

Innovationen zu finden. Leider wird im<br />

sozialen Sektor das Rad sehr oft neu<br />

erfunden, weil es keinen funktionierenden<br />

Markt gibt – ein starker Unterschied<br />

zum normalen Geschäftsleben. Aus<br />

Ashokas Vogelperspektive sehen wir tolle<br />

Innovationen, etwa im Bereich Housing in<br />

Brasilien oder in der HIV/AIDS-Vorsorge in<br />

Afrika. Aber in anderen Ländern werden<br />

sie nicht aufgegriffen. Der „Globalizer”<br />

sucht jedes Jahr nach den Ideen, die<br />

reif sind für internationales Wachstum,<br />

und bringt die Sozialunternehmer<br />

danach dann mit Unternehmern aus<br />

der Wirtschaft – also den Henry Fords –<br />

zwecks gegenseitigen Gedankenaustauschs<br />

und Strategieentwicklung zusammen.<br />

Das ist eine sehr, sehr spannende<br />

Sache. Außerdem suchen wir nach<br />

Verbreitungsmethoden, die für den<br />

sozialen Sektor geeignet sind, und<br />

entdecken hier Interessantes im Bereich<br />

Netzwerke und Open Source. Denn viele<br />

Sozialunternehmer entschließen sich dafür,<br />

ihre Quellcodes offenzulegen, damit andere<br />

sie kopieren und damit mehr Menschen in<br />

den Genuss ihrer Innovation kommen. Was<br />

der „Globalizer” im Großen macht, tun wir<br />

übrigens auch vor Ort: In unserem Ashoka-<br />

Support-Netzwerk sind Unternehmer<br />

zusammengeschlossen, die Ashokas<br />

Sozialunternehmern in ihrem Land mit Rat<br />

und Tat beiseitestehen.<br />

? nochmal zum Social entrepreneur.<br />

ein unternehmer will ja Geld verdienen.<br />

ist das bei dem Begriff Social<br />

entrepreneur auch vorgesehen?<br />

! Wir verstehen Unternehmer in erster<br />

Linie im Schumpeterschen Sinne – also<br />

als jemanden, der schöpferisch zerstört,<br />

der neue Muster und Abläufe einführt<br />

gegen Widerstände und gesellschaftliche<br />

Konventionen. Maria Montessori war<br />

Bildungspionier, eine Spielzeugerfinderin,<br />

eine Organisationsgründerin, eine<br />

Markenspezialistin und eine internationale<br />

Aktivistin. Social Entrepreneurs arbeiten<br />

gemeinwohlorientiert. Sie werden<br />

nicht dadurch charakterisiert, ob ihre<br />

Organisationen „for profit” oder „not for<br />

profit” sind, sondern dadurch, dass sie ein<br />

gesellschaftliches Problem lösen. Das ist ihr<br />

Ziel, das ist ihre Aufgabe. Danach richtet<br />

sich auch ihre Rechtsform. In manchen<br />

Feldern – im Mikrokreditbereich, im<br />

Umwelt- oder Gesundheitswesen – können<br />

Player Gewinn erwirtschaften, weil sich<br />

dort ein Markt entwickelt hat und weil<br />

Wirtschaftlichkeit Teil der Problemlösung<br />

ist. Aber wer mit traumatisierten<br />

Kriegsflüchtlingen arbeitet, versucht<br />

zunächst einmal, die Menschen zu heilen<br />

und Ursache von Hass und Ausgrenzung<br />

zu beseitigen – natürlich so effizient wie<br />

möglich, aber doch in der Regel wohl eher<br />

nicht in Form einer Aktiengesellschaft<br />

oder GmbH. Wer daran arbeitet, dass mehr<br />

Kinder erfolgreich zur Schule gehen oder<br />

chronisch Kranke in Armenvierteln besser<br />

betreut werden oder dort bessere sanitäre<br />

Verhältnisse herrschen, geht davon aus, dass<br />

sich das volkswirtschaftlich auszahlen wird.<br />

Aber zunächst müssen sie viel Zeit und Geld<br />

investieren.<br />

? das bedeutet aber auch, dass diese<br />

Social entrepreneurs von ihrer idee<br />

nicht unbedingt leben können?<br />

! Nachhaltigkeit heißt nicht „for<br />

profit”. Nachhaltigkeit in diesem Kontext<br />

heißt, dass die Idee so gut ist, dass sie<br />

auf Dauer hängenbleibt und sich trägt.<br />

Aber Ashoka zahlt seinen Fellows, wie<br />

wir die Sozialunternehmer nennen, die<br />

wir fördern, Stipendien, damit sie sich<br />

ohne Existenzangst drei Jahre darauf<br />

konzentrieren können, bis ihre Idee läuft.<br />

Hinterher müssen sie dann natürlich<br />

schon selbst das von ihnen benötigte Geld<br />

fundraisen oder erwirtschaften. Deshalb ist<br />

das Stipendium auf drei Jahre begrenzt.<br />

? woher bezieht ashoka sein Geld<br />

dafür?<br />

! Wir sind größtenteils von<br />

Mitgliedsbeiträgen und Zuwendungen<br />

finanziert. Wir nehmen keine staatlichen<br />

Gelder an, sondern werden von Stiftungen<br />

und Privatpersonen gefördert. Als<br />

wichtiges Standbein haben wir unser<br />

Netzwerk von Mitgliedern, das so genannte<br />

Ashoka-Support-Netzwerk, in dem sich<br />

Unternehmerpersönlichkeiten – viele<br />

Familienunternehmer oder Executives –<br />

finanziell sowie mit ihrem gesammelten<br />

Know-how einbringen. Sie helfen unseren<br />

Sozialunternehmern bei der Entwicklung<br />

ihrer Organisation, sie öffnen Türen,<br />

planen mit… Der finanzielle Betrag, der<br />

im 5-stelligen Bereich pro Jahr anfängt,<br />

wird so oft um ein Vielfaches überstiegen.<br />

Wir werden aber auch durch Stiftungen<br />

unterstützt, zum Beispiel die Siemens-<br />

Stiftung oder die Hilti-Foundation.<br />

? wie viele fellows gibt es<br />

inzwischen in deutschland?<br />

! Wir haben 40 Fellows in Deutschland<br />

und weltweit knapp 3000.<br />

? worin unterscheidet sich ein ashoka-projekt<br />

von den vielen anderen initiativen<br />

bürgerschaftlichen engagements?

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