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„ein Social entrepreneur will<br />
SyStemiSche fehler tilGen.“<br />
! Ein Sozialunternehmer will ein<br />
gesellschaftliches Problem nachhaltig<br />
lösen. Er will keine Not lindern, sondern<br />
ein System verändern, so dass es allen<br />
Menschen besser nützt. Und er sieht seine<br />
Zielgruppe selten als Opfer an, sondern<br />
hilft ihr, stark und selbstbestimmt zu leben.<br />
Einige Beispiele: Murat Vural<br />
aus Bochum begeistert Kinder aus<br />
bildungsfernen Schichten – viele davon<br />
mit Migrationshintergrund – für Lernen,<br />
Schule, Ausbildung oder Studium. Er<br />
empowert junge Leute, Netzwerke zu<br />
schließen und sich selbst zu helfen, und<br />
verändert Schulen und Nachbarschaften.<br />
Frank Hoffmann bildet blinde Frauen<br />
als medizinische Tastuntersucherinnen<br />
bei Frauenärzten aus – mit mehr Zeit<br />
und einem besseren Tastsinn können sie<br />
Knoten in der Brust besser und früher<br />
erkennen als andere. Thorkil Sonne aus<br />
Dänemark integriert autistische Menschen<br />
in den ersten Arbeitsmarkt. Mit ihrem<br />
Sinn für Details, ihrer Präzision und<br />
Vorliebe für Routinen arbeiten sie in<br />
der Softwarebranche, zum Beispiel bei<br />
Dateneingaben oder Testings, besser als<br />
jeder andere. Roshaneh Zafar aus Pakistan<br />
verhilft armen Frauen in ländlichen<br />
Gebieten mit Mikrokrediten zu einem<br />
kleinen Geschäft und zu einer besseren<br />
Zukunft.<br />
Jedes Jahr suchen wir gezielt nach<br />
sozialen Innovationen und wählen weltweit<br />
etwa 200 neue Sozialunternehmer als<br />
Stipendiaten oder Fellows aus. Sie sind<br />
Innovationstreiber, die neue Ideen für<br />
bestimmte Fragestellungen entwickeln und<br />
die Haken aus einem System entfernen.<br />
? wenn man die haken aus einem<br />
System entfernt, schafft man ja etwas<br />
neues. wie soll dieses neue aussehen?<br />
„eS Geht darum, Strukturen<br />
zu Schaffen, um Sich SelBSt<br />
helfen zu können.“<br />
! Social Entrepreneurs haben Ideen,<br />
die Neues schaffen oder den Rahmen<br />
ändern – Haltungen, Annahmen, Abläufe,<br />
Routinen, Prozesse oder Institutionen.<br />
Social Entrepreneurs warten nicht, bis<br />
jemand anderes für sie ein Problem löst,<br />
sondern fangen damit an.<br />
? darin unterscheiden sich<br />
die ashoka-projekte sehr klar von<br />
anderen sozialen projekten oder dem<br />
wohlfahrtsstaat?<br />
! Sozialunternehmer arbeiten<br />
nicht gegen den Wohlfahrtsstaat. Sie<br />
verbessern ein gesellschaftliches System<br />
dort, wo es Fehler hat. Man würde<br />
in der Wirtschaft nie erwarten, dass<br />
Innovation aus einem Ministerium<br />
kommt, sondern man denkt: Das passiert<br />
am Markt. Unsere Social Entrepreneurs<br />
haben ihr Ohr am Markt und an der<br />
Zielgruppe. Die Innovationen, die sie<br />
daraus entwickeln, helfen etablierten<br />
Institutionen weiter. Ich denke zum<br />
Beispiel an unseren Fellow Rose Volz-<br />
Schmidt. Ihre Organisation „wellcome“<br />
unterstützt Familien, die nach der<br />
Geburt eines Kindes Hilfe brauchen<br />
und/oder überfordert sind. Frau Volz-<br />
Schmidt verbreitet ihre Idee, indem sie<br />
sie als Angebot anderen Playern – auch<br />
großen Wohlfahrtsverbänden – zur<br />
Verfügung stellt. Sie gibt also ihre Inhalte<br />
und Expertise weiter, damit relevante<br />
Institutionen ihrer Zielgruppe besser<br />
helfen können.<br />
? Bleibt die wichtige frage, wie<br />
Sie zu diesen außergewöhnlichen<br />
menschen kommen?<br />
wie findet man Solche Social<br />
entrepreneurS?<br />
! Die Stuttgarter Unternehmerin Helga<br />
Breuninger hat einmal über uns gesagt,<br />
wir seien Trüffelschweine. Und ich<br />
finde, sie hat Recht. Die Suche nach<br />
unseren Trüffeln ist dabei extrem<br />
gründlich.<br />
Ich will sie kurz skizzieren:<br />
Wir haben ein Netzwerk<br />
von Nominatoren, die uns<br />
mögliche Kandidaten<br />
vorschlagen. Das<br />
sind Experten, die<br />
sich in ihrem<br />
Bereich sehr gut<br />
auskennen – zum<br />
Beispiel Fachleute<br />
aus Ministerien,<br />
Stiftungen,<br />
Professoren. Diese<br />
Experten schlagen uns<br />
Kandidaten vor, von<br />
denen sie glauben, ihre<br />
Idee werde in 20, 30<br />
Jahren ein Feld verändert<br />
haben. Diesen Namen folgen<br />
wir nach und recherchieren.<br />
Es gibt Interviews, Referenzchecks, vor<br />
Ort Besuche, Marktanalysen. Dann trifft<br />
das deutsche Team eine Vorauswahl. Der<br />
nächste Schritt ist der internationale<br />
Prozess: Dazu kommt ein Senior-Ashoka-<br />
Mitarbeiter aus einem anderen Land nach<br />
Deutschland und setzt sich zu einem<br />
langen Auswahlinterview mit jedem der<br />
Kandidaten hin – für mehrere Stunden –<br />
und geht genau das Projekt durch, und<br />
die Biografie des Kandidaten. Wer in<br />
die nächste Stufe kommt, kommt ins<br />
so genannte Panel. Da prüfen Experten<br />
aus Deutschland, die Unternehmer<br />
oder selbst Sozialunternehmer sind, die<br />
Kandidaten. Danach setzen die sich mit<br />
dem internationalen Auswahlvertreter an<br />
einen Tisch und entscheiden im Konsens,<br />
ob die Aufnahme<br />
als Fellow in unser<br />
Board vorgeschlagen<br />
werden soll. Wenn ja, muss<br />
das internationale Board auch noch seine<br />
Zustimmung erteilen.<br />
Das heißt, wir haben einen<br />
sehr langen, qualitativ hochwertigen<br />
Auswahlprozess. Unsere Faustregel ist, dass<br />
wir pro Jahr auf 10 Millionen Einwohner<br />
etwa einen Fellow pro Land finden.<br />
? und nach welchen kriterien wird<br />
ausgesucht?<br />
! Es sind derer 5:<br />
1. Die Innovation. Hat der oder diejenige<br />
einen neuen Ansatz, der tatsächlich ein<br />
gesellschaftliches Problem systematisch<br />
lösen kann?<br />
2. Der soziale Impact oder die gesellschaftliche<br />
Wirkung der Idee. Die muss<br />
möglichst groß sein.<br />
3. Die unternehmerische Qualität der<br />
Person.<br />
4. Die Kreativität der Person.<br />
5. Die „ethical fibre“ oder auch Integrität. Es<br />
gibt ja immer Fanatiker oder Ideologen.<br />
Die wollen wir aber nicht haben.