Script R1003 Völklingen Web
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<strong>Script</strong> – <strong>R1003</strong> DVO Spezialkurs – 24.04.2010 <strong>Völklingen</strong><br />
Typische Merkmale für die Blickdiagnose „Rachitis“ sind:<br />
- „rachitischer Rosenkranz“ der Rippen durch exzessive Osteoidbildung an der Knochen-<br />
Knorpelgrenze der Rippen<br />
- „Glockenthorax-Deformität“ mit „Harrison-Furche“ infolge Rippeneinziehung im<br />
Bereich der Zwerchfellinsertion<br />
- Varusfehlstellung im Kniegelenk und Valgusfehlstellung im Sprunggelenk: O-Beine<br />
mit Genu varum, Coxa vara, Tibia vara.<br />
- disproportionierter Minderwuchs (bei relativ normaler Sitzhöhe)<br />
- groteske Verbiegungen weiterer Knochen: „Quadratschädel“ (mit Abflachung des<br />
aufliegenden Hnterkopfes), weicher Schädel („Tischtennisball-Gefühl“, Kraniotabes)<br />
- Zahnschmelz-Hypoplasie mit Kariesanfälligkeit<br />
- „Froschbauch“ und „Sitzkyphose“ bei muskulärer Hypotonie<br />
- Bewegungsarmut (permanentes Liegen auf dem Rücken und Hinterkopf)<br />
- gehäuft tonische Muskelkrämpfe und Tetanie-Anfälle bei Hypokalzäme<br />
- Erhöhte Infektanfälligkeit mit bronchopulmonalen Infekten.<br />
Rachitis ist eine Allgemeinerkrankung, die sich nicht nur am Skelett, sondern auch in<br />
Form einer gestörten Infektabwehr manifestiert (gestörte Granulozyten- und<br />
Makrophagenfunktion bei Vitamin D-Mangel).<br />
Typische Laborkonstellation bei Rachitis:<br />
- Hypokalzämie, Hypophosphatämie, massive erhöhte AP; hochgradig verminderter<br />
25(OH)D 3-Spiegel: < 7ng/ml; erhöhtes PTH (sek. HPT).<br />
- DD: Abgrenzung zu anderen Rachitisformen im Kindesalter: bei Ca-Mangel, P i-<br />
Mangel, renalem P i-Verlust, 1a-Hydroxylase-Defekt in der Niere (Vit.D-abhängige Rachitis<br />
Typ 1), bei Endorganresistenz für Vitamin D (Vit.D-abhängige Rachitis Typ 2).<br />
Therapie der Rachitis:<br />
- Initiale Gabe von Vitamin D in hohen Dosen (p.o. oder i.m.): 5.000 IE (2.500 IE)<br />
pro Tag über 3-4 Wochen oral, anschließend 500 IE/Tag weiter<br />
- Bei Vitamin D-Resorptionsstörungen: protrahierte Gabe von 5.000 IE Vit. D täglich<br />
(in Propylenglykol gelöst) anstelle einer i.m.-Gabe<br />
- In Ausnahmefällen (falls keine regelmäßige Einnahme gesichert): Stoßtherapie mit<br />
200.000 IE Vit.D i.m. Heilt die Rachitis aus, ist die Vitamin D-Mangel-Rachitis bewiesen.<br />
- Adäquate Ca- und P i-Zufuhr: Ca-Zufuhr: ca. 500-1.000 mg/die. P i-Zufuhr v.a. bei<br />
Frühgeborenen, hypotrophen Kindern, bei parenteraler Ernährung und ausschließlicher<br />
Muttermilchernährung.<br />
Verlauf der Vitamin D-Mangel-Rachitis unter Therapie:<br />
- Initialer Abfall des Serum-Ca durch intensivierten Ca-Einbau in das Skelett, deswegen<br />
stationäre Überwachung empfohlen: bei Tetanien: Ca-Glukonat-Infusion.<br />
- Anstieg des 25(OH)D 3-Spiegels in den Zielbereich nach 4-8 Wochen<br />
- Normalisierung des Serum-Ca und -P i nach 4-8 Wochen, der AP nach > 12 Wochen<br />
sowie der klinischen Symptome nach 6-12 Wochen.<br />
- Ausheilen der Achsenabweichungen und Fehlstellungen innerhalb 1 Jahres.<br />
Operative Achsenkorrektur (Umstellungsosteotomie) der verbogenen Röhrenknochen sind<br />
selten erforderlich.<br />
Prophylaxe der Vitamin D-Mangel-Rachitis:<br />
- Prophylaxe wird seit 1939 generell bei Säuglingen im ersten Lebensjahr durchgeführt:<br />
- Gabe von Vitamin D 500 IE täglich, v.a. beim nicht-gestillten Säugling (meist in<br />
Kombination mit Fluorid 0.25 mg als Tablette).<br />
- Fortsetzung der Prophylaxe auch im2. Lebensjahr empfohlen.<br />
- Basisvitaminisierung aller industriell hergestellten Säuglingsmilchpräparate, z.B.<br />
Vit. D-Anreicherung von Kuhmilch-Produkten mit 400 IE. Die Bedarfsdeckung ist<br />
dabei nur teilweise ausreichend, ganz sicher nicht bei Frühgeborenen wegen<br />
unzureichender Resorption.<br />
- D-Prophylaxe und Ernährungsberatung (Vitamin D-haltige Säuglingsnahrung) ist v.a.<br />
bei Migranten-Säuglingen („Migranten-Rachitis“) wichtig, da weiterhin die traditionelle<br />
Vitamin D-arme Ernährung der Säuglinge und Kleinkinder mit Hülsenfrüchten in unserer<br />
sonnenarmen Region fortgesetzt wird.<br />
- Der Vitamin D-Bedarf von Klein- und Schulkindern wird im hohen Maße durch<br />
Eigensynthese (über die Haut) sichergestellt.<br />
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