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die linke. münster - Draußen

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Bericht | Text und Fotos: Heinz Dalmühle<br />

Militante Buddhisten?<br />

Die Geschichte des tibetischen Widerstandes<br />

In der Märzausgabe der ~ hatten<br />

wir über <strong>die</strong> bisher vergeblichen Versuche<br />

des Dalai Lama berichtet, durch<br />

Verhandlungen zusammen mit der chinesischen<br />

Regierung eine friedliche Lösung<br />

für eine echte Autonomie Tibets<br />

innerhalb des chinesischen Staatsverbandes<br />

zu finden. Neben der Autonomiepolitik<br />

des Dalai Lama und der tibetischen<br />

(Exil-)Regierung gibt es aber<br />

seit 60 Jahren eine tibetische Unabhängigkeitsbewegung<br />

und einen aktiven<br />

Widerstand gegen <strong>die</strong> chinesische<br />

Besetzung mit dem Ziel, ein unabhängiges,<br />

freies Tibet wiederherzustellen.<br />

Neema und Heinz Dalmühle berichten<br />

über Chushi Gangdrug, <strong>die</strong> „Vier Flüsse<br />

und fünf Gebirge“.<br />

_Als <strong>die</strong> kommunistischen Truppen<br />

Mao Tse Tungs 1949, also<br />

vor 60 Jahren, in Osttibet einfielen,<br />

war <strong>die</strong> Regierung in<br />

Lhasa überhaupt nicht darauf<br />

vorbereitet. Am 10. September<br />

1949 verkündete Radio Beijing,<br />

dass <strong>die</strong> Volksbefreiungsarmee<br />

Kham eingenommen habe.<br />

Einzelne kleine Gruppen von<br />

Khampas wehrten sich im Osten<br />

mit dem Mut der Verzweiflung,<br />

wenn sie zusehen mussten, wie<br />

ihre Familien getötet und ihre<br />

Mönche misshandelt wurden. Aber sie<br />

waren nicht organisiert, rivalisierten<br />

untereinander und verachteten meist<br />

<strong>die</strong> Feigheit der übrigen Tibeter und <strong>die</strong><br />

handlungsunfähige Regierung.<br />

_Gyalo Thondup, der älteste Bruder des<br />

Dalai Lama, hatte in Beijing stu<strong>die</strong>rt<br />

und kannte <strong>die</strong> chinesische Mentalität.<br />

Er war einer der wenigen Tibeter, <strong>die</strong><br />

<strong>die</strong> chinesische Sprache sprechen konnte<br />

und wurde deshalb zum Unterhändler<br />

der tibetischen Regierung. Der zweite<br />

Bruder des Dalai Lama, Thubten Jigme<br />

Norbu, war Mönch und Abt im großen<br />

Kloster von Kumbum, im Nordosten<br />

von Tibet nahe der chinesischen Grenze.<br />

Als <strong>die</strong> Chinesen das Kloster besetzt hatten,<br />

beauftragten sie ihn, nach Lhasa zu<br />

reisen und den Dalai Lama zu überreden,<br />

<strong>die</strong> Regierungsgewalt über Tibet an<br />

<strong>die</strong> Chinesen zu übergeben. Falls der<br />

das ablehne, sollte er ihn ermorden.<br />

Dafür versprachen sie ihm eine gute<br />

Stellung in der neuen Provinzregierung<br />

von Tibet. Thubten Jigme Norbu reiste<br />

nach Lhasa und erzählte seinem Bruder<br />

von dem chinesischen Ansinnen. Diese<br />

beiden Brüder waren stets gegen eine<br />

Autonomie innerhalb Chinas. Sie wollten<br />

im Gegensatz zum Dalai Lama ein<br />

freies Tibet. Als am 23.03.1951 tibetische<br />

Regierungsbeamte unter Druck in<br />

Beijing das „17-Punkte-Abkommen“<br />

unterzeichneten, nahmen sie erste<br />

Kontakte zu Taiwan und zur CIA auf,<br />

<strong>die</strong> sich aber noch im Koreakrieg engagierte.<br />

_In Osttibet wurden <strong>die</strong> Klöster in<br />

Schutt und Asche gebombt und ganze<br />

Dörfer dem Erdboden gleichgemacht.<br />

Als Tschamdo, <strong>die</strong> Hauptstadt Osttibets<br />

fiel, flohen viele tibetische Familien<br />

nach Burma, Bhutan, Sikkim und In<strong>die</strong>n,<br />

tausende von Khampas zogen<br />

nach Zentraltibet und siedelten sich<br />

rund um Lhasa an. Die wilden Khampa<br />

waren bei den Zentraltibetern nicht so<br />

beliebt. Die Nahrungsmittel wurden<br />

knapp und es kam vor, dass <strong>die</strong> Khampa<br />

sich bei tibetischen Familien gratis<br />

be<strong>die</strong>nten und bei der Gelegenheit<br />

auch noch <strong>die</strong> Frauen missbrauchten,<br />

wie uns Augenzeugen berichteten.<br />

_1954 versuchten <strong>die</strong> Chinesen alle<br />

Waffen zu konfiszieren. Das kam aber<br />

für <strong>die</strong> stolzen Khampa überhaupt<br />

nicht in Frage. „Ein Mann ohne Messer<br />

ist kein Mann und auf so einen Freund<br />

kann man sich ja nicht verlassen!“,<br />

sagte ein Khampa zu mir, als wir 1986<br />

zusammen ins nächste Dorf reisen<br />

wollten. Und unter Messer versteht ein<br />

Khampa eine Waffe, nicht unter 30 cm<br />

Länge, <strong>die</strong> wir wohl eher als Schwert<br />

bezeichnen würden. Mein Taschenmesser<br />

galt da nur als Instrument zum Reinigen<br />

der Fingernägel für Frauen.<br />

_Im Dezember 1955 begann <strong>die</strong> CIA,<br />

geheime Strategien zur Unterwanderung<br />

des internationalen Kommunismus<br />

zu entwickeln, und so wurden unter<br />

dem Decknamen „ST CIRCUS“ Geheimoperationen<br />

in Tibet geplant. Es<br />

kam aber zu keinem direkten Kontakt<br />

mit der tibetischen Regierung.<br />

Diese verhandelte mit den chinesischen<br />

Generälen in Lhasa,<br />

aber hatte keine Macht mehr.<br />

Die Khampa gründeten <strong>die</strong><br />

Mimang Tsongdu, <strong>die</strong> Volksversammlung,<br />

und versuchten,<br />

<strong>die</strong> tibetische Regierung zu<br />

stärken. 1955-1956 entmachteten<br />

<strong>die</strong> Chinesen alle tibetischen<br />

Würdenträger und<br />

zwangen das Kabinett, <strong>die</strong> Anführer<br />

der Mimang Tsongdu,<br />

Alo Chonzed, Bumthang und<br />

Lhabchung zu verhaften.<br />

Lhabchung verstarb im<br />

Gefängnis. Aus Angst vor der Rache der<br />

Khampa wurden <strong>die</strong> anderen beiden im<br />

August 1956 entlassen. Jetzt beschlossen<br />

<strong>die</strong> Khampa sich selbst zu organisieren.<br />

Sie kamen überein, ein Ritual<br />

für das lange Leben des Dalai Lama<br />

durchzuführen und ihm einen goldenen<br />

Thron darzubieten. Gompo Tashi<br />

Andrugtsang, das Oberhaupt eines großen<br />

Clans, reiste mit einer Gruppe<br />

durch das ganze Land, um für <strong>die</strong>se<br />

Zeremonie Spenden zu sammeln. 120<br />

Kilo Gold und Edelsteine kamen zusammen.<br />

Die Übergabe des goldenen<br />

Throns an den Dalai Lama am 4. Juli<br />

1957 im Norbulingka war eine Bestätigung<br />

des Glaubens aller Tibeter an<br />

ihn, wie auch eine kollektive Ablehnung<br />

des chinesischen Machtanspruchs.<br />

Der Dalai Lama erteilte einen Kalachakra-Segen,<br />

der im Zusammenhang mit

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