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Jahresheft 2009 - pro supersaxa

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Von 1684-1892 bestand im Meierhof eine Kaplanei → Kaplanei Meierhof PSO 1991. Bis<br />

1855 wirkten die Kapläne als Schulmeister. Einige Kapläne „betätigten“ sich nebenbei<br />

auch als Wirte! Es kam zu einigen Ausschreitungen. Dem Kaplan, der von 1778-82 in<br />

Meierhof tätig war, wurde „übermässiger Trunk, Weinausschank, Streit und Rauf -<br />

händel“ vorgeworfen (BAC). Der einstige Meierhofer Kaplan und spätere Bischof<br />

Johann Peter Mirer sowie Bischof Johann Martin Henni wirkten scheinbar dahin, dass<br />

die Gerichtsgemeinde 1849 zum Entscheid kam: „Das Weinausschenken nach<br />

Mitternacht sei für die Herren Geistlichen etwas Unschickliches“, und es wurde verboten<br />

„nach 10 Uhr abends bei Buss von einem halben Thaler geistige Getränke auszuschenken“.<br />

(TA, ME-J)<br />

Vor 1855 bestand „die alte Übung“, dass der Pfarrer und die Wirte am Fest der hl. Drei<br />

Könige den Knaben „je 2 Quartanen Nüsse auswerfen“! Die Gemeindeversammlung vom<br />

9. Sept. 1855 beschloss, das Nüsse werfen abzuschaffen. Dafür hatte jedoch „jeder, der<br />

geistige Getränke auswirthet“ jährlich 2 Fr. in den Schulfonds zu legen. Zu Gunsten dieses<br />

Schulfonds beschloss man an der gleichen Versammlung auch den Weibereinkauf → dort.<br />

(TA, ME-J). Anmerkung: Ab diesem Zeitpunkt stellte man, anstelle der Kapläne, nur noch<br />

Lehrer ein zum Schule halten. Obwohl diese für einen Hungerlohn arbeiteten, scheint es,<br />

dass überall nach Geldquellen gesucht wurde, damit die Gemeinde nicht zu tief in ihren<br />

„Gaaldseggal“ greifen musste! Der Lehrer der Gesamtschule St. Martin bezog 1855/56 für<br />

sechs Monate Winterschule 102 Fr., also 17. Fr. <strong>pro</strong> Monat. Schein bar waren die Kapläne<br />

noch billigere Schulmeister gewesen und kamen so auf die Idee, neben eigenem Garten<br />

und Kleinvieh, mit Alkoholausschank noch etwas dazu zu verdienen!<br />

Einer Privatkorrespondenz vom Juni 1870 ist zu entnehmen: „... Essen gut u. reichlich ...<br />

Unterkunft jedoch nur bei Privaten oder beim Kaplan in einer Kammer auf Strohsack,<br />

welcher wochenlang nicht durchlüftet ward und von vielen Tierchen belebt war, sodass<br />

ich froh war am andern Tag Ilanz zu erreichen ...“ (TA)<br />

Lehrer Joseph Janka-Casanova (1855-1936) schrieb um 1886 in V. Bühler IV S. 5:<br />

„Wirthshäuser gibt’s in Obersaxen mehrere, das eine führt den Namen zum ‘Adler’ und<br />

hat ein entsprechendes Schild, die andern werden nach dem jeweiligen Eigenthümer<br />

benannt. Sie sind sehr einfach eingerichtet, doch kann man neben geistigen Getränken<br />

auch allerlei Speisen haben, und diese letzteren sind im Vergleich zu den Preisen an<br />

andern Orten sehr billig.“ Anmerkung: Das kann zu diesem Zeitpunkt nur Meierhof<br />

und vielleicht Egga betreffen.<br />

Allgemeines, Historisches, Gesetzliches: Die missbräuchliche Verwendung des Alko -<br />

hols, besonders der gebrannten Wasser, Schnaps (Schnàps, Branz, Bràntawii) hat in<br />

der Schweiz von alters her der Obrigkeit zu schaffen gemacht. Seit dem 17. Jh. sind<br />

„Sittenmandate“ nachgewiesen, mit welchen der übermässige Genuss eingedämmt werden<br />

sollte. Im 19. Jh. wurde der in bäuerlichen Kleinbrennereien hergestellte, minderwertige,<br />

billige Kartoffelschnaps zur Volksseuche. In Obersaxen wurde nach Überlieferung<br />

auch aus den Wurzeln des gelben Enzian (Bràntawiiwurza), Schnaps gebrannt,<br />

zwar zu Heilzwecken! Ob dieser Schnaps in Ilanz gebrannt wurde? Von Brennhäfen ist<br />

in Obersaxen nichts bekannt. Die Bundesverfassung von 1874 brachte die Handels- und<br />

Gewerbefreiheit, welche die behördliche Beschränkung des Ausschenkens von Brannt -<br />

wein wieder lockerte. Der Bund sah sich erneut gezwungen einzugreifen. So trat 1887<br />

das Bundesgesetz betreffend gebrannte Wasser in Kraft (Alkoholmonopol). Die<br />

Eidgenössische Alkoholverwaltung wurde geschaffen.<br />

Im Kt. Graubünden wurde erstmals 1888 der Versuch unternommen, ein kantonales<br />

Wirtschaftsgesetz zu erlassen. Die Vorlage scheiterte am Vorschlag auf Einführung von<br />

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