Aus dem Institut für Geschichte der Medizin der - OPUS - Universität ...
Aus dem Institut für Geschichte der Medizin der - OPUS - Universität ...
Aus dem Institut für Geschichte der Medizin der - OPUS - Universität ...
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
38<br />
Fincke einen Personenkreis auf, darunter unter an<strong>der</strong>em Herzkranke, „Engbrüstige“<br />
und „Personen, die zu Krämpfen geneigt sind“, bei denen er eindeutige Kontraindika-<br />
tionen <strong>für</strong> die Chloroformnarkose sah. Des weiteren riet er davon ab, bei erfolglosem<br />
Erstversuch <strong>der</strong> Narkose einen zweiten Versuch an <strong>dem</strong>selben Tage vorzunehmen. 88<br />
Es wurde an entsprechen<strong>der</strong> Stelle oft auf die Wichtigkeit hingewiesen, „die Chloro-<br />
formdämpfe gehörig mit atmosphärischer Luft“ zu mischen, und auch beim Eintreten<br />
unerwünschter Zwischenfälle bis hin zur Ohnmacht galt „das Eindringen des reinen<br />
Oxygengases“ in die Atemwege nach wie vor als probate Gegenmaßnahme. 89<br />
Jedoch machte Courty in einem langen Beitrag in <strong>der</strong> Oktoberausgabe des sechsten<br />
Jahrgangs im Jahre 1851 gerade die zu geringe Initialdosis an Chloroform durch Luft-<br />
beimischung <strong>für</strong> die unerwünschten Nebenwirkungen und die Todesfälle verantwort-<br />
lich. Seiner aus eigenen Beobachtungen in einem französischen Klinikum abgeleiteten<br />
Theorie zufolge führte die anfänglich zu schwach angesetzte Chloroformdosis zur<br />
Entstehung einer unzureichenden Unempfindlichkeit und eines Erregungszustandes,<br />
<strong>der</strong> sonst nur bei Benutzung des Äthers ausgeprägt war. Dies veranlaßte dann den Be-<br />
handler zu weiterer Gabe des mit Umgebungsluft angereicherten Narkotikums, was<br />
schließlich „nicht den gewünschten Zustand, son<strong>der</strong>n eine Intoxikation verursachte“.<br />
Courty schlußfolgerte daher, daß eine schnelle Chloroformierung mit relativ hoher<br />
Anfangsdosis, vergleichbar mit einer „Ueberrumpelung“ des Körpers, am effektivsten<br />
wirkte und mit <strong>dem</strong> geringsten Gefahrenpotential verbunden war.<br />
Überdies warf er erstmalig die Frage auf, ob das Chloroform bei den Patienten even-<br />
tuell eine Amnesie hervorrufe. Diese These basierte auf Courtys Beobachtungen, daß<br />
Patienten während <strong>der</strong> Operation zwar offensichtlich Schmerzen gespürt hatten, sich<br />
jedoch nachher keiner Schmerzempfindung mehr entsinnen konnten. 90<br />
In <strong>der</strong> Dezemberausgabe wies Dr. Melicher auf „die Schädlichkeit <strong>der</strong> Chloroform-<br />
Narkose <strong>für</strong> den Fötus“ hin, und riet daher von <strong>der</strong> Anwendung bei Schwangeren ab,<br />
empfahl jedoch auch generell, „bei Frauenzimmern sich nur in <strong>Aus</strong>nahmefällen des<br />
Chloroforms zu bedienen“. 91<br />
88 Zahnarzt 5 (1850), S. 33-36.<br />
89 Zahnarzt 5 (1850), S. 63-64; S. 253.<br />
90 Zahnarzt 6 (1851), S. 306 ff.<br />
91 Zahnarzt 6 (1851), S. 370-371.